Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2016-0053
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Grün statt grau
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Alexandra Schmidt und Wolfgang Heidenreich vom Begrünungsbüro in München haben ein klares Ziel: Sie wollen die Stadt mit der Bepflanzung von Straßenräumen, von Dächern und Fassaden lebenswerter machen. Im Rahmen der Umweltorganisation Green City e. V. in München bieten sie Beratung für Hauseigentümer und Bauherren zu technischen, botanischen und rechtlichen Fragen im grünen Bereich.
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14 3 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Oben, im fünften Stock des Lindwurmhofs in München befinden sich die Büroräume des gemeinnützigen Vereins Green City e. V., dessen Mitglieder sich zur Aufgabe gemacht haben, das Verkehrsaufkommen in München zu reduzieren, die Stadt grüner und Bäume auf Wanderschaft Ein echter Klassiker unter den Projekten ist die Wanderbaumallee. Bereits seit den frühen Neunzigern wird eine Schar heimischer Bäume während der Sommermonate durch die bayrische Landeshauptstadt gerollt und - sozusagen zur Probe - in einer bislang kahlen Straße zur Allee aufgestellt. So soll bei den Stadtbürgern die Lust auf dauerhaftes Grün in sonst grauen Straßenzügen geweckt werden. Schon in mehr als 60 Münchner Straßen war die rollende Allee zu Gast, rund 150 Bäume fanden Grün statt grau Mit Wanderbaumallee und Pflanztipps für die Begrünung der Münchner Innenstadt Stadtgrün, Straßenraum, Stadtklima, Dach- und Fassadenbegrünung, Bürgerinitiative Alexandra Schmidt und Wolfgang Heidenreich vom Begrünungsbüro in München haben ein klares Ziel: Sie wollen die Stadt mit der Bepflanzung von Straßenräumen, von Dächern und Fassaden lebenswerter machen. Im Rahmen der Umweltorganisation Green City e. V. in München bieten sie Beratung für Hauseigentümer und Bauherren zu technischen, botanischen und rechtlichen Fragen im grünen Bereich. gesünder und somit lebenswerter für ihre Bewohner zu machen. Von sieben Umweltaktivisten im Jahr 1990 als „München 2000 Autofrei“ gegründet, organisieren heute 25 Mitarbeiter der Green City e. V. und eine große Zahl ehrenamtlicher Helfer zahlreiche Projekte zu nachhaltiger Mobilität, Klimaschutz, dem bewussten Umgang mit Energie und städtischem Grün. Mit Aktionen wie der Grünen Schule, dem Radl-Shuttle oder der Essbaren Stadt soll bei Erwachsenen und Kindern das Bewusstsein für die Umwelt geweckt werden. Bild 1: Wandertag mit Bäumen. Die Wanderbaumallee rollt im Sommer durch Münchens Straßen. © Q. Herzog Bild 2: Alexandra Schmidt und Wolfgang Heidenreich vom Begrünungsbüro in München © CZ 15 3 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum hernach einen dauerhaften Platz: unter anderem in der Schrenk- und Steinstraße, im Hofgarten und am Kaiserplatz. Mit Rat und Tat für urbanes Grün Wie wichtig die Überzeugungsarbeit bei den Menschen ist, um die Vision vom grüneren München umsetzen zu können, wissen Alexandra Schmidt und Wolfgang Heidenreich, Berater im Begrünungsbüro von Green City e.V. Seit Anfang 2014 informieren die beiden Landschaftsarchitekten Bauherren, Hauseigentümer und Eigentümergemeinschaften über die Möglichkeiten der Fassaden- und Dachbegrünung. „Wir wollen das Bewusstsein dafür schärfen, welchen Wert Pflanzen gerade in immer dichter werdenden Städten haben“, erklärt Heidenreich. „In eng bebauten Stadtquartieren steigen die Temperaturen im Sommer deutlich höher an als auf freiem Feld. Auf sogenannten urbanen Hitze-Inseln, Stadtvierteln mit viel Asphalt und Beton und wenig Schatten, wird das Klima an heißen Tagen unerträglich. Kranke und Ältere leiden in den letzten Jahren immer häufiger unter Spitzentemperaturen, mit schlimmen Folgen wie beispielsweise im Hitzesommer 2003 in Paris. Nicht genug: Feinstaub und Lärm beeinträchtigen die Gesundheit der Anwohner zudem. Ein weiterer Aspekt: Bei Starkregenereignissen können die gewaltigen Wassermengen auf den zugebauten und asphaltierten Flächen nicht mehr einfach versickern, Überschwemmungen sind die Folge.“ Deshalb sind aus Heidenreichs Sicht das Begrünen von Bauwerken und das Entsiegeln von Flächen wesentliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. „Unsere Aufgabe ist es, den Menschen klarzumachen, dass Pflanzen das Stadtklima positiv beeinflussen. Sie tragen durch Verdunstung zur Klimatisierung bei, nehmen CO 2 auf und ihre Wurzeln halten zusammen mit dem Erdreich das Regenwasser zurück.“ Aufklärung zum Stadtklima Doch der Wandel zur grünen Stadt lässt sich nicht im Handstreich vollziehen. Klimaveränderungen sind zwar bereits für alle deutlich spürbar,“ weiß Alexandra Schmidt. „Doch der Wille, selbst etwas dagegen zu unternehmen, muss erst wachsen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, hier Aufklärungsarbeit zu leisten.“ Gerade in Städten, wo die Grundstückspreise enorm hoch sind, bleiben kaum Flächen zur Begrünung übrig. Deshalb raten die Experten des Begrünungsbüros, bei Neuplanung oder Sanierung von Gebäuden Dächer und Fassaden zu bepflanzen. „Auch wenn wenig Platz ist, kann man immerhin über vertikales Grün nachdenken“, so Schmidt. Dabei gilt es nicht nur, den Hausbesitzern die Bedenken vor der Schädigung ihrer Fassaden durch Kletterpflanzen zu nehmen, sondern auch auf diverse Fördermöglichkeiten hinzuweisen. Fördermaßnahmen „Es gibt in vielen Städten bereits Fördermaßnahmen zur Stadtbegrünung, beispielsweise das Programm für mehr Grün in der Stadt in Stuttgart, das Förderprogramm Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung (DAFIB) in Düsseldorf oder die Gründachstrategie in Hamburg“, erläutert Wolfgang Heidenreich. „Die Stadt München unterstützt private Begrünungen rund um Haus und Hof bereits seit den 80er-Jahren.“ Neben der Unterstützung freiwilliger Projekte sorgt die Stadt bei Neubauten schon seit 20 Jahren für Nachdruck: In der Freiflächengestaltungssatzung von 1996 wurde festgelegt, dass Flachdächer neuerrichteter Gebäude mit mehr als 100 m 2 Dachfläche flächig und dauerhaft begrünt werden müssen. Außerdem wird in der Satzung empfohlen, geeignete Fassaden von Industrie- und Gewerbebauten mit ausdauernden Kletterpflanzen zu begrünen. Münchner, die beschlossen haben, ihr Haus zu begrünen, können sich im Begrünungsbüro kostenfrei beraten lassen. Zu allen Fragen rund um Fördermittel, zuständige Ämter, aber auch zu Konstruktion und Aufbau sowie zur Auswahl der geeigneten Pflanzen stehen die Experten Rede und Antwort. (red) KONTAKT Begrünungsbüro Green City e. V. Lindwurmstraße 88 2. Aufgang, 5. Stock 80337 München Tel. (089) 890 668-320 alexandra.schmidt@greencity.de www.begruenungsbuero.de Bild 3: Begrüntes Münchner Dach. © W. Heidenreich Bild 4: Bewachsene Fassaden in der Parzivalstraße in München. © W. Heidenreich