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Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2017-0096
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2017
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Die Vulnerabilität von Wasserinfrastrukturen

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2017
Martin Zimmermann
Martina Winker
Engelbert Schramm
Urbane Ballungsräume in Schwellenländern wie China erfahren ein rasantes Bevölkerungswachstum, das kritische Infrastrukturen vor enorme Herausforderungen stellt. Semizentrale Wasserinfrastrukturen eignen sich für diese Rahmenbedingungen, da sie einen modularen Aufbau und die Wiederverwendung von Wasser ermöglichen. Der vorliegende Beitrag analysiert die Vulnerabilität eines derartigen, erstmalig implementierten Systems in Qingdao gegenüber internen und externen Gefährdungen, wie etwa technischem Versagen und Dürren, sowie dessen Abhängigkeiten von anderen Infrastrukturen.
tc240048
48 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Die Vulnerabilität von Wasserinfrastrukturen Analyse eines semizentralen Ver- und Entsorgungssystems in Qingdao, China Neuartige Wasserinfrastrukturen, sozio-technische Systeme, Stoffstromtrennung, Vulnerabilitätsanalyse Martin Zimmermann, Martina Winker, Engelbert Schramm Urbane Ballungsräume in Schwellenländern wie China erfahren ein rasantes Bevölkerungswachstum, das kritische Infrastrukturen vor enorme Herausforderungen stellt. Semizentrale Wasserinfrastrukturen eignen sich für diese Rahmenbedingungen, da sie einen modularen Aufbau und die Wiederverwendung von Wasser ermöglichen. Der vorliegende Beitrag analysiert die Vulnerabilität eines derartigen, erstmalig implementierten Systems in Qingdao gegenüber internen und externen Gefährdungen, wie etwa technischem Versagen und Dürren, sowie dessen Abhängigkeiten von anderen Infrastrukturen. Bild 1: Resource Recovery Center. © Simon Gehrmann THEMA Sicherheit im Stadtraum 49 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Einleitung Zentralisierte Wasserver- und Abwasserentsorgungsinfrastrukturen, wie in westlichen Industrieländern in den letzten 150 Jahren großflächig implementiert, finden auch schwerpunktmäßig Eingang in die Infrastrukturausgestaltung vieler Schwellen- und Entwicklungsländer. Ballungsräume in China, Indien und Brasilien verzeichnen jedoch ein ungleich höheres Bevölkerungswachstum. Dies stellt zentralisierte Wasserinfrastrukturen vor große Herausforderungen und häufig auch Schwierigkeiten, wie zum Beispiel in der Planung, den Fragen ihrer Dimensionierung und im Betrieb ihrer Unter-/ Überauslastung. Diesen Herausforderungen könnte mit anpassungsfähigeren und flexibleren Konzepten begegnet werden [1 - 3]. So sind neuartige Wasserinfrastrukturen dezentral oder semizentral aufgebaut. Sie ermöglichen eine modulare Architektur sowie die Wiederverwendung von Wasser durch das Erfassen von Abwasser(teil)strömen und die Bereitstellung von Trink- und Brauchwasser [4 - 10]. Insbesondere die modulare Bauweise semizentraler Systeme ermöglicht die flexible Anpassung städtischer Ver- und Entsorgungssysteme an die schnell wachsende Bevölkerung [8]. Zudem trägt die Wiederverwendung von Wasser zu einer nachhaltigeren Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen bei. Wasserver- und Abwasserentsorgungssysteme werden als kritische Infrastrukturen erachtet, d. h. sie sind für das Funktionieren einer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft unerlässlich. Aus diesem Grund erscheint es angebracht, die Vulnerabilität neuartiger Wasserinfrastrukturen zu analysieren, wobei hierunter die Anfälligkeit und Resilienz ihrer Systemkomponenten gegenüber bestimmten Gefährdungen verstanden wird. Fallbeispiel Auf dem Gelände der Weltgartenbauaustellung (World Horticulture Exhibition, WHE) der im Nordosten Chinas gelegenen Stadt Qingdao wurde 2014 ein neuartiges Wasserinfrastrukturkonzept namens „Semizentral“ errichtet. Das Konzept der semizentralen Pilotierung sieht vor, dass Haushaltsabwässer von 12 000 Einwohnern in zwei Wohngebieten, zwei Hotels und Büros in einer Behandlungs- und Aufbereitungsanlage, dem so genannten Resource Recovery Center (RRC), gesammelt und behandelt werden (Bild 1) [11]. Zentral für das Konzept ist die getrennte Erfassung und Behandlung von Abwasserteilströmen (Bild 2). Gereinigtes Grauwasser von Duschen, Waschbecken und Waschmaschinen wird unter anderem als Brauchwasser für die Toilettenspülung im Gebiet wiederverwendet. Gereinigtes Schwarzwasser aus Toiletten wird für die Bewässerung von Grünflächen genutzt. Unter idealen Bedingungen lässt sich der Trinkwasserverbrauch um bis zu 40- % reduzieren und der Energiebedarf des RRC durch die Biogasproduktion aus Biomüll und Klärschlamm decken [12]. Es ist anzumerken, dass sich die tatsächliche Erstimplementierung in einigen Punkten vom beschriebenen Fallbeispiel unterscheidet. Dieses wurde so gewählt, da die Fragen der Vulnerabilität prioritär in Zusammenhang mit der angedachten weiteren Übertragbarkeit des Konzepts zu betrachten sind. Bild 2: Schematische Darstellung der Stoffströme des Semizentral- Konzeptes. © ISOE 50 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum GEFÄHRDUNG BESCHREIBUNG PRIORITÄT INTERN Technisches Versagen (Anlagenteile) Ausfall einer technischen Einheit aufgrund des Versagens eines Unterbestandteils, z. B. Verschleiß, Kurzschluss 3 Technisches Versagen (Gebäude) Bauliche Mängel am RRC-Gebäude 3 Menschliches Versagen Falsche Bedienung und Entscheidungen im Betrieb, Fehler bei Reparatur und Wartung 3 Extreme in der Nutzerzahl Extreme Wassermengen/ -bedarfe, z. B. sprunghafter Anstieg bzw. Abfall durch Urlaubszeiten, Veranstaltungen 1 Fehlnutzung Bewohner und Hotelgäste Falsche Nutzungsroutinen in großer Zahl, z. B. Chemikalien, Gegenstände, Abfälle, Küchenfett/ -öl 2 Fehlnutzung Hotelbetreiber Falsches Management des Fettabscheiders, Neuausstattung Küche oder Gerätetausch 2 Fehlerhafte Sanitäranschlüsse Schwarzwasser gelangt in Grauwassersystem, da nutzerseitig fehlerhafte Anschlüsse gelegt wurden. Der umgekehrt Fall wird als weniger schwerwiegend erachtet. 2 Fehlerhafte Versorgungsanschlüsse Betriebswasseranschlüsse werden fälschlicherweise mit Trinkwasseranschlüssen verwechselt. 3 Betriebswasserboykott Potenzielle Abnehmer weigern sich aus bestimmten Gründen (Psychologie/ Wahrnehmung, Kultur, Kosten etc.), das Brauchwasser zu nutzen. 1 Änderung der Nutzungsmuster Ein Trend zu mehr wassersparenden Maßnahmen führt dazu, dass weniger Trinkwasser und/ oder Brauchwasser verbraucht wird. 1 Vandalismus Menschliche Handlungen führen dazu, dass Anlagenteile mutwillig beschädigt/ zerstört werden. Dabei kann es sich um Menschen aus dem Einzugsgebiet handeln oder auch um Externe. 2 EXTERN Dürreperioden Dürreperioden führen entweder zu Wassereinsparungen bei den Verbrauchern (z. B. aufgrund zeitweisen Verbots von Nutzungsformen) oder zu einem erhöhten Bedarf von Bewässerungswasser. Zeitlich länger als Hitzewelle (Zeitraum größer als ein Monat). 1 Starkregen Starkregen kann zu Überschwemmungen führen. 1 Hangrutsch RRC Ein Hangrutsch am RRC kann zur Beschädigung/ Zerstörung desselben führen. 3 Staudammbruch Ein Staudammbruch kann zu Beeinträchtigungen/ Zerstörungen von Systembestandteilen führen. 1 Erdbeben Ein Erdbeben ab einer bestimmten Stärke kann alle Systembestandteile beschädigen/ zerstören. 2 Sabotage Sabotage umfasst gezielte Handlungen zum Zweck, Systembestandteile außer Funktion zu setzen. 2 Brand/ Feuer Ein Brand/ Feuer kann zur vollständigen Zerstörung eines Hotels oder des RRC führen, nicht jedoch zu einer flächendeckenden Zerstörung eines Wohngebietes. 2 Kältewelle Systembestandteile sind zwar einer Kältewelle ausgesetzt, dabei frieren beispielweise Leitungsstränge jedoch nicht ein. 1 Hitzewelle Kurze Periode (max. ein Monat), in der außergewöhnlich hohe Temperaturen vorherrschen. Wasserbedarfe steigen, aber Sparmaßnahmen werden noch nicht ergriffen. 1 Blitzschlag/ Tornado Blitzschläge und Tornados können punkt- oder linienförmige Zerstörungen von oberirdischen Systembestandteilen hervorrufen. 1 ABHÄNGIGKEITEN Trinkwasserversorgung Abhängigkeiten von der Wasserversorgung führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 1 Energie Abhängigkeiten von der Energieversorgung führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 2 Speiseresteanlieferung Abhängigkeiten von der Speiseresteanlieferung führen zu Einschränkungen bei der Energieerzeugung. 2 Verkehrstechnischer Anschluss Betrieb, Instandhaltung und Reparaturen von Anlagenteilen erfordern einen Zugang über eine verkehrstechnische Anbindung. 1 Finanzen Ungenügende finanzielle Mittel führen zu einer Vernachlässigung von Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen und damit letztendlich zum Ausfall von Systembestandteilen. 3 Betriebsstoffe Im RRC werden verschiedene Chemikalien für den Betrieb verwendet, die in den verwendeten Mengen nicht unbedingt frei verfügbar sein können (u. a. Zitronensäure für die Membranreinigung, Eisenchlorid als Fällmittel, Essigsäure, Hypochlorid, Polymere) 2 Kommunikation/ IT Abhängigkeiten von Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 2 Tabelle 1: Liste der Gefährdungen einschließlich ihrer durch die Projektpartner bewerteten Prioritäten (Priorität: 3 = hoch, 2 = mittel, 1 = niedrig). THEMA Sicherheit im Stadtraum 51 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Vulnerabilität Vulnerabilität setzt sich in der Regel aus den drei Komponenten Exposition, Anfälligkeit und Bewältigungskapazität (bzw. Resilienz) zusammen [13], wobei sich die Exposition darauf bezieht, dass Schutzgüter einer Gefährdung räumlich und zeitlich ausgesetzt sind [14]. Anfälligkeit bedeutet, dass ein gefährdetes Schutzgut in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird [15]. Die Bewältigungskapazität beschreibt schließlich die verfügbaren Optionen, die negativen Auswirkungen einer Gefährdung zu kompensieren [16, 17]. Hinsichtlich kritischer Infrastrukturen bedeutet Vulnerabilität somit, dass diese aufgrund einer Gefährdung funktionsunfähig werden und daher die Ver- und Entsorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist [18]. Krings [19] entwickelte eine Heuristik zur Vulnerabilitätsanalyse kommunaler Infrastrukturen, mit deren Hilfe die Vulnerabilität technischer Systemkomponenten in fünf Vulnerabilitätsklassen eingeordnet werden kann. Diese Klassifizierungen wurden in eine Vulnerabilitätsmatrix eingetragen und ausgewertet. In einer zweiten Phase Analyse wurden zudem die Auswirkungen des Ausfalls von Systemkomponenten auf die Vulnerabilität anderer Komponenten im System analysiert. Systemgrenzen, Systemkomponenten und Gefährdungen Die räumlichen Systemgrenzen wurden durch das sozio-technische System der Wasserinfrastruktur bestimmt. Dazu gehörten zunächst einmal das Einzugsgebiet, seine Kanäle und Rohrleitungen sowie das RRC. Berücksichtigt wurden zudem Veränderungen von Nutzerzahlen, das Verhalten von Nutzern und Personal, aber auch Vandalismus und Sabotage. Die zeitlichen Systemgrenzen umfassten das Auftreten von Gefährdungen und die unmittelbare Kompensation des Ausfalls technischer Komponenten. Wichtig bei der Definition der Grenzen war es, die Veränderungen in der Vulnerabilitätsanalyse, die sich durch die Betrachtung eines semizentralen Wasserinfrastruktursystems ergaben (wie zum Beispiel kleinere räumliche Ausdehnung), besonders in den Blick zu nehmen. Das analysierte System wurde in Zusammenarbeit mit an Planung und Betrieb beteiligten Experten (u.a. Wissenschaftler, Ingenieure, Architekten) in sinnvolle funktionale technische Einheiten zerlegt. Die insgesamt 44 technischen Systemkomponenten lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: Komponenten innerhalb von Wohn-, Bürogebäuden und Hotels (z. B. Toiletten- und Brauchwasseranschlüsse, Wasserleitungen in Gebäuden), Kanäle und Rohrleitungen im öffentlichen Raum sowie Bestandteile des RRC. Letzteres besteht unter anderem aus Verfahrensschritten der Grau- und Schwarzwasserbehandlung (zum Beispiel Membranbioreaktoren bzw. MBR, Desinfektion), Brauchwasserspeicher, Energiemodul sowie dem Steuerungs- und Regelungssystem. Darüber hinaus wurden relevante Gefährdungen in einem Workshop mit denselben Experten definiert. Hierzu zählten nicht nur negative Folgen von Ausnahmesituationen, sondern auch unerwünschte Auswirkungen im Normalbetrieb. Die Liste der Gefährdungen umfasste 28 Elemente (Tabelle 1), die in drei Gruppen eingeteilt wurden: interne und externe Gefährdungen sowie Abhängigkeiten beispielsweise von anderen Infrastrukturen. Darüber hinaus wurden die Gefährdungen von den Experten mit Prioritäten versehen, die die Relevanz der Gefährdungen widerspiegeln, somit der Aufmerksamkeit, die einer Gefährdung während des Betriebs der Wasserinfrastruktur zu schenken ist. Priorität stellt also nicht notwendigerweise die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefährdung dar. Es wurde eine Skala von 1 (niedrige Priorität einer Gefährdung) bis 3 (hohe Priorität) gewählt. Vulnerabilitätsanalyse Die Vulnerabilitätsanalyse lieferte zunächst einen Überblick über die Auswirkungen von Gefährdungen auf die Vulnerabilität von Systemkomponenten. Die Gefährdungen mit den höchsten Auswirkungen sind menschliches Versagen, Hangrutsch am RRC, Sabotage (zum Beispiel: Terrorismus, Hacking), technisches Versagen und Feuer (Bild 3). Gefährdungen wie Erdbeben oder die Abhängigkeit von finanziellen Ressourcen besitzen das Potenzial, jegliche Systemkomponente außer Funktion zu setzen, weshalb sie nicht für differenziertere Aussagen zur Vulnerabilität des Systems herangezogen werden können. Die Liste der Gefährdungen, die sich am wenigsten auf die Vulnerabilität von Systemkomponenten auswirken, enthält eine überdurchschnittlich hohe Anzahl natürlicher Gefährdungen (unter anderem: Kältewellen, Starkregen, Hitzewellen, Dürren) und Abhängigkeiten von anderen Infrastrukturen (Kommunikation/ IT, Verkehrsanbindung). Interne Gefährdungen wie menschliches und technisches Versagen scheinen daher die Anfälligkeit von Systemkomponenten viel stärker zu erhöhen als Naturgefahren. Eine weitere wichtige Erkenntnis der Vulnerabilitätsanalyse bezieht sich auf die Abhängigkeit der Systemkomponenten von Gefährdungen. Die Vulnerabilitäten der RRC-Komponenten, insbesondere der Membranbioreaktoren (MBR), weisen die höchste 52 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Abhängigkeit von Gefährdungen auf. Die in Gebäuden verorteten Komponenten im Einzugsgebiet (Wohngebiete, Hotels, Büros) haben die geringste Abhängigkeit, während Abwasserkanäle und Rohrleitungen eine mittlere Abhängigkeit haben. Dies liegt vor allem daran, dass lokale Gefährdungen das Potenzial bergen, einzelne RRC-Komponenten, wie zum Beispiel ein MBR, funktionsunfähig zu machen, während es sehr unwahrscheinlich ist, dass dies bei allen Komponenten im Einzugsgebiet (wie etwa den Toiletten) gleichzeitig der Fall sein wird. Die Analyse der Auswirkungen des Ausfalls von Systemkomponenten auf die Vulnerabilität anderer Systemkomponenten ergab, dass das Steuerungs- und Regelungssystem die am weitesten reichenden Auswirkungen hatte, gefolgt von Schwarzwasser- MBR-Komponenten und Grauwasser- und Schwarzwasser-Komponenten im Kanalnetz. Die Systemkomponenten, die am anfälligsten für den Ausfall anderer Systemkomponenten waren, waren wiederum alle RRC-Komponenten mit Ausnahme des Steuerungs- und Regelungssystems. Schlussfolgerungen Da die Vulnerabilität semizentraler Wasserinfrastrukturen bislang noch nicht untersucht worden ist, können die Ergebnisse des hier vorgestellten Ansatzes dazu dienen, Planung und Betrieb zukünftiger Replikationen semizentraler Systeme zu verbessern. Dabei muss sich das Risiko- und Vulnerabilitätsmanagement auf die identifizierten Systemkomponenten konzentrieren, um deren Vulnerabilität zu minimieren. In Bezug auf die Gefährdungen lässt sich sagen, dass aufgrund der Betrachtung des semizentralen Systems spezifische Gefährdungsszenarien beleuchtet werden müssen, insbesondere fehlerhafte Sanitär- und Versorgungsanschlüsse, Betriebswasserboykott sowie die Abhängigkeit von der Speiseresteanlieferung. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus auch, dass bestimmte Auswirkungen und Ursachen außerhalb der gewählten Systemgrenzen liegen. Die Nutzer und Betreiber des Systems (Einwohner, Hotelgäste, Personal) haben einen erheblichen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Systems. Daher müssen insbesondere Maßnahmen zur Minimierung von Gesundheitsrisiken, die etwa durch Fehlanschlüsse entstehen können, gezielt identifiziert werden [20]. In einem nächsten Schritt soll untersucht werden, an welchen Stellen zentrale bzw. semizentrale Wasserinfrastrukturen anfälliger gegenüber internen und externen Gefährdungen sind. Ein Vergleich der Vulnerabilitäten dieser unterschiedlichen Systemansätze würde ihre jeweiligen Stärken und Schwächen deutlich machen. Bild 3: Gewichtete Wirkung der Gefährdungen auf die Vulnerabilität des Gesamtsystems (als Summe der Vulnerabilität der Systemkomponenten). © ISOE THEMA Sicherheit im Stadtraum 53 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES LITERATUR [1] Hillenbrand, T., Hiessl, H.: Sich ändernde Planungsgrundlagen für Wasserinfrastruktursysteme. Tl.1: Klimawandel, demographischer Wandel, neue ökologische Anforderungen. In KA, Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 53, 12 (2006), pp. 1265-1271. [2] Kluge, T., Libbe, J. (Eds.): Transformation netzgebundener Infrastruktur. Strategien für Kommunen am Beispiel Wasser. Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) (DIFU-Beiträge zur Stadtforschung, 45, 2013). [3] Seneshaw, A.T.: Flexible Urban Water Distribution Systems. Tampa, FL: University of South Florida (Graduate Theses and Dissertations), 2013. [4] Wikramanayake, N., Corea, E. J. 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