eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 36/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0080
pm364/pm364.pdf0922
2025
364 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

pma intern

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2025
Susanne Marx
Katrin Reschwamm
Christian Steinreiber
Harald Wehnes
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74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 04/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0080 D-A-CH-Projektmanagement-Campus 2025-- Projektmanagement zwischen Hochschule, Forschung und Praxis Susanne Marx (GPM & TH Wildau), Katrin Reschwamm (spm & ETH), Christian Steinreiber (pma & FH des BFI Wien) und Harald Wehnes (GPM & Universität Würzburg) Vom 10. bis 11. Juli 2025 nahmen 55 Projektmanagement-Expertinnen und -Experten von 30 Hochschulen, Schulen und Forschungsinstituten am internationalen D-A-CH-Projektmanagement-Campus an der Fachhochschule des BFI Wien statt, veranstaltet von der pma (Projekt Management Austria), teil. Ziel des Campus ist es, die unterschiedlichen Perspektiven auf Projektmanagement in der Lehre an Hochschulen und Schulen sowie in Forschungsprojekten länderübergreifend zusammenzuführen, zu reflektieren und durch Austausch von Good Practices weiterzuentwickeln. Dieses neue Format geht auf eine gemeinsame Initiative der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (Fachgruppe „PM an Hochschulen“), der pma Projekt Management Austria sowie der spm Swiss Project Management Association (Fachgruppe „Projektmanagement in der Hochschullehre)“ zurück und hat sich aus der jährlichen Fachtagung der GPM-Fachgruppe „PM an Hochschulen“ entwickelt. Mit Wien fand diese Veranstaltung das erste Mal außerhalb von Deutschland statt und soll in Zukunft zwischen den drei D-A- CH-Ländern wechseln. Tag 1: Forschungsprojekte, Hochschulkooperationen und DEI als Gestaltungsprinzip Der erste Veranstaltungstag startete mit einem Grußwort der Gastgebenden: ao.Univ.Prof. Dr. Martina Huemann für die pma und für die Gastgeber Vize Rektorin (FH) Prof. (FH) Ina Pircher und Prof. (FH) Iris Schirl-Böck. Im Fokus standen zunächst internationale Forschungsprojekte und ihre spezifischen Anforderungen an das Projektmanagement. Sebastian Chmel gab Einblicke in die Projektpraxis des EU-Projekts TeamUP am Fraunhofer INT und illustrierte eindrucksvoll, welche strukturellen und kommunikativen Herausforderungen in groß angelegten Forschungskonsortien entstehen. Katrin Reschwamm (spm & ETH) ergänzte diese Perspektive mit einem umfassenden Überblick über die Aufgaben und Entwicklungspotenziale von Grants Offices an Hochschulen. Sie plädierte für eine stärkere institutionelle Verankerung professioneller Projektmanagementstrukturen im Forschungsbereich und betonte den Bedarf an rollenspezifischer Qualifizierung. Ein besonderes inhaltliches Gewicht erhielt das Thema Diversity, Equity und Inclusion (DEI), das durch Jeanna Nikolov-Ramirez in einem Vortrag verankert wurde. Sie präsentierte Werkzeuge, Checklisten und Reflexionsformate, mit denen Fairness, Teilhabe und Barrierefreiheit systematisch in Projekte integriert werden können. Die vorgestellte Toolbox und der Mini-Selbstcheck mit „Fairness- Brille“ stießen auf großes Interesse bei den Teilnehmenden. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen von Praxisprojekten aus der Hochschullehre und dem schulischen Bildungsbereich. Zunächst stellten ao.Univ.Prof. Dr. Martina Huemann, Agnes Simić und Prof. (FH) Christian Steinreiber mit dem „pma junior award“ eine erfolgreiche Kooperation mit zwischen der pma mit österreichischen Schulen und Hochschulen vor. Natalie Bruckmüller, ehemalige Preisträgerin des Awards und nun Projektmanagerin beim AIT Austrian Institute of Technology, bestätigte mit Nachdruck den Motivationsschub durch diese Auszeichnung. Sie ist eine von vielen Studierenden, die diese begehrte Auszeichnung an die Fachhochschule des BFI Wien holten. Die Verzahnung zwischen Projektmanagement-Ausbildung an Schule und Hochschule stand auch im Mittelpunkt der folgenden Vorträge. Die Kooperation zwischen der TH Wildau und der Beruflichen Schule für Sozialwesen Pankow wurde anhand eines Studierendenprojektes im interdisziplinären Modul vorgestellt, das unter der Leitung von Antje Leitert und Prof. Dr. Susanne Marx entstand. Einem hybriden PM- Vorgehensmodell folgend wurde von internationalen Stu- Aus den DACH-Verbänden | D-A-CH-Projektmanagement-Campus 2025 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 04/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0080 dierenden ein elektronischer Campus-Guide entwickelt und gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern erprobt. Weitere Impulse kamen aus der GPM-Fachgruppe „PM macht Schule“. Antje Leitert stellte das Siegel „Projektorientierte Schule“ vor, das seit mehreren Jahren an Schulen in Berlin von der Fachgruppe vergeben wird. Prof. (FH) Christian Steinreiber zeigte danach auf, wie ein PMO speziell für Studierendenprojekte konzipiert wurde und welche Herausforderungen und Bewertungsmechanismen dabei eine Rolle spielen. Ein weiteres Beispiel für projektbasiertes Lernen lieferte Corinna Ruppel mit der „Ingenieure ohne Grenzen Challenge“, bei der Studierende technische Lösungen für reale Problemstellungen in Entwicklungsländern mit Methoden wie Design Thinking und klassischem Projektmanagement entwickelten. Aktuelle Entwicklungen aus der Projektmanagement-Community, wie der ICB 4.0 Reference Guide for Sustainability (Dr. Wolfgang Glitscher), ein umfassendes Normen- und Standards-Arbeitspapier zu Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement (Prof. Dr. Susanne Marx) sowie das Reifegradmodell AM³ zu Agilität (Prof. Dr. Hubertus Tuczek), rundeten den ersten Tag fachlich ab. Tag 2: Agilität, Visualisierung und Start-up-Didaktik Der zweite Veranstaltungstag begann mit einer Keynote von Christoph Schmiedinger, der Prinzipien agilen Projektmanagements aufzeigte, die auch in der Hochschullehre vermittelt werden sollten: Adaptivität, Dezentralisierung und Resilienz. Besonders hervorzuheben war seine methodische Haltung, Theorie nicht an den Anfang zu stellen, sondern als Reflexion bereits gemachter Erfahrungen zu nutzen und anhand diverser Praxisbeispiele zu illustrieren Im Themenblock zu agilen Methoden folgten mehrere Praxisberichte, die die Vielfalt agiler Anwendungsmöglichkeiten in der Projektarbeit in Praxis und Lehre verdeutlichten. David Schiefer berichtete aus seinem Alltag als Agile Coach bei REWE. Er stellte dabei das Team Maturity Ladder Modell vor, mit dem Teams ihre agile Reife kontinuierlich selbst bewerten und verbessern können. Berit Brauer zeigte anhand mehrerer Projektbeispiele des Fraunhofer ISE, wie Visualisierung als methodisches Element das Teamgefühl stärken und die Zusammenarbeit in interdisziplinären Projektgruppen verbessern kann. Sercan Cevik präsentierte mit HyStaMin PM ein didaktisch erprobtes Modell für einen hybriden Minimalstandard im Projektmanagement. Basierend auf einem gamifizierten Einstieg und der schrittweisen Integration von agilen und klassischen Elementen bietet es einen pragmatischen Zugang zur Methodenvielfalt. Prof. Dr. Harald Wehnes zeigte zunächst die „digitalen Ewigkeitslasten“ auf. Die irreversible digitale Abhängigkeit Europas von US-amerikanischen Tech- Konzernen habe in 2024 ein gigantisches finanzielles Ausmaß erreicht. Die Konsequenzen in Form von Einsparmaßnahmen und verringerten Steuereinnahmen seien überall spürbar. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Andernfalls wachse die Gefahr, dass Europa zur digitalen Kolonie wird. Er empfiehlt den verstärkten Einsatz alternativer IT-Produkte und Services. Im zweiten Teil seines Vortrags zeigte er auf, wie sich agile Methoden wie Scrum, Design Thinking und Story Mapping integrativ für die Entwicklung von Start-up-Projekten im Hochschulkontext einsetzen lassen. Dabei entwickelten die Studierenden unter anderem KI-gestützte Chatbots, die die soziale Teilhabe fördern oder bei der Beantragung staatlicher Leistungen helfen. Zum Abschluss fanden drei parallele Workshops statt: Patrick Fiebeler arbeitete mit den Teilnehmenden am Konflikt-Canvas und erprobte Techniken für strukturiertes Konfliktmanagement. Berit Brauer leitete einen Workshop zur Retrospektive als Werkzeug in der Lehre und Projektbegleitung an Hochschulen. In einem weiteren Workshop-Block diskutierten Teilnehmende gemeinsam mit dem D-A-CH-Koordinationsteam Ideen für die Weiterentwicklung des Campus-Formats. Fazit Der D-A-CH-Projektmanagement-Campus 2025 war eine lebendige, vielschichtige und zukunftsorientierte Fachveranstaltung. Sie ermöglichte Einblicke in aktuelle Themen und Entwicklungen des Projektmanagements im Hochschul- und Forschungsbereich, verband Akteure aus drei Ländern und schuf einen Raum für Austausch, Vernetzung und Weiterentwicklung. Mit Wien als Austragungsort wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die länderübergreifende Zusammenarbeit in der Lehre zu Projektmanagement an Schulen und Hochschulen erfährt damit neue Sichtbarkeit und Dynamik. Die Impulse aus Wien werden weiterwirken-- in Projekten, Studiengängen und der Lehrenden-Community selbst. Der Auftakt des D-A-CH-Projektmanagement-Campus ist auf jeden Fall gelungen. Ein Dankeschön gilt der pma als Veranstalter, der Fachhochschule des BFI Wien als Gastgeber sowie der GPM für die Unterstützung. Das DACH-Organisationsteam mit Prof. Dr. Susanne Marx (GPM, TH Wildau), Dr. Nicole Gerber (spm, ZHAW), Prof. (FH) Christian Steinreiber (pma, FH des BFI Wien) und Prof. Dr. Harald Wehnes (GPM, Universität Würzburg) werden die Veranstaltung weiterentwickeln. Viele Impulse werden mit ins nächste Jahr genommen, wenn die Veranstaltung dann an einer Hochschule in Deutschland stattfinden wird.