eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 36/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0021
0512
2025
362 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Erfolgsfaktor Resilienz: "Persönliche Kompetenz" – oder braucht es mehr?

0512
2025
Susanne Marx
Projektmanager und Teammitglieder arbeiten häufig unter dem Druck ständig wechselnder Rahmenbedingungen. Das erzeugt Anpassungsdruck – und die Notwendigkeit von Resilienz auf allen Ebenen: beim Einzelnen, im Team und in der Organisation. Dieser Beitrag zeigt aus holistischer Perspektive eine Reihe moderner Ansätze, wie Resilienz in Teams entwickelt werden kann. Er lenkt den Blick darauf, dass dabei neben der Dimension „Team“ auch die Dimensionen „Individuum“ und vor allem „Organisation“ betrachtet werden müssen. In einem Ausblick wird am Beispiel von Facility Wellbeing gezeigt, wie heute ganzheitliche Ansätze umgesetzt werden.
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20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 Projekte in Organisationen resilient gestalten Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“-- oder braucht es mehr? Dr. Susanne Marx Für eilige Leser | Projektmanager und Teammitglieder arbeiten häufig unter dem Druck ständig wechselnder Rahmenbedingungen. Das erzeugt Anpassungsdruck-- und die Notwendigkeit von Resilienz auf allen Ebenen: beim Einzelnen, im Team und in der Organisation. Dieser Beitrag zeigt aus holistischer Perspektive eine Reihe moderner Ansätze, wie Resilienz in Teams entwickelt werden kann. Er lenkt den Blick darauf, dass dabei neben der Dimension „Team“ auch die Dimensionen „Individuum“ und vor allem „Organisation“ betrachtet werden müssen. In einem Ausblick wird am Beispiel von Facility Wellbeing gezeigt, wie heute ganzheitliche Ansätze umgesetzt werden. Schlagwörter | Selbstwirksamkeit, Stressmanagement, Wandel, Handlungsfähigkeit, Akzeptanz Was ist Resilienz? Fragt man Menschen, was sie unter Resilienz verstehen, fallen häufig ungenaue Schlagworte wie Stressmanagement, Anpassungsfähigkeit oder auch Selbstwirksamkeit. Eine brauchbare Definition kommt vom Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung: “ Der Begriff der Resilienz wird in verschiedenen Wissenschaften benutzt, unter anderem in der Physik, in der Soziologie und der Medizin. In der Materialkunde bezeichnet er Stoffe, die auch nach extremer Spannung wieder in ihren Ursprungszustand zurückkehren. Übersetzt wird er häufig als „Widerstandsfähigkeit“. Bezogen auf den Menschen beschreibt Resilienz die Fähigkeit von Personen oder Gemeinschaften, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen.“ [1] Es geht also um Anpassungsfähigkeit, Veränderungsfähigkeit oder Widerstandsfähigkeit im Miteinander, in einem System und für den Einzelnen. Unsere erlebte Welt- - nicht nur im Projektmanagement- - ist auf allen Ebenen in einem Zustand des Dauerwandels: beschleunigt durch Globalisierung, exponentielle Digitalisierung und die ersten Auswirkungen des Klimawandels. Anpassungsfähigkeit wird damit zur Kernkompetenz der Zukunft, sowohl für den Einzelnen als auch für Organisationen. Das gilt in besonderem Maße für Projektteams. Sie müssen oft mit schnelllebigen und sich wandelnden Umgebungen zurechtkommen. Marktbedingungen, technologische Fortschritte und regulatorische Anforderungen können sich ändern, Zeitschienen schrumpfen, Zielvorgaben sich verschieben. Projektarbeit ist voller Herausforderungen. Sie erfordert immer wieder Anpassung. Resilienz ermöglicht Teams und Einzelpersonen, effektiv auf diese Herausforderungen und Veränderungen zu reagieren-- ein entscheidender Faktor für den Erfolg im Projektmanagement. Ein wissenschaftlicher Blick auf Resilienz Ursula Nuber hat 2011 in einem wegweisenden Artikel sieben Säulen der Resilienz definiert: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Opferrolle verlassen, Verantwortung übernehmen, Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung [3]. Wie die Praxis zeigt, ist das wahre Wunderwerkzeug dabei die Akzeptanz. Ein wichtiges Akzeptanzmodell stammt von Theo Wehner, der sich mit der psychischen Verarbeitung von Diskrepanzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit beschäftigt hat. [1] Solche Diskrepanzen können zu erheblichen Stressreaktionen führen. Sein Modell beschreibt einen strukturierten Ansatz, Wissen | Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“ - oder braucht es mehr? 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 um aus akuten Stresssituationen in einen Zustand der Handlungsfähigkeit und Akzeptanz zu gelangen. Menschen haben oft klare Vorstellungen darüber, wie eine Situation idealerweise sein sollte. Veränderungen oder Abweichungen von diesen Wunschvorstellungen rufen Stress und emotionalem Unwohlsein hervor. Dauer und Heftigkeit der Stresssituation hängen dabei vom Grad der Abweichung ab. Das Akzeptanzmodell zielt darauf ab, diese Diskrepanz sichtbar zu machen und in ein zielgerichtetes Tun zu kommen. Dabei ist der erste Schritt in der Regel: raus aus dem Stress und rein in die Handlungsfähigkeit. Kommt ein Individuum in die positive Akzeptanz, ist die individuelle Krisensituation überwunden. Da es eine direkte Wechselwirkung der persönlichen Resilienz mit den beiden anderen Organisationsdimensionen gibt, beeinflusst der individuelle Resilienz Status immer auch Team und Organisation. Im Akzeptanzmodus werden Mitarbeitende nicht nur zu Multiplikatoren für die Veränderung, sondern häufig sogar zu Enablern, indem sie Strukturen schaffen und schützen, die sie selbst und andere unterstützen. Schlüsselfaktoren der Teamresilienz Was bedeutet Resilienz für Teams? Team-Resilienz lebt zunächst von der individuellen Resilienz der Mitglieder. Damit diese ihre Wirkung entfalten kann, müssen im Team aber weitere Grundvoraussetzungen gegeben sein. Im Kern eines resilienten Teams steckt psychologische Sicherheit. Damit ist ein Umfeld gemeint, in dem Teammitglieder ohne Angst vor negativen Konsequenzen ihre Meinungen, Ideen und Bedenken äußern können, weil jeder im Sinne der Transkriptionsanalyse O. K. ist. Dies wird durch Klärung und Transparenz kommunikativ unterstützt. Um diesen Kern ordnen sich als weitere Schlüsselfaktoren der gemeinsame Umgang mit Unerwartetem, die positive Verarbeitung kritischer Situationen und der Fokus auf das große Ganze als Erfolgsgaranten für ein widerstandsfähiges und anpassungsfähiges Team (siehe Abbildung 2). Durch die gezielte Förderung dieser Faktoren können Teams ihre Fähigkeit stärken, Herausforderungen zu bewältigen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Projektteams können ihre Teamresilienz vor allem durch regelmäßige, offene und transparente Kommunikation fördern. Da jeder Wandel neue, angepasste Handlungsweisen erfordert, ist zudem eine gute Fehlerkultur hilfreich. Das Team betrachtet Fehler als Lernchancen: Der offene Umgang mit Fehlern und das gemeinsame, aktive Lernen aus Fehlern trägt zur psychologischen Sicherheit, stärkt die Fähigkeit, mit unerwartetem umzugehen und fördert Selbstvertrauen. Dazu eignet sich u. a. das Akzeptanzmodell, ein wertvolles Werkzeug, das dazu beitragen kann, Fehler als Lernmöglichkeiten zu betrachten. Wenn die Realität von den Erwartungen abweicht, hilft es, diese Diskrepanz im Team zu verbalisieren und nach Möglichkeiten zu suchen, das gewünschte Ziel zu erreichen. Eine Möglichkeit besteht darin, festzustellen, dass das gewünschte Ziel möglicherweise nicht zur aktuellen Organisation passt, und dieses Ziel entsprechend anzupassen. Einfache Techniken, um miteinander und voneinander im Dialog zu lernen, sind eine entsprechende Feedback-Kultur, eine Kultur des Zuhörens sowie Teambuilding-Maßnahmen, die es den Mitgliedern ermöglichen, sich in schwierigen Situationen gegenseitig besser zu unterstützen. Abbildung 1: Akzeptanz-Modell nach T. Wehner [4] Abbildung 2: Schlüsselfaktoren der Team Resilienz, Dr. Susanne Marx Wissen | Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“ - oder braucht es mehr? 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 Individuum, Team-- und die Organisation Betrachten wir nun Resilienz aus Sicht der Organisation. Organisationsentwickler definieren Resilienz im Arbeitsalltag oft als die Fähigkeit einer, mit Stress, Veränderungen und Herausforderungen konstruktiv umzugehen, sich von Rückschlägen zu erholen und im besten Fall daraus zu lernen. Was zunächst nach persönlicher Kompetenz von Mitarbeitenden aussieht, erweist sich bei näherer Betrachtung als deutlich komplexer, denn das System „Arbeitswelt“ ist mehrdimensional und voller Wechselwirkungen. Dieses Arbeitswelt-System lässt sich mit einem Interaktionsdreieck aus drei Ebenen beschreiben: Individuum, Team und Organisation, siehe Abbildung 3, in denen Organisationsresilienz entsteht. Die Dimensionen von Individuum, Team und Organisation stehen dabei in direkter Korrelation zueinander. Jede Dimension hat eigene Faktoren, die auf die jeweilige Resilienz einwirken. Da es eine direkte Wechselwirkung mit den anderen Dimensionen gibt, beeinflussen sich auch die jeweiligen Resilienzfaktoren, wie Huemer et al in ihrem Beitrag „Gesunde Menschen in gesunden Organisationen“ beschreiben [2]. Projekte sind von diesem Wechselspiel gleich zweimal betroffen: Erstens, sie bewirken per Definition Veränderung und erhöhen damit immer den Resilienz Druckabhängig von Art und Umfang-- auf eine oder mehrere Dimensionen. Je resilienter die Organisation, desto geringer die negativen Auswirkungen von Projektveränderungen. Zweitens, die Projektteams sind selbst im steten Wandel und damit einem konstanten Anpassungsdruck ausgesetzt. Umsichtiges holistisches Projektmanagement behält beides im Blick. Wie lässt sich Resilienz nachhaltig am Arbeitsplatz verankern? Die gute Nachricht vorneweg: Resilienz ist eine Kompetenz, die durch gezielte Übungen und strategische Verankerung für alle Dimensionen entwickelt und gestärkt werden kann. So wird sie zum wertvollen Asset in der Bewältigung des Arbeitsalltags und in der Vorbereitung auf Wandel und Krisen. Mit den richtigen Werkzeugen gelingt eine holistische Durchdringung der drei Dimensionen von Individuum, Team und Organisation in allen Bereichen und Hierarchie-Ebenen. Kompetenzentwicklung für Resilienz: Handlungsfelder und NOWABILITY(R) Die Komplexität der Beziehungen erfordert einen systematischen Resilienz- Entwicklungsansatz, der sowohl individuelle als auch kollektive Maßnahmen umfasst. Auf der individuellen Ebene kann man systematisch mit den Handlungsfeldern arbeiten, die auf die Resilienz Säulen von U. Nuber abzielen. Der Begriff Handlungsfeld bezeichnet den Bereich oder das Themengebiet für Aktivitäten und Maßnahmen; er liefert Rahmen und Kontext, in dem bestimmte Aufgaben oder Ziele verfolgt werden. In der Resilienzentwicklung sind traditionell vier Handlungsfelder definiert: Mentale, körperliche, emotionale und seelische Resilienz. Verlangt eine Situation Resilienz, können wir Lösungen aus unterschiedlichen Handlungsfeldern zur Bewältigung abrufen (siehe Abbildung 4). Es gibt heute eine Vielzahl an Werkzeugen, die die Entwicklung dieser individuellen Handlungsfelder unterstützen. Wichtig ist, dass die Werkzeuge holistisch sind, also alle vier Handlungsfelder abdecken. NOWABILITY® macht dies wie folgt: Das Werkzeug nutzt die Handlungsfelder Mental und Körper und verknüpft sie mit der physiologischen Reaktion, die in den Interaktionen stattfinden kann. Abbildung 3: Resilienz-Interaktionsdreieck BIT nach Dr. Susanne Marx Abbildung 4: Handlungsfelder der Resilienz. Dr. S. Marx Wissen | Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“ - oder braucht es mehr? 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 NOWABILITY® zielt darauf ab, den Einzelnen im hier und jetzt (wieder) in eine Handlungsfähigkeit zu bringen für sich, mit anderen und im System/ Organisation. Dabei nutzt NO- WABILITY® die Resilienzhandlungsfelder Psyche und Körper (Physis) und ergänzt sie um Physiologie, also um unsere Körpervorgänge, die den Rahmen für unsere Handlungsmöglichkeiten vorgeben. Ein Beispiel für Physiologie: Wir wenden in einer Stresssituation eine Atemtechnik an. Ein bewusstes vertieftes Ein- und Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, den Gegenspieler zum Sympathikus, der im Stress für Angriff oder Fluchtreaktion verantwortlich ist. Hat der Sympathikus die Steuerung, sind wir oft im Tunnelblick und nicht in der Lage, auf der mentalen Ebene in einen Perspektivwechsel zu gehen. Die Parasympathikus Aktivierung in der Atemübung setzt Entspannungshormone frei die uns eine mentale Anpassung und ein weites Denken wieder ermöglichen. So legt NOWABILITY® den theoretischen Unterbau für Facility Wellbeing, doch dazu später mehr. Ein Beispiel aus der Praxis: Der Aufenthaltsraum als Resilienzraum Wie gut Resilienzentwicklung gelingt, ist auch von der Umwelt abhängig. Manchmal sind es kleine Projekte, die eine große Wirkung zeigen, wie im Beispiel eines Herstellungsbetriebs in vollkontinuierlicher 24 / 7 Schicht. Die Mitarbeitenden erlebten sich unzufrieden und angestrengt, weil es keine Orte gab, an denen sie sich in den Pausen gut aufhalten und erholen konnten. Daraus resultierten ein hoher Stresslevel und wenig Teamzusammenhalt, was sich auch an den schlechten Ergebnissen der Mitarbeitendenbefragung ablesen ließ. Abhilfe sollte die Umgestaltung des Pausenbereichs zu einem Wellbeing-Raum schaffen, der die Mitarbeitenden in ihren Grundbedürfnissen unterstützt und ihnen in den Pausen, eine adäquate Erholung ermöglicht, insbesondere in den Nachtschichten. Allerdings war klar, dass dabei ein innenliegender, leicht erreichbarer Raucherraum wegfallen würde; bei einem Raucheranteil von 30 % eine massive Veränderung. Mit einem gut durchdachten und an die Bedürfnisse der Nutzenden angepassten Konzept gelang es, den neuen Wellbeing-Raum zum zentraler Anlaufpunkt zu machen, den die Mitarbeitenden hegen und pflegen. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren dafür waren: 1. Projektteam: Das Projektteam konstituierte sich selbst und stammte direkt aus dem Bereich. Es bekam Unterstützung von erfahrenen Experten. 2. Transparenz: Anforderungen und Möglichkeiten der Gestaltungsfreiheit wurden von Anfang an klar und verständlich kommuniziert. 3. Entscheidungsgewalt: Das Team konnte im Rahmen der im Unternehmen geltenden Facility Wellbeing Standards selbst entscheiden, was in ihrem Raum umgesetzt werden sollte. So votierten die Projektteammitglieder etwa für Massage- und Ruhesessel und lehnten den Kickertisch ab, da dieser zu viel Lärm verursacht. 4. Gemeinschaftsdenken: Das Team hat für alle Kolleginnen und Kollegen mitgedacht und nicht nur individuelle Bedürfnisse eingebracht. 5. Verantwortung: Die Teammitglieder konnten mitentscheiden, Verantwortung übernehmen und hatten das große Ganze im Blick. 6. Kommunikation: Sie haben regelmäßig den aktuellen Stand kommuniziert in ihre Bereiche, Anforderungen besprochen und festgelegt, wie der Raum gemeinsam sauber gehalten und gepflegt werden soll. 7. Teilhabe: Sie sind von Betroffenen zu Beteiligten geworden und haben einen Resilienzraum geschaffen, der nicht übergestülpt, sondern entwickelt wurde. Damit wurden sie zu Multiplikatoren. Auch auf physiologischer Ebene haben die Veränderungen große Wirkung gezeigt. Die aufgestellten Massage- und Ruhesessel werden in der Nachtschicht zum Power Napping genutzt, geschieht physiologisch folgendes: 1. Der Cortisolspiegel sinkt: Cortisol ist ein Stresshormon, das in stressigen Situationen freigesetzt wird. Ein kurzer Schlaf kann den Cortisolspiegel senken und somit Stress reduzieren und wieder fokussiert arbeiten zu können. 2. Der Serotoninspiegel steigt: Serotonin ist ein Neurotransmitter, der für das Wohlbefinden und die Stimmung verantwortlich ist. Power Napping kann den Serotoninspiegel erhöhen und die Stimmung verbessern. 3. Der Wachstumshormonspiegel steigt: Wachstumshormone sind wichtig für die Zellreparatur und das Wachstum. Ein Power Nap kann die Freisetzung von Wachstumshormonen fördern und somit die körperliche Erholung unterstützen. Diese hormonellen Veränderungen tragen dazu bei, dass man sich nach einem Power Nap erfrischt und energiegeladen fühlt. [6] Die strukturellen Anpassungen ermöglichen den Mitarbeitenden Erholung und Stressabbau auch innerhalb der Schicht. In den Pausen fördert das ansprechende Ambiente den interaktiven Austausch zwischen Mitarbeitenden, die sonst getrennt an ihren Maschinenstandorten arbeiten. Das stärkt das wechselseitige Vertrauen und die psychologische Sicherheit im Team. Mit kleinem Budget konnten passgenaue Strukturen entstehen und Mitarbeitende durch Mitsprache und gemeinschaftliche Verantwortung zu mehr Zufriedenheit und Resilienz geführt werden. Wie nachhaltig der Resilienzraum wirkt, lässt sich an relevanten Indikatoren für den Bereich messen: Abbildung 5: NOWABILITY® nach Dr. Susanne Marx Wissen | Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“ - oder braucht es mehr? 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 Die Mitarbeiterumfrage zeigte signifikante Anstiege: Mitarbeiterzufriedenheit plus 18 %, Engagement Index plus 15 % und gefühlte Wertschätzung plus 10 %. Am beeindruckendsten war aber der Rückgang der Unfallzahlen: sie fielen innerhalb eines Jahres auf null. Gelungener Transfer vom Team in die Organisation Dreh- und Angelpunkt für die erfolgreiche Übertragung der Teamresilienz in die Gesamtorganisation ist eine gelingende Interaktion der Beteiligten. Dafür gibt es komplementäre Ansätze: Geeignete Managementsysteme bilden den organisatorischen Rahmen, etwa TIER-Meetings; sie ermöglichen Transparenz, Interaktion, Effizienz und Rückmeldung. Ergänzend stehen im Facility Wellbeing Räume bereit (Arbeitsräume, Ruheräume etc.), die Menschen und Teams in ihren Bedürfnissen unterstützen. Die Räume sind im Facility Wellbeing so gestaltet, dass sie sowohl den Anforderungen an die Arbeitsrollen als auch den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden. Hierbei nutzt man Erkenntnisse aus der NOWABILITY®, um mit passgenauen Angeboten die Interaktion von Physis, Physiologie und Psyche zu fördern und Menschen immer wieder in ihre Handlungsfähigkeit zu bringen. Je mehrdimensionaler und vielfältiger die Strukturen, desto breiter die Basis für eine resiliente Gesamtorganisation. Messbar besser Kombiniert man strukturelle Verbesserungen mit Facility Wellbeing, sind positive Veränderungen in der Regel rasch nachweisbar. Affinitas berichtet von einer Case Study, in der die Etablierung von klassischen Kommunikationsstrukturen, einer TIER-Struktur und Raumstrukturen nach sechs Monaten zu Produktivitätssteigerung um 20 %; Reduzierung von Projektverzögerungen um 35 % und gesunkener Mitarbeiterfluktuation um 15 % führte. [5] Facility Wellbeing-- Arbeits-Raum als Resilienz- Booster Diese Mehrdimensionalität der Strukturen, wie Prozessstrukturen, Projektstrukturen und räumlichen Strukturen trägt den unterschiedlichen Dimensionen von Individuum, Team und Organisation in der Arbeitswelt Rechnung. Es ist wissenschaftlich seit langem anerkannt, dass die Arbeitsumgebung entscheidenden Einfluss auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden hat. Facility Wellbeing denkt dies strategisch zu Ende: mit einem gezielten Angebot von Räumen, die Erholung, Austausch und Kreativität fördern und damit nicht nur die Zufriedenheit im Team, sondern die Resilienz der gesamten Organisation stärken. Was im obigen Beispiel für einen Pausenraum funktioniert hat, lässt sich auch für Arbeitsplätze und Arbeitsumgebungen realisieren. Wir können Arbeitsräume so gestalten, dass sie dabei unterstützen, Resilienz nach belastenden Situationen wiederherzustellen. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, wie sie in ihre Resilienz kommen oder darin bleiben. Entscheidend ist, dass die verschiedenen Handlungsfelder der Resilienz miteinander in Bezug gebracht werden- - und das kann Facility Wellbeing leisten. Facility Wellbeing betrachtet die situativ wechselnden Bedürfnisse von Mitarbeitenden. Basierend auf dem NOWA- BILITY®, Modell liefert Facility Wellbeing Strukturen, die die Physiologie ankurbeln und dabei einen positiven Impact auf Körper und Geist erzeugen. Ein Beispiel ist die Bereitstellung von Schaukeln im Arbeitsumfeld. Sind Mitarbeitende aufgrund einer konfliktbeladenen Situation gestresst, funktioniert die Teamarbeit oft nicht. Schaukeln können physiologische Unterstützung zur Überwindung der Situation bieten: Durch die Bewegung wird im Körper Oxytocin freigesetzt, ein Hormon, das ein offenes und kooperatives Miteinander fördert. Diese Offenheit ermöglicht den Beginn eines Dialogs, der im besten Fall zur Lösung der Situation führt. Facility Wellbeing stellt Räume bereit, die in ihrer Ausstattung besonders gut für bestimmte Aufgaben ausgestattet sind-- wie etwa Stillarbeitsplätze, Telefonkabinen oder Projektflächen mit Videokonferenzausstattung. Daneben gibt es Räume, die situativ die persönlichen Bedürfnisse von Mitarbeitenden im Blick haben: Ruhezonen, Teamaktivitätsräume oder ansprechende Sitzgelegenheiten in der Cafeteria. Mit dieser Mischung gelingt es, das jeweilige Resilienz Bedürfnis auf der richtigen Ebene zu adressieren. Im Projektmanagementalltag könnten Elemente nützlich sein, die zur Teamstärkung beitragen wie ein Kickertisch, ein Bewegungsraum für eine bewegte Auszeit oder auch ein Boxsack zum situativen Stressabbau. So stärken strategisch gesetzte Strukturen die Resilienz sowohl im Team als auch beim Individuum. Diese Beispiele verdeutlichen, dass ein gesund gestaltetes Arbeitsumfeld weit mehr ist als ein Nice-to-have; es ist ein Abbildung 6: Facility Wellbeing nach Dr. Susanne Marx Wissen | Erfolgsfaktor Resilienz: „Persönliche Kompetenz“ - oder braucht es mehr? 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0021 essenzieller Faktor für Leistungsfähigkeit und Resilienz. Kommen Mitarbeitende in unerwarteten Situationen rasch in den Stressabbau, finden sie schneller lösungsorientiert Wege und kommen in Handlungsfähigkeit. Der größte ROI entsteht, wenn die Maßnahmen strategisch aufeinander abgestimmt sind. So legen zielgerichtete Investitionen in das Wohlbefinden der Mitarbeitenden den Grundstein für eine resiliente, produktive und engagierte Belegschaft. Übersetzt heißt das: die Bereitstellung von Strukturen zur Resilienzstärkung sichert langfristig den Erfolg des Unternehmens. Wann ist der perfekte Zeitpunkt für die Resilienz- Entwicklung? Kurz gesagt: Jetzt! Der ideale Ansatz hängt allerdings von der spezifischen Situation und den Bedürfnissen der Organisation ab. Ist die Organisation gerade in einem großen Umbruch, ist es vielleicht sinnvoll, zunächst Sicherheit und Transparenz auf Organisations- und Teamebene zu schaffen, zum Beispiel mit einer strategisch ausgerichteten Change-Kommunikation. Ist die Organisation gerade stabil, kann der Fokus gut auf der individuellen Resilienzförderung der Mitarbeitenden liegen. Da resiliente Mitarbeitende Stress und Herausforderungen besser bewältigen, zahlt ihre Weiterentwicklung mittelbar auch auf die Team- und Organisationsresilienz ein. Flexible Ansätze auf mehreren Ebenen erzielen die besten Ergebnisse: Betrachtet man Projekt und System ganzheitlich, kann man die individuelle Resilienz stärken, teamorientierte Maßnahmen fördern und die organisatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Literatur [1] Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung. https: / / www.bmz.de / de / service / lexikon / resilienz-70 564, abgerufen am 06. 03. 2025 [2] Huemer, B. P. (2016). Gesunde Menschen ind gesunden Organisationendie Wirkkraft von organisationaler Resilienz. In M. K. Hänsel, CSR und gesunde Führung. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. [3] Nuber, U. (2011). Leben mit einer dicken Haut. Psychologie heute. [4] Wehner, T. e. (2015). Organisationale Praktiken zum Lernen aus unerwarteten Ereignissen in Krankenhäusern. In H. G. M. Gartmeier, Fehler. Ihre Funktionen im Kontext individueller und gesellschaftlicher Entwicklung. [5] Brunner, I. (2022) Tiermeetingstruktur. https: / / affinitas. ch / tier-meeting-struktur, abgerufen am 06. 03. 2025 [6] Schmidt, S. (2025) Powernapping: Die Kunst des Kurzschlafs. https: / / www.allianz.at / de_AT / blog / gesundheit-vorsorge / powernapping.html, abgerufen am 06. 03. 2025 Eingangsabbildung: © iStock.com/ kieferpix Dr. Susanne Marx ist promovierte Apothekerin und Expertin für einen holistischen Gesundheits- und Well-Being Ansatz. Als Corporate Wellbeing Lead EMEA bei einem pharmazeutischen Unternehmen entwickelt sie strategische Konzepte zur Implementierung ganzheitlicher Gesundheitsansätze in Organisationen. Ihre Expertise umfasst betriebliches Gesundheitsmanagement, Resilienz Training und Prävention. Mit ihrem innovativen comfidence-Konzept, das auf den drei Säulen IDENTABILITY, NOWABILITY®️ und STRUCTABILITY basiert, fördert sie messbar das Empowerment von Mitarbeitenden und den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg. Dr. Marx ist zertifizierte Business Coach und Gast-Dozentin an der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Philipps-Universität Marburg sowie aktives Mitglied beim Global Health Hub, eine Netzwerkorganisation des Bundesministeriums für Gesundheit. LinkedIn: Dr. Susanne Marx Internet: www.gesundcoaching.de