eJournals Transforming cities 3/1

Transforming cities
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2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0013
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Entscheidungshilfen bei Terror im Bahnverkehr

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Eva Olschewski
Terrordrohung auf dem Münchner Hauptbahnhof, der Anschlag auf einen U-Bahnhof in Brüssel – der Bahnverkehr in Europa ist in den letzten Jahren mehrmals in das Visier von Terroristen geraten. Unter der Koordination von Prof. Stefan Pickl von der Universität der Bundeswehr München entwickelte der internationale Forschungsverbund „RE(H)STRAIN“ ein System für IT-basierte Entscheidungsunterstützung im Notfall.
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34 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität Control Tower Big Data Service Am 29. und 30. Januar 2018 trafen sich die Projektmitglieder von „RE(H)STRAIN“ (Resilience of the Franco-German High Speed Train Network) zu einem Abschluss- Workshop, um den Entscheidungskatalog der Öffentlichkeit zu präsentieren. Damit können Bahnbetreiber das mögliche Verhalten eines Angreifers und die Folgen seiner Tat besser einschätzen und zum Beispiel mit einer rechtzeitigen Evakuierung reagieren. Im dreijährigen Projekt untersuchten die teilnehmenden Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen - unter Anwendung verschiedener Sicherheitsstrategien - eine Vielzahl von Szenarien und Optimierungsmodellen im deutschfranzösischen Hochgeschwindigkeitsnetz. Es entstanden Modelle zum Verhalten von Angreifer und Passagier und der Rauchentwicklung in Tunneln; ein Gerät zur Aufspürung von Sprengstoff und radioaktiven Substanzen wurde entwickelt. Aber auch die Einhaltung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten erhielt im Projekt einen hohen Stellwert. „RE(H)STRAIN“ schloss an das zweijährige Vorhaben „RiKoV“ an, das sich zunächst mit der Sicherheit im deutschen Schienenverkehr auseinandersetzte. Entscheidungshilfen bei Terror im Bahnverkehr Eva Olschewski Terrordrohung auf dem Münchner Hauptbahnhof, der Anschlag auf einen U-Bahnhof in Brüssel - der Bahnverkehr in Europa ist in den letzten Jahren mehrmals in das Visier von Terroristen geraten. Unter der Koordination von Prof. Stefan Pickl von der Universität der Bundeswehr München entwickelte der internationale Forschungsverbund „RE(H)STRAIN“ ein System für IT-basierte Entscheidungsunterstützung im Notfall. © pixabay 35 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität Layer 1 Layer 2 Layer 3 BMBF REHSTRAIN and RIKOV Intelligent Sensor Placement & Big Data - Graph Measures Kartografie: DB Netz AG, Geoinformationsmanagement - Visualisierung (I.NPP 41(V)) Im Galluspark 23, 60326 Frankfurt am Main infrastruktur.geodaten@deutschebahn.com Systeme widerstandsfähiger machen „Sowohl öffentliche als auch sicherheitspolitische Debatten über Terrorismus beschränken sich hauptsächlich auf den Flugverkehr, obwohl Anschläge auf das Schienennetz wie zum Beispiel in Madrid 2004 oder London 2005 von ihren ökonomischen wie gesellschaftlichen Folgen ebenso verheerend sind“, sagt Informatikexperte Pickl. Für die Arbeit am Projekt holte er sich zusätzlich zu den Mitarbeitern seiner Professur für Operations Research sozial- und ingenieurwissenschaftliche Expertise hinzu: Sein Team arbeitete im Forschungszentrum RISK interdisziplinär. Im Projekt machten sich die Wissenschaftler zunächst ein Bild von der aktuellen Sicherheitssituation im deutschen und französischen Bahnverkehr. So konnte zum Beispiel die Effizienz des Systems bei Ausfall eines Bahnhofs bestimmt werden. Die Forscher ermittelten zudem, zu welchen Uhrzeiten oder an welchen Wochentagen besonders viele Passagiere auf ICE und TGB zurückgreifen. Im nächsten Schritt wurden Schwachstellen im System aufgedeckt. Hierbei betrachteten die Wissenschaftler immer vergangene, jetzige und zukünftig einsetzbare Sicherheitsmaßnahmen wie Trackingsoftware. „Auch Terrororganisationen ändern sich“, verdeutlichte Co-Koordinator Dr. Martin Zsifkovits die vielen Einflussfaktoren. Die Professur vernetzte einzelne Sensoren, um die bislang noch hohe Fehlerquote bei der Detektion von Sprengstoff oder anderen gefährlichen Substanzen zu verringern. Es entstand eine Datenbank, welche die Auswirkung einzelner Sicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise den Einsatz von Kameras je nach Art des Anschlages und der verwendeten Waffen anzeigt. Krisenfrüherkennung Im Hinblick auf ein späteres konkurrenzfähiges Produkt für privatwirtschaftliche Akteure arbeitete das Verbundteam, darunter zum Beispiel die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg oder die TH Köln, in der Entwicklung und Umsetzung des umfassenden Risikomanagements eng mit der Deutschen Bahn DB sowie der französischen Eisenbahngesellschaft SNFC zusammen. Das Projekt wurde vom Ein ganzheitlicher Modellierungsansatz war leitend für die beiden europäischen BMBF-Projekte RIKOV und REHSTRAIN im Bereich der Hochgeschwindigkeitsbahnnetze von Deutschland und Frankreich. Beispielsweise gibt es auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke von München nach Berlin keine Signale mehr. Intelligente Sensoren ersetzen diese und liefern die Informationen nicht nur an den Zugführer sondern auch an eine zentrale Steuereinheit - vergleichbar mit einem Control Tower. Bei beiden Projekten war die Erhebung und Nutzung von Big Data leitendes Prinzip. Kernfrage war, wie solche Daten genutzt werden können, um die Resilienz der Systeme zu erhöhen. Multilayer- Modellierung. © Universität der Bundeswehr/ Pickl Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Forschungsthemas „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017“ gefördert. Die Ergebnisse können aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes auch auf andere Krisensituationen angewendet werden. INTELLIGENTE SENSORIK