eJournals Transforming cities 3/1

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0018
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Smart City: Der Traum von der lebenswerten Stadt

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Andreas Zerlett
Weltweit verzeichnen Städte steigende Bevölkerungszahlen. Große Arbeitsmärkte, kurze Wege, umfassendes Freizeitangebot, gute Infrastruktur und vieles mehr locken Menschen in die Großstadt. Im Jahr 2050 werden etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten leben. Wie lässt sich dabei eine hohe Lebensqualität in den Metropolen sicherstellen? Werden Städte bald am Verkehr oder im Abfall ersticken? – Oder lassen sich unsere Städte durch innovative Technologien lebenswerter gestalten? Experten setzen große Hoffnung in das Konzept „Smart Cities“ als Lösung für die weiter wachsenden Anforderungen.
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54 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die intelligente Stadt Smart City: Der Traum von der lebenswerten Stadt Intelligente IT verbessert die Lebensqualität in Großstädten Smart City, intelligente Infrastrukturen, Smart Grids, Wasserversorgung, Mobilität Andreas Zerlett Weltweit verzeichnen Städte steigende Bevölkerungszahlen. Große Arbeitsmärkte, kurze Wege, umfassendes Freizeitangebot, gute Infrastruktur und vieles mehr locken Menschen in die Großstadt. Im Jahr 2050 werden etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten leben. Wie lässt sich dabei eine hohe Lebensqualität in den Metropolen sicherstellen? Werden Städte bald am Verkehr oder im Abfall ersticken? - Oder lassen sich unsere Städte durch innovative Technologien lebenswerter gestalten? Experten setzen große Hoffnung in das Konzept „Smart Cities“ als Lösung für die weiter wachsenden Anforderungen. Bild 1: In Smart Cities werden Verkehrsmittel und Verkehrswege intelligent gesteuert und damit effizient genutzt. © COPA-DATA THEMA Die intelligente Stadt 55 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES Smart City - das Konzept für die Zukunft? Smart Cities nutzen Technologien, um die Qualität und Leistung von städtischen Dienstleistungen zu steigern, Kosten zu senken und den Ressourcenverbrauch zu verringern. Im Mittelpunkt steht die geschickte Vernetzung der Funktionen einer Stadt, wie zum Beispiel in den Bereichen Energie, Mobilität, Wasser, Ernährung, Sicherheit, Wohnen, Arbeiten und Einkaufen. Daten bilden die Basis für die intelligente Stadt, die möglichst in Echtzeit erfasst werden und zur sofortigen Verarbeitung bereitstehen. Dazu gehören beispielsweise Informationen über konsumierte Energie, Wasserverbrauch, Auslastung von Straßen und öffentlichen Verkehrsmitteln und vieles mehr. Die Daten werden durch intelligente Sensoren erfasst und in einer zentralen Plattform - beispielweise einer Cloud-Infrastruktur - zum Archivieren oder Analysieren bereitgestellt. Im Prinzip lassen sich Smart Cities mit Ökosystemen vergleichen, die durch den Einsatz digitaler Technologien sicherer und nachhaltiger werden. So soll ihren Einwohnern ein gesünderes und glücklicheres Leben ermöglicht werden. Während das für manchen noch wie Zukunftsmusik klingt, werden einige Konzepte der Smart City bereits angewendet - zum Beispiel in den Bereichen Smart Energy, Wasserversorgung, Verkehr oder Gebäudemanagement. Energie - erneuerbar und jederzeit verfügbar Der bekannteste Lösungsansatz für Smart Energy betrifft die Stromverteilung. Früher waren die Stromverteilernetze auf zentrale Kraftwerke ausgelegt. Das Kraftwerk erzeugte Strom, über das Verteilnetz gelangte er zum Verbraucher. Doch inzwischen hat sich das Szenario fundamental geändert. Mit unzähligen Fotovoltaikanlagen auf den Gebäuden der Stadt werden aus vormals reinen Stromabnehmern - zumindest stundenweise am Tag - Stromerzeuger. Auf dem Land erzeugen großflächige Solaranlagen, Windräder und Biogasanlagen erneuerbare Energien. Das Verteilnetz muss sich an diese neuen Gegebenheiten automatisch anpassen. Mit moderner IT lässt sich eine hohe Versorgungssicherheit auch bei einer Vielzahl räumlich verteilter Erzeuger und Verbraucher erreichen. So dürfen im Verteilnetz die Höhe der Spannung, die Phasenlage und die Frequenz nur innerhalb geringer Grenzen schwanken. Bei Überschreitung der Grenzwerte drohen Schäden an Maschinen und Anlagen. Nicht einfach, aber lösbar - beispielsweise mit Sensoren und dezentralen Steuerungen. Auch lokale Stromspeicher wie Hausbatterien helfen, Schwankungen bei Stromerzeugung und -verbrauch auszugleichen. Wasser und Abwasser - zwei Seiten derselben Medaille Wasser ist Leben. In vielen Teilen der Welt, vor allem in südlichen oder sehr trockenen Regionen, ist Wasser in der Regel eine sehr knappe und kostbare Ressource. Ein Element, mit dem es in allen Lebenssituationen und -zyklen zu haushalten gilt. Ohne eine leistungsfähige und effiziente Wasserversorgung und Abwasserentsorgung kann eine Stadt nicht existieren. In den Großstädten und in den weitläufigen, dichtbesiedelten Metropolregionen potenziert sich der Aufwand. Ein Beispiel für eine gelungene Infrastruktur ist die Bodensee-Wasserversorgung in Deutschland. Der Zweckverband versorgt täglich über vier Millionen Menschen in Baden-Württemberg mit Trinkwasser - darunter die Metropolregion Stuttgart. Das Versorgungsunternehmen entnimmt dem Bodensee Wasser, bereitet es auf und verteilt es über ein mehr als 1700 Kilometer langes Leitungsnetz. Die durchgehende Versorgung der Bürger mit Wasser bedingt, dass der Weg des Wassers und der Durchfluss genau gesteuert werden. Smarte Technik ermöglicht die exakte, bedarfsgerechte Steuerung. Störungen in dem weitläufigen Wassernetz sind schnell lokalisiert und lassen sich umgehend beheben. Zudem können außerordentliche Spitzen im Wasserverbrauch mittels prädiktiver Analysen vorhergesagt und somit Engpässe in der Versorgung vermieden werden. Mobil in der Stadt - den öffentlichen Transport und den Individualverkehr optimieren Gerade in großen Städten stehen kaum weitere Flächen für Verkehrswege zur Verfügung. Die Aufgabe für Smart Cities: Vorhandene Verkehrsmittel und Verkehrswege effizienter nutzen. Sinnvoll ist die Vernetzung von Fahrzeugen mit den Ampeln. Zusammen mit der verkehrsabhängigen Freigabe der Spuren lässt sich der Fahrzeugfluss verbessern. Die intelligente Lösung für den Parksuchverkehr: Sensoren im Asphalt von Parkplätzen melden freie Parkplätze. Eine Smartphone-App zeigt diese an und navigiert die Fahrer dorthin. Und ein weiterer Hebel für eine kluge Mobilität: Die intelligente Steuerung der Straßenbeleuchtung und die verkehrsabhängige Belüftung von Tunneln spart Energie ein. Auch das öffentliche Transportwesen hat Optimierungsbedarf. Ob Straßenbahn, U- und S-Bahn oder Fernzug - es gilt, Schienenstrecken optimal auszulasten und den Energieverbrauch der Transportmittel zu minimieren. Aber auch der Energiekonsum der Bahnhöfe und Stationen kann verringert werden - ohne Einbußen beim Komfort. 56 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die intelligente Stadt Intelligente Gebäude denken mit Smart Buildings entlasten nicht nur den Geldbeutel, sondern schonen durch geringeren Ressourcenverbrauch auch Umwelt und Klima. Aufzüge, Klimaanlagen, Heizung, Lichtsysteme, Wasser, Elektrizität - ein Gebäude vereint zahlreiche Systeme, die automatisiert ineinandergreifen. Öffentliche Einrichtungen wie Universitäten, Schulen oder Krankenhäuser haben ein hohes Energieeinsparpotenzial, da es sich oft um ältere Gebäudestrukturen handelt. Moderne Automationssoftware unterstützt die Betreiber dabei, Einsparungspotenziale zu identifizieren und bestmöglich zu realisieren. Basis hierfür ist das automatisierte Sammeln und Auswerten jeglicher Energiedaten. Ein intelligentes Energiedaten-Management-System, kurz EDMS genannt, verringert den Energiekonsum eines Gebäudes im zweistelligen Prozentbereich - ohne Komfortverlust. Aufsummiert auf alle öffentlichen Gebäude einer Stadt reduziert sich der gesamte Energiebedarf einer Stadt enorm. Herausforderungen auf dem Weg zur Smart City Neben den vielen Vorteilen, welche die Smart City den Bewohnern in Zukunft bieten wird: Der Weg dorthin ist auch mit großen Herausforderungen verbunden. Datenmengen souverän meistern Die Smart City generiert riesige Datenmengen über das Stadtleben. Doch um wirklich smart zu sein, muss sie mehr können, als nur Daten zu sammeln. Sie muss riesige Informationsberge verwalten und auswerten, Wertschöpfungspotenziale erschließen und neue Erkenntnisse liefern. Mit traditionellen Datenverarbeitungsmethoden kann man solche riesigen Informationsmengen in so unterschiedlichen Formaten nicht mehr beherrschen. Die Herausforderungen erstrecken sich von der Erfassung, Speicherung und Archivierung über das Durchsuchen, Teilen und Übertragen bis hin zur Auswertung und Visualisierung von Daten. Es müssen Analyse- und Entscheidungssysteme im Einsatz sein, damit die aus diesen riesigen Datenmengen gewonnenen Informationen Echtzeitentscheidungen und -handlungen unterstützen - so werden die Systeme, Prozesse und die Stadt als Ganzes effizienter. Die neueste Generation der industriellen Automatisierungslösungen wurde dafür entwickelt, mit diesen Problemen fertig zu werden. Sie stützt sich dabei auf modernste und kontinuierlich weiterentwickelte Analysetechniken, die über eine Vielzahl von Datenquellen hinweg eingesetzt werden können. Bild 2: Die vernetzte Stadt sammelt Daten über Ressourcen wie Strom und Wasser, die Auslastung der Infrastrukturen und über öffentlichen Gebäude - so passt sie sich gezielt an die Gegebenheiten an. © COPA-DATA THEMA Die intelligente Stadt 57 1 · 2018 TR ANSFORMING CITIES Smart aber sicher Smarte Infrastrukturen machen Städte angreifbar - denn Cyber-Attacken finden in der vernetzten Stadt neue Einfallstore. Was passiert also, wenn eine ganze Stadt durch einen Virus im System lahmgelegt wird? Oder wenn sie sogar Opfer eines gezielten Hacker-Angriffs wird? IT-Sicherheit nimmt zunehmend eine wichtigere Rolle ein, wenn es um Smart Cities geht. Die Infrastruktur muss beständig nach verdächtigen Aktivitäten und ungewöhnlichem Verhalten abgesucht werden. Zudem gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, die die anfälligsten Stellen in der IT-Infrastruktur absichern. Auch die Endpunkte und Endgeräte der Anwender müssen den Compliance- Anforderungen und Sicherheitsregelungen gerecht werden. Barcelona zeigt: Intelligente Städte sind machbar Einige Städte nehmen bei dem Thema Smart City eine Vorreiterrolle ein. So ist die spanische Stadt Barcelona auf einem guten Weg. Eines ihrer Ziele besteht darin, städtische Dienstleistungen wie die Müllabfuhr zu optimieren. Sensoren an Mülltonnen erfassen den Füllstand und die Geruchsentwicklung. Bei Überschreitung der eingestellten Grenzwerte signalisieren sie einem zentralen Leitsystem, dass sie geleert werden müssen. Die Müllabfuhr agiert so bedarfsabhängig und optimiert ihre Fahrwege. Weiterhin soll die Bewässerung der städtischen Parks effizienter gestaltet werden. Sensoren messen deshalb die Feuchtigkeit des Bodens. Anhand von Wetterlage und Messdaten optimieren die Gärtner die Bewässerung. Um den Parkplatzsuchverkehr in den Griff zu bekommen, ermitteln Sensoren die Auslastung von Parkplätzen. Ein intelligentes Parkleitsystem weist Autofahrer auf freie Parkplätze hin. Ein weiteres Szenario für die Stadt der Zukunft ist die intelligente Beleuchtung von öffentlichen Wegen für Fußgänger. Im Rahmen des Barcelona Lighting Masterplans rüstete die Stadt über 1100 Laternen auf die energiesparende LED-Technik um. Sensoren melden der Lichtsteuerung in den Laternenmasten, wenn Fußgänger in der Nähe sind. Daraufhin erhöht die Steuerung die Helligkeit der LED-Leuchten. Sobald keine Fußgänger mehr in der Nähe sind, wird die Beleuchtung gedimmt. Mit dieser Technologie konnte Barcelona den Stromverbrauch der städtischen Beleuchtung um rund 30 Prozent reduzieren. Das Beispiel Barcelona macht optimistisch: Es zeigt eine Menge Stellschrauben und technologische Lösungen, mit denen Städte immer energieeffizienter und intelligenter werden können. Und die Aussichten sind noch besser - die Stadt der Zukunft kann mit innovativen Technologien auch lebenswert gestaltet werden. Andreas Zerlett Sales Excellence Energy & Infrastructure / Smart City Ing. Punzenberger COPA-DATA GmbH Kontakt: Andreas.Zerlett@copadata.de AUTOR Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Schliffkopfstraße 22 | D-72270 Baiersbronn Tel.: +49 7449 91386.36 | Fax: +49 7449 91386.37 office@trialog.de | www.trialog-publishers.de Unsere neuen Kontaktdaten Verlag und Redaktion sind umgezogen Redaktionsleitung: Leserservice/ Vertrieb: Anzeigenservice: Dispo/ Onlinetechnik: Tel.: +49 7449 91386.43 christine.ziegler@transforming-cities.de Tel.: +49 7449 91386.39 service@trialog.de Tel.: +49 7449 91386.46 anzeigen@trialog.de Tel.: +49 7449 91386.47 dispo@trialog.de