eJournals Transforming cities 2/1

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2017-0010
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Urbane Freiräume erschließen Ressourcen

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Gregor Scholtyssek
Die Dresdner UFER-Projekte wurden 2011 als Trägerverein für urbane Gemeinschaftsgärten und Bildungsprojekte für nachhaltige Entwicklung gegründet, seither bietet der Verein eine organisatorische Plattform für eine wachsende Zahl inspirierender Projekte. Die Abkürzung UFER steht für „Urbane Freiräume erschließen Ressourcen“. Für die Aktiven des Vereins sind urbane Freiräume Orte, an denen nicht alles vorgegeben ist. Es sind Räume, in denen Menschen sich ausprobieren, sich den herausfordernden Fragen unserer Zeit stellen und neue Lösungen entwerfen. In ihnen entsteht ein neues Miteinander, es sind Orte in denen wertvolle Erfahrungen für die Gestaltung unserer Zukunft gesammelt werden können.
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25 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Gemüse & Gemeinschaft Urbane Gärten als Experimentier- und Erfahrungsräume Urbane Gemeinschaftsgärten zu schaffen und zu fördern, ist der Kerngedanke der UFER-Projekte. Mittlerweile hat der Verein die Trägerschaft für vier Gartenprojekte im Stadtgebiet übernommen. Hier gedeihen neben einer großen Vielfalt an Obst- und Gemüsesorten neue Erfahrungsräume für interessierte Stadtbewohner. Um für möglichst viele Menschen aus der Umgebung erreich- und erfahrbar zu sein, wird der Zugang zu den Gärten durch dauerhaft offene Gartentore oder öffentlich beworbene Gartenzeiten möglichst niedrigschwellig gestaltet. In den einzelnen Gärten sind über die Jahre ganz unterschiedliche Gemeinschaften entstanden, die selbstständig ihr jeweiliges Gartenjahr organisieren. Die Automie der Projekte wird stets groß geschrieben, um möglichst tragfähige und sinnvolle Entscheidungen durch die Beteiligten vor Ort selbst entstehen zu lassen. Eine Rückkopplung zum Trägerverein wird durch die sogenannte Orga-Gruppe gewährleistet, in der Menschen aus allen Projekten des Vereins vertreten sind. Urbane Freiräume erschließen Ressourcen In Dresden erkundet der Verein UFER-Projekte vielfältige Perspektiven auf städtische Freiräume und stellt den Wert von Stadtgrün aus Gemeinschaftsgärten, Ökosystemleistungen, Stadtgrün Gregor Scholtyssek Die Dresdner UFER-Projekte wurden 2011 als Trägerverein für urbane Gemeinschaftsgärten und Bildungsprojekte für nachhaltige Entwicklung gegründet, seither bietet der Verein eine organisatorische Plattform für eine wachsende Zahl inspirierender Projekte. Die Abkürzung UFER steht für „Urbane Freiräume erschließen Ressourcen“. Für die Aktiven des Vereins sind urbane Freiräume Orte, an denen nicht alles vorgegeben ist. Es sind Räume, in denen Menschen sich ausprobieren, sich den herausfordernden Fragen unserer Zeit stellen und neue Lösungen entwerfen. In ihnen entsteht ein neues Miteinander, es sind Orte in denen wertvolle Erfahrungen für die Gestaltung unserer Zukunft gesammelt werden können. Bild 1: Grundlagen natürlicher Prozesse und nachhaltiger Gestaltung kennen lernen. © Gartennetzwerk 26 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Auf der Website der UFER-Projekte werden laufend Dresdner Forschungsarbeiten aus allen wissenschaftlichen Richtungen zu den Phänomenen des urbanen Gemeinschaftsgärtnerns gesammelt. Sie zeigen unter anderem: Urbane Gemeinschaftsgärten können durch die Begrünung und Belebung von (oftmals ehemaligen Brach-)Flächen die Lebensqualität im Stadtteil erhöhen. Als Begegnungs- und Betätigungsräume fördern sie Integration, Selbstständigkeit und die Entstehung sozialer Netzwerke. Sie sind Orte des toleranten Zusammenlebens und -wirkens: Menschen aus allen Generationen, Einkommensschichten, Berufen, Religionen begegnen sich hier auf der Basis des Interesses am gemeinsamen Selbermachen. Sie wollen nicht mehr nur fertige Waren und Angebote konsumieren, sondern selbst kreativ werden und dabei erfahren, wie das eigene Handeln mit der Umwelt verbindet. Über die Beschäftigung mit dem Anbau von Obst und Gemüse hinaus wird z. B. auch beim Bauen von Kompost-Toiletten oder Recycling-Gewächshäusern sowie bei anderen praktischen Bildungsangeboten das Bewusstsein für ökologische Lebensweisen vergrößert. Und: Da urbane Gemeinschaftsgärten nicht an ökonomische Verwertungslogiken angebunden sind, bieten sie Freiräume für grundlegende Lebensbedürfnisse wie soziale Kontakte und das freie Sich-Ausprobieren. Bildung & Begegnung Nachhaltige Erlebnisse für Jung und Alt Die Macher der UFER-Projekte beobachten, dass in Gemeinschaftsgärten durch die aktive Gestaltung des eigenen Lebensumfelds und gelebte Partizipation in der Nachbarschaft häufig politisch relevante Fragen entstehen: Wem gehört die Stadt? Wer gestaltet die Stadt? Und wie soll sie sich in Zukunft entwickeln? Aus den Erfahrungen in der gemeinschaftlichen Gestaltung lebendiger Ökosysteme hat der Verein im letzten Jahr die Ausstellung „Kostbares Stadtgrün“ produziert, die einen innovativen Blick darauf wirft, welchen praktischen Wert Ökosysteme in der Stadt haben bzw. haben könnten. Stadtgrün bietet heute bereits attraktive Räume für Freizeit und Erholung, doch in der Ausstellung wird deutlich, dass Stadtgrün nicht nur schön ist, sondern ganz entscheidende Beiträge für die Zukunftsfähigkeit von Städten leisten kann. Die Ausstellung zeigt - in kindgerechter Sprache - welchen lebenswichtigen Nutzen Menschen von Ökosystemen haben. In Zeiten von Klimawandel und Ressourcenknappheit ist es wichtig, dass Ökosysteme mehr Platz in unseren Städten bekommen, um sie lebenswert gestalten zu können. Die Ausstellung ist angereichert mit Beispielen die zeigen, wie Stadtgrün auch für eine nachhaltige lokale Wirtschaft genutzt werden kann. Anregende Fragen laden die Betrachtenden dazu ein, selbst Visionen zu entwickeln, wie sich urbane Ökosysteme noch vielfältiger nutzen klassen. Um die Ausstellung an den unterschiedlichsten Orten zeigen zu können (die Premiere zum Tag der Stadtnatur 2016 fand natürlich in einem Gemeinschaftsgarten statt) sind die Exponate wasserfest gedruckt und transportabel verpackt. Damit möglichst viele Menschen die Ausstellung sehen können, verleiht der Verein sie an Institutionen und Initaitiven, die Umweltbildung oder partizipative Stadtentwicklung gestalten. Weitere Bildungsangebote der UFER-Projekte zielen darauf, das nötige Wissen für die Gestaltung von (Gemeinschafts-)Gärten zu vermitteln und nachhaltiges Handeln im Alltag zu verankern. Seit 2014 gibt es das Projekt „Seitentriebe“: eine Bildungsreihe für Erwachsene rund um die praktischen Themen des nachhaltigen Gärtnerns in der Stadt. Seitdem finden alljährlich über die Saison verteilt mehr als ein Dutzend Workshops mit professionellen Referenten in den Gärten des Gartennetzwerks statt. Die Teilnehmenden erwerben dabei gärtnerische Kompetenzen, probieren sich in der Verarbeitung und Haltbarmachung von Lebensmitteln aus und erlernen handwerkliche Fähigkeiten. Darüber hinaus dienen die Veranstaltungen der Vernetzung der Gemeinschaftsgärten in der Stadt. Sie sind grundsätzlich kostenlos, um allen die Teilnahme zu ermöglichen. Für die Finanzierung werden Spenden gesam- Bild 2: Menschen verschiedener Generationen, Einkommensschichten, Berufen, Religionen begegnen sich. © Gartennetzwerk 27 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum melt und Fördermittel genutzt. Langjähriger Partner ist dabei die Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis, die Gemeinschaftsgärten und Offene Werkstätten in Deutschland vernetzt und finanziell und mit KnowHow unterstützt. Seit 2015 bietet das Projekt „Junges Gemüse“ Umweltbildung für Kinder und Jugendliche. Auf Schulhöfen, in Kitas oder bei Ausflügen in Gemeinschaftsgärten können Kinder eigene Beete und Pflanzungen anlegen, die Ernte verarbeiten und mit Naturmaterialien basteln und bauen. Dabei lernen sie Grundlagen natürlicher Prozesse und nachhaltiger Gestaltung kennen. Das Projekt wurde 2015 vom Lions Club und der Dresdener Agenda 21 mit dem Preis „Think global - Act local“ als Projekt ausgezeichnet, das dem Leben in der Stadt nachhaltig positive Impulse verleiht. Im Jahr 2016 wurde das Angebot für den Deutschen Engagementpreis nominiert. Vernetzung & Verantwortung Zusammen Zukunft pflanzen Um die wachsende Zahl der Gemeinschaftsgärten miteinander zu verbinden, wurde auf Initiative der UFER-Projekte 2012 das Dresdner Gartennetzwerk gegründet. Unter dem Motto „Eine andere Stadt ist pflanzbar“ vernetzen sich mittlerweile über 20 Projekte in und um Dresden als Ausdruck dieser Bewegung. Gegenseitige Unterstützung sowie projekt- und gartenübergreifendes Lernen stehen im Mittelpunkt. Auf einer gemeinsamen Internetseite können sich die Gemeinschaftsgärten als Mitmach- Orte vorstellen und zu Veranstaltungen einladen. Gleichzeitig tritt das Netzwerk als Ansprechpartner, sowohl für interessierte Bürgergruppen, als auch für die Stadtverwaltung auf. Diese Schnittstelle hilft, neue Projekten ins Leben zu rufen, Flächen ausfindig zu machen sowie bereits bestehende Projekte langfristig im Stadtbild zu etablieren. Als Verbund vieler anschaulicher Projekte will das Netzwerk die Qualitäten urbaner Gärten stärker in den städtischen Fokus rücken und damit Anregungen für die Gestaltung zukunftsfähiger Stadträume geben. 2015 erhielt das Gartennetzwerk den Publikumspreis der Stories of Change. Als Preis konnte die professionelle Produktion eines Kurzfilms realisiert werden, der nun als Vorfilm in Dresdener Kinos läuft und im Internet neue Menschen für das Thema begeistert. Neben dem Engagement für das Gartennetzwerk beteiligen sich Aktive des Vereins an vielfältigen Formaten in der lebendigen Verlässliche und exakte Echtzeitdaten als Schlüssel zum intelligenten Netzwerk. Aktuelle Kommunikationsplattformen für mobile oder stationäre Funkauslesung, zum Aufbau einer zukunftssicheren, erweiterbaren Infrastruktur. Info.de@sensus.com www.sensus.com Initiativenlandschaft der Stadt Dresden. In der bürgerschaftlich organisierten Transition-Town- Bewegung, die sich hier „Dresden im Wandel“ nennt, oder auch im verwaltungsseitig initiierten Projekt „Zukunftsstadt“ bringen sich Aktive der UFER-Projekte mit kreativen Impulsen ein, um grüne Begegnungsräume in der Stadt zu schaffen. Ein weiteres spannendes Zukunftsthema ist die aktuelle Diskussion über Ernährungsstrategien für Dresden: Wie kann die Versorgung mit Lebensmitteln in der Stadtregion nachhaltiger und krisensicherer gestaltet werden? Ob hier nicht auch urbane Freiräume Ressourcen erschließen könnten? Links: www.ufer-projekte.de, www.dresden-pflanzbar.de, www.junges-gemüse-dresden.de, www.seitentriebe.de www.stories-of-change.org, www.anstiftung.de