PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft
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Adam Galgenmüller
Reinhard Wagner
Im Projektgeschäft nimmt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz rasant zu. Häufig geschieht dies in der Praxis eher intuitiv und wenig systematisch. Notwendig ist nämlich eine strategische Betrachtung des KI-Einsatzes im Projektgeschäft, die Formulierung strategischer Ziele und die Klärung von Erwartungen hinsichtlich des erwarteten Mehrwerts. Hier hilft die Entwicklung eines Business Cases, der sowohl Investitionskosten als auch qualitative und quantitative Nutzenpotenziale für den spezifischen KI-Einsatz aufzeigt. Um die Potenziale auch wirklich zu heben, muss das Top-Management allerdings eine Reihe von Voraussetzungen schaffen.
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35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft Adam Galgenmüller, Reinhard Wagner Für eilige Leser | Im Projektgeschäft nimmt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz rasant zu. Häufig geschieht dies in der Praxis eher intuitiv und wenig systematisch. Notwendig ist nämlich eine strategische Betrachtung des KI-Einsatzes im Projektgeschäft, die Formulierung strategischer Ziele und die Klärung von Erwartungen hinsichtlich des erwarteten Mehrwerts. Hier hilft die Entwicklung eines Business Cases, der sowohl Investitionskosten als auch qualitative und quantitative Nutzenpotenziale für den spezifischen KI-Einsatz aufzeigt. Um die Potenziale auch wirklich zu heben, muss das Top-Management allerdings eine Reihe von Voraussetzungen schaffen. Schlagwörter | Künstliche Intelligenz, Projektgeschäft, Business Case, Nutzen 1. Ausgangssituation, Herausforderungen und Handlungsbedarf Seit der Einführung von ChatGPT durch OpenAI im November 2022 hält die Künstliche Intelligenz (KI) Einzug in viele Unternehmen der deutschen Wirtschaft. Die unterschiedlichen KI-Anwendungen sind Gesprächsthema auf den meisten Konferenzen, in sozialen Medien und bei einer Vielzahl von innerbetrieblichen Workshops. Die Entwicklung wird in der Literatur als „KI-Revolution“ charakterisiert [1], die gravierende Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben wird. Auch die Projekte und das gesamte Projektgeschäft der Unternehmen sind von dieser Entwicklung betroffen [2]. Allerdings ist auch zu beobachten, dass noch wenig Verständnis für die KI-Technologien in den Unternehmen vorhanden ist, was einerseits zu Ängsten vor den Folgen einer zunehmenden Nutzung von KI und den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes führt und andererseits häufig zu wenig zielgerichteten Anwendungsaktivitäten führt. In manchen Unternehmen ist der Hype nach dem ersten Ausprobieren von ChatGPT und der strikten Regulierung aufgrund von Sicherheitsbedenken inzwischen wieder abgeflaut. Dies ist schade, denn der Einsatz von KI verspricht ein hohes Nutzenpotenzial. Allerdings sind vor dem Einsatz von KI in der Praxis einige Rahmenbedingungen zu klären [3]. So braucht es unserer Erfahrung nach eine klare Vision, Mission und strategische Ziele mit Key Performance Indicators (KPIs) bzw. einer Operationalisierung in „Objectives & Key Results (OKRs).“ Da die KI in der Regel sicherheitskritische Bereiche des Unternehmens betrifft, wie z. B. Informationssicherheit und Datenschutz, braucht es vor dem Einsatz der KI auch eine KI-Governance, die den Einsatz bestimmter Technologien entsprechend gesetzlichen Vorgaben (z. B. EU AI Act) und sonstiger, meist innerbetrieblicher Richtlinien regelt. Darüber hinaus ist es vor allem nötig, die Einführung von KI-Technologien als Change-Projekt aufzusetzen und zu begleiten. Hier braucht es einen Umsetzungsplan mit einer Reihe von Use Cases, eine Einführung, Trainings und Begleitung der betroffenen Mitarbeiter bei der Nutzung von KI sowie eine systematische Erfolgskontrolle anhand von KPIs und konkreten Nutzwertanalysen. Handlungsbedarf beim Einsatz von KI besteht auch bezüglich der Klärung des zu erwartenden Nutzens. In den sozialen Medien verkürzt sich die Diskussion häufig auf die Frage, wie viele Arbeitsplätze durch den Einsatz von KI verloren gehen. So hat Gartner schon im Jahr 2019 die Prognose gewagt, dass bis ins Jahr 2030 80 % der heutigen Projektmanagement-Aufgaben durch die KI übernommen werden [5]. Dies weckt natürlich Emotionen und Ängste in der Belegschaft und hilft bei der Einführung von KI nicht weiter. Wie bei allen innovativen Technologien wird es auch beim Einsatz von KI zu Veränderungen in der Arbeitswelt kommen, bei der einerseits bestimmte Arbeitsplätze wegfallen und anderseits neue, anspruchsvolle Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Folgenden zeigen wir die wichtigsten Nutzenpotenziale der Anwendung von KI-Technologien im Projektgeschäft auf und liefern damit wichtige Im- Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 pulse für die Unternehmensleitung, um ihre Erwartungshaltung vor dem Einsatz von KI zu klären und eine entsprechende Change-Story darauf aufzubauen. 2. Anwendungsmöglichkeiten der KI im Projektgeschäft Die Planung und Steuerung einzelner Projekte und Programme sowie eines übergreifenden Projektportfolios erfolgt schon seit langem mit Softwareprogrammen. Diese umfassen jedoch meist nur eingeschränkte Funktionalitäten, wie z. B. Terminplanung oder Risikomanagement. Die KI eröffnet nun viel weitgehendere Möglichkeiten, bis hin zur kompletten Planung eines neuen Projektes bzw. der Steuerung eines Projektportfolios mit automatisierten Berichten [6]. Die IPMA hat zusammen mit PwC schon vor fünf Jahren einen ersten Überblick über die im Projektgeschäft sinnvollen KI-Anwendungen gegeben [7]. Dabei wurde insbesondere auf das Potenzial von Machine Learning (78 %), Diagnosis / Recommendation Engines / Expert Systems (76 %) und Deep Learning (74 %) zur Verbesserung des Projektmanagements hingewiesen. In einer Studie aus dem letzten Jahr [8] haben dann schon mehr als 50 % der befragten Firmen Erfahrungen mit KI-Anwendungen gesammelt und dabei vor allem Generative AI-Werkzeuge wie ChatGPT, Copilot, Asana, Gemini und Perplexity für die Automatisierung, Datenanalyse und Entscheidungsvorbereitung in Projekten genutzt (siehe Abbildung 1). Der Einsatz von KI-Technologien bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg [9]. So kann die KI in der Anfangsphase eines Projekts dabei helfen, Anforderungen der verschiedenen Stakeholder zu analysieren, konkrete Ziele zu formulieren und potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren. Durch die Analyse historischer Daten können auch Muster erkannt und Vorhersagen getroffen werden, die eine fundierte Entscheidungsfindung ermöglichen. Während der Definitions- und Planungsphase kann KI zur Optimierung der Ressourcenallokation und zur Erstellung detaillierter Projektpläne eingesetzt werden [10]. Algorithmen können dabei helfen, die besten Strategien zu identifizieren und Engpässe zu vermeiden. In der Durchführungsphase eines Projektes unterstützt die KI das Monitoring und die Steuerung des Projektfortschritts. Echtzeit-Datenanalysen ermöglichen es, den Fortschritt zu überwachen und bei Abweichungen schnell zu reagieren. Automatisierte Systeme können Routineaufgaben übernehmen und so die Effizienz steigern [11]. Auch in der Abschlussphase eines Projekts kann KI wertvolle Dienste leisten. Durch die Auswertung der Projektdaten können wertvolle Erkenntnisse („Lessons Learned“) gewonnen werden, die für zukünftige Projekte nützlich sind. Ein konkretes Beispiel für den Einsatz von KI in der Initialisierungsphase ist die Nutzung von Machine Learning-Algorithmen zur Analyse historischer Projektdaten. Diese Algorithmen sind dem Menschen weit überlegen und können Muster bzw. Trends erkennen, die auf potenzielle Risiken hinweisen. Dadurch werden Projektmanager frühzeitig in die Lage versetzt, Maßnahmen zu ergreifen und Risiken zu verringern. Auch bei der Projektdefinition und -planung kann KI dabei helfen, die Ressourcenallokation zu optimieren. Durch die Analyse von Daten zu Verfügbarkeit und den Fähigkeiten der Teammitglieder können Algorithmen die bestmögliche Zuweisung von Aufgaben und Ressourcen vorschlagen. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung der verfügbaren Ressourcen und einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird. Bei der Projektsteuerung ermöglichen die Echtzeit-Datenanalysen, den Fortschritt des Projekts kontinuierlich zu überwachen und bei Abweichungen schneller zu reagieren. Automatisierte Systeme können Routineaufgaben übernehmen, wie z. B. die Aktualisierung von Projektplänen oder die Erstellung von Berichten. Dies entlastet die Projektmanager und ermöglicht es ihnen, sich auf strategischere Aufgaben zu konzentrieren. Die Entwicklung von KI-Technologien schreitet rasant voran und eröffnet neue, bislang noch eher unbekannte Anwendungsmöglichkeiten. So können mit Hilfe von KI sogenannte „Smart Contracts“ für die Beteiligten an internationalen Bauprojekten erarbeitet und mit Hilfe von Blockchain-Technologien Abbildung 1: KI-Werkzeuge im Projekteinsatz [8] Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 und Krypto-Währungen abgesichert werden [13]. Ein weiteres Beispiel für die Anwendung von KI im Projektmanagement könnte die Nutzung von „Predictive Analytics“ zur Vorhersage von Projektergebnissen sein. Durch die Analyse von Daten aus vergangenen Projekten können Algorithmen Vorhersagen darüber treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein aktuelles Projekt erfolgreich abgeschlossen wird. Dies ermöglicht es den Projektmanagern, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Erfolgschancen ihres Projektes zu erhöhen. Es ist zu erwarten, dass zukünftige Anwendungen noch tiefere Einblicke und Optimierungsmöglichkeiten bieten werden. Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, diese Technologien zu integrieren und ihre Prozesse mit KI kontinuierlich zu verbessern. Dies betrifft vor allem Wiederholtätigkeiten im Projektgeschäft, die mit Daten abgebildet werden können und keine menschlichen Fähigkeiten erfordern [14]. 3. Business Case-Betrachtungen für den KI-Einsatz im Projektgeschäft Um die anfängliche Euphorie im Umgang mit KI in betriebswirtschaftlich sinnvolle Bahnen zu lenken, sollte ein Business Case entwickelt werden, der alle Investitionskosten zusammen mit dem wirtschaftlichen Nutzen aufführt. Denn nur auf diese Weise lassen sich Entscheidungen zum Einsatz von KI sinnvoll bewerten [15]. Hier eine Übersicht der typischen Investitionen im Zusammenhang mit dem KI-Einsatz: • Kauf oder Lizenzierung von KI-Software • Kosten für Aufbau oder Nutzung von Cloud-Services • Infrastrukturkosten für nötige Datenmanagementsysteme • Kosten für Informationssicherheit, Datenschutz und Compliance • Kosten für Anbindung der KI an Systeme wie z. B. ERP und CRM • Personal- und Infrastrukturkosten für KI-Entwicklungs-/ Kernteams • Kosten für KI-Einführung, -Betreuung und Change Management • Kosten für Schulungen, Pilotanwendungen und KI-use-Cases • Kosten für KI-Beratung, Partnerschaften und Networking Hierbei ist natürlich nur der zusätzliche Aufwand zu berücksichtigen, der durch den Einsatz von KI im Projektgeschäft entsteht. Sind bestimmte Systeme schon vorhanden und müssen nur auf den Einsatz von KI angepasst werden, dann reduzieren sich die Investitionen entsprechend. Gerade bei den Lizenzkosten gibt es eine große Varianz. Denn häufig sind die Kosten für einfache Lizenzen für „jedermann“ deutlich günstiger als Lizenzen für „Experten“. Auch Datenmanagementsysteme, Informationssicherheit, Datenschutz und Compliance sind in den Unternehmen üblicherweise schon vorhanden. Insofern zählen für den Business Case nur die für den KI-Einsatz im Projektgeschäft relevanten Kosten. Dies trifft auch auf Personal- und Infrastrukturkosten zu, die im Zusammenhang mit den KI-Entwicklungs-, Einführungs- und einem Kernteam stehen. Diese sind häufig als Teilzeitstellen ausgelegt und entsprechend sind auch nur die anteiligen Personal- und Infrastrukturkosten anzusetzen. Die Kosten für Einführung, Betreuung und Change Management sowie Schulungen, Pilot-Anwendungen und Use Cases stehen häufig im direkten Zusammenhang eines Einführungsprojekts. Hier stellt sich sicherlich die Frage, wie lange die Dauer eines solchen Projektes ausgelegt sein sollte. Aus unserer Sicht wird sich die Dauer eher in zweistelligen Monatszahlen ausdrücken und bis zur nachhaltigen Verankerung sowie dem Nachweis eines Nutzens gehen. Damit wird auch klar, dass der Einsatz von KI nicht nur eine einmalige Investition ist, sondern laufende Kosten erfordert, um den Reifegrad der KI und ihrer Nutzung kontinuierlich auf ein höheres Niveau zu heben. Dies wird sich am KI-Leitbild und einer entsprechenden Roadmap des Unternehmens orientieren und erfordert einen „langen Atem“. Den KI-Investitionen muss in einem überschaubaren Zeitraum ein entsprechender Nutzen (quantitativ und qualitativ) gegenüberstehen, sonst wird es schwierig werden, eine positive Entscheidung von der Geschäftsleitung zu bekommen. Es wird zwar schnell klar, dass der Einsatz von KI im Projektgeschäft vor allem eine Effizienzsteigerung, Risikominderung und Kostenoptimierung mit sich bringt. Ein überzeugender Business Case muss jedoch konkrete Zahlen und einen überschaubaren Zeithorizont liefern, damit er entscheidungsreif ist.Der folgende quantitative Nutzen lässt sich aus unserer Erfahrung im Projektgeschäft erzielen. Dieser hängt jedoch stark vom KI-Reifegrad des Unternehmens und dem Projektgeschäft ab. So ist z. B. die KI bei einem Projektgeschäft, das auf standardisierte Projektroutinen setzt, deutlich nützlicher als bei einem sehr individuellen und einmaligen Projektgeschäft. Insofern sollte der Nutzen unternehmensspezifisch analysiert und bewertet werden. Der Nutzen des Einsatzes von KI lässt sich auf zwei Ebenen beschreiben, nämlich der Nutzen auf der Ebene der einzelnen Projekte und der Nutzen auf Ebene des Projektportfolios. Der typische Nutzen eines KI-Einsatzes auf Ebene einzelner Projekte kann wie folgt beschrieben werden (siehe Tabelle 1): So haben unsere Analysen zum Verbesserungspotenzial in komplexen EPC-Projekten Einsparungen bis zu 50 % („CAPEX- Halbe“) ergeben, die u. a. durch KI und andere digitale Technologien möglich sind [16]. Wie oben schon beschrieben, sind die Nutzeneffekte jedoch stark abhängig vom Ausmaß der Abbildung 2: Überblick zu ausgewählten Anwendungsmöglichkeiten der KI im Projektgeschäft Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Routineaufgaben eines Projekts, der Verfügbarkeit historischer Daten und dem Reifegrad der Organisation was das Projektmanagement selbst, als auch die digitale Kompetenz angeht. Die Nutzenpotenziale müssen also projektspezifisch bewertet und dann den Kosten gegenübergestellt werden. Der typische Nutzen eines KI-Einsatzes auf Ebene des gesamten Projektportfolios kann wie in Tabelle 2 beschrieben werden (siehe Tabelle 2). Auch auf Ebene des Projektportfolios sind die Nutzenpotenziale beim KI-Einsatz von einigen Einflussfaktoren abhängig. So spielt hier die Homogenität bzw. Heterogenität eines Portfolios an Projekten (und Programmen) eine Rolle, Vergleichbarkeit und Durchgängigkeit von Daten bzw. den entsprechenden Systemen ist ein Faktor genauso wie abgestimmte Ziele, KPIs und Steuerungslogiken. Unsere Empfehlung ist einen unternehmensspezifischen Business Case aus den obigen Informationen zusammenzustellen, diesen mit verschiedenen Experten zu bewerten und auf diese Weise eine Entscheidungsvorlage vorzubereiten. 4. Weitere, eher qualitative Nutzenargumente des KI-Einsatzes Neben dem rein quantitativen Nutzen des KI-Einsatzes im Projektgeschäft gibt es eine Vielzahl an Nutzenargumenten, die nur schwer (monetär) einzuschätzen sind, jedoch als qualitativer Nutzen auch in Entscheidungen einfließen sollten. Dazu zählen u. a. die folgenden Punkte: • Bessere Entscheidungsqualität durch datenbasierte, objektive Bewertungen und Vorhersagen. Damit können Führungskräfte schneller und fundierter entscheiden (weniger Bauchgefühl, mehr Faktenbasis). • Frühzeitige Risikowahrnehmung durch unverzerrte und objektivere Erkennung von Risiken, Mustern und Szenarien. Damit stehen Frühwarnsysteme zur Verfügung, die das proaktive Handeln im Projektgeschäft verbessern. • Steigerung der Innovationsfähigkeit durch Entlastung der Menschen von Routineaufgaben und Schaffung von Freiräumen für kreative, wertschöpfende Arbeit. Die KI kann auch auf ein weitaus größeres Netzwerk an Know-how und Ideen zurückgreifen. • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit durch die Verfügbarkeit moderner (KI-)Technologien, die Verringerung einer Über- Tabelle 1: Typischer Nutzen des KI-Einsatzes für Projekte Tabelle 2: Typischer Nutzen des KI-Einsatzes für das Projektportfolio Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 lastung durch administrative Aufgaben und die Schaffung von kreativen Freiräumen bzw. einer verbesserten Work-Life-Balance. • Verbesserung der Kundenbeziehungen durch verlässlichere Projektergebnisse, eine höhere Transparenz im Projektverlauf mit einer offenen Kommunikation über den Status im Projekt sowie eine kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit. • Erhöhte Anpassungsfähigkeit (Agilität) durch eine KI-gestützte Aufbereitung aktueller Entwicklungen am Markt, beim Kunden bzw. in der Technologie sowie Vorschläge für dynamische Projektanpassungen. • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine bessere strategische Ausrichtung des Projektgeschäfts und die (emergente) Entwicklung der Strategie auf Basis von Daten zu Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Technologien. • Schaffung einer „lernenden Organisation“ die einen KI-gestützten Kreislauf ermöglicht, bei dem Projekte Daten liefern, die KI daraus lernt, Maßnahmen zur Optimierung künftiger Projekte vorschlägt und bei neuen Projekten einbringt. • Förderung einer datengetriebenen Unternehmenskultur durch den Einsatz von KI, durch die sich ein neuer, moderner Umgang mit Daten und Fakten im gesamten Unternehmen entwickelt. • Verbesserung der digitalen Kompetenz der Mitarbeitenden durch den alltäglichen Umgang mit KI-Technologien, die zu einer persönlichen Auseinandersetzung und einem individuellen Lernprozess führen. KI macht das Projektgeschäft nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter, agiler und menschlicher. Besonders in komplexen, dynamischen Umfeldern ist dieser qualitative Nutzen entscheidend für nachhaltigen Erfolg. Der Einsatz von KI im Projektgeschäft wird also zum strategischen Wettbewerbsfaktor [17] und erweitert das unternehmensweite Know-how um ein Vielfaches [18]. 5. Die Voraussetzungen für einen nutzenstiftenden Einsatz der KI Für den Einsatz von KI im Projektgeschäft sind eine Reihe von Voraussetzungen zu schaffen, die grob in technologische, organisatorische und kulturelle Aspekte eingeteilt werden können [19]. So braucht es z. B. eine Durchgängigkeit von Datensystemen, eine Einheitlichkeit der Datenformate und eine hohe Qualität der Eingangsdaten, sonst kann eine KI nicht zur Wirkung kommen. Unsere Erfahrung zeigt, dass hier vieles im Argen liegt. Geschichtlich gewachsene IT-Landschaften, Softwareapplikationen und uneinheitliche Datenformate stehen einer KI-Anwendung im Weg. Softwaresysteme sind nicht aufeinander abgestimmt und müssen teils händisch übergeben werden. Hier braucht es eine, auf die IT- und KI-Strategie abgestimmte IT-System- und Datenarchitektur. Darüber hinaus sind Rechenleistung und Cloud-Kapazitäten auf die KI-Anwendungen auszurichten. Sind z. B. komplexe Trainingsmodelle im Einsatz, dann braucht es entsprechende Rechnerleistungen, die über die heutigen Anforderungen ohne KI weit hinausgehen und Hochleistungsrechner erfordern. Auch organisatorische Aspekte, wie z. B. eine klare Zielsetzung bzw. ein Zukunftsbild des KI-Einsatzes im Projektgeschäft zählen zu den Voraussetzungen. Sie sollen den Mitarbeitenden Orientierung und Sicherheit geben und im Alltag als Leitfaden für den KI-Einsatz dienen. Auch eine KI-Governance ist notwendig, die „Do´s und Dont´s“ regeln und den KI-Einsatz nach den gesetzlichen sowie unternehmensspezifischen Richtlinien ausrichten. Hierzu zählen neben der Informationssicherheit und dem Datenschutz auch ethische Standards, die zu beachten sind. Schließlich wird das Top Management durch den KI-Einsatz deutlich stärker in das Geschehen mit einbezogen [20]. Damit müssen die Anforderungen bzw. Erwartungen der strategischen Ebene viel enger in das Projektgeschäft integriert und durch ein entsprechendes Reporting abgedeckt werden. Das Top Management initiiert üblicherweise auch erste Projekte zur Einführung von KI und zur Entwicklung dezidierter Use Cases [21]. Diese müssen sich an der Strategie ausrichten und haben typischerweise den CEO oder CIO als Auftraggeber [22]. Das Top-Management ist auch gefragt, wenn es um die Schaffung individueller und kultureller Voraussetzungen für den KI-Einsatz im Projektgeschäft geht. Hierzu zählt sicherlich die klare Kommunikation der strategischen Notwendigkeit und Ziele des KI-Einsatzes, die Einbindung der Betroffenen in die Ausgestaltung der KI-Lösungen und erste Use Cases sowie Training- und Coaching-Maßnahmen. Hier empfehlen wir die Nutzung der im Change Management beschriebenen Verfahren und Werkzeuge [23]. Dies hat sicher auch zum Ziel, die Akzeptanz digitaler Technologien im Allgemeinen und von KI- Anwendungen im Speziellen zu fördern. Hierzu ist es sicherlich auch notwendig, die mit der KI häufig verbundenen Ängste eines Arbeitsplatzverlustes abzubauen. Abbildung 3: KI-Framework als Voraussetzung für den Einsatz von KI im Projektgeschäft Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 6. Fazit und Ausblick Die KI hält derzeit massiv Einzug in die deutsche Wirtschaft. Mit dem Einsatz von KI ist häufig die Erwartung verbunden, dass hohe Effizienzgewinne zu erzielen sind. In der Praxis erfolgt die Anwendung von KI jedoch noch wenig zielgerichtet und systematisch auf den wirklichen Nutzen ausgerichtet. Hierzu sollte sich die Unternehmensleitung Gedanken machen, wie ihre strategischen Ziele bzw. ein KI-Leitbild aussehen und welche Erwartungen sie hinsichtlich des konkreten Nutzens hat. Auch wenn die Literatur [24, 25] den generellen Nutzen herausstellt, muss jedes Unternehmen einen Business Case mit den einmaligen und laufenden Kosten sowie dem qualitativen und quantitativen Nutzen erstellen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Unser Beitrag liefert hierfür wichtige Impulse. Sicherlich wird der Einsatz von KI in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Insofern sind Erfahrungsberichte, ein Austausch von Praktiken, Ansätzen und Methoden sinnvoll. Wir stehen für einen Erfahrungsaustausch gerne zur Verfügung. Literatur [1] Groß, M.; Staff, J. (Hrsg.) (2024). KI-Revolution der Arbeitswelt. Perspektiven für Management, Organisation & HR. Haufe, Freiburg. [2] Bernert, C.; Scheurer, S.; Wehnes, H. (Hrsg.) (2024). KI in der Projektwirtschaft. Was verändert sich durch KI im Projektmanagement. UVK Verlag, München. [3] Galgenmüller, A.; Wagner, R. (2024). Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis- - Aller Anfang ist schwer. Tiba- Blog: https: / / www.tiba.de/ managementberatung/ blog/ kuenstliche-intelligenz-in-der-praxis (Zuletzt abgerufen am 27. April 2025). [4] Taylor, P. (2022). AI and the Project Manager. How the Rise of Artificial Intelligence Will Change Your World. Routledge. [5] http s : / / w w w. g a rtn e r. c o m / e n / n e w s ro o m / p re s s re leases/ 2019-03-20-gartner-says-80-percent-of-todays-project-management (Zuletzt abgerufen am 27. April 2025). [6] Wagner, R. (2024). The transformative power of Artificial Intelligence applied to the field of project management. IPMA, Amsterdam: https: / / publications.ipma.world/ wpcontent/ uploads/ 2025/ 01/ Trend_Story_Power_of_AI-1.pdf (Zuletzt abgerufen am 27. April 2025). [7] IPMA (2020). Artificial Intelligence impact in Project Management. IPMA, Amsterdam: https: / / www.ipma.world/ assets/ IPMA_PwC_AI_Impact_in_PM_-_the_Survey_Report. pdf [Zuletzt abgerufen am 27. 04. 2025]. [8] Momcilovic, A.; Wagner, R.; Vlahov, R. (2025): The Initial AI Survey 2024 Report. IPMA, Amsterdam. https: / / doi. org/ 10.13140/ RG.2.2.21174.82245. [9] Wagner, P., Wagner, R. (2024). The evolution of technology in artificial intelligence and its impact on project management. In: Hemanth, D. J., Kose, U., Patrut, B., Ersoy, M. (eds) Innovative Methods in Computer Science and Computational Applications in the Era of Industry 5.0. ICAIAME 2023. Engineering Cyber-Physical Systems and Critical Infrastructures, Vol. 10, pp. 268-293. Springer, Cham. https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-031-56322-5_19. [10] Bernert, C.; Scheurer, S.; Wehnes, H. (Hrsg.) (2024). KI in der Projektwirtschaft 2. Eine neue Ära der Effizienz und Innovation. UVK Verlag, München. [11] Clapis, P. J. (2024). Project Management in the Age of AI. Strategies, Techniques, and Best Practices. Independently Published. [12] Mancini, M.; Mariani, C.; Manfredi, C. M. (2023). Nuclear decommissioning risk management adopting a comprehensive artificial intelligence framework: An applied case in an Italian site. Progress in Nuclear Energy, 158, S. 1-12. https: / / doi.org/ 10.1016/ j.pnucene.2023.104589. [13] Wagner, P.; Wagner, T.; Wagner, R. (2024): The Impact of Blockchain Technologies on Project Management and the Complementary Role of AI. Proceedings of the 12th IPMA Research Conference, Project Management in the Age of Artificial Intelligence, University of Maryland, pp. 42-56. https: / / doi.org/ 10.56889/ bhfq7787. [14] Kornwachs, K. (2025). AI and the Reinvention of Work. From Routine to Meaningful Activity. 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(2020): Influence of artificial intelligence (AI) on firm performance: the business value of AI-based transformation projects. Business Process Management Journal , 26(7), 1893-1924. https: / / doi.org/ 10.1108/ BPMJ-10-2019-0411. Eingangsabbildung: © iStock.com/ koto_feja Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Adam Galgenmüller Adam Galgenmüller ist Senior Consultant und berät Unternehmen zu den Themen Projekt-, Change-, Prozess und Transformationsmanagement aus allen Wirtschaftssektoren. Besonders wichtig bei der Beratung von Unternehmen ist der Mehrwert für den Kunden, worauf der Fokus der Beratungsleistung von Adam Galgenmüller blickt. Dabei bringt er 8 Jahre Projekterfahrung mit-- Vier Jahre davon war er im Konzern bei der Krones AG im Corporate Development aktiv und vier Jahre in einer Managementberatung und hat hier unterschiedliche Positionen innegehabt. Hofstraße 7, 92 272 Freudenberg Tel.: +49 (0) 15 168 1788 07 E-Mail: adamgalge@gmx.de Dr. Reinhard Wagner Dr. Reinhard Wagner hat 40 Jahre Berufserfahrung und berät Führungskräfte in der Wirtschaft bei der Professionalisierung ihres Projektgeschäfts. Er ist Geschäftsführer der Projektivisten GmbH und ehemaliger Präsident der GPM sowie der IPMA. Seit vielen Jahren ist er maßgeblich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin beteiligt und hat inzwischen 42 Fachbücher sowie hunderte Fachartikel veröffentlicht. Er ist Professor für PM und KI in zwei Doctoral Study Programs der Alma Mater Europaea University, Maribor sowie der Stellenbosch University, Südafrika. Bozener Str. 1, 86 316 Friedberg Tel.: +49 (0) 1522 29 36 87 1 E-Mail: rw@projektivisten.com Buchtipp Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Während KI bahnbrechende Möglichkeiten bietet, bringt sie auch komplexe Herausforderungen mit sich. Von ethischen Bedenken bis hin zu Fragen der Datenschutz- und Sicherheitsrisiken stehen Unternehmen vor vielfältigen Aufgaben bei der Integration dieser Technologien. Dieses Buch widmet sich genau diesen Herausforderungen und bietet einen umfassenden Einblick in die Anwendung von KI in der Unternehmenspraxis sowie praktische Ansätze zur Bewältigung der damit verbundenen Hürden. Es untersucht die Schlüsselaspekte der KI-Integration, von der Strategieentwicklung bis zur operativen Umsetzung, und präsentiert Fallstudien erfolgreicher Implementierungen, um Leser: innen einen fundierten Leitfaden für die Bewältigung der KI-Herausforderungen in ihrem eigenen unternehmerischen Umfeld zu bieten. Roman Simschek, Dominik Danz KI-Herausforderungen für Unternehmen Prozesse, Geschäftsmodelle, Verantwortung 1. Au age 2025, 186 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-8252-6368-3 eISBN 978-3-8385-6368-8 Anzeige
