PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2021-0073
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects
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Martina Huemann
Yvonne Schoper
Katrin Reschwamm
Am Mittwoch, 2. Juni 2021, nahmen 50 Teilnehmer*innen an der ersten virtuellen D-A-CH Forschungswerkstatt teil. Dieses Kooperationsevent der drei deutschsprachigen IPMA® Vertretungen, pma – Projekt Management Austria, GPM – Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement und spm – Swiss Project Management Association fand bereits zum 7. Mal statt. Heuer wurde die Netzwerkveranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie erstmals online durchgeführt. Rund 50 Teilnehmer*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz folgten der Einladung der Organisatorinnen Martina Huemann (pma), Yvonne Schoper (GPM) und Katrin Reschwamm (spm), um sich nach einem Jahr Zwangspause – 2020 konnte das Event aufgrund der Pandemie nicht durchgeführt werden – wieder zu vernetzen und in spannenden Workshops miteinander zu arbeiten. „Es ist wichtig, dass die durch dieses Eventformat geformte Community endlich wieder zusammenkommt. Deswegen hat pma beschlossen, diese Veranstaltung heuer online durchzuführen“, erklärte Martina Huemann in der Begrüßung.
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63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0073 D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects Martina Huemann, Yvonne Schoper und Katrin Reschwamm Für eilige Leser | Am Mittwoch, 2. Juni 2021, nahmen 50 Teilnehmer*innen an der ersten virtuellen D-A-CH Forschungswerkstatt teil. Dieses Kooperationsevent der drei deutschsprachigen IPMA® Vertretungen, pma-- Projekt Management Austria, GPM-- Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement und spm-- Swiss Project Management Association fand bereits zum 7. Mal statt. Heuer wurde die Netzwerkveranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie erstmals online durchgeführt. Rund 50 Teilnehmer*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz folgten der Einladung der Organisatorinnen Martina Huemann (pma), Yvonne Schoper (GPM) und Katrin Reschwamm (spm), um sich nach einem Jahr Zwangspause-- 2020 konnte das Event aufgrund der Pandemie nicht durchgeführt werden-- wieder zu vernetzen und in spannenden Workshops miteinander zu arbeiten. „Es ist wichtig, dass die durch dieses Eventformat geformte Community endlich wieder zusammenkommt. Deswegen hat pma beschlossen, diese Veranstaltung heuer online durchzuführen“, erklärte Martina Huemann in der Begrüßung. Schlagwörter | Projektdesign, Kunst, Geisteswissenschaft, Designprozess Projektdesigner*in-- Ein Job mit Zukunft? Die ICB 4 hat erstmals das Kompetenzelement des Projektdesignens zum Inhalt. Diese neue und wichtige individuelle Kompetenz von Projektmanager*innen besser kennen und verstehen zu lernen, war das Ziel dieser Forschungswerkstatt. „Mit der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung von Planungs- und Steuerungsprozessen in Projekten werden Projektmanager*innen zunehmend zu Projektdesigner*innen“, meinte Yvonne Schoper in ihrem Eingangsstatement. Inspiriert vom ICB Kompetenz-Element Project Design [1] stand die D-A-CH Forschungswerkstatt unter dem Motto „Designing Projects: Vom Projektmanager zur Projektdesignerin“ und beleuchtete das Thema Projektdesign in zahlreichen Facetten. In Projekten gibt es viele Designentscheidungen zu treffen: Diese betreffen zum Beispiel den Projektablauf, die Projektorganisation, das Vorgehensmodell, die Projektkultur, die Infrastruktur oder den Methodeneinsatz, um nur einige zu nennen. Fragen, die sich die Gäste im interaktiven Online- Setup stellten, waren: • Was ist das passende Vorgehensmodell für das spezifische Projekt: agil, hybrid, linear oder blended? • Wie werden Projekte designt, an denen mehrere Organisationen beteiligt sind? • Welche Gestaltungselemente stehen uns im Projektmanagement zur Verfügung? Der Blick über den Tellerrand Eröffnet wurde die Veranstaltung vom renommierten Grafikdesigner und Typograf Wolfgang Beinert aus Berlin, der den Teilnehmenden einen Einblick in die Arbeit eines Designers gab. Somit konnten die Teilnehmenden mit Hilfe des externen Inputs einen Blick auf die Arbeit eines Kreativen werfen. Beinert zeigte seinen Kreativ-Prozess am Beispiel eines Kundenauftrags, für den er Menükarten im Stil der 1820er Jahre kreieren sollte-- das Jahr, in dem das Gebäude mit dem Restaurant erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Er erläuterte, dass der kreative Designprozess mit ausgiebigen Recherchen über Schriften und in alten Büchern in der Nationalbibliothek begann, bis hin zu Methoden aus Japan, um Papier künstlich altern zu lassen. Andere Experimente waren beispielsweise Stempel ausdrucken, das Papier anschließend zerknüllen und wieder einscannen oder sogar mit einer Schrotflinte auf das Papier zu schießen, um ein Vintage Flair zu erzeugen. Auch kulturelle Differenzen muss man im Design-Prozess berück- Wissen | D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0073 sichtigen, weil Design stark kulturell verwurzelt ist und man mit „falschem Design“ auch Gefühle verletzen kann. Projektmanagement Vertiefungen Anschließend konnten die Gäste aus drei Workshops wählen. Im Workshop von Andreas Frick, Unternehmensberater, geschäftsführender Gesellschafter des Projektforums und Lehrbeauftragter für Projektmanagement, beschäftigten sich die Teilnehmenden mit „Projektdesign- - Wie kann ein methodisches Vorgehen aussehen? “. Im GPM-Standardwerk „Kompetenzbasiertes Projektmanagement PM4“ [2] ist auf Basis der ICB 4.0 ein erster methodischer Ansatz zur Entwicklung des Projektdesigns beschrieben. Das Projektdesign beschreibt den methodischen Weg hin zu einem spezifischen Handlungsansatz und zur Art und Weise, mit dem ein Projekt angegangen und bearbeitet werden soll. Das Projektdesign führt dabei zu grundsätzlichen Entscheidungen, zu Festlegungen zur Vorgehensweise (Projekt-Ablauforganisation), zu organisatorischen Festlegungen (Projekt-Aufbauorganisation), zu Projektzielsetzungen und letztlich zum eingesetzten Projektmanagementansatz. Im Workshop wurde dieser Ansatz kurz vorgestellt, um ihn anschließend zu diskutieren und diesen weiterzuentwickeln. Die Teilnehmenden konnten in einer angeregten Diskussion von ihren eigenen Erfahrungen mit diesem Kompetenzelement erzählen und gaben Anregungen für die Wahl des „richtigen“ bzw. „falschen“ Designs und auch darüber, welche Konsequenzen das für ein Projekt hat. In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Entwicklung einer Methode oder eines Methodensets, mit dem für ein konkret vorliegendes Projekt ein individueller Handlungsansatz entwickelt werden kann, eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen Ansätzen darstellt. Bisherige Ansätze verfolgen oft einen regelorientierten Ansatz. Es wird nach dem „richtigen“ Vorgehen gesucht-- „So soll es gemacht werden! So macht man das! “. Der Ansatz der IPMA® ist bewusst kompetenzorientiert aufgebaut. Und hier findet sich die Kompetenz Projektdesign. Im Grunde eine Art Meta-Methode, eine Methode, die hinführt zu einer konkreten methodischen Vorgehensweise für ein vorliegendes Projekt. Der Workshop von Martina Königbauer, selbständige Unternehmensberaterin und Lehrbeauftragte, war dem Thema „Projektmanagementmethoden auswählen und kombinieren- - worauf es ankommt“ gewidmet. Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit der Herausforderung, ein geeignetes Vorgehensmodell für das Projektmanagement zu definieren. Zunächst wurden Parameter gezeigt, die häufig bei der Abwägung einer eher agilen oder linearen Vorgehensweise genutzt werden. Es wurde visualisiert, in welcher Ausprägung die Parameter vorliegen können und dass sie- - je nach Ausprägung-- für ein eher agiles oder ein eher lineares Vorgehensmodell sprechen können. Für ein Beispielprojekt wurden die bereits definierten Ausprägungen diskutiert und die Teilnehmenden konnten erfahren, dass sie allein mit Parametern nur zu einer ungenauen Vorgehensmodellempfehlung gelangen. Deshalb stellte Martina Königbauer die von ihr im Rahmen ihrer Forschungsarbeit entwickelte Methode SIMOC vor [3]. Sie dient der Vorselektion, der Kompatibilitätsprüfung einzelner Projektmanagementmethoden, die auch aus verschiedenen Vorgehensmodellen stammen können. Alexander Vollnhofer, Geschäftsstellenleiter pma leitete einen Workshop mit dem Titel „Projektdesign: Design- Abbildung 2: Andreas Frick Abbildung 3: Martina Königbauer Abbildung 1: Wolfgang Beinert Wissen | D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0073 elemente als Bausteine für den Projekterfolg“. Ausgehend von der Beschreibung des ICB Kompetenzelements „Projektdesign“ konnten die Teilnehmenden ihre Projektdesignerfahrungen im Projektstart reflektieren. Das Projektdesign soll idealerweise ein sehr kreativer Prozess sein, in dem überlegt wird, mit welchen Methoden und Werkzeugen die verschiedenen Anforderungen an das Projekt so umgesetzt werden können, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit möglichst hoch wird. Die Diskussion zeigte aber, dass die Ausgangslage in der Praxis sehr stressig ist und für Kreativität kaum Raum und Zeit gegeben wird. Parallelen wurden zum Thema Mindfulness gezogen. Das Projektdesign sollte bewusst genutzt werden, um (methodische) Antworten auf die Herausforderungen des Projekts zu finden. Darüber hinaus tauschten sich die Teilnehmenden noch über konkrete Projekt-Designelemente aus, die in ihrer jeweiligen Branche eine besonders wichtige Rolle spielen. Damit konnte gemeinsam, wie in Abbildung 5 gezeigt, eine breitere Sicht über die Vielfalt an Projekt-Designelementen geschaffen werden. Was haben wir gelernt? Am Ende der Veranstaltung trafen sich die Teilnehmenden zu einem von Martina Huemann moderierten Fishbowl, in dem das Gelernte reflektiert und mit der eigenen Praxis verknüpft werden konnte. Die Teilnehmenden der Forschungswerkstatt sind immer sehr experimentierfreudig und so ist der Transfer der D-A-CH Forschungswerkstatt auch in virtuelle Veranstaltungsräumlichkeiten des Tools Gather gut gelungen. Inhaltlich konnten die Teilnehmer*innen zum Thema Projektdesign lernen: Die systematische, fundierte Recherche am Anfang eines Projektes ist überaus bedeutsam für das Verstehen der spezifischen Rahmenbedingungen und den späteren Erfolg des Projektes, aber allzu oft gibt man sich nicht diese wichtige Recherchezeit am Anfang eines neuen Projektes. pma Assessor Christian Rudischer brachte es auf den Punkt: „Aus Projektmanagementsicht fand ich an der Keynote des Designers Wolfgang Beinert zwei Dinge bemerkenswert: Erstens den enormen Aufwand, den er in die Kontextanalyse steckt, um höchste Qualität und Akzeptanz bei seinen Auf- Abbildung 4: Alexander Vollnhofer Abbildung 5: Die Vielfalt von Projektdesignelementen Wissen | D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0073 traggebern zu erzielen. Zweitens den Umstand, dass er eben mit einer langen Analyse- und Konzeptionsphase beginnt, anstatt schnell einmal einen ersten ‚minimum viable‘ Entwurf vorzulegen. Offenbar können Vorgehensmodelle, die in der Projektwelt heute gelegentlich als ‚traditionell‘ abgetan werden, durchaus zu kreativen Spitzenleistungen führen.“ Was unterscheidet Projektmanager*innen von Designer*innen? An dem Tag lernten die Teilnehmenden, dass die Unterschiede gar nicht so groß sind, denn am Ende ist man als Designer*in ein*e strukturiert arbeitende*r Künstleringenieur*in. Die Kreativität in diesem Beruf basiert auf einem sowohl sehr breiten als auch tiefen Wissen über geschichtliche Zusammenhänge, Kunstepochen, Architektur, diverse künstlerische Techniken und Produktionsmethoden, aber auch vielen kleinen persönlichen Geschichten am Rande, die am Ende dann den Kreativitätsprozess in Gang setzen. Unsere Kompetenz als Projektmanager*in ist im Gegensatz zunächst eher eine Methodenkompetenz, die dann erfolgreich ist, wenn die Kenntnisse über die eigentlichen Wertschöpfungsthemen und -prozesse ebenfalls sehr fundiert hinzukommen und miteinander kombiniert werden- - was eine schöne Umschreibung für die Kompetenz des Projektdesigns ist. Die oft vorherrschende Regelorientierung und Richtig-undfalsch-Unterscheidung der bisherigen Ansätze hat ihren Ursprung insbesondere in den Ingenieurdisziplinen. Beim Projektmanagement handelt es sich allerdings um Management. Und Management zählt seit Peter Drucker zu den Geisteswissenschaften. Dort geht es nur selten um eine Richtig-falsch- Unterscheidung. Es gibt in jeder Situation immer Optionen, die jeweils Vor- und Nachteile aufweisen. Es gilt dann die Option mit der größten Erfolgswahrscheinlichkeit auszuwählen, mit Blick auf Kontext und Situation. Mit dem Element Projektdesign wandelt sich daher auch das grundlegende Verständnis des Projektmanagements, es entwickelt sich mehr in Richtung einer Geisteswissenschaft. In den Workshops gab es vielerlei Hinweise zu Ergänzungen und einer Veränderung des Ansatzes, wie er in der ICB 4.0 beschrieben ist und im PM4 präzisiert wurde. Das hohe Interesse und Mitwirken an der D-A-CH Forschungswerkstatt zeigt, dass es sich hier um ein Zukunftsthema handelt. Dies bestätigte auch Katrin Reschwamm im Fazit: „Mit der diesjährigen Forschungswerkstatt haben wir nur an der Oberfläche von Projektdesign gekratzt, so dass wir gern das Thema in kommenden Forschungswerkstätten fortführen möchten“. Abbildung 6: Fishbowl in Gather Prof. Dr. Martina Huemann Martina Huemann ist Professorin an der WU Wien, führt die Project Management Group im Department Strategie & Innovation und leitet den Professional MBA: Project Management. Seit 2003 ist sie Vorstandsmitglied von pma. Sie ist Beraterin und Mitbegründerin von enable2change und hat große Freude am Brückenschlagen zwischen Forschung und Praxis. eMail: Martina.Huemannu.ac.at Prof. Dr. Yvonne Schoper Yvonne Schoper ist Professorin an der HTW Berlin mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement, Präsidialrätin der GPM und Vizepräsidentin in der IPMA® für den Bereich Membership und Young Crew. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und der Einfluss der Kultur auf das Projektmanagement. eMail: yvonne.schoper@HTW-Berlin.de martina.huemann@wu.ac.at Wissen | D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects Das Event endete mit einem gemeinsamen Online-Networking, in dem bei allen Teilnehmenden die Hoffnung überwog, dass die Forschungswerkstatt 2022 wieder physisch stattfinden kann. Literatur [1] Individual Competence Baseline for Projectmanagement, Version 4.0, Hrsg.: International Project Management Association (IPMA®) [2] Frick, Andreas / Schoper Yvonne / Röschlein Ralf / Seidl Jörg: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4): Handbuch für Praxis und Weiterbildung im Projektmanagement. 5.1 Projektdesign, Hrsg.: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. [3] Königbauer, M. (2021): Adaptives Referenzmodell für hybrides Projektmanagement, Dissertation, Universität Würzburg, Veröffentlichung Ende 2021 Eingangsabbildung: © iStock.com / Weedezign Katrin Reschwamm Katrin Reschwamm ist seit April 2021 Forschungs- und Projektmanagerin bei EU GrantsAccess an der ETH Zürich. Davor hat sie zehn Jahre die EUrelations AG sowie für acht Jahre die Geschäftsstelle des Verein Netzwerk Logistik Schweiz geleitet. Seit 2013 ist sie im Vorstand des spm und neben der D-A-CH Forschungswerkstatt für die Fachgruppen zuständig. eMail: katrin.reschwamm@spm.ch Anzeige ... hilft beim Handeln und Gestalten im Personalmanagement. G. Schanz | S. Strack Personalmanagement im Mittelstand uvk.de