PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0020
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2025
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V."Optimisten beißen sich durch"
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Oliver Steeger
Viele Projektmanager wissen intuitiv: Ohne ein Quäntchen Optimismus führt man kein Projekt zum Erfolg. Besonders in schwierigen Zeiten ist Optimismus eine Quelle für Resilienz und Durchhaltevermögen. Die Optimisten haben heute die Wissenschaft auf ihrer Seite. Psychologen wissen, dass Optimismus in Krisen Bärenkräfte weckt. So auch Wirtschaftspsychologe Professor Florian Becker, Autor des 2024 erschienenen Buchs „Positive Psychologie – Wege zu Erfolg, Resilienz und Glück“. Im Gespräch beschreibt er, weshalb Optimismus ein Erfolgsfaktor im Projektmanagement ist, wie man ihn in Teams weckt – und weshalb Optimisten oft glücklicher sind als Pessimisten.
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15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0020 Wie Optimismus die Resilienz von Teams stärkt „Optimisten beißen sich durch“ Oliver Steeger Viele Projektmanager wissen intuitiv: Ohne ein Quäntchen Optimismus führt man kein Projekt zum Erfolg. Besonders in schwierigen Zeiten ist Optimismus eine Quelle für Resilienz und Durchhaltevermögen. Die Optimisten haben heute die Wissenschaft auf ihrer Seite. Psychologen wissen, dass Optimismus in Krisen Bärenkräfte weckt. So auch Wirtschaftspsychologe Professor Florian Becker, Autor des 2024 erschienenen Buchs „Positive Psychologie-- Wege zu Erfolg, Resilienz und Glück“. Im Gespräch beschreibt er, weshalb Optimismus ein Erfolgsfaktor im Projektmanagement ist, wie man ihn in Teams weckt-- und weshalb Optimisten oft glücklicher sind als Pessimisten. Herr Professor Becker, vor vielen Jahren hatte ich ein Buch in den Händen mit dem Titel „Optimisten leben länger“. Ich höre immer wieder, dass Optimisten im Beruf erfolgreicher sind und ein zufriedeneres Privatleben führen. Ist da etwas dran an diesem Gerücht? Professor Florian Becker: Die Wissenschaft bestätigt solche Annahmen. Gesunder Optimismus hat Vorteile. Studien weisen nach, dass Optimisten beliebter sind bei Mitmenschen. Sie bauen mehr und bessere soziale Kontakte auf-- und verfügen so über ein breites, im Beruf nützliches Netzwerk. Optimismus hat auch einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Wer mit 18 Jahren optimistisch ist, hat eine höhere Lebenserwartung; er verfügt oft über ein besseres Immunsystem und erholt sich schneller von Krankheiten als Pessimisten. Optimismus hat zudem einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit-- auch dies zeigen Studien. Optimismus beeinflusst die Zufriedenheit mehr als etwa Einkommen oder Intelligenz. Optimismus ist ein wichtiger Faktor, Resilienz zu entwickeln und sich glücklich zu fühlen. Aber macht Optimismus am Ende auch erfolgreicher? Ja, mit einiger Sicherheit. Auch dafür haben wir viele Hinweise in Studien. Als Professor erlebe ich dies übrigens selbst. Meine intelligentesten Studenten sind nicht automatisch die besten. Oha! Weshalb? Optimisten beißen sich durch. Sie glauben an ihren Erfolg und sind überzeugt, dass es sich lohnt, die Ärmel aufzukrempeln und zu lernen. Pessimistische Studenten neigen dagegen dazu, das Studium aufzugeben. Im Leistungssport kann man den Vorteil von Optimismus ebenfalls gut erkennen. Die letzten Kilometer eines Marathons machen gewiss keinen Spaß. Wer aber überzeugt ist, dass er Erfolg haben wird-- der wird eher die letzten Energiereserven mobilisieren, auch wenn es extrem hart wird. Stellen wir uns ein optimistisches Projektteam vor. Wird es das Projekt wahrscheinlich erfolgreicher abschließen können als ein eher pessimistisches? Aus der Perspektive der Motivation betrachtet ist ein optimistisches Team besser aufgestellt als ein eher pessimistisches. Optimismus ist eine starke Kraft. Reportage | „Optimisten beißen sich durch“ 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0020 Dies wurde in den 1950er und 1960er Jahren erforscht-- mit höchst bedenklichen Tierexperimenten. Damals waren solche Experimente in den Labors leider üblich. Heute sind solche Experimente zum Glück in der Wissenschaft geächtet. Man würde sie aus ethischen Gründen nicht durchführen. Dies wäre absolut unvertretbar. Dennoch-- aus diesen Experimenten werden einige Erkenntnisse gezogen, die sich auf den Optimismus beziehen lassen. In einem Experiment hat der amerikanische Biologe Curt Paul Richter in den 1950er Jahren untersucht, wie lange Ratten im Laborbecken schwimmen, bevor sie aufgeben. Was waren seine Erkenntnisse? Er hat festgestellt, dass speziell gezüchtete Laborratten im Wasser deutlich länger durchhielten als Wildratten, die eigentlich von Natur aus kräftiger, schlauer und härter sind. Die Wildratten gaben nach spätestens 15 Minuten auf. Die Laborratte schwamm viel, viel länger. Sie ist einfach weitergeschwommen, im Schnitt ganze 60 Stunden. Kann dies damit zusammenhängen, dass die erfahrene, schlaue Wildratte ihre Situation im Becken als aussichtslos eingeschätzt hat-- und deshalb einfach aufgegeben hat? Ja. Aufgrund ihrer Erfahrung kam die Wildratte quasi zur Überzeugung, dass sie keine Chance hat. Sie entwickelt den „Glaubenssatz“, dass jede Anstrengung vergebens ist. Deswegen fehlte ihr die Motivation. Bei der scheinbar „naiven“ Laborratten war dies völlig anders. Sie hat einfach weitergemacht. Hier wird deutlich: Optimismus hilft, eine enorme Leistungskraft abzurufen. Solche Glaubenssätze spielen offenbar eine wichtige Rolle. Man sagt, dass Optimisten ein halbgefüllte Glas Wasser „halbvoll“ sehen, Pessimisten „halbleer“-… An solchen Bildern ist etwas Wahres dran. Optimismus ist eine positiv verzerrte Wahrnehmung der Realität. Menschen mit gesundem Optimismus glauben etwas mehr an sich oder vertrauen anderen etwas mehr als die Realität vielleicht rechtfertigt. Sie sehen die Welt und ihre Zukunft etwas positiver als eigentlich angemessen wäre. Also eine Art nützliche Illusion? Ja. Optimisten glauben fest, dass die Umstände positiv für sie sind und die Situation ihnen gewogen ist. Studien zeigen, dass diese Illusion-- wie Sie dies nennen-- tendenziell gesund ist und Menschen motiviert. Sofern sie nicht völlig übertrieben ist und zum blinden Optimus wird. Nochmals zu den Ratten: Curt Paul Richter hat in einem weiteren Experiment die Wildratten anders behandelt. Er hat sie lernen lassen, dass sich Anstrengung lohnt und der Kampf nicht vergebens ist. Das hat er gemacht, indem er sie hat schwimmen lassen, aber nach einer Weile wieder herausgeholt. Das hat er mehrmals wiederholt. Er hat das Schwimmen also belohnt? Nach dieser „Lernphase“ haben die Wildratten sogar noch länger durchgehalten als die naiven Laborratten. Sie haben Optimismus gelernt? Gelernt, dass sich Anstrengung auch in schwierigen Situationen lohnt? Dieser Schluss liegt nahe. Dies zeigt, welche Kraft im Optimismus liegt. Nachdem die Wildratte Optimismus „gelernt“ hat, hielt sie um ein Vielfaches länger durch. Wir reden hier über einen Faktor von vielen 100 Prozent: Mehr als 60 Stunden statt 15 Minuten! Auf Menschen übertragen bedeutet dies: In bestimmten schwierigen Situationen, bildlich gesprochen: wenn man umgeben ist von hohen, unüberwindlichen Glaswänden- - in solchen Situationen kann es hilfreich sein, auf „naive Laborratte“ umzuschalten. Also negative Gedanken ausblenden und sich blind mit Tunnelblick vorwärtsschieben. So, wie der Leistungssportler am Ende des Marathons. Man hat auch festgestellt, dass Tiere auch Pessimismus lernen können. Ja. Beispielweise Hunde. Machten Hunde in Experimenten die Erfahrung, dass sie an ihrer Lage nichts ändern können-- dann verinnerlichten sie das. Sie blieben in Notlagen passiv. Jetzt kommt der eigentliche Punkt: Nach solchen Erfahrungen der Hilfslosigkeit bleiben Hunde auch dann passiv, wenn es einfach wäre, sich zu helfen. Die gelernte Erfahrung „Ich kann mir nicht helfen und jede Anstrengung ist vergebens“ verhindert auch künftig jeden Einsatz, einer schmerzlichen Lage zu entkommen. Gilt dies auch für Menschen? Ja! In der Psychologie nennt man dies „erlernte Hilflosigkeit“. Das ist der tiefe Glaube, dass man nichts an seiner Lage verändern kann und jeder Versuch, die Lage zu verbessern, nutzlos ist. Tatsächlich haben viele Menschen im Leben die Erfahrung gemacht, dass sie ihre Ziele nicht erreichen können. Sie versuchen es dann gar nicht mehr-- und werden ineffektiv. Ich habe kürzlich einen Projektmanager gesprochen, der ein schwieriges Großprojekt in einem engen Zeitkorsett leitet. Beim Start des Projektes haben einige seine Terminplanung angezweifelt. Solch ein Großprojekt könne nicht pünktlich fertig werden. Doch statt einzuknicken hat dies bei dem Projektmanager den Ehrgeiz noch verstärkt. Er wollte allen zeigen, dass sein Projekt pünktlich ist. Die Reaktion des Projektmanagers zeugt von Optimismus. Andere hätten vielleicht ihre Anstrengungen reduziert und sich hilflos gefühlt. Das gesunde Gegenstück von gelernter Hilflosigkeit ist Selbstwirksamkeit, und diese hat er in sich gespürt. Sein Verhalten ist typisch für selbstwirksame Menschen: Wenn sie auf Widerstand, Kritik oder Herausforderung stoßen, dann reduzieren Sie nicht die Anstrengung-- sondern verstärken Sie. Auch nach Rückschlägen stehen sie schnell wieder auf und machen weiter. Sie haben den Begriff Selbstwirksamkeit genannt. Ist dieser Glaube, dass man selbst wirksam an seinem Erfolg arbeiten kann, das Geheimnis der Optimisten? Dass man das eigene Schicksal selbst in der Hand hat? Erfolgreiche Menschen sind nicht nur selbstwirksam und optimistisch, sondern verfügen auch über eine weitere Gabe: Sie können ihren Optimismus situationsbezogen einsetzen wie Reportage | „Optimisten beißen sich durch“ 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0020 ein Werkzeug. Sie können ihn quasi ein und ausschalten-- je nachdem, wie es die Situation erfordert. Zum Beispiel? Beispielsweise beim Planen eines Projekts und dem Risikomanagement sind sie bewusst eher pessimistisch. Für manche Aufgaben ist es wichtig, sich auch dem Pessimismus zu öffnen- - und sich darauf zu konzentrieren, was schiefgehen kann. Aber? Starten die erfolgreichen Manager aber dann die Projektarbeiten, schalten sie um auf Optimismus. Etwa dann, wenn die Pläne beschlossen, das Projekt gestartet ist und sie nicht mehr zurückkönnen- - in dieser „ausweglosen“ Situation schalten sie stur auf Optimismus um und glauben an den Erfolg. Sogar eine gewisse Naivität, Blindheit kann in bestimmten Situationen hilfreich sein. Damit kann man eine größere Hoffnung und damit auch Leistungskraft abrufen. Droht da nicht Gefahr, dass man die rosarote Brille aufsetzt und blind optimistisch ist? Blinder oder überzogene Optimismus hat natürlich Nachteile. Viele Menschen sterben in Deutschland, weil sie Seen oder Flüsse durchschwimmen wollen und ihre Kräfte und die Kälte des Wassers überschätzen. Ähnliches Verhalten beobachte ich auch in der Wirtschaft und bei Unternehmern. Ich habe das selbst in meinem Umfeld erlebt. Ein guter und erfolgreicher Unternehmer hat vermutet, dass er auch ein guter und erfolgreicher Börsenspekulant ist. Ein anderes Beispiel: Zwei junge Unternehmer, die mit ihrem gemeinsamen ersten Geschäft sehr erfolgreich waren. Sie haben sich wegen Nichtigkeiten gestritten, getrennt, ein vielversprechendes Unternehmen beschädigt-- nur, weil jeder über-optimistisch dachte, er könnte den Erfolg jederzeit wiederholen, er wäre einfach viel besser als andere. Doch nur einer von beiden hat es bisher geschafft, etwas ähnlich Erfolgreiches zu replizieren. Wir sprachen vorhin von dem halb gefüllten Glas Wasser. Weshalb neigen viele Menschen dazu, es als halbleer zu betrachten-- also eher pessimistisch zu betrachten? Das hat etwas mit unserem Gehirn zu tun. Wir unterliegen einer leicht verzerrten Wahrnehmung. In der Psychologie nennen wir dies Negativity Bias. Wir fokussieren uns mehr auf negative Signale als auf positive. Evolutionsgeschichtlich ist der Negativity Bias sinnvoll. Im Laufe der Evolution war es für Menschen lebensgefährlich, Warnsignale zu übersehen: beispielsweise eine giftige Schlange oder das Raubtier hinter dem nächsten Baum. Ein Warnsignal zu übersehen konnte tödlich sein. Falls sie dagegen ein positives Signal übersehen haben, waren die Konsequenzen nicht so dramatisch. Pessimismus hat sich also in der Evolution gelohnt. Noch heute reagieren Menschen deshalb mehr auf negative Nachrichten als auf positive. Angesichts dieser evolutionären Verankerung mag meine nächste Frage vielleicht naiv klingen. Kann man Optimismus lernen? Die Frage ist nicht naiv. Die Antwort ist: Ja, man kann. Doch so einfach, wie dies klingt, ist es nicht. Viele Pessimisten entgegnen, sie seien halt, wie sie sind-- nämlich pessimistisch. Dies gehöre zu ihrem Wesen. Das ist ein Fehler. Dies nennt man „Fixed Mindset“. Jemand mit einem Fixed Mindset ist beispielsweise tief überzeugt, dass er einfach nicht geschäftlich verhandeln kann. Diese negative Erwartung ist ein Grund, weshalb seine Verhandlungen wirklich misslingen. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Und nach jedem Misserfolg wird der Glaube bestärkt, dass man an dem Problem nichts ändern kann-… Indem man zum Beispiel Verhandlungstechniken lernt-…? Zum Beispiel. Mit einem Fixed Mindset glaubt man, dass eine schwierige Lage in Umständen begründet ist, die man nicht ändern kann. Etwa fehlendem Talent oder einfach Pech. Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel. Man hört häufig, dass Bildungschancen und Karrierewege eigentlich ein Würfelspiel des Schicksals sind. Inwiefern? Sind die Eltern gebildet, haben sie ihren Kindern etwa vorgelesen und Bücher gegeben-- dann werden die Kinder gute Noten nach Hause bringen. Haben dagegen die Eltern selbst wenig Bildung, sind nach diesem Narrativ die Chancen auf schulischen und beruflichen Erfolg einfach gering. Mit anderen Worten: kommt jemand aus der falschen Schicht, hat er nach dieser Erzählung später keine Chance. Menschen dieses Fixed Mindset und diese Hilflosigkeit einzureden ist aus meiner Sicht wenig sinnvoll. Heute nehmen immer mehr Menschen an, das Erfolg Glückssache ist-- und wenig mit eigener Initiative zu tun hat. Deswegen strengen sie sich auch nicht an. Die Botschaft wird dann zu einer „self fulfilling prophecy“. Das Fixed Mindset wird zur Realität und dort zementiert. Was wäre das Gegenteil eines Fixed Mindset? Das Growth Mindset. Menschen mit einem Growth Mindset konzentrieren sich auf Dinge in ihrem Leben, die in ihrer Hand liegen und die sie selbst verändern können-- etwa durch Anstrengungen und gute Entscheidungen. Aus meiner Sicht wäre es sehr hilfreich, wenn wir uns als Gesellschaft wieder mehr auf Dinge fokussieren, die jeder selbst in der Hand hat, kontrollieren kann. Und nicht nur immer über beeinträchtigende oder förderliche Umstände um uns herum reden! Nicht nur Einzelne können ein Growth Mindset entwickeln, sondern auch Teams. Wie können Projektleiter in ihrem Team das Growth Mindset fördern? Dafür gibt es verschiedene Wege. Man kann etwa bei den Retrospektiven anzusetzen. Führungskräfte können bei Retrospektiven die Erfolge betonen, und vor allem wie das Team selbst dazu beigetragen hat. Sie können die Frage diskutieren, was das Team selbst in der Hand hatte und wie es mit eigener Arbeit und Leistung Erfolge errungen hat. Mit einem Wort-- die Selbstwirksamkeit betonen? Darum geht es! Also nicht: man war erfolgreich, weil der Wettbewerber zu schwach war, die Situation günstig oder man Hilfe von außen bekommen hat. Auch nicht: man hatte eben nur Reportage | „Optimisten beißen sich durch“ 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0020 deshalb Misserfolg, weil äußere Umstände einfach so schlecht waren. Oder weil der Kunde so nett war-… Vielleicht war der Kunde wohlgesonnen. Aber das lag auch daran, dass das Team eine gute Beziehung zu dem Kunden aufgebaut hat. Der Fokus sollte immer auf das gerichtet sein, was das Team selbst unter Kontrolle hat. Diese Aspekte sollte man hervorheben-- wie mit einem Leuchtmarker. Augenblick! Der Erfolg hat bekanntlich viele Mütter und Väter-… Natürlich weiß ein Team, dass auch Äußeres zu dem Erfolg beiträgt, etwa Glück, die Unterstützung anderer oder günstige Umstände. Aber diese äußeren Umstände sollten nicht mit dem Leuchtmarker hervorgehoben werden. Denn das prägt sonst unbewusst ein fatalistisches Denken im Team: Die Umstände sind verantwortlich, damit wir Erfolg haben. Letztlich scheint es dabei um Denkmuster zu gehen. Darum, durch welche Brille man die Welt betrachtet. Optimisten haben in der Tat andere Denkmuster. Beispielsweise erwarten sie Positives für die Zukunft. Dies sollten Führungskräfte kommunizieren: Sie freuen sich auf die Zukunft. Zudem erinnern sich Optimisten im Rückblick mehr an das Positive. Ein simples Beispiel: Jemand wird gefragt, wie es in seinem Urlaub war. Der Pessimist würde vielleicht all das betonen, über das er sich geärgert hat: eine ganze Liste von Kritikpunkten. Er erinnert sich dabei selektiv an das Negative. Und der Optimist? Er würde die negativen Ereignisse nicht leugnen, aber er würde die positiven in den Vordergrund stellen. Damit verbindet sich weiteres Denkmuster: Fokussieren sich Optimisten auf Negatives, dann erwarten Sie, dass dies wieder vorbeigeht. Ein Beispiel: Es hat einen Streit mit dem Ansprechpartner eines Kunden gegeben. Der Pessimist würde vielleicht annehmen, dass der Kunde jetzt die Verträge kündigt. Der Optimist dagegen würde die unschöne Diskussion anerkennen, auch aus seinen Fehlern lernen. Aber er würde davon ausgehen, dass sich die Beziehung zu dem Kunden wieder normalisieren wird. Er würde sich vielleicht sagen: Es gab mit dem Ansprechpartner des Kunden eine schwierige Situation. Aber wir haben noch ein paar weitere Kontakte und können auch die Beziehung zu diesem Ansprechpartner wieder verbessern. Fokussieren wir uns darauf, wie wir das Verhältnis mit dem Kunden wieder verbessern. Optimisten haben manchmal den Eindruck, dass sie in einer pessimistischen Welt leben. Was können Menschen tun, um Optimismus zu entwickeln und zu bewahren? Sie können sich klarmachen, wie wichtig Optimismus ist- - nicht nur im Beruf. Wie vorhin gesagt, Optimisten und leben länger. Sie fühlen sich besser, sind beliebter und zufriedener. Optimismus hat also ganz klare Vorteile. Erstaunlich finde ich, dass wir uns täglich pessimistischen Gedanken freiwillig öffnen. Pessimistischen Gedanken freiwillig öffnen-- inwiefern? Ein Beispiel: Viele schauen fast stündlich auf die News App, die in der Regel nur schlechte Nachrichten liefert. Aber die negativen Nachrichten bieten nur einen kleinen Ausschnitt aus unserem Leben. Und sie überschatten die vielen positiven Ereignisse. Die Schlagzeilen gelten dem abgestürzten Flugzeug-- und nicht den Tausenden, die glücklich gelandet sind. Die Überbetonung negativer Nachrichten führen häufig zu pessimistischen Gedanken. Ich wundere mich, dass so viele Menschen freiwillig so viel Negatives konsumieren. Das ist vergleichbar damit, dass sich viele Menschen völlig falsch ernähren, obwohl sie eigentlich wissen, wie man sich gesund ernährt. Kann man sich denn entscheiden, künftig Optimist zu sein? Man kann sich vielleicht nicht direkt für Optimismus entscheiden. Wir können aber Entscheidungen fällen, die zu mehr Optimismus führen: beispielsweise den medialen Konsum von schlechten Nachrichten zu reduzieren. Eine weitere Entscheidung könnte sein: Man umgibt sich mit positiven, optimistischen Menschen. Optimisten vermitteln eine bessere Lebensqualität. Wer mit ihnen zu tun hat, fühlt sich besser. Also: Kontakt suchen mit Menschen, die Optimismus ausstrahlen. Eine weitere Entscheidung: den Blickwinkel auf schwierige Situationen verändern. Man kann in schwierigen Situationen eine Gelegenheit sehen sich zu verbessern. Eine Art Training. Vielleicht eine spannende Lebenserfahrung. Ich habe festgestellt, dass Optimisten vielfach Herausforderungen anders betrachten als Pessimisten-- weniger mit Angst, mehr mit Interesse. Sie sehen Herausforderungen eher als Chancen zu lernen und sich zu entwickeln. Manchmal wird empfohlen, ein Dankbarkeits- Tagebuch zu führen. Täglich das auflisten, für das man dankbar ist. Wird es an diesem Punkt nicht etwas zu esoterisch? Nein, überhaupt nicht. Die Idee ist, dass man kurz innehält und sich an drei Dinge erinnert, die positiv sind und für die man dankbar ist. Mehr noch: diese drei Dinge nicht nur auflisten, sondern auch noch mal erleben. Dies trainiert unser Gehirn, nicht nur auf das Negative zu schauen, sondern Positives mehr wahrzunehmen. Sie haben eben empfohlen, sich mit Optimisten zu umgeben. In vielen Situationen ist dies nicht ganz einfach. Optimisten scheinen rar geworden zu sein-… Das ist wahr. Viele Menschen, denen man täglich begegnet, strahlen keinen Optimismus aus. Sie haben kein Interesse, morgens zur Arbeit zu gehen und am Arbeitsplatz zu sein. Die Zahlen aus Studien sprechen eine eindeutige Sprache: vier von zehn Mitarbeitern würden sofort aufhören zu arbeiten, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Neun von zehn Babyboomern wollen nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeiten. In vielen Unternehmen scheint sich pessimistisches Denken und Dienst nach Vorschrift ausgebreitet zu haben. Reportage | „Optimisten beißen sich durch“ 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0020 Hat aber pessimistisches Denken einmal in einer Organisation die Oberhand gewonnen, dann ist es schwierig, diese Kultur wieder umzukehren. In einem Social Media Post haben Sie unlängst eine bemerkenswerte These gewagt. Selten zuvor, haben Sie sinngemäß geschrieben, war es für Optimisten so einfach, im Leben Erfolg zu haben. Was hat Sie zu diesem Gedanken gebracht? Die Zahlen aus Studien! Der Durchschnittsdeutsche sitzt täglich mehr als fünf Stunden vor Fernsehen, Computerspielen und Videostreaming. Ich finde das bestürzend! Meinen Studenten sage ich: Nutzt die Zeit anders! Verbringt vielleicht nur eine Stunde mit passivem Medienkonsum. Dann nutzt die gewonnene Zeit, um eine Kompetenz zu entwickeln, gerne auch eine Kompetenz, die nichts direkt mit dem Studium zu tun hat. Beispielsweise eine Sprache lernen oder Programmieren oder mit Geldanlage. Oder macht Sport und besucht eure Eltern. Damit seid ihr anderen viele Schritte voraus. Wer sich heute nur etwas mehr anstrengt als die vielen anderen, die einfach nur Stunden vor dem Fernseher sitzen und die Komfortzone verehren, der kann leicht Erfolg haben. Sie betonen immer wieder Sportler als Vorbilder? Nach meiner Erfahrung sind Sportler häufig die besseren Studenten, vor allem die Leistungssportler. In ihrem Training haben sie verinnerlicht, wie wichtig es ist, sich Strukturen, gute Gewohnheiten und Disziplin zu erarbeiten. Training lehrt, sich auf das zu konzentrieren, was man selbst verändern kann. Im Sport lernen Menschen unmittelbar, dass sich Anstrengung lohnt und Faulheit bestraft wird. Regelmäßiges und intensives Training führt zum Erfolg. Erfolge wiederum bestärken den Glauben an sich selbst und die Selbstwirksamkeit. Daraus entwickelt sich ein Growth Mindset. Und am Ende entsteht gesunder Optimismus. Für mich sind viele Sportler ein Musterbeispiel für gesunden Optimismus! Eingangsabbildung: © iStock.com / Andrii Yalanskyi Professor Dr. Florian Becker Professor Dr. Florian Becker ist Diplom-Psychologe und der Kopf hinter dem Buch ‚Positive Psychologie- - Wege zu Erfolg, Resilienz und Glück‘. Darin gibt es auch jeweils eigene Kapitel zum Thema Optimismus und zum Thema Resilienz. Er hat lange an der Ludwig-Maximilians-Universität in München geforscht und gelehrt, sitzt im Vorstand der Wirtschaftspsychologischen Gesellschaft und ist Professor an der Technischen Hochschule Rosenheim. Er forscht und berät zu Führung, Motivation, Teamarbeit und Positive Psychologie. In seinen Beratungsprojekten und Vorträgen begeistert er Menschen dafür, wie Psychologie sie stärker, effektiver und glücklicher macht. Sein Ziel: Motivation freisetzen, Resilienz aufbauen-- und zeigen, wie jeder sein Potenzial voll entfalten kann. Weitere Veröffentlichungen: „Teamarbeit, Teampsychologie, Teamentwicklung: So führen Sie Teams! “ (Springer, 2016) „Psychologie der Mitarbeiterführung: Wirtschaftspsychologie kompakt für Führungskräfte“ (Springer, 2015) „Mitarbeiter wirksam motivieren: Mitarbeitermotivation mit der Macht der Psychologie“ (Springer, 2018)
