eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 36/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0009
0404
2025
361 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024

0404
2025
Christoph Schneider
Andreas Wald
Timo Braun
Simon Staudigl
An der Gehaltsstudie 2024 beteiligten sich 1.193 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wobei der überaus starke Anstieg des Frauenanteils um 44 % hervorsticht, so viele wie noch nie seit Beginn der Studienreihe. In Deutschland lag das durchschnittliche Jahresgesamtgehalt (brutto) im Projektmanagement inklusive aller flexiblen und leistungsorientierten Bezüge bei 112 TEUR, was einer Steigerung gegenüber der letzten Studie von 2019 um knapp 30 % entspricht. Die besten Verdienstmöglichkeiten bestehen in großen Unternehmen der Finanzindustrie. Auch in dieser Studie kann ein deutlicher geschlechtsspezifischer Gehaltsunterschied festgestellt werden, der bei 21 % zu Ungunsten der Frauen liegt. Die wichtigsten Treiber der Gehaltshöhe sind das Hierarchielevel, die Übernahme von Verantwortung und Berufserfahrung. Erfreulich ist die Entwicklung beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die im Vergleich zu 2019 deutlich positiver gesehen wird. Auf der anderen Seite hat das Thema Weiterbildung seit 2019 stark an Bedeutung verloren.
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48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 Christoph Schneider, Andreas Wald, Timo Braun, Simon Staudigl Für eilige Leser | An der Gehaltsstudie 2024 beteiligten sich 1.193 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wobei der überaus starke Anstieg des Frauenanteils um 44 % hervorsticht, so viele wie noch nie seit Beginn der Studienreihe. In Deutschland lag das durchschnittliche Jahresgesamtgehalt (brutto) im Projektmanagement inklusive aller flexiblen und leistungsorientierten Bezüge bei 112 TEUR, was einer Steigerung gegenüber der letzten Studie von 2019 um knapp 30 % entspricht. Die besten Verdienstmöglichkeiten bestehen in großen Unternehmen der Finanzindustrie. Auch in dieser Studie kann ein deutlicher geschlechtsspezifischer Gehaltsunterschied festgestellt werden, der bei 21 % zu Ungunsten der Frauen liegt. Die wichtigsten Treiber der Gehaltshöhe sind das Hierarchielevel, die Übernahme von Verantwortung und Berufserfahrung. Erfreulich ist die Entwicklung beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die im Vergleich zu 2019 deutlich positiver gesehen wird. Auf der anderen Seite hat das Thema Weiterbildung seit 2019 stark an Bedeutung verloren. Schlagwörter | Gehaltsstudie, Gehalt im Projektmanagement, Einkommensunterschied, Karriere, Entwicklung, Zertifizierung Einleitung Die seit 2005 im Auftrag der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. durchgeführte Studienreihe zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement bietet differenzierte Informationen zu Gehalt im Projektmanagement, der Einkommenssituation von Freiberuflern sowie der Gehaltstruktur in Abhängigkeit von der Branchenzugehörigkeit, Zertifizierungen und Karrierestufen. Sie bietet damit Projektmanagern, Freiberuflern und Unternehmen einen Orientierungsrahmen. Nach einer Pause von fast fünf Jahren wurde 2024 die achte Erhebung der Studienreihe durchgeführt. Die Ergebnisse wurden mit besonderer Spannung erwartet, da in diesem Zeitraum große politische und sozioökonomische Veränderungen stattgefunden haben: von den Folgen durch die Covid-Pandemie, über die Kriege in der Ukraine und Gaza, bis hin zur Inflation und gesamtwirtschaftlicher Stagnation. 1 Studiendesign und Stichprobe Die Befragung wurde als standardisierte Online-Erhebung konzipiert, an der im Zeitraum vom 3. Juni bis 6. August 2024 insgesamt 1.616 Personen teilnahmen. Nach Entfernung nicht vollständig ausgefüllter und nicht plausibler Datensätze verblieben für die weiteren Analysen 1.193 Fälle. Davon stammen 937 aus Deutschland (78,5 %), 200 aus Österreich (16,8 %) und 56 aus der Schweiz (4,7 %). In den folgenden Ausführungen wird der Fokus auf die Antworten aus Deutschland gelegt. Wie bereits in den Gehaltsstudien zuvor ist auch dieses Mal der Anteil der Frauen erneut gestiegen. Im Vergleich zur letzten Studie [4] hat sich der Anteil sehr deutlich von 23 % auf 33 % erhöht, was einer Steigerung von knapp 44 % entspricht. Da zudem die weiblichen Beteiligten jünger als ihre männlichen Kollegen sind, ist davon auszugehen, dass der Frauenanteil in Zukunft weiter steigen wird. An der Studie beteiligten sich im Wesentlichen angestellte Personen aus großen Unternehmen des Dienstleistungssektors mit einem abgeschlossenen Studium (78 %), das überwiegend in den Bereichen Ingenieurwesen (36 %) und Wirtschaftswissenschaften (35 %) absolviert wurde. Eine abgeschlossene Ausbildung können 11 % vorweisen, von denen mehr als die Hälfte (6 %) einen Meister- oder Technikerabschluss erworben hat. Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Das durchschnittliche Alter der Befragten liegt bei 42 Jahren, wobei der Altersdurchschnitt der Frauen mit 40 Jahren um drei Jahre niedriger liegt als der der Männer, der 43 Jahre beträgt. Der überwiegende Anteil der Studienteilnehmenden ist im Kontext von Einzelprojekten (40 %) oder im Multiprojektmanagement (38 %) beschäftigt. Im Programm- und im Portfoliomanagement sind jeweils 11 % aktiv. Etwa 50 % der Studienteilnehmenden stammen aus großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern bzw. mindestens 100 Mio. Euro Umsatz. Ungefähr 20 % der Befragten sind Kleinunternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern oder einem Umsatz bis 10 Mio. Euro zuzuordnen. Der Dienstleistungssektor ist wie in der Studie von 2019 mit 35 % der Befragten am stärksten vertreten, danach folgen mit 11 % Projektmanagerinnen und Projektmanager aus dem Bereich IT / Telekommunikation. Alle anderen Branchen kommen auf einen Anteil unter 10 %, 12 % der Befragten haben hierzu keine Angabe gemacht. Der weitaus größte Teil der Studienteilnehmenden ist zu mehr als 70 % seiner Arbeitszeit mit Projektmanagementtätigkeiten beschäftigt, wobei 43 % fast ausschließlich in diesem Bereich aktiv sind. Lediglich 7 % der Befragten verbringen nur maximal 30 % ihrer Arbeitszeit mit Projektmanagementaufgaben. Eine deutliche Mehrheit der Befragten aus Deutschland und Österreich bekleidet leitende Funktionen im Projektmanagement. 83 % der Befragten aus Deutschland und sogar 86 % derjenigen aus Österreich haben eine Funktion auf dem 1. (z. B. Projekt-Direktor, Partner, Leiter PMO), dem 2. (z. B. Seniorprojektleitung, Principal) oder dem 3. Projektmanagement-Level (z. B.Projektleiter/ -manager) inne. Die übrigen Studienteilnehmer verteilen sich auf das 4. (z. B. Teilprojektleiter) und 5. Projektmanagement-Level (z. B. Mitarbeiter in Projekten bzw. im PMO), sind Projekt-Coaches oder haben eine sonstige Position inne. Die hohen Positionen spiegeln sich auch in den übertragenen Verantwortungsfunktionen wider: 15 % der Befragten haben eine vollumfängliche Gesamtverantwortung, die sowohl die fachliche Führung als auch die Budget- und die disziplinarische Verantwortung umfasst. Lediglich 14 % der Befragten tragen in keinem dieser Bereiche Verantwortung. 23 % wurde eine disziplinarische Verantwortung übertragen, fast zwei Drittel (63 %) stehen in der Budgetverantwortung. Im Durchschnitt blicken die Befragten auf 11 Jahre Berufserfahrung im Projektmanagement. Nur 12 % können maximal zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen, bei etwa 40 % der Befragten umfasst diese Erfahrung zwei bis zehn Jahre und bei weiteren 40 % über zehn Jahre. 2 Gehaltsstrukturen im Projektmanagement Die Höhe des Gehalts wird von einer Vielzahl verschiedener Faktoren bestimmt (vgl. Abbildung 1). Grob lassen sich diese Faktoren in zwei Merkmalsgruppen einteilen, die einerseits individuell bestimmt sind, wie z. B. die eingeschlagene Ausbildung bzw. das Studium, durchlaufene Weiterbildungsmaßnahmen, Übernahme von Verantwortung oder die Entwicklung spezifischer Berufserfahrung. Andererseits wird das Gehalt aber auch von strukturellen Faktoren beeinflusst, die individuell zumeist nicht steuerbar sind, wie z. B. die Unternehmensgröße oder die Branche. Darüber hinaus spielen auch nicht beeinflussbare persönliche Merkmale wie Geschlecht, Herkunft oder Alter eine Rolle. Die Messung des Jahresgesamtgehalts wurde folgendermaßen operationalisiert: Es wurden zunächst das monatliche Grundgehalt (brutto), die Anzahl der Monatsgehälter pro Jahr und der prozentuale Stellenumfang erfasst. Anschließend wurden die Befragten gebeten, ihre jährlichen flexiblen Bezüge wie leistungsbezogene Gehaltsanteile bzw. Boni, Sonderzahlungen und Prämien, vermögenswirksamen Leistungen sowie sonstige Leistungen wie Dienstfahrzeug, Diensthandy oder sonstige Sachbezüge anzugeben. Die Berechnung des Jahresgesamtgehaltes wurde so vorgenommen (vgl. Abbildung 2): Die Angaben von Teilzeitbeschäftigten (8,5 %) wurden zunächst in Angaben für Vollzeitbeschäftigte umgerechnet, das monatliche Festgehalt mit der Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Höhe des Gehalts Abbildung 2: Berechnung des Jahresgesamtgehalts Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Tabelle 1: Grundgehalt und leistungsbezogene Entlohnungsanteile 2024 Abbildung 3: Gehaltsstruktur nach Branchen Anzahl der Monatsgehälter multipliziert und schließlich die flexiblen jährlichen Gehaltsbestandteile sowie die Sonderzahlungen aufsummiert. Seit der letzten Messung von 2019 ist das Gehalt im Tätigkeitsbereich Projektmanagement um knapp 30 % gestiegen. Umgerechnet auf eine jährliche Wachstumsrate (CAGR) entspricht dies einer jährlichen Gehaltssteigerung um durchschnittlich 5,2 %. Umfasste das durchschnittliche Jahresgesamtgehalt (brutto) inklusive aller flexiblen Bezüge 2019 in Deutschland noch 87,2 TEUR, liegt es in der aktuellen Messung bei 112,4 TEUR (vgl. Tabelle 1). Wie auch in den vergangenen Messungen von 2017 und 2019 entfallen im Durchschnitt etwa 91 % des Jahresgehaltes auf das fixe Grundgehalt und 9 % auf die flexiblen Entlohnungsanteile. Zu den individuell nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen, die einen Einfluss auf das Gehalt haben können, gehören Merkmale wie Branche und Unternehmensgröße. Zwischen den Branchen offenbaren sich dabei deutliche Unterschiede bei den Jahresgesamtgehältern (vgl. Abbildung 3): Die durchschnittlich höchsten Gehälter lassen sich mit 141,9 TEUR im Finanzdienstleistungssektor verdienen, die geringsten in der Pharma- und Chemieindustrie (94,4 TEUR). Alle anderen Branchen haben vergleichsweise homogene Gehaltsstrukturen, die von 103 bis 120 TEUR reichen. Abbildung 4: Zusammenhang zwischen Gehalt und Unternehmensgröße Auch die Größe eines Unternehmens wirkt sich auf das Einkommen aus: Grundsätzlich steigen die Gehälter mit zunehmender Unternehmensgröße bis 5.000 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von 1 Mrd. Euro kontinuierlich an. Bei Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitern und einem höheren Umsatzvolumen als 1 Mrd. Euro oder mehr scheinen die Gehälter allerdings wieder leicht rückläufig zu sein (vgl. Abbildung 4). Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Tabelle 2: Gehaltsstruktur nach Geschlecht und PM- Level Tabelle 3: Gehaltsstruktur nach Geschlecht und Verantwortung Abbildung 5: Jahresgesamtgehalt nach Verantwortung 3 Individuell beeinflussbare Faktoren Individuell beeinflussbare Faktoren, die einen Einfluss auf die Höhe des Gehalts haben können, sind z. B. Weiterbildungsaktivitäten, die Übernahme von Verantwortung, die Größe des Projekts, die Wahl des Projektbereichs (Einzelprojekt, Multiprojekt, Programm, Projektportfolio) oder die Entwicklung von Berufserfahrung im konkreten Berufsfeld. Die Übernahme von Verantwortung macht sich bezahlt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen im Projektmanagement mit umfassender Verantwortung (Budget-, Disziplinar- und fachliche Verantwortung) deutlich mehr (135,2 TEUR) als jene ohne jegliche Verantwortung (78,7 TEUR) (vgl. Abbildung 5). Seit Beginn der Studienreihe zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement lässt sich ein deutlicher Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern feststellen [1, 2, 3, 4]. Auch in der aktuellen Befragung ist dieser geschlechtsspezifische Gehaltsunterschied nachweisbar. Im Durchschnitt verdienen im Projektmanagement tätige Frauen (um Teilzeitanteile bereinigt) 21 % weniger als Männer, wobei bei den Geschlechtern zwischen Fixgehalt und variablen Gehaltsanteilen kaum Unterschiede erkennbar sind. Der um Projektmanagement-Level (nach dem GPM / IPMA- Modell, das fünf Stufen umfasst) bereinigte Gehaltsunterschied ergibt, dass Frauen bis auf das zweite Hierarchie-Level (z. B. Senior-Projektleiter, Principal) auf allen Ebenen weniger verdienen als Männer. Besonders groß ist der Unterschied zu den männlichen Kollegen auf dem höchsten Level (Projektdirektor) mit einer Differenz von 40,6 %. Am geringsten ist die Differenz im 4. Level (z. B.Teilprojektleiter/ -leiterinnen): Dort beträgt die Gehaltslücke 1,6 % (vgl. Tabelle 2). Die Befunde bestätigen frühere Erkenntnisse, nach denen Geschlechterstereotype auch im Projektmanagement für das Gehaltsniveau eine Rolle spielen [5]. Ähnlich wie bei den Hierarchie-Leveln finden sich teilweise eklatante geschlechtsspezifische Unterschiede nach übernommenen Verantwortungsbereichen. So verdienen beispielsweise Frauen mit einer Gesamtverantwortung über 40 % weniger als Männer, bei einer disziplinarischen Verantwortung sind es immer noch knapp 35 % (vgl. Tabelle 3). Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Abbildung 10: Themen der Weiterbildungsmaßnahmen Die Tagessätze der befragten Freiberufler liegen im Durchschnitt bei 1.300 Euro EUR, wobei sich diese in einer Spanne von 187,5 Euro bis 3.000 Euro bewegen. Am häufigsten werden Tagessätze zwischen 1.000 und 1.250 Euro (33 %) und von mehr als 1.500 Euro (28 %) aufgerufen. 5 Zufriedenheit und Karriereperspektiven Die Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten der Vergütung ist überwiegend unterdurchschnittlich ausgeprägt (vgl. Abbildung 8). Vor allem mit der Gesamtvergütung sind die Befragten unzufrieden, auf einer Skala von 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 100 (trifft voll und ganz zu) werden lediglich 29 Skalenpunkte erreicht. Auch die Transparenz der Vergütungsstrukturen (43) und eine leistungsorientierte Vergütung in Projekten (44) werden unterdurchschnittlich bewertet. Lediglich der Aspekt einer transparenten Vergütungsstruktur im Projektmanagement wird leicht überdurchschnittlich bewertet (52). Für viele Unternehmen stellt die Schaffung dezidierterer Karrierepfade im Projektmanagement eine große Herausforderung dar. Seit Beginn unserer Studienreihe ist die Unzufriedenheit mit den Karriereperspektiven im Projektmanagement hoch. Den hierzu gestellten Fragen werden mehrheitlich Werte deutlich unterhalb der Skalenmitte zugeordnet (vgl. Abbildung 9). So verfügen nur die wenigsten Befragten in ihrem Unternehmen über die Möglichkeit, verschiedene Karrierepfade im Projektmanagement zu wählen (29 von 100 Skalenpunkte). Ebenso sind klar definierte, transparente Karriereperspektiven im Projektmanagement nur in einer Minderheit der Unternehmen vorzufinden (43). Immerhin gibt es in einer Mehrheit der Unternehmen mittelbis langfristige Karrieremöglichkeiten im Projektmanagement (52), umgekehrt negiert die Mehrheit der Befragten, dass es Karrierepfade nur in der Linie gäbe (44). Zusätzlich zu den Fragen zur Karriere wurde auch eine Frage zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestellt, die ganz überwiegend positiv beantwortet wird (72). Im Vergleich zur Studie von 2019 wird dieser Aspekt um 7 Skalenpunkte höher bewertet [4]. Einen wichtigen Bestandteil von Karrieren im Projektmanagement stellen Weiterbildungsangebote zum Thema Projektmanagement dar. Diese werden auch umfangreich angenommen. Nur 7 % der Befragten gaben an, an keinerlei einschlägigen Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen zu haben. Wurde eine Weiterbildung besucht, waren es insbesondere Kurse zu den Grundlagen (78 %), zur sozialen Kompetenz (58 %) und zur Methodenkompetenz (56 %) im Projektmanagement. Weitere Schwerpunkte lagen auf Weiterbildungen zum Agilen PM (50 %) und zur Führungskompetenz im PM (49 %). Alle anderen Themen wurden von 40 % oder weniger besucht. (vgl. Abbildung 10). Abbildung 8: Einschätzung verschiedener Aspekte der Vergütung Abbildung 9: Einschätzung der Karrieremöglichkeiten im Projektmanagement Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 uvk.de Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Abbildung 6: Jahresgesamtgehalt nach Projektkontext Abbildung 7: Zusammenhang zwischen Gehalt und Zertifizierungsstand Tabelle 4: Umsätze und Aufwendungen von Freiberuflern Die Projektgröße gemessen am Projektbudget hat Auswirkungen auf die Höhe der Entlohnung, wenngleich der Zusammenhang nicht linear ist. Tendenziell kann aber bei einem zunehmenden monetären Projektumfang mit einer höheren Entlohnung gerechnet werden. Je nach Projektkontext (Einzelprojekt, Multiprojekt-, Programm- oder Projektportfoliomanagement) variiert das durchschnittliche Gehalt. Dabei lässt sich insbesondere im Programmmanagement am meisten verdienen, im Kontext von Einzelprojekten werden durchschnittlich die geringsten Gehälter erzielt (vgl. Abbildung 6). Eine wichtige Rolle bei der Höhe des Gehalts spielt die Berufserfahrung im Projektmanagement. Dieser Zusammenhang ist- - bis auf den Übergang von der Berufseinstiegskohorte zur Kohorte von 2 bis 5 Jahren-- weitgehend linear. Vom Berufseinstieg bis hin zu einer Erfahrung von über 20 Berufsjahren verdoppelt sich in Deutschland das Gehalt. Insgesamt zeigt sich, dass sich Investitionen in Fort- und Weiterbildungen lohnen. Während Personen ohne jegliche projektmanagementspezifische Zertifizierung ein durchschnittliches Jahresgehalt von 97,7 TEUR erzielen, gehören die Absolventen der höheren GPM / IPMA-Zertifikatslevel B (Senior-Projektmanager) und A (Projektdirektor) sowie Zertifikatsinhaber von PMP (Project Management Professional) zu den Gruppen mit den höchsten Einkommen im Projektmanagement. Im Ergebnis zeigt sich, dass insbesondere die Absolventen der höheren GPM / IPMA-Zertifikatslevel B (Senior-Projektmanager) und Level A (Projektdirektor) sowie Zertifikatsinhaber von Hybrid+ GPM zu den Gruppen mit dem höchsten Einkommen im Projektmanagement gehören (vgl. Abbildung 7). Diese Erkenntnisse bestätigen frühere Befunde über die wichtige Funktion von Zertifizierung bei der weiteren Professionalisierung und Berufsbildung im Projektmanagement [6]. 4 Einkommenssituation von Freiberuflern An der Befragung beteiligten sich insgesamt 51 Freiberufler aus Deutschland, wobei diese gebeten wurden, ihre Angaben für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 zu tätigen. Die Freiberufler erzielten im Jahr 2023 im Durchschnitt einen Umsatz von knapp 171,2 TEUR (ohne Mehrwertsteuer), das sind etwa 22 TEUR mehr als noch in der Befragung von 2019. Bereinigt um Aufwendungen für Material, Reisen, Büro sowie Sozialversicherungen etc. ergibt sich ein durchschnittlicher Verdienst (vor Steuern) von 129,4 TEUR. Damit verdienen Freiberufler im Durchschnitt knapp 20 TEUR mehr als Angestellte, haben dafür aber auch das unternehmerische Risiko zu tragen (vgl. Tabelle 4). Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Abbildung 11: Erworbene PM- Zertifikate Im Vergleich zu 2019 fällt auf, dass fast alle Weiterbildungsprogramme weniger frequentiert wurden. Dies könnte noch eine Nachwirkung der Corona-Pandemie sein, in der die Teilnahme an Weiterbildungskursen insbesondere aufgrund der Kontaktbeschränkungen dramatisch eingebrochen war. Scheinbar konnte bis heute nicht das Niveau der Vorpandemiezeit erreicht werden. Eine weitere Ursache könnte in der-- zumindest bis ins Jahr 2023 reichenden-- positiven wirtschaftlichen Entwicklung vieler Unternehmen und der damit verbundenen hohen Auslastung bzw. geringen Kapazität für Aktivitäten jenseits des Tagesgeschäfts liegen. Insofern kann im Bereich der Weiterbildung ein gewisses Nachholpotenzial konstatiert werden. Mehr als zwei Drittel der Befragten können eine Zertifizierung im Projektmanagement vorweisen (68 %). 35 % verfügen sogar über zwei oder mehr Zertifikate. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Studie von 2019 hat sich der Anteil der Befragten, die ein Zertifikat vorweisen können, um 19 % reduziert. Am häufigsten wurde das Zertifikat Level D der IPMA / GPM erworben, das 26 % aller Studienteilnehmer vorweisen können. Weitere 17 % verfügen über das Zertifikat Level C (IPMA / GPM) und 11 % über das Zertifikat Level B (IPMA / GPM). Den Professional Scrum Master / Certified Scrum Master® haben 17 % durchlaufen. Alle anderen Zertifikatskurse wurden von weniger als 10 % der Studienteilnehmer abgeschlossen (vgl. Abbildung 11). 6 Fazit Vor fünf Jahren wurde die letzte GPM-Gehaltsstudie veröffentlicht. Seitdem hat sich die wirtschaftliche und politische Situation in Deutschland stark verändert. In Zeiten tiefgreifender Veränderungen ist das Projektmanagement gefordert. Da Projekte zur Gestaltung und Umsetzung von Veränderungen geeignet sind, ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Projektarbeit weiter zunehmen wird. Dies trifft sowohl mit Blick auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen mit Blick auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit als auch mit dem Heben von Rationalisierungspotenzialen in wirtschaftlich angespannten Zeiten zu. Die empirischen Ergebnisse bestätigen, dass das Berufsfeld Projektmanagement eine hohe Bedeutung genießt: die Gehälter sind seit 2019 überproportional gestiegen. Allerdings bleiben auch einige Herausforderungen bestehen: So werden einerseits die Karriereperspektiven für Projektmitarbeiter als unbefriedigend empfunden. Diese sind häufig wenig transparent, unklar definiert, überhaupt nicht oder nur in der Linie vorhanden. Andererseits liegt im Berufsfeld Projektmanagement, wie auch in anderen Tätigkeitsfeldern, ein deutlich beobachtbarer „Gender Pay-Gap“ vor. Literatur [1] Futterer, F.; Schneider, C.; Schneider, S.; Schoper, Y. (2013): Wer verdient wie viel in der PM-Branche? 4. GPM Gehalts- und Karrierestudie für Projektpersonal 2013. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg. [2] Futterer, F.; Schneider, C.; Schoper, Y.; Spannuth, T.; Wald, A. (2015): Gehalt und Karriere im Projektmanagement in Deutschland und Österreich. 5. GPM Gehaltsstudie. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg. [3] Gröber, M.; Scheurer, S.; Schneider, C.; Wald, A. (2017): Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2017- - Das Gehaltsbarometer für Projektmanagerinnen und Projektmanager im deutschsprachigen Raum. 6. GPM Gehaltsstudie. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg. [4] Schneider, C.; Wald, A.; Schoper, Y.; Treiber, C. (2019): Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2017- Das Gehaltsbarometer für Projektmanagerinnen und Projektmanager im deutschsprachigen Raum. 7. GPM Gehaltsstudie. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg. [5] Sieben, B.; Braun, T.; Ferreira, A. I. (2016). Reproduction of ‘Typical’ gender roles in temporary organizations-- No surprise for whom? The case of cooperative behaviors and their acknowledgement. Scandinavian Journal of Management, 32(1), 52-62. [6] Nicklich, M.; Braun, T.; Fortwengel, J. (2020). Forever a profession in the making? The intermediate status of project managers in Germany. Journal of Professions and Organization, 7(3), 374-394. Wissen | Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0009 Christoph Schneider Christoph Schneider studierte Soziologie und Politische Wissenschaften an der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg. Seit 2007 ist er als Forschungsdirektor und Institutsleiter an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht tätig. In Kooperation mit der GPM leitete er viele Studien zum Thema Projektmanagement wie z. B. die Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland (2015 und 2023), die Gehalts- und Karrierestudie im Projektmanagement 2013, 2015, 2017 und 2019, Mit Projekten Unternehmen erfolgreich führen (2012), Global Project Management Survey (2010), Potentiale und Bedeutung des Projektmanagements aus der Perspektive des Topmanagements (2009). https: / / www.ebs.edu / forschung / institute-center-labs / institute-for-technology-innovation-customer-centricity eMail: christoph.schneider@ebs.edu Andreas Wald Andreas Wald (Dr. rer. pol. habil.) Professor für Strategie an der School of Business and Law der University of Agder in Kristiansand. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Temporäre Organisationen, Entrepreneurship, Management Control und Innovation. Seine Arbeiten erscheinen unter anderen in wissenschaftlichen Zeitschriften wie Project Management Journal, International Journal of Project Management und International Journal of Managing Projects in Business. https: / / www.uia.no / en / kk / profile / andreasw eMail: andreas.wald@uia.no timo Braun Timo Braun (Univ.-Prof. Dr. habil.) ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeitswissenschaft und Prozessmanagement und leitet das Fachgebiet „Projektmanagement in der Digitalen Transformation“ an der Universität Kassel. Er kooperiert in verschiedenen Projekten und Gremien seit fast 15 Jahren mit der GPM und ist wissenschaftlicher Leiter der aktuellen GPM Gehalts- und Karrierestudie. Web: http: / / uni-kassel.de / go / pmdt eMail: timo.braun@uni-kassel.de Simon Staudigl Simon Staudigl ist seit 2023 als Projektleitung im Projekt Management Office der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. tätig. Hier leitet er Projekte des Portfolios, so auch die Umsetzung der aktuellen GPM Gehalts- und Karrierestudie. Darüber hinaus unterstützt Simon Staudigl Projektmanagerinnen und Projektmanager in der Linienorganisation der GPM methodisch. eMail: s.staudigl@gpm-ipma.de Eingangsabbildung: © GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.