eJournals Transforming cities 1/1

Transforming cities
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2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2016-0021
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Transformation der digitalen Welt ins Fahrzeug

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2016
Alexander  Süssemilch
Elina Schäfer
Heiko Herchet
Die Digitalisierung der Welt schreitet immer weiter voran und ist für unseren Tagesablauf eine selbst verständliche Unterstützung. Systeme, in denen wir auf die Annehmlichkeiten durch Vernetzung verzichten müssen, akzeptieren wir immer weniger. Das Auto jedoch ist in dieser Welt ein „digitaler Nachzügler“. Das junge Unternehmen trive.me, eine Marke der Münchner Edag Engineering GmbH im Bereich Softwarelösungen, hat sich dieser digitalen Transformation verschrieben und entwickelt eigene Softwaredienste für das Fahren 4.0. Auf der IAA 2015 stellte es einen Dienst vor, der durch Vernetzung des Fahrzeugs mit der Infrastruktur den Grundstein zum automatisierten Einparken in Parkhäusern legt.
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78 1· 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Mobilität Anders als im Consumer-Bereich und der Industrie, wo Vernetzung mittlerweile zum nicht mehr wegzudenkenden Entwicklungstreiber gehört, kommt die Digitalisierung im automobilen Sektor nach wie vor nur schleppend voran. Dabei kann die Vernetzung sämtlicher Systeme letztlich nicht nur für den Funktionsumfang des Fahrzeugs von Vorteil sein, sondern auch für die Mobilität an sich. Vernetzung ermöglicht, dass notwendige Informationen für Fahrempfehlungen und im Fahrzeug automatisierte Vorgänge von einer externen Datenbasis bezogen werden können. Dies er- Transformation der digitalen Welt ins Fahrzeug Intelligentes Parken als erster Schritt im hochautomatisierten Fahren Digitale Transformation, Digitalisierung, Parken, hochautomatisiertes Fahren Alexander Süssemilch, Elina Schäfer, Heiko Herchet Die Digitalisierung der Welt schreitet immer weiter voran und ist für unseren Tagesablauf eine selbstverständliche Unterstützung. Systeme, in denen wir auf die Annehmlichkeiten durch Vernetzung verzichten müssen, akzeptieren wir immer weniger. Das Auto jedoch ist in dieser Welt ein „digitaler Nachzügler“. Das junge Unternehmen trive.me, eine Marke der Münchner Edag Engineering GmbH im Bereich Softwarelösungen, hat sich dieser digitalen Transformation verschrieben und entwickelt eigene Softwaredienste für das Fahren 4.0. Auf der IAA 2015 stellte es einen Dienst vor, der durch Vernetzung des Fahrzeugs mit der Infrastruktur den Grundstein zum automatisierten Einparken in Parkhäusern legt. öffnet völlig neue Spielräume für die Entwicklung und die Evolution des Fahrens. Denn je größer die Datenbasis ist, desto spezifischer kann sie genutzt werden. Das Beste aus Automobilindustrie und Softwaredenken zusammenbringen Damit die automobile Entwicklung im digitalen Wettbewerb marktfähig bleibt, führt kein Weg umhin, das Beste aus der Arbeits- und Denkweise von Automobil- und IT-Branche zusammenzubringen. Als eigenständige Marke der Edag Engineering GmbH ist trive.me auf die Entwicklung von digitalen Lösungen für die Vernetzung von Fahrzeug, Fahrer und Infrastruktur spezialisiert. Das Edag-Knowhow aus der Gesamtfahrzeug- und Produktionsanlagenentwicklung fließt bei trive.me in neue, integrative Denkansätze und Lösungen, die unter dem Aspekt „Fahren 4.0“ die Mobilität ebenso nachhaltig verändern sollen wie die Einführung von Apps für Smartphones. Erste Produkte und Ideen sind bereits in der Umsetzung. B e im ho c ha u toma ti s ier te n Fahren liegen noch nicht gelöste Herausforderungen - beispielsweise in diversen Rechtsfragen oder in der Algorithmen-Programmierung für Entscheidungen in ethischen Grenzfällen. Aus diesem Grund gilt das intelligente Parken in halböffentlichen Bereichen wie in Parkhäusern als einer der ersten Schritte des hochautomatisierten Fahrens (Bild 1). Hochautomatisierung ist nur durch Vernetzung möglich Ein solcher hochautomatisierter Einparkvorgang in Parkhäusern ist jedoch nur mit der Vernetzung zwischen Fahrzeug und Infrastruktur möglich. Dazu ist beispielsweise eine Anbindung an die Parkleitsysteme der Städ- Bild 1: Fürs automatisierte Einparken werden Fahrzeuge und Parkhäuser vernetzt. © pixabay 79 1· 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Mobilität Nutzerbedürfnissen. Beim Off- Street-Parking wird zudem noch die Schranke in Parkhäusern automatisch geöffnet, und eine (Indoor-)Navigation führt den Fahrzeugnutzer bis zum Parkplatz. Betrachtet man den Markt und die Player rund um dieses Thema, zeigt sich sehr schnell, dass eine Vielzahl spezialisierter Unternehmen bestimmte Teilabschnitte des Use Cases anbietet, sodass das Anbieterfeld sehr stark segmentiert ist. Das führt dazu, dass es bis jetzt keinen durchgängigen Use Case gab. Weiterhin ist bisher kein Dienst im Fahrzeug direkt nutzbar und es werden keine Fahrzeugdaten verwendet. Genau an dieser Stelle setzt trive. park an. Durch Zusammenführung unterschiedlicher Player und des Know-how von trive.me kann sich jeder genau auf seine Stärken konzentrieren. Zusammen bilden wir einen durchgängigen Use Case für maximalen Kundennutzen ab. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bedienung des Smartphones während der Fahrt verboten ist, ist das Ergebnis eine interessante Mehrwert-Applikation, die durch eine Integration ins Fahrzeug-HMI 2 eine hohe Kundendurchdringung ermöglichen kann. 2 HMI: Human Machine Interface, Mensch- Maschine-Schnittstelle Offene Schnittstellen ermöglichen die Mission „Parken 4.0“! Das technische Gesamtkonzept von trive.park umfasst unterschiedliche Module, die jeweils einen Baustein der Use-Case-Kette realisieren und abbilden. Durch diesen modularen Aufbau ist es möglich, eine Minimallösung anzubieten, die in jedem Parkhaus funktioniert und durch lokale Anpassungen im zweiten Schritt bei Bedarf spezifisch optimiert werden kann. Die einzelnen Module sind beispielsweise der Bezahlvorgang, die Schrankenöffnung oder die Indoor-Navigation. Die Anbindung an die Cloud stellt die Vernetzung mit der Infrastruktur sicher. Dadurch erhält der Autofahrer zum Beispiel Informationen über freie Stellflächen und kann bidirektional mit dem Parkhaus „kommunizieren“. Somit wird es möglich, auf die individuellen Anforderungen des Users einzugehen und nur die für ihn relevanten Daten zu visualisieren. Ein Fahrer eines Elektrofahrzeugs erhält beispielsweise dadurch genau die passenden Informationen über freie Lademöglichkeiten. Indoor-Navigation ist ein zusätzlicher technischer Schwerpunkt, da das satellitengestützte Global Positioning System GPS im Indoor-Bereich nicht funktioniert. te notwendig, um Informationen über freie Parkhäuser zu erhalten. Ebenso sollten Anforderungen der Nutzer einfließen, um einen passenden Parkplatz auszuwählen. Dadurch ist gewährleistet, dass ein Elektrofahrzeug auch über einer Ladespule positioniert wird oder das Packaging in Parkhäusern durch die Berücksichtigung der Fahrzeugmaße gesteigert werden kann. Weitere wichtige Punkte, die ohne diese Vernetzung nicht funktionieren, sind die Schaffung eines kontaktlosen Zugangs (z. B. automatisierte Schrankenöffnung), die Integration eines automatischen Bezahlvorgangs sowie die zuverlässige Fahrwegberechnung zum nächsten freien Parkplatz. Der von trive.me entwickelte Dienst trägt den Produktnamen „trive.park - Dein persönlicher Parkplatzassistent“. Dieser sorgt exakt für die beschriebenen Komponenten der Vernetzung, die für einen automatisierten Einparkvorgang nötig sind. Der Use Case 1 in Bild 2 beschreibt diese Mission „Parken 4.0“. Dabei wird der Parkplatz durch einen mobilen Dienst gesucht, gebucht und bezahlt. Ausgewählt wird der Parkplatz passend zum Fahrzeug und den 1 Use Case: In der Softwaretechnik ein Anwendungsfall; beschreibt die Interaktionen zwischen Nutzer und System, die notwendig sind, um ein fachliches Ziel des Nutzers zu verwirklichen Bild 2: Darstellung der einzelnen Teilabschnitte des Use Case „Parken 4.0“ © trive.me 80 1· 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Mobilität Als Ersatz dienen verschiedene Datenquellen wie Sensoren aus dem Fahrzeug, von Smartphones und aus der Infrastruktur (z. B. Bluetooth LE), die es erlauben, die Position mithilfe verschiedener Positionierungs-Algorithmen im Optimalfall auf bis zu 0,5 Meter genau zu bestimmen. Für eine Integration ins Fahrzeug dient im ersten Schritt der offene Standard „Mirrorlink“. Mittelfristig können wahrscheinlich solche Dienste auch über die Plattformen von Android Auto und Apple CarPlay integriert werden. Darüber hinaus öffnen erste Fahrzeughersteller ihre Systeme durch spezielle SDKs 3 , um die Integration von Fremdapplikationen auch ohne die genannten Plattformen zu ermöglichen. Gleichzeitig wird dadurch ein exklusiver Zugriff auf ausgewählte Fahrzeugdaten möglich, um den Dienst weiter zu optimieren. Oberste Prämisse bei der Entwicklung der gesamten Use- Case-Kette ist die IT-Sicherheit, die für die nötige Umsetzung hinsichtlich Safety, Security und Privacy sorgt. 3 SDK: System Design Kit, Systementwicklungspaket Pilotprojekte zeigen die Einsatzfähigkeit Nach ersten Feldversuchen 2015, wie in Bild 3 zu sehen, startet im 1. Quartal 2016 ein Pilotprojekt in einem halböffentlichen Parkhaus in Wolfsburg. Die Anwender werden in diesem Parkhaus den beschriebenen Dienst mit allen Teilabschnitten nutzen können. Dank Echtzeitüberwachung der einzelnen Parkplätze kann eine direkte Routenführung zum freien Parkplatz durchgeführt werden. In einer weiteren Ausbaustufe ist sogar die Navigation bis zum Zielort - im Pilotprojekt bis zum Büro oder Meetingraum eines angrenzenden Unternehmens - projektiert. Für einen flächendeckenden Ausbau ist jedoch mehr nötig als die bereits einsetzbare Technik. Für eine solche Erweiterung benötigt man Innovationstreiber, die die entstehenden Geschäftsmodelle erkennen und das benötigte Kapital in den Dienst und die Infrastruktur investieren. Durch die Abbildung des kompletten Use Cases ist zum einen das intelligenter werdende Parkhaus Teil einer sich transformierenden Stadt und befähigt zusätzlich mit- Bild 3: Auswahl des Parkplatzes und Öffnen der Schranke im Feldversuch © trive.me Alexander Süssemilch Solutions Triver, trive.me, Fulda Kontakt: suessemilch@trive.me Elina Schäfer Product Triver, trive.me, Fulda Kontakt: schaefer@trive.me Heiko Herchet Chief Executive Electrifier, trive.me, Fulda Kontakt: herchet@trive.me AUTOREN telfristig das hochautomatisierte Einparken. Zum anderen wird durch die Nutzung eines durch Vernetzung entstanden Mehrwertdienstes das Fahrzeug selbst in die digitale Welt transformiert.