eJournals Transforming cities 3/1

Transforming cities
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2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0008
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Soft Data

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Matthias Breier
Dieser Bericht aus der Praxis beschäftigt sich mit der Erhebung und Nutzung von Soft Data als empfehlenswerte Ergänzung zu den sogenannten Hard Facts sowie dem Paradigmenwechsel in Gemeinden und Städten. Er behandelt die Frage, wie und warum Städte ihre Bürger in Zukunft stärker in Entscheidungen miteinbeziehen können und auch müssen. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Municipality Happiness Index, es wird gezeigt, wie er genutzt werden kann, um in Gemeinden und Städten eine Entscheidungsbasis zu schaffen.
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20 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Informieren, Konsultieren, Einbeziehen, Kooperieren, Ermächtigen: Die fünf Ebenen der Bürgerbeteiligung erscheinen zunächst abstrakt. Ihre Bedeutung hat vor allem in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Im Zwei- Jahres-Rhythmus werden die Daten des e-Government Survey der United Nations publiziert. Besonders auffällig ist die Entwicklung des Bereiches e-participation, der Online-Beteiligung. Während dem Thema im Bericht des Jahres 2012 lediglich ein kleines Unterkapitel gewidmet wurde, ist daraus im Jahr 2016 ein über 20- Seiten umfassendes Hauptthema geworden. Sicher zu recht, denn Bürgerbeteiligung in den verschiedensten Ausprägungen ermöglicht es, in Städten und Gemeinden bessere und nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. Ganz explizit sollen hier die Bereiche Konsultieren und Einbeziehen betrachtet werden. In einem Auszug aus der Praxis wird gezeigt, wie Bürgerbeteiligung intensiver sowie sinnbringend genutzt werden kann und vor allem, wie die Nutzung von Soft Data zu hoher Zufriedenheit aller Involvierten führt. Soft Data - warum Meinungen nicht unterschätzt werden sollten Was ist Soft Data eigentlich? Das Cambridge Dictionary bezeichnet Soft Data als Daten, die schwierig zu erheben sind. Dazu zählen die Meinung und die Gefühle von Personen. Diese Daten beruhen in aller Regel auf einer Selbsteinschätzung des Befragten und zeichnen sich durch eine schnelle Veränderungsrate aus. Meinungen ändern sich, oftmals sehr schnell. Wird beispielsweise kurz nach einer negativen Medienberichterstattung im Bereich Verkehr in einer Gemeinde zur Zufriedenheit mit dem Verkehrsgeschehen befragt, nimmt die Zufriedenheit schlagartig ab. Jedoch dauert es in der Regel nicht lange, bis es wieder zum Normalzustand kommt. Die Befragung in einer solchen Situation führt zu einer starken Verzerrung der tatsächlichen Meinung. Auf Grundlage dieses Wissens wäre es nur sinnvoll, Soft Data von Bürgern laufend und in regelmäßigem Abstand zu erheben. Dadurch würden Verzerrungen durch tagesaktuelle Berichterstattung zwar ebenfalls auftreten, jedoch schon bei der nächsten Erhebung relativiert werden. Zu diesem Thema gab es in den letzten Monaten direkten Kontakt mit weit über 100 Gemeinden und Städten. Lediglich ein Bruchteil davon hatte sich selbst bereits die Auflage erteilt, zumindest in einem Zweibis Vier-Jahresrhythmus die generelle Zufriedenheit ihrer Bürger zu erheben. Mit dem Wissen über die schnellen Veränderungen ist diese Periode jedoch deutlich zu lang. Eine Verzerrung aus dem Soft Data Wie Bürger zur Zukunft beitragen Soft Data, Bürgerbeteiligung, Municipality Happiness Index Matthias Breier Dieser Bericht aus der Praxis beschäftigt sich mit der Erhebung und Nutzung von Soft Data als empfehlenswerte Ergänzung zu den sogenannten Hard Facts sowie dem Paradigmenwechsel in Gemeinden und Städten. Er behandelt die Frage, wie und warum Städte ihre Bürger in Zukunft stärker in Entscheidungen miteinbeziehen können und auch müssen. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Municipality Happiness Index, es wird gezeigt, wie er genutzt werden kann, um in Gemeinden und Städten eine Entscheidungsbasis zu schaffen. © pixabay 21 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Erhebungsjahr könnte zahlreiche Projekte in den folgenden vier Jahren nach sich ziehen, die unter Umständen in dieser Form von den Bürgern gar nicht gewollt sind, dies würde aber erst viel zu spät bei weiteren Befragungen erkennbar. Manche Gemeinden und Städte erkennen bereits zunehmend die Bedeutung von Bürgerbeteiligung und Zufriedenheitsanalysen. Diese Gemeinden folgen in der Regel einem ähnlichen Verständnis. Sie sehen die Bürger als Kunden und sich und ihre Aufgaben als eine Art Dienstleistung. Zum einen sind sie dabei an Feedback interessiert, um ihre Dienstleistung zu verbessern, zum anderen glauben sie daran, dass Feedback einer der größten Motivatoren für zukünftige Arbeit darstellt. Dieser Paradigmenwechsel zeigt auf, dass Gemeinden und Städte einen Wandel durchmachen. Im Jahr 2002 hat Borins beschrieben [1], dass öffentliche Institutionen in aller Regel Monopole darstellen. Monopole sind konkurrenzlos und vernachlässigen Innovation. Die oben beschriebenen Gemeinden und Städte sehen sich selbst jedoch in einer Konkurrenzsituation und sind daher sowohl verstärkt an Innovation interessiert, als auch an der Einstellung ihrer „Kunden“ - den Bürgern. Municipality Happiness Index - eine Chance, Soft Data konstant zu erheben Der Municipality Happiness Index (kurz: MHI) wurde mit dem Ziel entwickelt, die Zufriedenheit von Bürgern auf einer kontinuierlichen Basis zu erheben. Es handelt sich dabei um eine quantitative Erfassung der Bürgerzufriedenheit. Den Bürgern werden aus zwölf verschiedenen Themengebieten (Bild 1) etliche Fragen gestellt. Durch die breite Streuung der Themen ist der MHI die perfekt Grundlage für weitere individuelle und vor allem gemeindespezifische Fragen. Die Auswertung des MHI umfasst altersspezifische und geschlechtsspezifische Gruppierungen sowie einen Gesamtwert. Großes Augenmerk wird auf die Auswahl eines Benchmarks gelegt. Den Verantwortlichen ist es möglich, sich einen Durchschnittswert aus anderen Gemeinden und Städten anzeigen zu lassen und diesen in den finalen Bericht zu integrieren (Benchmarking). Durch gleichzeitige Nutzung einer passenden Software entsteht für die Städte der Zukunft eine neue Möglichkeit: Sie bekommen die Chance auf Basis des MHI eine laufende Zufriedenheitsmessung durchzuführen. Durch den möglichen Vergleich mit einem gewünschten Benchmark werden den Daten zusätzliche Informationen verliehen. Die Entscheidungsbasis einer Stadt wird gestärkt, Möglichkeiten und Gefahren können frühzeitig erkannt werden. Ganz generell werden damit die zwei grundlegenden Eigenschaften der oben beschriebenen Städte und Gemeinden befriedigt. Durch die Nutzung neuer Software versuchen sie innovative Lösungen zu finden, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Gleichzeitig nutzen Sie den MHI, um das Interesse und die Zufriedenheit der eigenen Bürger messbar zu machen und in weiterer Folge Vergleiche mit Benchmark-Städten heranzuziehen. LITERATUR [1] Borins, S.: „Leadership and innovation in the public sector“, Leadership & Organization Development Journal, Vol. 23 Issue: 8, (2002) pp. 467-476. AUTOR Matthias Breier, Bsc. Geschäftsführer Vocita LVC, Vaduz, Liechtenstein Kontakt: matthias.breier@vocita.com Bild 1: Zwölf Themengebiete werden abgefragt. © Vocita