eJournals Transforming cities 2/1

Transforming cities
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2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2017-0016
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Stets genügend freie Kapazität

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Thomas Geiz
In den letzten Jahren hat die fortschreitende Urbanisierung – also die Nutzung flussnaher Überflutungszonen als Wohngebiet oder die Versiegelung städtischer Flächen – in Kombination mit dem Klimawandel immer wieder zu erheblichen Hochwasserschäden geführt. Hinzu kommt, dass Kanäle und Kläranlagen nicht für derartige Naturereignisse ausgelegt sind und auch nicht sinnvoll konzipiert werden können. Die Errichtung von Regenentlastungs-Bauwerken kann Abhilfe schaffen.
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45 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Vor diesem Hintergrund gibt es in Deutschland seit einiger Zeit Verordnungen, die beispielsweise beim Bau einer Wohnsiedlung die Umsetzung von Regenrückhalte-Maßnahmen fordern. So lassen sich Kanäle und Vorfluter sowie Kläranlagen entlasten. Als Branchenexperten haben sich die Unternehmen Krohne Messtechnik, Phoenix Contact, VAG Armaturen, Videc und Wilo der Thematik angenommen und gemeinsam eine Lösung zur Regelung und Überwachung von Regenbecken erarbeitet (Bild 1). Durch die Regenbecken, die der Zwischenspeicherung von Niederschlagswasser in Kanalnetzen dienen, kann der Zufluss zur Kläranlage oder zum Vorfluter gesteuert werden. In diesem Zusammenhang ist zwischen folgenden Typen zu unterscheiden:  Regenrückhaltebecken für Misch- und Trennsysteme  Regenüberlaufbecken für Mischsysteme  Regenklärbecken für Trennsysteme (Bild 2). Neue gesetzliche Rahmenbedingungen sowie strukturelle Änderungen bei den Betreibern bedingen hier zunehmend eine Automatisierung und ununterbrochene Kontrolle der Bauwerke. Stets genügend freie Kapazität Regelung und Überwachung von Regenbecken Thomas Geiz In den letzten Jahren hat die fortschreitende Urbanisierung - also die Nutzung flussnaher Überflutungszonen als Wohngebiet oder die Versiegelung städtischer Flächen - in Kombination mit dem Klimawandel immer wieder zu erheblichen Hochwasserschäden geführt. Hinzu kommt, dass Kanäle und Kläranlagen nicht für derartige Naturereignisse ausgelegt sind und auch nicht sinnvoll konzipiert werden können. Die Errichtung von Regenentlastungs-Bauwerken kann Abhilfe schaffen. 46 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Berechnung der relevanten Regelgrößen Während eines Starkregenereignisses wird das überschüssige Wasser aus der Kanalisation zum Beispiel in einem Regenrückhaltebecken zwischengespeichert. Die geregelte Weiterleitung des Niederschlags an die Kläranlage oder Vorflut schützt diese Bauwerke vor einer möglichen Überlastung und bewahrt die umliegende Region vor Hochwasser. Sobald der Regen aufgehört hat, beginnt der Entleerungsprozess des Regenbeckens. Hierbei wird der Vorgabewert - die maximale Zuflussmenge zur Kläranlage oder Vorflut - mit der Durchflussmessung im Zulaufkanal der Anlagen verglichen, der in der Regel als Freispiegelleitung ausgeführt ist. Als Ergebnis des Vergleichs steht die Regelgröße für den Regelschieber der Abflussregelung des Regenbeckens zur Verfügung (Bild 3). Die im Regenbecken installierte Füllstandmessung sowie die Durchflussmessung sorgen darüber hinaus für die ununterbrochene Überwachung der Abschlagmenge und somit der Auslastung des Beckens. Eine optional vorhandene Leitfähigkeitsmessung ermöglicht die Kontrolle der Beschaffenheit und Belastung des Regenwassers. Auf diese Weise werden zukünftig notwendige analytische Messanforderungen bereits heute umgesetzt. Kommunikation über das Mobilfunknetz Die Ansteuerung und Berechnung der Regelgröße für den Entleerungsprozess des Regenbeckens erfolgt über die eingesetzte Automatisierungstechnik. Sie verbindet die Messeinrichtungen auch mittels standardisierter Fernwirkprotokolle mit der Leitwarte. Dabei spielt die Modularität, Verfügbarkeit und einfache Handhabung der Automatisierungstechnik eine immer größere Rolle. Um dem Aspekt der Bedienerfreundlichkeit Rechnung zu tragen, haben die Partner ihre Lösung gemäß dem Prinzip „Parametrieren statt Programmieren“ erstellt und auf Basis der speziell für die Wasserwirtschaft entwickelten Automatisierungs-Bibliothek Waterworx von Phoenix Contact realisiert. Der Überwachung wichtiger Kenngrößen - wie der Häufigkeit der Nutzung des Beckens, den Aufschlagmengen und weiteren Messwerten - kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu. Im Rahmen der gemeinsamen Lösung werden die Daten in der Steuerung zwischengespeichert. Sollte die Verbindung zur Leitwarte ausfallen, überträgt die SPS die Werte nach der Wiederherstellung der Kommunikation zeitfolgerichtig an das Protokolliersystem der Kläranlage, beispielsweise Acron von Videc. Zur Kontrolle vor Ort im Bauwerk oder durch ein mobiles Endgerät verfügt die Lösung optional über einen Panel-PC, FORDERUNG NACH GLEICHMÄSSIGEM ZULAUF Das Regenwasser-Management wird immer mehr zu einer globalen Herausforderung. Daher hat Deutschland vor einiger Zeit entsprechende Verordnungen erlassen. Sie besagen beispielsweise, dass beim Bau einer Wohnsiedlung Regenrückhalte-Maßnahmen zu errichten sind, um Kanäle, Vorfluter und Kläranlagen zu entlasten. Der Zulauf zur Kläranlage sollte möglichst kontinuierlich und gleichmäßig erfolgen. Ein Starkregenereignis beeinflusst die Zulaufmenge sowie die maximale Reinigungsleistung der Kläranlage erheblich. Deshalb erweisen sich Regenbecken zur Zwischenspeicherung des Wassers und die spätere permanente Abgabe der maximalen Menge an die Kläranlage als wichtig. Gleiches gilt im Trennsystem für die Vorflut in Bäche oder Flüsse. In diese kann ebenfalls nur eine bestimmte Zulaufmenge pro Stunde eingeleitet werden, damit Hochwasser vermieden wird. Vor diesem Hintergrund haben erste Bundesländer, wie Nordrhein-Westfalen, eine Verordnung in Kraft gesetzt, die eine Überwachung und Regelung dieser Bauwerke fordert. Bild 1: Modell der gemeinsamen Lösung zur Regelung und Überwachung von Regenbecken © Krohne Messtechnik Bild 2: Regenentlastungs- Sammler an der Wupper. © Krohne Messtechnik 47 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima auf dem die HMI-/ Scada-Software Atvise läuft. Zum Datenaustausch wird häufig die Mobilfunktechnik verwendet, weil die wenigsten Betreiber Datenleitungen zu den Regenbecken verlegt haben. Damit die Daten vor unbefugten Zugriffen geschützt sind und der Aspekt der IT-Sicherheit erfüllt ist, nutzt die Lösung ein Mobilfunkmodem FL Mguard mit integrierter Hardware-Firewall von Phoenix Contact. So ist sichergestellt, dass nur berechtigte Personen aus der Ferne Regelparameter verändern sowie umgehend gemeldete Störungen quittieren können. Kontrolle aus der Ferne Die Lösung umfasst zudem eine unterbrechungsfreie Stromversorgung der Produktfamilie Quint UPS-IQ für die Automatisierungs- und Messtechnik. Sie sorgt für die hohe Verfügbarkeit der Anlage und der Daten. Aufgrund der IQ-Technology kann der Anwender sogar aus der Ferne sehen, wie lange der Akku beispielsweise noch einwandfrei arbeiten wird. Somit entfällt die Vor-Ort-Prüfung des Zustands der Batteriezellen, was Zeit und Geld spart. Im letzten Schritt des Entleerungsprozesses säubert ein Stahlrohrreiniger von Wilo das Regenbecken. Das Gerät beginnt bei einem frei einstellbaren Höhenstand seine Arbeit, um Verunreinigungen und Ablagerungen im Regenbecken zu verhindern (Bild 4). Die gemeinsame Lösung der Partner trägt folglich zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Kanalnetzes und einem aktiven Gewässerschutz bei. Außerdem ist das Bauwerk bestens für zukünftige technologische Entwicklungen gerüstet. Als Beispiel sei ein zentrales Regenwasser-Management genannt, das auf Basis der Wetterdaten Vorkehrungen trifft, damit bei Bedarf stets genügend Kapazität im Regenbecken zur Verfügung steht. Bild 4: Stahlrohrreiniger von Wilo zur Säuberung des Regenbeckens. © Krohne Messtechnik Bild 3: Regelschieber der Abflussregelung des Regenbeckens von VAG Armaturen. © VAG Armaturen Thomas Geiz Senior Specialist Water and Wastewater Treatment im Industry Management Infrastructure Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont Kontakt: info@phoenixcontact.de AUTOR