Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2017-0019
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Hitze in städtischen Quartieren
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Julia Hackenbruch
Martin Schulwitz
Rowell Hagemann
Städtische Wärmeinseln können gerade bei Hitze das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bevölkerung belasten, insbesondere, wenn die nächtliche Abkühlung in der Stadt verringert ist. Ein geeignetes Verfahren, um kleinräumige Temperaturunterschiede im Stadtgebiet zu quantifizieren, ist die mobile Messung mit einer Stadtbahn als Messgeräteträger. Die so erhobene, räumlich detaillierte Datengrundlage kann über die Verschneidung mit Stadtstrukturtypen die Stadtplanung darin unterstützen, geeignete Anpassungsmaßnahmen planen und implementieren zu können.
tc210058
58 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Städte weisen ein abweichendes Lokalklima gegenüber ihrem Umland auf. Charakteristisch für das Stadtklima ist das Auftreten einer städtischen Wärmeinsel. Der Begriff beschreibt einen positiven Temperaturunterschied zugunsten dicht bebauter städtischer Gebiete gegenüber dem geringer verdichteten Umland. Dieser Unterschied nimmt allgemein mit der Stadtgröße zu, zeigt sowohl tages- und jahreszeitliche als auch kleinräumige Unterschiede und wird von den meteorologischen Bedingungen maßgeblich beeinflusst. Die städtische Wärmeinsel ist in den meisten Städten im Sommer bzw. der warmen Jahreshälfte am stärksten ausgeprägt. In der Nacht treten dabei die größten Temperaturunterschiede auf, wohingegen es in der Stadt am Tag oft ähnlich warm oder sogar kühler ist als im Umland[1]. Bei Hitze sind die negativen Auswirkungen der städtischen Wärmeinsel für weite Teile der Bevölkerung wahrnehmbar. Höhere Temperaturen in der Stadt, besonders in so genannten Tropennächten 1 , erhöhen die körperliche Belastung der BewohnerInnen, weil die Erholung durch die verringerte nächtliche Abkühlung beeinträchtigt ist. Zusätzliche Relevanz erlangt dieses Thema auch vor dem Hintergrund des Demografischen Wandels und der damit einhergehenden, verstärkten Alterung der Gesellschaft. In besonders heißen Sommern wurden in der Vergangenheit, insbesondere bei älteren Menschen, erhöhte Morbiditäts- und Mortalitätsraten beobachtet [2, 3]. Umgekehrt kann die städtische Wärmeinsel bei Kälte positive Effekte haben, beispielsweise einen niedrigeren Heizenergiebedarf [4]. Da sich die Temperaturen je nach Bebauungsstruktur deutlich unterscheiden können, ist für die Planung und Implementierung konkreter Maßnahmen zur Anpassung an Hitze eine kleinräumige Betrachtung unabdingbar. Mikroklimatische Unterschiede innerhalb eines Stadtkörpers sind vorwiegend auf die lokalen Bebauungsstrukturen zurückzuführen. Es konnte festgestellt werden, dass Baustrukturen, die zur Überwärmung im Sommer neigen, meist ähnliche Eigenschaften aufweisen. Dazu gehören auf der stadtplanungsrelevanten Mesoebene eine hohe städtebauliche Dichte mit einem erhöhten Anteil versiegelter Flächen, eine integrierte Lage, eine geschlossene Bauweise, die den 1 Eine Nacht, in der die niedrigste Lufttemperatur nicht unter 20 °C fällt. Hitze in städtischen Quartieren Messergebnisse der Karlsruher AERO-TRAM und die Implikationen für die Stadtplanung Stadtstrukturtypen, Hitzebelastung, mobile Temperaturmessungen, städtische Wärmeinsel, Methodik Julia Hackenbruch, Martin Schulwitz, Rowell Hagemann Städtische Wärmeinseln können gerade bei Hitze das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bevölkerung belasten, insbesondere, wenn die nächtliche Abkühlung in der Stadt verringert ist. Ein geeignetes Verfahren, um kleinräumige Temperaturunterschiede im Stadtgebiet zu quantifizieren, ist die mobile Messung mit einer Stadtbahn als Messgeräteträger. Die so erhobene, räumlich detaillierte Datengrundlage kann über die Verschneidung mit Stadtstrukturtypen die Stadtplanung darin unterstützen, geeignete Anpassungsmaßnahmen planen und implementieren zu können. Bild 1: AERO-TRAM - Messungen der Temperatur mit der Straßenbahn. © Patrick Langer, KIT 59 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Luftaustausch erschwert sowie ein niedriger Anteil an Grünstrukturen, vor allem an öffentlichen Grünflächen. Da die flächendeckende Erhebung dieser Indikatoren mit einem hohen Aufwand verbunden ist, bietet sich eine Annäherung an die tatsächlichen lokalen Gegebenheiten über eine Verallgemeinerung zur ersten Abschätzung von Risikobereichen, beispielsweise über den Bodenversiegelungsgrad, an. Auch der im Zusammenhang mit der Infrastruktureffizienz und den Infrastrukturfolgekosten vielfach verwendete Siedlungsstrukturtypenansatz scheint für die flächendeckende Abschätzung der oben genannten Indikatoren geeignet [7, 8]. Im Folgenden werden die Temperaturunterschiede in verschiedenen Stadtstrukturtypen bei Hitze am Beispiel der Stadt Karlsruhe (rund 308 000 EinwohnerInnen [5]) gezeigt. Diese ist für eine derartige Untersuchung geeignet, da Karlsruhe aufgrund der Lage im Oberrheingraben zu den wärmsten Städten Deutschlands gehört und im Sommer Temperaturen von deutlich über 35 °C auftreten können. Auch die subjektiv empfundene Hitzebelastung der Bevölkerung in der Stadt Karlsruhe ist recht hoch, wie eine Umfrage nach zwei Hitzewellen im Sommer 2013 gezeigt hat [6]. Auf den zu Hause empfundenen Hitzestress wirken sich dabei die Eigenschaften des Wohnumfeldes, wie Lage des Stadtteils, Stockwerkslage der Wohnung, hitzerelevante Bauelemente (Verdunklungsmöglichkeiten, Dämmstandard) und die Möglichkeiten draußen zu sitzen, signifikant aus [6]. Messmethodik der Karlsruher AERO-Tram Zur Präzisierung der Einschätzung der unterschiedlichen Exposition der Bevölkerung gegenüber Hitze in verschiedenen Stadtstrukturtypen sind kleinräumige meteorologische Messungen über längere Zeiträume unersetzlich. Für die Stadt Karlsruhe liegt mit mobilen Messungen, die auf einer Stadtbahn durchgeführt wurden, eine außergewöhnliche Datengrundlage vor. Das Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie setzt seit 2010 eine Stadtbahn, die AERO- TRAM, als Messgeräteträger ein, um die meteorologischen Parameter Temperatur, Feuchte, Luftdruck und Wind sowie Luftbeimengungen in der Stadt und in ihrem Umland zu messen [9]. Die Vorteile des Verfahrens liegen in der sehr hohen räumlichen Auflösung und der Regelmäßigkeit der Messfahrten, da die Messwerte während des regulären Bahnbetriebs im öffentlichen Nahverkehr kontinuierlich entlang zweier Messstrecken erhoben werden. So werden regelmäßig Temperaturquerschnitte gemessen, die im Umland beginnen und enden und das Karlsruher Stadtgebiet einschließen. Dieser Datensatz bietet ein räumlich sehr differenziertes Bild der Temperatur für Stadt- und Umlandgebiete im Ballungsraum Karlsruhe zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten. Kleinräumige Bau- und Nutzungsstrukturtypen in der Stadtplanung In der Raumforschung wurde der so genannte Strukturtypenansatz in der Vergangenheit vor allem verwendet, um die Infrastrukturausstattung und die Infrastruktureffizienz großflächig abzuschätzen, ohne dafür die konkreten örtlichen Gegebenheiten erheben zu müssen. Der Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass sich die meisten Städte größtenteils aus wiederkehrenden baustrukturell-räumlichen Konfigurationen zusammensetzen, welche ähnliche Eigenschaften aufweisen [7, 8]. Diese, in sich relativ homogenen, Gebietseinheiten werden hier als Bau- und Nutzungsstrukturtypen (BNT) bezeichnet. Sie weisen jeweils eine charakteristische Baumorphologie und Gebäudeanordnung auf, die oftmals schon anhand von Luftbildern idealtypisch zu erkennen ist. Anhand empirischer Analysen wurden diesen BNT spezifische Kennwerte zum Versiegelungsgrad, der Straßenmeter je Hektar, der Einwohnerdichte oder der Infrastrukturausstattung zugewiesen. Exemplarisch soll für einige BNT entlang der Fahrtstrecke der AERO- TRAM in diesem Beitrag untersucht werden, ob sich auch Temperaturunterschiede innerhalb einer Stadt feststellen lassen. Tabelle 1 illustriert in Form von Kurzsteckbriefen wesentliche Charakteristika der ausgewählten BNT. BNT Schematische Darstellung Versiegelungsgrad (%) Einwohner / ha Traditionelle Blockrandbebauung 70-80 204-254 Innerstädtische Mischbebauung 70-95 204-254 Freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser 30-40 30-41 Dorfkern / Ortslage 45-55 30-41 Tabelle 1: Kurzsteckbriefe für vier exemplarische BNT. © Eigene Darstellung, Datengrundlage: [8] 60 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Messergebnisse für unterschiedliche BNT in Karlsruhe Der Temperaturunterschied zwischen der Kernstadt Karlsruhe und ihrem Umland ist in den Abendstunden heißer Tage nach Sonnenuntergang besonders ausgeprägt. Die Messungen der AERO-TRAM an diesen Tagen erlauben eine sehr kleinräumige Quantifizierung der räumlichen Unterschiede und die Untersuchung des Zusammenhangs mit den Bebauungsstrukturen. Exemplarisch werden im Folgenden die räumlichen Temperaturunterschiede in Karlsruhe und dem Umland an zwei Tagen im Sommer 2015 gezeigt. An der Messstation Rheinstetten des Deutschen Wetterdienstes südwestlich von Karlsruhe wurden am 29. und 30. Juni 2015 Höchsttemperaturen von 29,9 °C und 31,5 °C sowie Tiefsttemperaturen von 13,8 °C und 13,4 °C gemessen. Besonders der 30. Juni war zudem sehr sonnig (14,1 Sonnenstunden [10]). Die Wetterbedingungen begünstigten demzufolge die Entwicklung einer stark ausgeprägten städtischen Wärmeinsel an beiden Tagen. Da der Schwerpunkt der Auswertungen auf der Quantifizierung der städtischen Wärmeinsel liegt, werden im Folgenden die Temperaturen im Stadtgebiet als Differenz gegenüber einer festen Messstation im Umland dargestellt. Als Referenz dient die Messstation Rheinstetten. In Bild 2 sind die durchschnittlichen Temperaturabweichungen (gemittelte Werte) zu unterschiedlichen Tageszeiten am 29. und 30. Juni aufgeführt. Es wird deutlich, dass die städtische Wärmeinsel am Vormittag und Nachmittag kaum ausgeprägt ist und die Temperaturabweichungen in den meisten Gebieten zwischen 0 und 1 K liegen. Am Abend ist die Temperaturabweichung in den hoch verdichteten Bereichen (z. B. zwischen den Streckenkilometern 5 und 15) deutlich höher als in schwach versiegelten Bereichen, während die Temperaturunterschiede in der Nacht am größten sind. Eine einzelne Messfahrt kurz nach Mitternacht (MESZ) am 30. Juni zeigt Temperaturabweichungen zwischen 1,1 und 5,4 K (Median: 2,7 K) (siehe Bild 3). Die Abweichungen sind im Stadtzentrum von Karlsruhe am größten und nehmen mit zunehmender Entfernung vom Stadtzentrum ab. Allerdings lassen sich auch im Umland räumliche Unterschiede erkennen: Während die Temperaturabweichungen im unbebauten Gelände am geringsten sind, sind einzelne Orte als „kleine Wärmeinseln“ im Vergleich mit ihrer direkten Umgebung zu erkennen. Da entlang der gezeigten Messstrecke fast keine Höhenunterschiede auftreten, können Temperaturunterschiede auf unterschiedliche Landnutzung und Bebauungsstrukturen zurückgeführt werden. Zwischen der Stärke der Temperaturabweichung gegenüber dem Umland und dem Versiegelungsgrad ist ein Zusammenhang zu erkennen. In der Nähe von unversiegelten Grünflächen und durchgrünten Bereichen treten auch geringere Temperaturabweichungen und damit niedrigere Temperaturen als in der direkten, hoch versiegelten Umgebung auf. Auch wird aus Bild 2 und 3 deutlich, dass die Temperatur umso mehr ansteigt, je größer ein dicht besiedelter, zusammenhängender Siedlungskörper ist. Bild 2: Mittlere Temperaturabweichung gegenüber der Messstation Rheinstetten (DWD) während Fahrten zu verschiedenen Tageszeiten am 29. und 30. Juni 2015. In Grau hinterlegt ist der Bodenversiegelungsgrad. © Eigene Darstellung; Bodenversiegelungsgrad aus: [11, 12] 61 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Einen Blick auf zwei Ausschnitte entlang der Fahrstrecke der AERO-TRAM mit idealtypischen Temperaturveränderungen zwischen unterschiedlichen BNT zeigt Bild 4. In den Ausschnitten wurden, soweit möglich, die vier exemplarischen BNT (vgl. Tabelle 1) zugeordnet. Der erste Kartenausschnitt (links in Bild 4) zeigt einen Streckenabschnitt im Karlsruher Stadtzentrum einschließlich der umliegenden Bebauung. Die Bahn fährt von Westen aus einem Quartier homogener Blockrandbebauung kommend in den Kartenausschnitt ein. Dort wechselt der Bebauungstypus zu einer sehr hoch verdichteten, innerstädtischen Mischbebauung, die durch einen Mix aus gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung innerhalb der Gebäude kennzeichnet ist. Die Temperatur liegt, mit einer Verzögerung von drei Messpunkten im Übergang der beiden BNT, im Bereich der innerstädtischen Mischbebauung um etwa 0,6 K höher als im Bereich der Blockrandbebauung. Dies bestätigt sich auch durch das Absinken der Temperatur beim erneuten Übergang in einen Bereich vorwiegender Blockrandbebauung im Süd-Osten des Untersuchungsgebietes. Der zweite Kartenausschnitt (rechts in Bild 4) zeigt den Ortsteil Stutensee-Blankenloch im Umland von Karlsruhe. Dort fährt die Bahn aus einem Bereich mit freistehenden Ein- und Zweifamilienhäusern im Süden durch einen Bereich, der dem BNT Dorfkern / Ortslage zuzuordnen ist. Auch hier ist ein Temperaturanstieg um etwa 0,7 K zu Gunsten des höher verdichteten BNT festzustellen. Im Norden des Gebietes sinkt die Temperatur dann erneut ab. Ergebnisverwertung und Anwendung in der Stadtplanung Das Klima in Städten wird von regionalen Klimaänderungen überlagert. Für den Südwesten Deutschlands projizieren Klimamodellsimulationen eine signifikante Erwärmung in allen Jahreszeiten sowie häufigere, stärkere und längere Hitzeperioden [13]. Die Themen der Klimafolgenabschätzung und der klimaadaptiven Stadtplanung, sowohl in Bezug auf Hitze als auch in Bezug auf Starkniederschläge, Hagel und Sturm, haben in den letzten Jahren vermehrt Eingang in die Diskussions- und Planungsprozesse erhalten. Das Bewusstsein für die vielfältigen Folgen und Risiken des Klimawandels im urbanen Kontext wurde somit deutlich geschärft [3, 4]. ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! D D D D D D D D ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ± A B ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ± Bild 3: Temperaturabweichungen gegenüber der Messstation Rheinstetten des Deutschen Wetterdienstes im Umland von Karlsruhe während einer nächtlichen Fahrt (0: 28 - 1: 31 MESZ) der AERO- TRAM am 30. Juni 2015. © Eigene Darstellung; Geodatengrundlage: Esri, [11,12]. Die gestrichelt markierten Ausschnitte sind im Detail in Bild 4 dargestellt. Bild 4: Detaillierte Darstellung der Zuordnung der Beispiel-BNT in zwei Quartieren sowie der AERO-TRAM Messpunkte. © Eigene Darstellung; Geodatengrundlage: Esri 62 1 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stadtklima Eine Quantifizierung aktueller Hitzebelastungen erlaubt auch die Abschätzung kleinräumiger Auswirkungen des Klimawandels in der Stadt. Die Kombination des vorgestellten Messsystems mit dem Strukturtypenansatz stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Identifikation besonders exponierter Bereiche in der Stadt dar. Konkrete Zusammenhänge zwischen BNT und Temperatur konnten im vorliegenden Beitrag exemplarisch gezeigt werden, ebenso wie der Zusammenhang zwischen Versiegelungsgrad und Temperatur. Weitere Untersuchungen sollten eine breitere Datenbasis schaffen und weitere Faktoren, die die Temperaturentwicklung in den BNT maßgeblich beeinflussen, detaillierter untersuchen. Genauere Erkenntnisse zum Einfluss der BNT auf die städtische Wärmeinsel würden die bisher verfügbare Datengrundlage wesentlich ergänzen. Lokale Maßnahmen im Sinne einer klimaadaptiven Raumplanung könnten somit spezifischer an die Ortsgegebenheiten angepasst werden. Der gezeigte positive Einfluss von Grünflächen unterstreicht die Bedeutung von Grünzügen und Kaltluftschneisen für vulnerable BNT. In Hinblick auf den Demografischen Wandel können beispielsweise Abschätzungen getroffen werden, welche BNT eine geringere Exposition gegenüber Hitze zeigen und sich daher besser als Wohnort für vulnerable Bevölkerungsgruppen, also beispielsweise für altersgerechtes Wohnen, eignen. Literatur [1] Oke, T. R.: The energetic basis of the urban heat island. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society 108 (1982), S. 1-24. [2] Scherer, D., Fehrenbach, U., Lakes, T., Lauf, S., Meier, F., Schuster, C.: Quantification of heat stress related mortality hazard, vulnerability and risk in Berlin, Germany. DIE ERDE 144 (2013), S. 238-259. w w w.die erde.org / inde x .php/ die erde / ar ticle / view/ 49 (letzter Zugriff: 20.1.2017 [3] Barata, M., Legeti, E., De Simone, G., Dickinson, T., Jack, D., Penney, J., Rahman, M., Zimmerman, R.: Climate change and human health in cities. In: C. Rosenzweig, W. D. Solecki, Hammer, S. A., Mehrotra, S. (Hrsg.): Climate Change and Cities: Fifth Assessment Report of the Urban Climate Change Research Network. Cambridge University Press: Cambridge, UK, (2011), S. 179-213. [4] Fekkak, M., Fleischhauer, M., Greiving, S., Lucas, R., Schinkel, J., von Winterfeld, U.: Resiliente Stadt - Zukunftsstadt, 2016. http: / / www.mbwsv.nrw.de/ service/ downloads/ Stadtentwicklung/ Forschungsgutachten-Resiliente-Stadt---Zukunftstadt.pdf (letzter Zugriff: 03.1.2017). [5] Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2016): http: / / www.statistik.baden-wuerttemberg. de/ (letzter Zugriff: 20.10.2016). [6] Kunz-Plapp, T., Hackenbruch, J., Schipper, J. W.: Factors of subjective heat stress of urban citizens in contexts of everyday life. Nat. Hazards Earth Syst. Sci. 16 (2016), S. 977-994, doi: 10.5194/ nhess-16-977-2016. [7] Blum, A., Gruhler, K. (Hrsg.): Typologien der gebauten Umwelt. Modellierung und Analyse der Siedlungsentwicklung mit dem Strukturtypenansatz. Shaker Verlag: Aachen, 2010. [8] Siedentop, S., Schiller, G., Koziol, M., Walther, J., Gutsche, J.-M.: Siedlungsentwicklung und Infrastrukturfolgekosten - Bilanzierung und Strategieentwicklung - Endbericht Mai 2006. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.). Bonn. [9] Hagemann, R., Corsmeier, U., Kottmeier, C., Rinke, R., Wieser, A., Vogel, B.: Spatial variability of particle number concentrations and NOx in the Karlsruhe (Germany) area obtained with the mobile laboratory ‘AERO-TRAM’. Atmospheric Environment 94 (2014), S. 341-352. [10] Deutscher Wetterdienst: Historische tägliche Stationsbeobachtungen (Temperatur, Druck, Niederschlag, Wind, Sonnenscheindauer, etc.) für Deutschland, 2015. URL: ftp: / / ftp-cdc.dwd.de/ pub/ CDC/ observations_ germany/ climate/ daily/ kl/ historical/ (letzter Zugriff: 20.1.2017). [11] IÖR-Monitor©Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung: Monitor der Siedlungs- und Freiraumentwicklung, 2017. URL: http: / / www.ioer-monitor. de/ (letzter Zugriff: 20.1.2017). [12] European Environmental Agency: Copernicus High Resolution Layer Imperviousness, 2017. URL: http: / / land.copernicus.eu/ pan-european/ high-resolutionlayers/ imperviousness (letzter Zugriff: 20.1.2017). [13] Wagner, S., Berg, P., Schädler, G., Kunstmann, H.: High resolution regional climate model simulations for Germany: Part II—projected climate changes. Climate Dynamics 40 (1) (2013), S. 415-427, doi: 10.1007/ s00382-012-1510-1. Julia Hackenbruch Dipl.-Geographin Institut für Meteorologie und Klimaforschung - Department Troposphärenforschung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Kontakt: julia.hackenbruch@kit.edu Martin Schulwitz M.Sc. Raumplanung Forschungsgruppe „Metropole und Region“ ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung gGmbH, Dortmund Kontakt: martin.schulwitz@ils-forschung.de Rowell Hagemann Dipl.-Meteorologe Institut für Meteorologie und Klimaforschung - Department Troposphärenforschung Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Kontakt: rowell.hagemann@kit.edu AUTOR I NNEN