eJournals Transforming cities 3/2

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0036
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Neue Wege in der Regenwasserbewirtschaftung

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Andreas Amft
Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung sowie der Schutz von Klima und Umwelt sind für die Classen Gruppe und deren Mitarbeiter verpflichtende Grundwerte. Diese Unternehmensphilosophie steht auch für einen nachhaltigen Umgang mit Niederschlagsabflüssen.
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32 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Die Classen Gruppe ist Produzent, Lieferant und Sortimentsdienstleister für naturbelassene Holzprodukte für den Innenausbau. Das Unternehmen entwickelt und produziert hochwertige Bodenbeläge ausschließlich in Deutschland und gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Laminatböden. Schon frühzeitig nach der Wende wurden die Weichen für den Produktionsstandort Baruth/ Mark im strategischen Berliner Umland gelegt. Das starke Wachstum des Unternehmens machte es dann notwendig, den Standort der gestiegenen Nachfrage anzupassen und auszubauen. Deshalb galt für die notwendige Überplanung der Liegenschaft auch, die innerbetrieblichen logistischen Aspekte stärker zu berücksichtigen. So wurde dem Planungsteam schnell klar, dass die Produktions- und Logistikhallen idealerweise dort erweitert werden mussten, wo sich bereits das offene, zentrale Regenversickerungsbecken Systemtechnik am alten Standort fiel. Die Versickerungsfähigkeit des Untergrundes wurde mittels Versickerungsversuchen nachgewiesen, der kf-Wert wurde mit 1,0 x 10 - 4 m/ s ermittelt. Die mit diesem Wert durchgeführten Berechnungen nach DWA-A-138 für das bestehende Versickerungsbecken und die in den 15 Jahren gemachten Betriebserfahrungen am Standort bestätigen den damals angenommen Wert. Auch die vorgeschalteten Bauwerke wie Reinigungsbecken und Absetzbecken erfüllen weiterhin voll und sicher ihre Funktion und konnten ohne weiteres an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Der Grundwasserstand wurde ebenfalls durch eine Pegelbohrung nachgewiesen. Danach steht das Grundwasser etwa 10,00-m unter Geländeoberkante an. Der Flurabstand der Versickerungsanlage verändert sich nicht, er beträgt auch weiterhin rund 4,00 m. Neue Wege in der Regenwasserbewirtschaftung Moderne und leistungsstarke Kunststoffhohlkörperrigole statt Regenwassermulde Andreas Amft Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung sowie der Schutz von Klima und Umwelt sind für die Classen Gruppe und deren Mitarbeiter verpflichtende Grundwerte. Diese Unternehmensphilosophie steht auch für einen nachhaltigen Umgang mit Niederschlagsabflüssen. befand. In Vorbereitung auf den anstehenden Hallenneubau wurde das Becken durch eine moderne, unterirdische und zugleich überbaubare Versickerungsrigole ersetzt. Alternativ hätte ein neuer Ablaufkanal über mehrere hundert Meter bis über die derzeitigen Grundstückgrenzen des Unternehmens Classen hinweg errichtet werden müssen, um außerhalb ein neues Versickerungsbecken zu bauen. Wegen der Kosten, dem nicht zur Verfügung stehenden Grundstück sowie einer generellen Ungewissheit über die sonstigen Rahmenbedingungen (wie zum Beispiel Versickerungsfähigkeit, Grundwasserabstand) außerhalb der Grundstücksgrenzen, entschied man sich gegen eine solche Lösung. Da sich gerade die Versickerungsfähigkeit am alten Standort der Anlage über viele Jahre hinweg als sehr leistungsfähig und störungsfrei gezeigt hatte, lag es nahe, dass die Wahl auf eine neue Bild 1: (links) Nahezu fertiggestellte Enregis Hochlast Regenwasserversickerungsanlage. © Enregis Bild 2: (rechts) Wasserhaltemaßnahme während der Vorbereitung der späteren Rigolenbzw. Retentionskörperaufstandsfläche. © Enregis 33 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Da die Einleitstelle selbst nicht verändert wurde, sondern sich die Veränderungen ausschließlich in der Ausgestaltung der Versickerungsanlage ergaben, konnte auch weiterhin die bestehende wasserrechtliche Genehmigung als Betriebsgrundlage herangezogen werden. (vorliegende Genehmigung nach § 8 WHG). Die neue, unterirdische Versickerungsanlage, aufbauend auf modernen Hochlastspeicherkörpern von Enregis wurde entsprechend der DWA-A-138 neu berechnet. Die hierbei ursprünglich zugrunde liegende Einleitmenge von 1204 l/ s wird trotz der zusätzlich anzuschließenden Fläche aus dem Hallenneubau nicht überschritten (Ared = 9,54 ha x 120 l/ (sxha) = 1144,8 l/ s). Da die unterirdische Versickerungsrigole überbaut werden sollte, kam gerade auch der Auswahl des richtigen, leistungsstarken Systems sowie der generellen technischen Ausgestaltung der Rigole große Bedeutung zu. Die Entscheidung fiel dann auf das Hochleistungs- ENREGIS/ X- Box ® bzw. ENREGIS/ Controlbox ® - System. Neben einer extrem hohen Berstdruckfestigkeit, sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Wirkrichtung, weist dieses System eine Vielzahl von weiteren Systemvorteilen, gerade im Hinblick auf die Funktionalität, aus. Mit einer zertifizierten Berstdruckfestigkeit von > 600 kN/ m² kann der Retentionskörper selbst bei extrem oberflächennahem Einbau aufnehmen und langfristig sicher ins Erdreich ableiten. Die Enregis Kunststoffhohlkörperelemente können direkt auf das tragfähige Erdreich in der Baugrube aufgestellt und sofort mit Standardmaterialien gemäß DIBt bzw. Herstellervorgaben verfüllt werden. Eine zusätzlich innenliegende, über die Gesamtlänge der Anlage integrierte Inspektions- und Filterstufe mit einer Nennweite von > DN 500 schützt den Retentionsspeicher sowie das anstehende Erdreich nachhaltig vor Verschlammung. Sollten im Störungsfall vorgeschaltete Filtersysteme nicht fachgerecht betrieben werden, schützt diese zusätzliche Filterstufe das System. Ein späterer Zugang zum System, für etwaige Wartungs- oder Spülvorgänge erforderlich, wird durch die im Enregis System ebenfalls integrierten DN 600 Kontrollschächte und über > 500 mm große Spül- und Kontrollkanäle sichergestellt. Bedingt durch die Leichtmodulbauweise des Systems konnte die rund 2733 m³ große Retentions-/ Versickerungsanlage in kürzester Zeit umgesetzt werden. Die veranschlagte Bauzeit wurde sogar unterschritten. Die Regenwasserbehandlungs- und Retentions-/ Versickerungsanlage wurde für eine fünfjährige Überschreitungshäufigkeit eines Starkregenereignisses, wie es nach DWA-Regelwerk (Arbeitsblatt DWA-A 138) empfohlen wird, ausgelegt. Fazit: Besondere Anforderungen im Industriebau erfordern sehr spezifische Lösungsansätze. Positiv, wenn Auftraggeber, Planungsverantwortliche, Verarbeiter und nicht zuletzt Hersteller neben den ökonomischen auch die ökologischen Aspekte gleichbedeutend bewerten, gemeinsam vorantreiben und infolge auch gemeinsam umsetzen können. Das vorliegende Beispiel zeigt sehr deutlich, dass es eine Vielzahl von Lösungsvarianten gibt, die einen umweltgerechten Umgang mit Niederschlagswasser, selbst im Industriebau ermöglichen. Manchmal ist auch ein Umdenken im Einsatz von Technologien erforderlich. Bild 3: (links) Schaffung eines Planums sowie einer Ausgleichschicht gemäß Herstellerbzw. DIBt Vorgaben. © Enregis Bild 4: (rechts) Einbau des zertifizierten Enregis Hochlast Regenwasserretentionskörpers ENREGIS/ X-Box ® / ENREGIS/ Controlbox System ® . © Enregis Dipl. Wirtsch.-Ing. Andreas Paul Amft Geschäftsführender Gesellschafter ENREGIS GmbH Kontakt: andreas.amft@enregis.de AUTOR