Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2016-0078
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Dauerregen und Sturzfluten: Neue Chancen für die Stadt- und Ortsentwicklung?
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Klaus Piroth
Dortmund 2008, Kopenhagen 2011, Münster 2014, jüngst Braunsbach und Simbach – nur einige Beispiele aus einer Vielzahl von Überflutungen, die durch lokale Starkregen ausgelöst wurden. Sie gefährdeten Menschenleben und verursachten Schäden bis in den zweistelligen Millionenbereich. Solche Ereignisse lenken die Diskussion über die Ausweitungen und Folgen des Klimawandels auf das Thema „Starkregen und Überflutungsvorsorge“. Die „Wassersensible Stadtentwicklung“ ermöglicht als integrales Konzept in Kombination mit Maßnahmen der Stadtplanung einen nachhaltigen Umgang mit zu viel (innovative Überflutungsvorsorge) und zu wenig Regenwasser (Trockenheit und Hitze).
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10 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Integriertes Regenwassermanagement in Städten und Kommunen Ausgelöst durch Starkregenereignisse, die sie selbst oder andere betroffen haben, diskutieren, planen und etablieren immer mehr Städte und Kommunen ein angepasstes, integriertes Regenwassermanagement. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Starkregenereignissen, die jenseits der Bemessungsgrenze der Kanalisation liegen. Dieser naheliegende Ansatz bringt für die Städte und Kommunen jedoch Fragestellungen und Probleme mit sich: Es gelten hier keine „Allgemein anerkannten Regeln der Technik (AaRT)“, an denen sich das Verwaltungshandeln orientieren kann. Bei Planungen im innerstädti- Dauerregen und Sturzfluten: Neue Chancen für die Stadt- und Ortsentwicklung? Integrale Ansätze berücksichtigen den Klimawandel in der Raum-, Stadt- und Ortsplanung. Klimaanpassung, wassersensible Stadt- und Ortsentwicklung, Kommunale Gemeinschaftsaufgabe, Starkregen und urbane Sturzfluten Dortmund 2008, Kopenhagen 2011, Münster 2014, jüngst Braunsbach und Simbach - nur einige Beispiele aus einer Vielzahl von Überflutungen, die durch lokale Starkregen ausgelöst wurden. Sie gefährdeten Menschenleben und verursachten Schäden bis in den zweistelligen Millionenbereich. Solche Ereignisse lenken die Diskussion über die Ausweitungen und Folgen des Klimawandels auf das Thema „Starkregen und Überflutungsvorsorge“. Die „Wassersensible Stadtentwicklung“ ermöglicht als integrales Konzept in Kombination mit Maßnahmen der Stadtplanung einen nachhaltigen Umgang mit zu viel (innovative Überflutungsvorsorge) und zu wenig Regenwasser (Trockenheit und Hitze). Bildgruppe 1: Mustergültig: Diese Straßenraumgestaltungen bieten bei Starkregen verbesserte Möglichkeiten für den Wasserabfluss. (Quelle: DWA Themenheft T1/ 2013: „Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge“ [1]) Bildgruppe 2: Nutzung des Straßenraums als temporärer Retentionsraum. (Quelle: DWA Themenheft T1/ 2013: „Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge“ [1]) 11 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt schen Bereich, die über die klassische Siedlungsentwässerung hinausgehen, begibt man sich schnell in rechtlich nicht abgegrenzte Zonen. Inzwischen gibt es Projekte zur Anpassung an den Klimawandel, die sich dem Thema annehmen. Diese werden im Rahmen der „Anpassungsstrategie des Bundes“ an den Klimawandel gefördert (siehe [2, 3]). Die Ergebnisse zeigen Methodik und Herangehensweisen, aber auch Hindernisse und Schwierigkeiten in der kommunalen Umsetzung auf. Parallel dazu wird das Regelwerk für die Kanalberechnung um Betrachtungen für Abflüsse ergänzt, die über die bisherige Bemessung der Kanalisation hinausgehen (siehe [4]). Auch die für kleine Ortschaften und Kommunen wichtigen, oft landwirtschaftlich genutzten Außengebiete rücken hier stärker in den Fokus (siehe [5]). Handlungsoptionen für Städte und Kommunen bei der Hochwasserprävention Was können Städte und Kommunen konkret tun, wenn sie sich im Rahmen der Entwässerungsplanung mit dem Thema „Starkregenvorsorge“ befassen möchten? 1. Alle müssen an einen Tisch. Starkregenvorsorge ist kein ausschließliches Thema der Wasserwirtschaft, der Stadtentwässerung oder des Bauamts. Alle Planungsbereiche von Stadt- und Bauleitplanung über Verkehrs-, Straßen- und Entwässerungsplanung bis hin zur Grün- und Freiraumplanung sind neben der Stadtentwässerung relevante Beteiligte. Nicht zu vergessen: die Feuerwehr und der Katastrophenschutz. Wenn in ländlichen Bereichen Außengebiete eine Rolle spielen, sind Vertreter der Forst- und Landwirtschaft einzubinden. 2. Benennung eines verantwortlichen Ansprechpartners für alle Beteiligten (beispielsweise der Hochwasservorsorgebeauftragte). 3. Einbindung der übergeordneten Behörden (Wasserwirtschaft etc.). 4. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der betroffenen Bürger: Bedürfnisse und Erwartungen, aber auch Möglichkeiten und Grenzen (technisch, finanziell und rechtlich) werden vorhabenbegleitend diskutiert und erhöhen die Akzeptanz der Planung. 5. Analyse des Einzugsgebiets der Kommune: Liegt ein Generalentwässerungsplan vor, lässt sich dieser als Grundlage verwenden und um Betrachtungen zu Starkregenereignissen erweitern. Im Gegensatz zu den Überschwemmungsgefahren aus Oberflächengewässern liegen für Starkregenereignisse keine flächendeckenden hydrologischen oder hydraulischen Berechnungen vor. Hier sind eigene Überlegungen notwendig, die im ersten Ansatz sehr einfach sein können. Die Möglichkeiten sind im Themenheft Nummer 1/ 2013 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK) „Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge“ (siehe [1]) erläutert. Damit lassen sich die Fließwege des Wassers auf der Oberfläche ermitteln (Gefährdungszonen). Ebenso können die Wassermengen abgeschätzt werden, die gegebenenfalls zurückgehalten werden müssen. 6. Abgleich der Ergebnisse aus Schritt fünf mit dem Machbaren. Daraus ergeben sich: Notabflussabwege; Rückhalteflächen (auch dezentraler Rückhalt in der Fläche); Bild 4: Beispiel für Rückhalt in Außengebieten (Kleinste Stauanlage) entsprechend DWA Merkblatt-M 550: „Dezentrale Maßnahmen zur Hochwasserminderung“ [5]. (© A. Assmann) Bild 3: Beispiel für multifunktionale Flächennutzung. (Quelle: DWA Themenheft T1/ 2013: „Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge“ [1]) 12 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Besonders gefährdete Bereiche (Unterführungen, Tiefgaragen etc.) mit Gefahr für Leib und Leben bei Starkniederschlägen. Das Gesamtkonzept sollte darauf abzielen, möglichst viel Wasser durch Rückhalt und gezielte Ableitung schadlos zu beherrschen. Das darüber hinaus gehende Maß ist mit möglichst geringer Schadwirkung abzuführen (Erste Priorität: Menschenleben). Elementarschadensversicherungen tragen hier dazu bei, mögliche wirtschaftliche Verluste zu minimieren. Das kommunale Vorsorgekonzept ist auch in Jahren ohne Starkregenereignisse regelmäßig zu überprüfen. Aktuelle Hinweise und Praxis-Tipps zu gesetzlichen Regelungen und Innovationen mit dem Schwerpunkt Kanalsanierung bietet die neue Ohm Professional School der Technischen Hochschule Nürnberg (Vorgänger-Institution: Verbund Ingenieur Qualifizierung gGmbH) auf ihrem Nürnberger Kolloquium zur Kanalsanierung an. Die Tagung richtet sich an Entscheidungsträger aus Kommunen, Städten, Gemeinden und Industrie sowie an Bauingenieure und Techniker aus Tiefbau- und Wasserwirtschaftsämtern, Stadtentwässerungsbetrieben, Umweltbehörden und -verbänden und bietet Gelegenheit zum Wissensaustausch und zum Vernetzen. Das Nürnberger Kolloquium 2016 fand im September mit dem Schwerpunkt „Aktuelle Regelwerke, Methoden und Techniken in der Kanalsanierung“ statt. LITERATUR [1] DWA/ BWK (Hrsg.): Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge, Themenheft T 1/ 2013, Hennef, August 2013. [2] DWA (Hrsg.): Tagungsunterlagen der 1. DWA Klimatage vom 29.9.2015 in Essen, Hennef, DWA 2015. [3] Kruse, E.: Klimaanpassung durch Integriertes Regenwassermanagement, KW 9/ 2015, S. 39-47. [4] DWA (Hrsg.): Risikomanagement in der kommunalen Überflutungsvorsorge - Analyse von Überflutungsgefährdungen und Schadenspotenzialen zur Bewertung von Überflutungsrisiken, Merkblatt M 119, Gelbdruck, Hennef, Juni 2015. [5] DWA (Hrsg.): Dezentrale Maßnahmen zur Hochwasserminderung, Merkblatt DWA-M 550, Hennef, November 2015. AUTOR Dr. Klaus Piroth Geschäftsbereichsleiter Wasser Obmann DWA-Fachausschuss HW4 „Hochwasserrisikomanagement“ CDM Smith Consult GmbH Nürnberg Kontakt: klaus.piroth@cdmsmith.com Ein Jahr lang Transforming Cities zum halben Preis lesen, als Printausgabe oder ePaper, anschließend zum Normalpreis. www.transforming-cities.de/ starterabo/ TranCit StarterAbo Aller Anfang ist leicht.
