Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2017-0043
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Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung: Eine Option für Kommunen
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Birgit Eitel
Erich Maurer
Dimitar Ivanov
Das Ziel des Vorhabens Trima (Trigeneration Market) besteht im verstärkten Einsatz der KWKK-Technologie zur Reduzierung des hohen Stromverbrauchs in der Kältebereitstellung, der derzeit vor allem durch Kompressionskälteanlagen verursacht wird. Durch die Substitution des Strombedarfs der Kompressionskälteanlagen durch KWKK verbleiben unter anderem mehr Stromerzeugungskapazitäten von planbarer und flexibel einsetzbarer elektrischer Energie.
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48 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte Die Technologie der KWKK ermöglicht eine gekoppelte Bereitstellung von elektrischem Strom, Wärme und Kälte aus fossilen oder erneuerbaren Brennstoffen. Die benötigte Kälte wird dabei aus der Abwärme der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage) erzeugt, indem thermisch betriebene Kältemaschinen (TKM) eingesetzt werden. KWKK stellt eine zukunftsweisende und hocheffiziente Klimaschutztechnologie dar, der es in Deutschland bislang trotz ihrer Vorteile an einer umfassenden Marktdurchdringung fehlt. Die energiepolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre verdeutlichen die Notwendigkeit einer verstärkten Nutzung der KWK(K): Der Ausstieg aus der Kernenergie und der damit verbundene Wegfall gesicherter Kraftwerksleistung im Grundlastbereich fordern den Aufbau neuer Kapazitäten im Energiesektor. Der KWK-Anteil an der deutschen Stromerzeugung liegt derzeit bei rund 18 %. Die europäischen Nachbarländer Dänemark und die Niederlande weisen traditionell eine wesentlich höhere KWK-Quote auf als die Bundesrepublik Deutschland. Eine hohe KWK-Quote bildet die Voraussetzung für eine intensive Anwendung der KWKK. Die Kälteerzeugung durch KWKK kann mit Sorptionsverfahren (Ab- oder Adsorption) bzw. thermomechanischen Verfahren erfolgen (Bild 1). Der Einsatz von thermisch betriebenen Kältemaschinen ist grundsätzlich sinnvoll und wirtschaftlich, wenn am Ort des Kältebedarfs Wärme oder Abwärme kostengünstig zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Kälteerzeugung mithilfe elektrischen Stroms in Kompressionskältemaschinen handelt es sich beim KWKK-Verfahren um eine nachhaltige und ressourcenschonende Kältegewinnung. Zudem liefern KWKK-Systeme nachhaltig planbare Kraftwerksleistung und können zur Deckung der elektrischen Residuallast (Restnachfrage an regelbaren Kraftwerken) herangezogen werden. Sie dienen damit als regelbare Ergänzung zur Integration der fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind- und Solarenergie in den deutschen Kraftwerkspark. Die Vorteile wirken sich auch positiv auf die Stabilisierung der elektrischen Stromnetze aus. Sozial- und umweltpolitische Aspekte ergänzen die technischen Vorteile. KWK bzw. KWKK ermöglichen Wohnungsbaugesellschaften und Gebäudeeigentümern eine effizientere Energieversorgung ihres Gebäudebestandes. Effizienzpotenziale können somit in bestimmten Fällen mit geringeren Investitionen umgesetzt werden als bei einer energetischen Sanierung der Bestandsbauten. Sehr rentabel sind derzeit Anwendungen, bei denen ein dauerhafter Wärme- und Kältebedarf Kraft-Wärme- Kälte-Kopplung: Eine Option für Kommunen Forschungsprojekt TriMa (Trigeneration Market) zur Förderung der Marktdurchdringung in urbanen Gebieten als Beitrag zur Energiewende Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, Kommunale Energieversorgung, Nachhaltige Kälte- und Wärmeversorgung Birgit Eitel, Erich Maurer, Dimitar Ivanov Das Ziel des Vorhabens Trima (Trigeneration Market) besteht im verstärkten Einsatz der KWKK- Technologie zur Reduzierung des hohen Stromverbrauchs in der Kältebereitstellung, der derzeit vor allem durch Kompressionskälteanlagen verursacht wird. Durch die Substitution des Strombedarfs der Kompressionskälteanlagen durch KWKK verbleiben unter anderem mehr Stromerzeugungskapazitäten von planbarer und flexibel einsetzbarer elektrischer Energie. Bild 1: Kälteerzeuung durch BHKW- Abwärme. © AGO AG Energie + Anlagen 49 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte vorliegt und ein Unternehmen hohe Strompreise für den Netzbezug entrichten muss (Bild 2). Diese Anwendungsfälle sind auch unabhängig von den schwankenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für die KWK zu betrachten. Das Forschungsprojekt „Trima“ Das Forschungsprojekt „Die Förderung der Marktdurchdringung der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung in urbanen Gebieten als Beitrag zur Energiewende - TriMa (Trigeneration Market)“ ist ein Projekt der Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und der Projektpartner Energieagentur Nordbayern GmbH, das einen Beitrag zur Energiewende leistet. Die englische Bezeichnung „Trigeneration“ (Combined Cooling, Heat and Power; CCHP) für den deutschen Begriff „KWKK“ bildet zusammen mit der integrierten Marktanalyse die Projektbezeichnung „Trigeneration Market“ (TriMa). Das TriMa-Forschungsprojekt analysiert die bestehenden technischen, ökonomischen und sonstigen Hemmnisse für eine Marktdurchdringung in Deutschland und entwickelt darauf aufbauend Strategien für den Einsatz der energieeffizienten und umweltfreundlichen KWKK-Technologie. Schwerpunkt des Projekts: Kommunen Kommunen sind wichtige Akteure im Rahmen der Energiewende. Sie können durch verschiedene Stellschrauben die Energieversorgung vor Ort steuern. Trima betrachtet Kommunen verschiedener Größenordnungen und energetischer Ausrichtung. Dabei wird zwischen Kommunen mit und ohne zentrale Fernwärmeinfrastruktur unterschieden. Kommunen eignen sich für eine Untersuchung in nahezu idealer Weise, da sie sowohl von der Erzeugungsseite (Kommunale Energieversorger) als auch von der Verbrauchsseite (Kommunale Gebäude und Einrichtungen) viele Anwendungsgebiete für Strom, Wärme und Kälte aus KWK bzw. KWKK aufweisen. Diese Anwendungsbereiche sind zum Beispiel: Kommunale Krankenhäuser Kommunale Schwimmbäder Eigene Rechenzentren Verwaltungsgebäude Kommunale Kläranlagen Weitere Anwendungsbereiche weisen derzeit noch keinen hohen Kältebedarf auf und sind daher beim Strom- und Wärmebedarf aktuell in erster Linie nur für eine KWK-Nutzung im Fokus: Schulgebäude Neubaugebiete Des Weiteren sind die Kommunen an einer Vielzahl von Unternehmen mehrheitlich beteiligt, womit ein direkter oder indirekter Einfluss auf deren Energieversorgung ermöglicht wird. Hier sind für die KWKK interessante Akteure zu nennen: Kommunale Versorgungsbetriebe Kommunale Wohnungsbaugesellschaften Infrastrukturbereich: Krankenhäuser, Bibliotheken, Messegesellschaften, Güterverkehrszentren, Flughäfen, etc. Neben diesen konkreten Beispielen der kommunalen Kältenutzung liegt eine zentrale Steuerungsoption bei den Kunden der kommunal getragenen zentralen und dezentralen Fernwärme. Die bisherigen Fernwärmekunden können für eine Kältenutzung („Fernkälte“ aus KWKK) angesprochen werden. Dies gilt grundsätzlich für alle Kundengruppen (Private Haushalte, Industrieunternehmen, Handwerksbetriebe, öffentliche Einrichtungen, etc.). Eine Option besteht in der verstärkten Nutzung der KWKK auf Basis kommunal getragener Fernwärmenetze. Die bestehenden Fernwärmenetze können eine zentrale oder dezentrale Struktur aufweisen. Die Anwendungsfelder für die Kältebereitstellung aus KWKK liegen in den Bereichen mit hohem Kältebedarf: Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Behandlungszentren) Einrichtungen des Bildungssektors (Forschungs- und Veranstaltungsgebäude) Kommunale Wohnungswirtschaft Die effiziente Erzeugung von Strom, Wärme und Kälte in KWKK kann eine Stärkung der Ressourceneffizienz herbeiführen. Dies kann in wirtschaftlicher Hinsicht wegen geringerer Energiekosten zu einer Entlastung der kommunalen Haushalte beitragen. Um eine umfassende Analyse zu gewährleisten, werden Kommunen verschiedener Größe (Mittel- und Großstädte) sowie mit zentraler und dezentraler Fernwärmeversorgung (FW) in die Untersuchung mit einbezogen. Bild 2: Vorderansicht der Energiezentrale in einer Molkerei. © AGO AG Energie + Anlagen 50 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte Aktuell gibt es in Deutschland ungefähr 80 Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Diese haben in der überwiegenden Mehrzahl ein zentrales Fernwärmesystem. Im Bereich der Mittelstädte mit 20 000 bis 100 000 Einwohnern existieren in Deutschland etwa 590 Kommunen. Von diesen Mittelstädten besitzen deutlich weniger Kommunen ein zentrales Fernwärmenetz. Folgende Städte werden im Rahmen der KWKK- Nutzung genauer untersucht: Nürnberg ist eine Großstadt in Bayern mit rund 500 000 Einwohnern. Sie besitzt ein großes zentrales Fernwärmenetz. Die Landeshauptstadt Potsdam hat eine zentrale Fernwärmeversorgung und zählt mit ihren 160 000 Einwohnern ebenfalls als Großstadt. Die Stadt Fürth mit 120 000 Einwohnern hat keine zentrale Fernwärmversorgung, jedoch einzelne kleinere Fernwärmenetze. Als weitere Kommune ist Jena, eine Großstadt mit 110 000 Einwohnern, in das Projekt eingebunden. Jena besitzt eine zentrale Fernwärmeversorgung. Iserlohn ist eine Mittelstadt mit etwa 95 000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen. Die Stadt hat eine zentrale Fernwärmeversorgung. Bild 4: Wirtschaftlichkeit von KWKK- Anlagen. © Eitel, TH Nürnberg Investition pro MWth bzw. MWel Eigen- und Fremdkapitalkosten Investitionskosten KWKG EEG Gesetze und Förderung Strompreisniveau Großhandelsmarktpreise Reale Strompreisbelastung bei den Endkunden Erdgaspreisniveau Wirtschaftlichkeit Die Mittelstadt Flensburg in Schleswig-Holstein hat etwa 85 000 Einwohner. Die Stadt besitzt eine zentrale Fernwärmeversorgung und weist eine nahezu 100 %-ige Versorgung im Stadtgebiet auf. Die bayerische Mittelstadt Neumarkt i. d. OPf. mit etwa 40 000 Einwohnern hat keine zentrale Fernwärmeversorgung. Meiningen ist eine Mittelstadt in Thüringen mit rund 21 000 Einwohnern. Die Stadt hat keine zentrale Fernwärmeversorgung, aber mehrere kleinere Netze. Betriebswirtschaftliche Rentabilität als Voraussetzung für den Einsatz der KWKK Entscheidend für den Einsatz und damit eine weitere Marktdurchdringung der KWKK ist deren Wirtschaftlichkeit - sowohl für Kommunen als auch für die Privatwirtschaft. Die Wirtschaftlichkeit von KWKK-Anlagen wird direkt von vier Faktoren beeinflusst (siehe Bild 4). 1. Strompreisniveau a. Großhandelsmarktpreise - relevant für Anlagen, die in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen; b. Reale Strompreisbelastung bei den Endkunden - relevant für Anlagen, die für den Eigenverbrauch oder im Rahmen eines Contractings Energie bereitstellen. 2. Erdgaspreisniveau - als hauptsächlicher Primärenergieträger für die Strom- und Wärmeherstellung in den KWK-Anlagen. 3. Aktuelle Gesetzeslage und Höhe der Zuschläge nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG 2016) sowie hohe der Umlagen (z. B. KWKG und EEG Umlagen). 4. Kapitalkosten und Investition pro MW el oder MW th Bild 3: Gemeinsamer Dampferzeuger für zwei Blockheizkraftwerke. © AGO AG Energie + Anlagen 51 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte Je höher die Strompreise (im Großhandel als auch bei den Endkunden) und KWKG-Zuschläge und je niedriger die Erdgaspreise sind, desto geringer sind die Wärmegestehungskosten einer KWK-Anlage. Eine kostengünstige Wärmeherstellung ist die Hauptvoraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb einer thermisch betriebenen Abbzw. Adsorptionskältemaschine. Das Strompreisniveau auf dem Großhandelsmarkt Eine Erholung der relativ niedrigen Großhandelspreise ist leider nicht in Sicht. Die prognostizierte konstante Steigerung der Erneuerbaren Kapazitäten wird für ein dauerhaftes Überangebot auf dem Strommarkt sorgen. Ein leichter Anstieg der Großhandelspreise für Strom wird ab dem Jahr 2020 erwartet, wenn es zur Abschaltung weiterer Atomkraftwerke (AKW) in Deutschland kommt. Eine signifikante Steigerung kann allerdings auch langfristig ausgeschlossen werden, da aktuell Kohlekraftwerke - und nicht die AKW - als grundlastfähige Kapazitäten den Markt in Deutschland dominieren. Aufgrund der niedrigen Strompreise ist die Höhe der Einspeisevergütung für KWK-Anlagen, die in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen müssen, ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Der niedrige Umsatz, den Anlagenbetreiber an der Strombörse erzielen können, hält allerdings die Wärmegestehungskosten langfristig auf einem relativ hohen Niveau. Dieses macht die Kälteherstellung mit einer TKM relativ ungünstig im Vergleich zu einer Kompressionskältemaschine. Es wäre somit sinnvoller, die Wärme direkt zu verkaufen, anstatt sie dezentral in Kälte umzuwandeln. Anders ist die Sachlage allerdings für KWK-Anlagen, deren Strombereitstellung eine Reduzierung von Netzstrombezug zur Folge hat. Gerade bei voll umlagepflichtigen Unternehmen ist oftmals ein wirtschaftlicher Betrieb der KWK-Anlage gewährleistet. Wenn der Kältebedarf zu einer Verlängerung des KWK-Betriebes bei gleichzeitiger Stromverdrängung führt, ergeben sich in den meisten Fällen wirtschaftlich interessante Ansätze. Reale Strompreisbelastung bei den Endkunden Die reale Strompreisbelastung bleibt bei den meisten Kundengruppen unverändert groß und weist sogar Indizien auf eine moderate Steigerung in der Zukunft auf. Dies erfolgt trotz niedriger Großhandelspreise an der Strombörse, da relevante Umlagen unverändert hoch sind oder noch ansteigen. Entsprechend hoch ist der Anteil der Umlagen und Steuern an den durchschnittlichen Strompreisen, die kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und zum Teil auch Industriekunden mit einem Jahresverbrauch von 160 MWh bis 20 GWh bezahlen. Oft sind auch Großverbraucher (z. B. ab 10 GWh Jahresverbrauch) nur geringfügig von den EEG-Umlagen und Netzentgelten befreit oder begünstigt. In manchen Fällen besteht die reale Strompreisbelastung zu 66 % aus Umlagen und Steuern. Da die EEG-Umlage und der Großhandelsstrompreis sich in zwei entgegengesetzte Richtungen entwickelt haben, ist die reale Preisbelastung in den verschiedenen Kundensegmenten konstant geblieben und seit dem Jahr 2014 sogar leicht zurückgegangen. Dieser Trend bleibt allerdings nur bedingt weiter präsent. Sowohl die Einführung von neuen Umlagen, als auch die Erhöhung von bestehenden Umlagen werden die Endpreise auf einem relativ konstanten Niveau halten oder sogar leicht steigen lassen. Dies hängt stark von der durchschnittlichen Förderung von neuen Kraftwerken und Infrastrukturprojekten in der Zukunft ab. Die umlagebedingten hohen Strompreise für Industrie und KMU sorgen allerdings dafür, dass die Wirtschaftlichkeit von dezentralen Energieversorgungslösungen unabhängig von staatlichen Subventionen gegeben ist. Insbesondere durch den niedrigen Erdgaspreis können KWK-Anlagen mit diesem Energieträger wirtschaftlich betrieben werden. Im Jahr 2016 wurde ein Preistiefpunkt auf dem Erdgasmarkt erreicht, der sich zum Teil auch auf die Endpreise für KMU und insbesondere Industrie in den kommenden Jahren bemerkbar machen wird. Einer Prognose der Weltbank zufolge wird das heutige Preisniveau auf dem Europäischen Großhandelsmarkt für Erdgas in den nächsten Jahren nur moderat steigen. Diese Marktentwicklung hat eine entsprechend positive Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit von KWKK-Anlagen und deren Einsatz in der privaten Wirtschaft. Wie bereits erklärt, haben angesichts der hohen Strompreise die Betreiber von KWK-Anlagen einen starken wirtschaftlichen Anreiz, möglichst viel Strom zu produzieren und selbst zu nutzen. Somit kann der Stromeinkauf reduziert werden. Dabei ist eine saisonal-unabhängige Wärmeverwendung ein wichtiger Erfolgsfaktor zur Erhöhung der jährlichen Betriebsstunden einer KWK-Anlage. Dementsprechend bieten thermisch betriebene Absorptionskältemaschinen die Möglichkeit, auch in den Sommermonaten KWK-Anlagen zu betreiben und dabei die bereitgestellte Wärme zur Kälteerzeugung wirtschaftlich zu verwenden. Dies kann sich natürlich je nach Auslegung und Spitzenlast ändern. 52 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte Die Kälteleistung der TKM soll sich am Kältegrundlastbedarf orientieren. Ein hoher Kältespitzenlastbedarf setzt eine entsprechend hohe Leistung von ergänzenden elektrischen Kompressionskältemaschinen (KKM) voraus. Absorptionskältemaschinen wären damit oft in eine nachteilige Situation versetzt, da sie grundsätzlich höhere spezifische Investition (pro MW th Leistung) im Vergleich zu KKM erfordern. Auswirkung des KWKG 2016 auf die Wirtschaftlichkeit von KW(K)K-Anlagen Aufgrund der niedrigen Erdgaskosten und hohen Stromkostenersparnissen in Unternehmen, die voll umlagepflichtig sind, spielt die Höhe der Förderung nach dem KWKG 2016 eine untergeordnete Rolle bei der Investitionsentscheidung. Die Einspeisevergütung für Anlagen bis 1000 kWel ist im Vergleich zum vorherigen KWKG 2012 signifikant gestiegen. Vor allem ist die Einspeisevergütung für kleinere Anlagen (bis 100 kW el ) deutlich attraktiver geworden, da für diese Anlagen eine Vergütung für Eigenverbrauch und Netzeinspeisung gezahlt wird. Für Anlagen über 100 kW el ist ein KWK-Aufschlag für den Eigenverbrauch nicht mehr möglich. Daher bleibt die Kälteherstellung aus größeren KWK-Anlagen, die Strom in ein Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen, eher unwirtschaftlich. Die KWK-Anlagen zuzuweisenden Wärmegestehungskosten bewegen sich immer noch auf einem Niveau, das die Kälteherstellung aus thermisch-betriebenen Kälteanlagen zu teuer macht. Ein weiterer Faktor, der die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen > 1000 kW el (die in ein Netz der öffentlichen Stromversorgung einspeisen) bestimmen wird, ist die Verpflichtung an einem Ausschreibungsverfahren teilzunehmen, das derzeit für nahezu alle Großanlagen aus PV und Wind vorgeschrieben ist. Dabei wird die Einspeisevergütung nicht vorher festgelegt, sondern ergibt sich nach der Analyse vorliegender Angebote. Vermutlich wird dies zu geringen Zuschlagssätzen führen. Der Gesetzgeber will damit nur die wirtschaftlichsten Angebote unterstützen und die Umlagenbelastung bei den Letztverbrauchern in Grenzen halten. Volkswirtschaftlicher Nutzen Während die betriebswirtschaftliche Rentabilität für den Investor relevant ist, ist die volkswirtschaftliche Rentabilität für staatliche Akteure relevant. Folgende volkswirtschaftliche Auswirkungen werden im Rahmen des Forschungsprojektes analysiert: 1. Steigende Konkurrenzfähigkeit von kleinen und mittelständischen Produktionsbetrieben 2. CO 2 -Einsparungen 3. Stabilisierung der Strommärkte Steigende Konkurrenzfähigkeit von kleinen und mittelständischen Produktionsbetrieben Die günstigere Energieherstellung in Form von Strom, Wärme und Kälte sorgt für eine Steigerung der Konkurrenzfähigkeit von kleinen und mittelständischen Betrieben. Die Ersparnisse reflektieren in niedrigeren Produktionskosten. Die Abhängigkeit von nationalen Strommarktbesonderheiten wird damit auch zum Teil reduziert. CO 2 -Einsparungen Dezentrale KWKK-Anlagen verdrängen die Stromproduktion in zumeist fossil befeuerten Großkraftwerken (meist Braun- und Steinkohle) und sorgen für die Vermeidung von Strombezug für Kompressionskältemaschinen. Daher führt ihr Einsatz zu einem positiven Effekt bei der CO 2 -Betrachtung. Stabilisierung der Strommärkte Ein verstärkter Einsatz von KWKK könnte AKW und Kohlenkraftwerke obsolet machen. Beide Kraftwerksarten sind äußerst unflexibel und können auf die ständig fluktuierenden erneuerbaren Kapazitäten aus Wind und Sonne nicht angepasst werden. Dies führt regelmäßig zu einem hohen Überangebot nicht nur auf dem deutschen, sondern auch auf dem zentral- und westeuropäischen Strommarkt. Eine Marktstabilisierung ist durch die Reduzierung der unflexiblen Kapazitäten und den verstärkten Einsatz von flexiblen grundlastfähigen KWK-Anlagen möglich. Die KWK-Anlage: Regelenergie im Sommer bei gleichzeitiger Nutzung von „Wärme/ Abwärme“ In Verbindung mit Wärme-bzw. Kältespeichern und Kompressionskälteanlagen kann jederzeit sowohl Strom aus dem Netz abgenommen oder gezielt geliefert werden. Dies wird in Zukunft eine wichtige Bild 5: NH3 - Absorptionskälteanlage. © AGO AG Energie + Anlagen 53 2 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Energie für Städte Komponente für den Ausbau der KWKK spielen, allerdings ist die aktuelle Marktentwicklung bei den Regelenergiepreisen nicht geeignet, entsprechende Impulse für KWKK-Zubau zu geben. Best-Practice-Beispiele KWKK-Anlagen wurden und werden in Kommunen als auch in der Privatwirtschaft zur Energiegewinnung eingesetzt. Beispiele für kommunale Projekte sind: N-ERGIE Aktiengesellschaft - Kälte aus Fernwärme in Nürnberg KWKK zur Energieversorgung des Universitätsklinikums Gießen Gebäudekühlung mittels Fernkälte in europäischen Städten, z. B. Paris, Barcelona, Amsterdam, Stockholm und Wien Vattenfall Kältezentrale am Potsdamer Platz Fernkältenetz in Chemnitz mit Kältespeicher Klinikum Chemnitz Flughafen Berlin Brandenburg und Bildungszentrum Romaneum in Neuss Ausführliche Informationen zu diesen Projekten gibt es auf der trima-webpage unter http: / / www. trima-kwkk.de/ informationen-best-practice.aspx. Allgemeine Informationen zum Projekt unter www. trima-kwkk.de. Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine stärkere Marktdurchdringung von KWKK volkswirtschaftlich rentabel ist. Demzufolge sollte der Staat vermehrt Anreize setzen, um entsprechende Anlagen für den Privatinvestor auch einzelwirtschaftlich rentabel zu gestalten. LITERATUR • BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. 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Leipziger Institut für Energie GmbH, Energy Economics. https: / / w w w.net z transparenz.de/ de/ file/ 201610 06 _ Ab schlussbericht_EE_IE_Leipzig.pdf • Netztransparenz.de: Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber. Offshore- Haftungsumlage nach § 17f EnWG; Umlage nach §19 Abs. 2 StromNEV (2016). https: / / www.netztransparenz.de/ EnWG/ Umlage-17f-EnWG; https: / / www. netztransparenz.de/ EnWG/ Umlage-19-StromNEV • Thomson Reuters Eikon: Wholesale Electricity Prices Forecast 2017 - 2018; Spot, Peak and Off-Peak Prices (2016). • World Bank: World Bank Commodities Price Forecast (nominal US Dollars) (2016), S. 1. http: / / pubdoc s .worldbank .org / en/ 2 29 4 61476 8 0 4 6620 86/ CMO-October-2016-Forecasts.pdf AUTOR I NNEN Prof. Dr. rer. pol. Birgit Eitel Projektleiterin Forschungsprojekt TriMa Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Fakultät Betriebswirtschaft Kontakt: birgit.eitel@th-nuernberg.de Erich Maurer Geschäftsführer der Energieagentur Nordbayern Kontakt: maurer@ea-nb.de Dimitar Ivanov Wissenschaftlicher Mitarbeiter Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Kontakt: dimitar.ivanov@th-nuernberg.de
