Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2016-0090
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Transformation der Wasserinfrastruktur organisieren
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Martina Winker
Jan Trapp
Jörg Feldmeden
Jens Libbe
Engelbert Schramm
Die Wasserinfrastruktur wird sich zukünftig vermehrt durch eine Kombination, Diversifizierung und Koexistenz verschiedener Systeme auszeichnen. Hier bedarf es eines gezielten Transformationsmanagements in der Kommune. Dieser Artikel bietet Informationen, um geeignete Transformationsräume in der Stadt/Kommune in ihrer zeitlichen Dynamik zu erkennen. Auch gibt er Auskunft zu institutionellen Belangen des Transformationsprozesses und erklärt, was mit Blick auf die technische Infrastruktur (Systemoptionen, Alternativen, Einbindung in die bestehende Infrastruktur) zu bedenken ist.
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49 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städtische Infrastrukturen Einleitung Die heutige Wasserinfrastruktur ist auf sehr lange Zeiträume von mehreren Jahrzehnten ausgelegt, manche Bereiche sind über 100 Jahre alt. Dies macht es schwierig, kurzfristig auf aktuelle Herausforderungen wie den demografischen Wandel, den Klimawandel oder auch die Einführung der erneuerbaren Energien zu reagieren. Vor diesem Hintergrund ist es zielführend, die bestehende Wasserinfrastruktur um neuartige Komponenten wie den Einsatz von Betriebswasser oder der energetischen Nutzung des Abwassers zu ergänzen, die hier Antworten geben und Spielräume eröffnen. Durch die Transformation von Teilen der bestehenden Wasserinfrastruktur und durch die direkte Implementierung neuartiger Konzepte bei städtebaulichen Erschließungsvorhaben wird es möglich, das System zu flexibilisieren und fit zu machen für die anstehenden Herausforderungen. Infolge einer solchen Anpassung wird sich die Wasserinfrastruktur zukünftig vermehrt durch eine Kombination, Diversifizierung und Koexistenz verschiedener Systeme auszeichnen. Zur Umsetzung dieses Umbaus bedarf es eines gezielten Transformationsmanagements in der und durch die Kommune. Vor Ort muss entschieden werden, was die stadt-/ gemeindespezifischen Lösungen sind, wie sie sich ausgestalten und was die Wasserinfrastruktur zur Lösung übergeordneter Herausforderungen leisten kann. Die Transformation sollte dabei gezielt im Sinne des Allgemeinwohls erfolgen. Räume erkennen In einem ersten Schritt geht es darum, geeignete Räume zu erkennen, denn nicht jedes städtische Gebiet eignet sich zu jedem Zeitpunkt gleichermaßen für eine infrastrukturelle Neugestaltung. Für die Identifizierung solcher Transformationsräume kann auf bestehendes Wissen zurückgegriffen Transformation der Wasserinfrastruktur organisieren Was ist dabei zu beachten? Neuartige Wasserinfrastruktur, Transformationsmanagement, Transformationsräume, zeitliche Dynamik, Akteure und Institutionen, Siedlungswasserwirtschaft Martina Winker, Jan Trapp, Jörg Felmeden, Jens Libbe, Engelbert Schramm Die Wasserinfrastruktur wird sich zukünftig vermehrt durch eine Kombination, Diversifizierung und Koexistenz verschiedener Systeme auszeichnen. Hier bedarf es eines gezielten Transformationsmanagements in der Kommune. Dieser Artikel bietet Informationen, um geeignete Transformationsräume in der Stadt/ Kommune in ihrer zeitlichen Dynamik zu erkennen. Auch gibt er Auskunft zu institutionellen Belangen des Transformationsprozesses und erklärt, was mit Blick auf die technische Infrastruktur (Systemoptionen, Alternativen, Einbindung in die bestehende Infrastruktur) zu bedenken ist. © netWORKS 50 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städtische Infrastrukturen werden [1]. Vor allem jenen städtischen Teilräumen kann ein großes Umwandlungspotenzial zugesprochen werden, die einer hohen Entwicklungsdynamik unterliegen und die gleichzeitig einen geringen Transformationsaufwand aufweisen. Während die Entwicklungsdynamik eines Raums von demografischen, sozio-ökonomischen und städtebaulichen Entwicklungszyklen bestimmt wird, ergibt sich der spezifische Transformationsaufwand aus den technischen und ökonomischen Verhältnissen der bestehenden Wasserinfrastruktur sowie den Schnittstellen zu anderen Infrastrukturen wie z.B. der Energieversorgung [2]. In Gesprächen mit Stadtplanern und anderen städtischen Akteuren ist für die Identifizierung interessanter Transformationsräume besonders auf folgende Stichworte zu achten: Lage, Marktfähigkeit, Komplexität der bestehenden Infrastruktur, bauliche Dichte und Streubesitz. Informationen hierzu lassen sich gut dem Transformationsaufwand bzw. der Entwicklungsdynamik zuordnen. Gleichzeitig sollten nach einer ersten groben Orientierung potenzielle Transformationsräume auf den aktuellen Planungsstand, die Siedlungsstruktur, die wasserwirtschaftlichen Gegebenheiten und die soziale Situation geprüft werden, um eine Eignung tatsächlich feststellen zu können. Nach aktuellem Stand des Wissens [3] fehlen aus technischer Sicht noch Umsetzungsvoraussetzungen für den Einsatz neuartiger Wasserinfrastrukturlösungen im (innerstädtischen) Bestand, wie etwa für hochverdichtete Flächen von Gründerzeitvierteln. Daher eignen sich vor allem Gebiete mit großen Freiflächen, insbesondere, wenn die Stadt/ Kommune selbst über große Teile dieser Flächen verfügt. So kann die Kommune die Gebietsentwicklung deutlich beeinflussen und etwa über einen städtebaulichen Vertrag auch verbindlich festsetzen [4]. Vielfach handelt es sich dabei um Konversions- und Entwicklungsgebiete, wo größere Areale einer neuen Nutzung zugeführt werden oder wo noch nichts bis wenig gebaut ist bzw. ein großer Flächenanteil zur Nachverdichtung zur Verfügung steht. Förderlich ist zudem, dass sich in einem solchen Fall nur wenige Akteure in Hinblick auf bauliche Maßnahmen einigen müssen, was den Aushandlungsprozess deutlich vereinfachen kann. Ein zweiter Gebietstyp, der attraktiv sein kann, wenngleich auch aufwendiger im Handling, sind Gewerbe- und Industriegebiete in Innenstadtrandlage, die eine Nutzungsänderung durchlaufen. Teils werden sie daher auch den Konversionsflächen zugerechnet. Hier sind die Flächen in der Regel zwar überwiegend in privater Hand und der Abstimmungsprozess gestaltet sich deutlich aufwendiger, im Fall einer Umwandlung in Mischgebiete ist jedoch eine Nachverdichtung in Richtung Wohnungsbau möglich, was ihnen eine hohe Attraktivität insbesondere in wachsenden Städten verleiht. Zeitliche Dynamik beachten Wie skizziert finden stadtplanerische Eingriffe vor allem dort statt, wo eine hohe Entwicklungsdynamik in Teilräumen/ Stadtgebieten vorliegt. Fällt diese mit einem geringen Transformationsaufwand zusammen, wie es etwa bei Entwicklungs- und Konversionsgebieten der Fall ist, dann ergibt sich ein zeitliches Gelegenheitsfenster, das genutzt werden sollte. Das heißt, es ist sinnvoll, dort in den Transformationsprozess einzusteigen, wo aufgrund der bestehenden Dynamiken der Stadtentwicklung Gebiete neu-, um-, beplant und verändert werden. Hier lassen sich Synergien zu anderen technischen Infrastrukturen nutzen. Auch ein gemeinsamer Planungsprozess zur Identifizierung der Planungsziele und der Beiträge seitens der jeweiligen technischen Infrastrukturen kann hilfreich sein. Darüber kann auch der Beitrag der Wasserinfrastruktur z.B. zur Klimaanpassung und zu den erneuerbaren Energien ermittelt werden. Neben solchen Gelegenheitsfenstern, die vor allem im Zuge der vorbereitenden Bauleitplanung zu identifizieren sind, sind auch die zeitlichen Phasen des Transformationsprozesses selbst zu beachten. Üblicherweise ist es so, dass die Planung der technischen Wasserinfrastruktur der Bauleitplanung nachfolgt. Dann ist es meist zu spät, um neuartige Komponenten noch berücksichtigen zu können. Dies bedeutet, dass bereits frühzeitig in der Planung (d.h. schon in der Vorplanungsphase) das Gespräch Bild 1: Status Quo der kommunalen Wasserinfrastruktur und die sich ergebenden Stoffflüsse: Versorgung, Nutzung, Entsorgung. © Forschungsverbund netWORKS 51 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städtische Infrastrukturen und die Abstimmung mit den relevanten Akteuren in den Ämtern und Behörden, aber auch mit Investoren, Planern und Entwicklern zu suchen ist. Auch in den folgenden Phasen von Bau und Betrieb sind möglicherweise neue Allianzen zu schmieden, Abstimmungsprozesse zu verändern und andere Kooperationen als bisher einzugehen. Da hierbei Neuland betreten wird, ist es wichtig, möglichst viel bereits in der Planung vorausschauend zu antizipieren: Wer wird etwa später den Betrieb und die Wartung übernehmen? Wer wird die bauliche Ausführung übernehmen? Wer wird in der Überwachung und Kontrolle tätig sein? Diese Akteure sind frühzeitig anzusprechen und einzubinden. Nach aktuellem Stand des Wissens ist es sinnvoll, die Transformation in einem ersten Pilotgebiet zu erproben. Die gewonnenen Erfahrungen können anschließend bewertet und evaluiert werden. Durch eine Übersetzung in allgemeingültige Leitlinien stehen sie für zukünftige Gebiete zur Verfügung und können in die Etablierung eines neuen, standardisierten Planungsverfahrens für weitere Transformationsräume überführt werden. Module neuartiger Wasserinfrastruktur und Phasen des technischen Wandels Die Struktur der kommunalen Wasserinfrastruktur in Deutschland ist i.d.R. eine Kombination von technischen Modulen, die unterschiedlich konfiguriert sind und stark vereinfacht die drei folgenden Bereiche umfassen (Bild 1): Versorgung (Niederschlag, Trinkwasser - auch für Betriebswasserfunktionen, Energie, Nahrung) Nutzung (Essen, Trinken, Körperpflege, Geschirrspülen, Wäschewaschen, Toilettenspülung, Bewässerung, sonstige Nutzungen) Entsorgung (Regenwasser, Schmutz-/ Mischwasser, Energie, Nährstoffe) Im Zuge einer Transformation der Wasserinfrastrukturen können sich aus der stofflichen und energetischen Bewirtschaftung von Abwasser(teil-)strömen veränderte Module mit z.T. neuen Funktionen ergeben [5]: Regenwasserbewirtschaftung: Rückhalt, Verdunstung, Versickerung, Nutzung (Betriebswasser) Grauwasserbewirtschaftung: Betriebswasser Schwarzwasserbewirtschaftung: Strom, Wärme, Nährstoffe Wärmebewirtschaftung des Grau-, Misch-/ Schmutzwassers: Wärme Die genannten technischen Module werden in der Praxis in Abhängigkeit der Zielsetzungen und örtlichen Rahmenbedingungen einzeln oder in unterschiedlichen Kombinationen zur Anwendung kommen. Hierbei kann in der einfachsten Art zunächst „nur“ eine Anpassung bzw. Optimierung der bestehenden, zentral ausgerichteten Wasserinfrastruktur erfolgen oder sukzessive eine Transformation, also eine grundlegende systemische Umgestaltung begonnen werden, die in der Kombination mehrerer technischer Module resultieren kann. Die Anpassung der mit den technischen Modulen gegebenen Optionen an die Erfordernisse bestimmter Planungsgebiete (z.B. städt. Quartiere oder Stadtteile) führt zwangsläufig zu Modifikationen bzw. Konkretisierungen. Ein Beispiel für die Konkretisierung eines 2-Stoffstromsystems, bestehend aus Grau- und Schwarzwasser, ist in Bild 2 dargestellt. Hierbei werden leicht verschmutztes Grauwasser (Abwasser aus Dusche und Waschbecken sowie aus Waschmaschinenabläufen) und Schwarzwasser (Toilettenabwasser) inkl. Küchenabwasser getrennt erfasst und abgeleitet. Schwarzwasser und Küchenabwasser werden weiterhin konventionell behandelt. Beim „leichten“ Grauwasser findet Wärmerückgewinnung und Aufbereitung auf Quartiersebene statt. Somit entstehen einerseits auf der zentralen Abwasserbehandlungsanlage anteilig Strom und Wärme durch das zugeführte Schwarzwasser inkl. Küchenabwasser, andererseits wird aufbereitetes Grauwasser lokal energetisch und stofflich genutzt (Wärme für Trinkwassererwärmung und/ oder Raumheizung, Betriebswasser für Toilettenspülung). Zudem erfordert eine solche Variante z.B. wenige Berührungspunkte und Verhaltensänderungen auf Seiten der Bewohner [6], was sich positiv auf die mögliche Umsetzung und einen störungsfreien Betrieb auswirkt. Hier ist es auch wichtig zu beachten, dass je nach Gebietsgröße ggf. eine Transformation nur vorbereitet oder zunächst schrittweise vollzogen wird. So kann die Verlegung eines zweiten Leitungsnetzes Bild 2: Schematische Darstellung eines 2-Stoffstromsystems mit Grau- und Schwarzwasser. © Forschungsverbund netWORKS 52 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städtische Infrastrukturen und die Grauwasseraufbereitung/ Betriebswassernutzung z.B. im Gebiet sinnvoll sein, auch wenn das Schwarzwasser zunächst konventionell zur zentralen Kläranlage abgeleitet wird (erst bei Transformation der angrenzenden Gebiete wird es in eine semizentrale Behandlung überführt). Solche Überlegungen und Entscheidungen sind abhängig von der Entwicklungsdynamik einzelner (Teil-)Gebiete, der Größe der einzelnen Gebiete, aber auch der gewählten technischen Variante. Hier sind die unterschiedlichsten Varianten denkbar, was die bereits erwähnte, gewünschte Flexibilität und sukzessive Bauweise einbringt. Akteure und Institutionen Vor dem Hintergrund der geschilderten Komplexität des Prozesses der Einführung neuartiger Wasserinfrastrukturen kommt der Steuerung und Koordination integrierter, ggf. auch partizipativer Planungsprozesse erhebliche Bedeutung zu. Um die Transformation der Wasserinfrastruktur zu gestalten, sind vielfältige Akteure und Stakeholder gefragt und in der Kommune zu beteiligen. Die verschiedenen öffentlichen und privaten Akteure bringen nicht nur ihre Ressourcen (Wissen, Finanzkapital, Personal) und Kompetenzen (Befugnisse, Verantwortlichkeiten, Aufgaben) in den Transformationsprozess ein, sondern auch ihre spezifischen Interessen und Vorstellungen über Stadt, Stadtgestaltung, Stoffströme und Infrastrukturen. Typische und relevante Akteure bei der Einführung neuartiger Wasserinfrastrukturen sind: kommunale Verwaltung (z.B. Stadtentwicklung) und Behörden, Kommunalpolitik, kommunale Ver- und Entsorgungsunternehmen, kommunale wie private Wohnungswirtschaft, Architekten und Planungsbüros, Eigentümer und Bewohner, Bürger- und stadtgebietsspezifische Initiativen, Umweltverbände und auch das Installationshandwerk. Mit der Einführung neuartiger Wasserinfrastrukturen treten neue, bisher in der Regel nicht in Fachplanungen von Wasserinfrastrukturen eingebundene Akteure auf den Plan. Damit können sich bisher zugeschriebene Aufgaben und Rollen verändern - neue Absprachen, Routinen und Regeln (Institutionen) der Kooperation und Koordination in der Planungs-, Bau- und Betriebsphase sind zu entwickeln. Ein gezielt gestaltetes Kooperationsmanagement [7], das eindeutig einen Prozesskoordinator benennt, wie etwa die Kommune oder das kommunale Wasserunternehmen, hilft, sowohl notwendige neue Regeln auszuhandeln und zu etablieren als auch die erforderlichen Ressourcen und Unterstützung bei den Akteuren zu organisieren. Dabei ist zu beachten: Ein Festlegen von Regeln bzw. das Etablieren von institutionellen Arrangements kann, wenn die Zusammenarbeit sich zukünftig gut und erfolgreich entwickeln soll, nicht allein durch eine Seite erfolgen, sondern sollte gemeinsam geschehen. Daher ist ein wichtiger erster Schritt, dass städtische Akteure wie etwa Wasserunternehmen, die Innovation auf den Weg bringen möchten, aktiv nach Kooperationspartnern suchen und/ oder bestehende Kooperationen dahingehend ausbauen. Dies ist ein wichtiges Element, um die Transformation der Wasserinfrastruktur zu befördern. Wichtig dabei ist es, im Falle der Wasserinfrastruktur die komplette Wertschöpfungskette von der Trinkwassergewinnung bis zur Einleitung des behandelten Abwassers in das Gewässer in den Blick zu nehmen. Es bestehen eine große Abhängigkeit und ein hoher Abstimmungsbedarf entlang der Kette. Ziel dieser Koordination und Kooperation ist, eine Risikominderung für alle Akteure zu erreichen. Die Zusammenarbeit kann aber auch zum Ziel haben, Wissen zu angedachten innovativen Konzepten auszutauschen und gemeinsam eine Umsetzungsstrategie zu entwickeln. Über diesen gemeinsamen Lernprozess kann Vertrauen in die angedachte Innovation selbst als auch zwischen den beteiligten Akteuren aufgebaut werden, und die Risiken des einzelnen werden besser kalkulierbar. Auf diese Weise wird die ursprünglich geäußerte, ggf. politische Willenserklärung pro Innovation in einen Arbeitsprozess überführt, der sicherstellt, dass die Innovation Schritt für Schritt realisiert wird und möglichst alle Akteure mitgenommen werden. Mit Blick auf die (kommunalen) Unternehmen der Wasserwirtschaft bietet die Einführung neuartiger Wasserinfrastrukturen Möglichkeiten, bestehende Organisationsmodelle und unternehmerische Strategien in Richtung neuer Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Dies beispielsweise, indem mit Infrastrukturbetreibern aus dem Energiesektor kooperiert wird, um die im Abwasser enthaltenen energetischen Potenziale zu heben (Kopplung von Infrastrukturen) [8]. Fazit/ Ausblick Die Transformation der wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen ist eine Antwort auf übergeordnete Herausforderungen. Die technologischen Alternativen stehen bereit. Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch - das machen die Ergebnisse des Forschungsverbundes netWORKS deutlich - im Prozess der Umsetzung. Um diese zu bewältigen, bedarf es größerer Maßnahmen im Rahmen der Forschungsförderung. Während das Bundesforschungsminis- 53 4 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städtische Infrastrukturen terium in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen hat, die Forschung zu konzeptionellen Lösungen für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft voranzutreiben [9], gilt es zugleich den Abstand zwischen vorliegendem Wissen und tatsächlicher Realisierung neuartiger Wasserinfrastrukturen zu schließen. Hier ist vor allem die Ressortforschung gefordert, sich der Transformation der siedlungswasserwirtschaftlichen Systeme über experimentelle Modellvorhaben anzunehmen. Die konstatierten Koordinationsbedarfe und Planungsprozesse lassen sich nur einüben, wenn die planenden Akteure in den Kommunen dieses unter wissenschaftlicher Begleitung gemeinsam mit Siedlungswasserwirtschaft, Architekten und Wohnungswirtschaft erproben können. Für Pilotphasen typische finanzielle Risiken bei den Investoren sollten dabei eine zeitlang durch entsprechende Förderprogramme abgefedert werden. Handlungsbedarf besteht aber auch auf Seiten der Kommunen und ihrer Infrastrukturbetreiber. Die Bewältigung der o.g. Herausforderungen und damit verbunden die Transformation der Wasserinfrastruktur gehören vermehrt auf die kommunalpolitische Agenda [10]. LITERATUR [1] Kluge T., Libbe, J.: Transformationsmanagement für eine nachhaltige Wasserwirtschaft. Handreichung zur Realisierung neuartiger Infrastrukturlösungen im Bereich Wasser und Abwasser. Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, 2010. [2] Felmeden, J., Kluge. T., Koziol, M., Libbe, J., Michel, B., Scheele, U.: Öko-Effizienz kommunaler Wasser-Infrastrukturen - Bilanzierung und Bewertung bestehender und alternativer Systeme. netWORKS-Papers, 26. Berlin, 2010: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, http: / / edoc.difu.de/ edoc.php? id=VX23T8L7 [3] Davoudi, A., Milosevic, D., Scheidegger, R., Schramm, E., Winker, M.: Stoffstromanalyse zu verschiedenen Wasserinfrastruktursystemen in Frankfurter und Hamburger Quartieren, 2016. netWORKS-Papers, 30. Berlin, 2016: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, http: / / edoc.difu.de/ edoc.php? id=3E05KG9N [4] Hanke, S.: Rechtliche Rahmenbedingungen neuartiger Wasserinfrastrukturen. netWORKS-Paper Nr. 31. Berlin, 2016: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, im Erscheinen [5] Felmeden, J., Michel, B., Zimmermann, M.: Integrierte Bewertung neuartiger Wasserinfrastrukturen. net- WORKS-Papers, 32. Berlin, 2016: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, im Erscheinen. [6] Hefter, T., Birzle-Harder, B., Deffner, J.: Akzeptanz von Grauwasserbehandlung und Wärmerückgewinnung im Wohnungsbau. Ergebnisse einer qualitativen Bewohnerbefragung. netWORKS-Papers, 27. Berlin, 2015: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, http: / / edoc.difu.de/ edoc.php? id=LRQ3DGET [7] Kerber, H., Schramm, E., Winker, M.: Transformationsrisiken bearbeiten: Umsetzung differenzierter Wasserinfrastruktursysteme durch Kooperation. netWORKS-Papers, 28. Berlin, 2016: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, http: / / edoc.difu.de/ edoc. php? id=IR28QLKF [8] Trapp, J., Libbe, J.: Neuartige Wasserinfrastrukturen - Optionen für Unternehmensstrategien und Innovation. netWORKS-Papers, 27. Berlin, 2016: Deutsches Institut für Urbanistik Difu, http: / / edoc.difu. de/ edoc.php? id=3S0DMQ8Y [9] Nickel, D., Langer, M.: Zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Botschaften an Politik und Praxis. Transforming Cities 2 (2016), S. 28-31. [10] Libbe, J.: Kommunale Daseinsvorsorge zeitgemäß begründen. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gilt als Kernbestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge. Transforming Cities 2 (2016), S. 22-27. Dr. Martina Winker Leiterin des Forschungsschwerpunkts Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung Kontakt: winker@isoe.de Jan Hendrik Trapp Wissenschaftlicher Mitarbeiter Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Kontakt: trapp@difu.de Dr. Jörg Felmeden Freier Mitarbeiter ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung Kontakt: felmeden@mail.de Dr. Jens Libbe Bereichsleiter Infrastruktur und Finanzen Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Kontakt: libbe@difu.de Dr. Engelbert Schramm Mitglied der Institutsleitung ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung Kontakt: schramm@isoe.de AUTOR I NNEN
