eJournals Transforming cities 3/2

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0045
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2018
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Energieversorgung in der Stadt

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2018
Antje-Mareike Dietrich
Dennis Ebeling
Eine Herausforderung für die Stadt der Zukunft stellt die nachhaltige Energieversorgung im Gebäudesektor bei einem Anstieg des urbanen Energiebedarfs dar. Die dezentrale Energieversorgung birgt hierfür technische Lösungsmöglichkeiten. In Deutschland behindern jedoch regulatorische Eingriffe deren praktische Umsetzung, insbesondere in Mietimmobilien.
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72 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten Städte sind im Trend. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 acht von zehn Europäern in einer Stadt leben [1]. Ein vergleichbarer Trend wird auch für Deutschland beobachtet [2]. Insbesondere Großstädte und Metropolregionen verzeichnen steigende Bevölkerungszahlen. Damit geht ein erhöhter Bedarf an städtischer Infrastruktur einher, der insbesondere die Bereiche Wohnen und Energie betrifft. Gleichzeitig fordert die deutsche Klimapolitik, dass Gebäude energieeffizient und klimafreundlich werden, da sie in Summe für 35 % des Endenergieverbrauchs und für 30 % der CO 2 -Emissionen in Deutschland verantwortlich sind [3, 4]. Für die Stadt der Zukunft stellt sich somit die Frage, wie trotz eines Anstiegs des urbanen Energiebedarfs eine nachhaltige Energieversorgung im Gebäudesektor sichergestellt werden kann. Energiewende und Liberalisierung ermöglichen dezentrale Energieversorgung In Deutschland ist diese Frage eng mit dem Erfolg der sogenannten Energiewende verknüpft. Die Energiewende ist ursprünglich eine Forderung der seit den 1970er Jahren etablierten Umweltbewegung. Das Freiburger Öko-Institut prägte den Begriff Energiewende im Jahr 1980 im Sinne eines Wirtschaftsmodells, das ohne fossile Energieträger auskommt [5]. Im Fokus der Bundespolitik steht dabei die Umstellung der Energieerzeugung auf erneuerbare Energieträger. Seit dem Jahr 1991 fördert der Staat die Installation von Anlagen der regenerativen Energieerzeugung. Zu den zentralen politischen Instrumenten zur Durchsetzung der Energiewende gehört das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Seit seinem Inkrafttreten ist der Anteil erneuerbarer Energieversorgung in der Stadt der Zukunft Darum scheitern dezentrale Lösungen in Mietimmobilien Energiewende, dezentrale Energieversorgung, Mieterstrom, Erneuerbare Energien, Speicher, Photovoltaik Antje-Mareike Dietrich, Dennis Ebeling Eine Herausforderung für die Stadt der Zukunft stellt die nachhaltige Energieversorgung im Gebäudesektor bei einem Anstieg des urbanen Energiebedarfs dar. Die dezentrale Energieversorgung birgt hierfür technische Lösungsmöglichkeiten. In Deutschland behindern jedoch regulatorische Eingriffe deren praktische Umsetzung, insbesondere in Mietimmobilien. THEMA Versorgung von Städten © pixabay 73 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten Energien am deutschen Strommix von 6,2 % im Jahr 2010 auf 31,7 % im Jahr 2016 stetig gewachsen [6]. Damit stellen die Erneuerbaren bereits jetzt den größten Anteil der Energieträger. Zusätzlich zur Energiewende kam es zu einer Neuordnung der Marktstrukturen im Energiesektor. Die Liberalisierung im Jahr 1998 (Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)) trat mit den Zielen an, Wettbewerb im Strom- (und auch im Gasmarkt) zu ermöglichen und dadurch steigende Strompreise zu verhindern. Da die Stromnetze einem natürlichen Monopol entsprechen, werden diese seit 2005 zudem von der Bundesnetzagentur reguliert. Die vier Netzbetreiber müssen seitdem allen Energielieferanten die gleiche Netznutzung ermöglichen. In Folge dessen sank der Anteil der vier großen Energieunternehmen und betrug im Jahr 2016 noch 54 % [7]. Die Zahlen verdeutlichen, dass der wachsende Anteil der Erneuerbaren an der Energieerzeugung mit dem Markteinstieg neuer Akteure verbunden ist. Zur Stärkung des Wettbewerbs spielen die Akteure der dezentralen Energieerzeugung eine besondere Rolle. Dezentrale Energieversorgung meint die Energiebereitstellung durch kleine Anlagen in der Nähe des Verbrauchers [8]. Eine wesentliche Folge der dezentralen Versorgung besteht also darin, dass für die gleiche Energiemenge relativ viele kleine Erzeugeranlagen eingesetzt werden und der Strom unmittelbar vor Ort verbraucht wird. In diesem Zusammenhang wird auch von Energieautonomie gesprochen [9]. Der Begriff impliziert, dass eine dezentrale Energieversorgung unter Umständen dazu führt, dass es systembedingt zu einer Veränderung der Marktstrukturen und der Marktakteure kommt. An die Stelle der klassischen Energieversorger treten beispielsweise Immobilienbesitzer. Forschungsprojekt nimmt technische und wirtschaftliche Machbarkeit in den Fokus Vor diesem Hintergrund untersucht das Forschungsprojekt „Zukunftsraum Wolfsburg“ (Forschungsvorhaben 03ET1327A - „EnEff: Stadt: Wolfsburg Vernetzte Quartiere für den Zukunftsraum Wolfsburg“) dezentrale Versorgungskonzepte und deren Umsetzung beim Neubau von Wohnquartieren. Der Fokus der Untersuchung liegt somit auf der dezentralen Versorgung von Privathaushalten. Neben den technischen Möglichkeiten analysiert das Projekt auch deren wirtschaftliche Machbarkeit. Aus technischer Sicht steht grundsätzlich eine Vielzahl von Lösungen zur Verfügung: PV-Anlagen, (Klein-)Windanlagen, Blockheizkraftwerke (BHKW) oder tiefengeothermische Anlagen. Unter Berücksichtigung der lokalen räumlichen Begebenheiten erwies sich vor allem die Installation von PV-Anlagen und BHKWs im Forschungsraum als praktisch umsetzbar. Um Aussagen zur wirtschaftlichen Machbarkeit treffen zu können, sind die Marktstruktur sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen entscheidend. Der deutsche Wohnungsbestand umfasst insgesamt etwa 41 037 Mio. Wohnungen. Davon sind 46 % selbstbewohnt, für 54 % besteht ein Mietverhältnis. Diese hohe Zahl von Mietwohnungen ist eine Besonderheit des deutschen Wohnungsmarktes. In anderen europäischen Ländern ist ihr Anteil geringer, so zum Beispiel in Polen (14,9 %), Schweden (34,4 %) oder Frankreich (42 %) [10]. Daraus folgt, dass nicht nur private Eigenheimbesitzer sondern überwiegend auch Vermieter mit der neuen Rolle als Energieversorger konfrontiert werden. Für Letztere ergibt sich ein Marktpotenzial als dezentrale Energieversorger von rund 22,16 Mio. Wohneinheiten [11]. Während es für die privaten Eigenheimbesitzer das relativ einfache Modell der Eigenversorgung gibt, behindert im Fall von Mietwohnungen der regulatorische Rahmen die Investitionsentscheidung von Immobilienvermietern. Die folgenden Ausführungen gehen auf diesen Aspekt ein. Bild 1 stellt die verschiedenen Kostenbestandteile für konventionellen Strom dar. Zu erkennen ist, dass der Nettopreis für den Strom deutlich unter dem Bruttopreis liegt. Die Beschaffung, der Vertrieb und die Marge betragen gerade einmal 6,42- Cent. Auf diesen Nettobetrag sind allerdings Umlagen, Steuern und Abgaben zu zahlen. Hierzu zählen die EEG-Umlage in Höhe von 6,88- Cent/ kWh und die Netzentgelte für die Nutzung des öffentlichen Stromnetzes in Höhe von durchschnittlich 7,31-Cent/ kWh. Hinzu kommen weitere Steuern und Abgaben, die in Summe 9,25-Cent betragen. So ergibt sich für die Endkunden der durchschnittliche Bruttostrompreis von 29,86- Cent/ kWh (Stand 2017). Damit ein Bild 1: Die verschiedenen Kostenbestandteile beim konventionellen Strom. © Bundesnetzagentur 74 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten finanzieller Anreiz besteht, den Strom zu Hause herzustellen, darf der Preis für dezentral erzeugten Strom nicht über dem Bruttopreis für konventionell erzeugten Strom liegen. Da Umlagen, Netzentgelte, Steuern und Abgaben mit 23,44- Cent/ kWh knapp 78,5 % des Strompreises ausmachen, sind hier die entscheidenden Stellschrauben zu vermuten. Eigenverbrauch und Mieterstrom unterscheiden sich hinsichtlich Steuern und Abgaben Je nach Konstellation der Beteiligten und Art der Umsetzung lassen sich manche Steuern und Abgaben einsparen. Für die Abschätzung von möglichen Preisspielräumen im Status quo ist daher zunächst die Unterscheidung in Eigenverbrauch und Mieterstrom notwendig. Zu den Eigenverbrauchern zählen die Eigenheimbesitzer, die eine Energieerzeugungsanlage installieren und den damit erzeugten Strom selber nutzen. Anlagenbetreiber und Stromletztverbraucher sind in diesem Fall dieselbe Person. Bei Mietwohnungen ist das anders. Im Falle des sogenannten Mieterstroms besteht zwischen Anlagenbetreiber (Vermieter) und Letztverbraucher (Mieter) immer eine Lieferbeziehung. Durch dieses Lieferverhältnis wird der Vermieter nach EnWG als Energieversorgungsunternehmen eingeordnet. Daran sind bestimmte Pflichten, wie die Abrechnung, der Vertrieb und die Messung, geknüpft. Sonderregelungen, die von bestimmten Pflichten befreien, gibt es laut § 5 EnWG lediglich für die Lieferung innerhalb einer Kundenanlage. Ein Lieferverhältnis besteht jedoch auch in diesem Fall. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, haben die Umsatzsteuer, die Stromsteuer, die Netzentgelte und die EEG-Umlage den größten Anteil an den Steuern und Abgaben. Die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % wird bei gewerblichem Stromvertrieb fällig und auf den Nettostrompreis inklusive aller Steuern, Abgaben und Umlagen erhoben. Da es sich beim Eigenverbrauch um keinen gewerblichen Vertrieb handelt, fällt sie nicht an. Besteht ein Miet- und somit ein Lieferverhältnis muss die Umsatzsteuer gezahlt werden. Bei geringen Umsätzen (kleiner als 17 500 Euro) kann auf die Kleinunternehmerregel zurückgegriffen werden, die von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit. Die Stromsteuer in Höhe von pauschal 2,05 Cent/ kWh fällt gemäß StromStG für jede Entnahme von Strom aus dem Versorgungsnetz durch den Letztverbraucher an. Ausnahmen gibt es zum Beispiel für die Entnahme des Stroms aus einem ausschließlich durch erneuerbare Energieträger gespeisten Netz Steuer/ Abgabe Höhe Grundlagen Umsatzsteuer 19 % Umsatzsteuergesetz (UStG) Stromsteuer 2,050 ct/ kWh Stromsteuergesetz (StromStG) Konzessionsabgabe (abh. von Gemeindegröße) Bis 25 000 EW: 1,32 ct/ kWh Bis 100 000 EW: 1,59 ct/ kWh Bis 500 000 EW: 1,99 ct/ kWh Ab 500 000 EW: 2,39 ct/ kWh 1,66 ct/ KWh Konzessionsabgabenverordnung(KAV), Wolfsburg (LSW, Stand: 2017) Netzentgelte 7,31 ct/ kWh 5,98 ct/ kWh Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV), Durchschnitt (Bundesnetzagentur (2017)) Wolfsburg (LSW, Stand: 2017) StromNEV-Umlage 0,388 A ; 0,05 B ; 0,025 C ct/ kWh Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) Abschaltbare-Lasten (Abla)-Umlage 0,006 ct/ kWh Abschaltbarelastenverordnung (AblaV) EEG-Umlage 6,88 ct/ kWh Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) KWK-Umlage 0,463 ct/ kWh Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) Offshore-Haftungsumlage -0,028 A ; 0,038 B ; 0,025 C ct/ kWh Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) LV A: Für die jeweils ersten 1 000 000 kWh Jahresverbrauch an einer Lieferstelle LV B: Lieferungen über 1 000 000 kWh Jahresverbrauch an einer Lieferstelle (bis 1 000 000 kWh wie LV A) LV C: Lieferung über 1 000 000 kWh Jahresverbrauch an einer Lieferstelle (bis 1 000 000 kWh wie LV A) an produzierendes Gewerbe, deren Stromkosten 4 % des Umsatzes übersteigen Tabelle 1: Umsatzsteuer, Stromsteuer, Netzentgelte und EEG-Umlage haben den größten Anteil an den Steuern und Abgaben. Bild 2: Die Konditionen für Stromeigenverbrauch und für Mieterstrom unterscheiden sich deutlich. © Dietrich/ Ebeling 75 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten oder die Stromerzeugung in einer Anlage mit einer Nennleistung von bis zu 2-MW, wobei der Strom im räumlichen Zusammenhang zur Anlage verbraucht wird (Radius von 4,5 km um die jeweilige Stromerzeugungseinheit nach § 12b Abs. 5 StromStV). Das Einsparpotenzial gilt daher sowohl für den Eigenverbrauch, als auch für den Mieterstrom. Netzentgelte werden auf Basis von § 20 EnWG sowie der StromNEV von den Netzbetreibern für die Nutzung der Netz- und Umspannungsebenen erhoben. Werden diese Netze nicht genutzt, fallen auch keine Netzentgelte an. Auch die Netzentgelte können in den Fällen Eigenverbrauch und Mieterstrom eingespart werden. Das Gleiche gilt für die Strom- NEV-/ Abla-/ KWK- und Offshore-Haftungsumlage, wobei diese teilweise nach Letztverbrauchergruppen gestaffelt sind. Die EEG-Umlage fällt zu 100 % an, sobald ein Lieferverhältnis zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Letztnutzer entsteht. Im Fall des Eigenverbrauchs kann die EEG-Umlage auf 40 % reduziert werden. Für kleine Anlagen gilt die sogenannte Kleinanlagenregelung: Wird der Strom aus Anlagen der Stromerzeugung mit einer installierten Leistung von max. 10 kW bis zu einem Eigenverbrauch von 10 MWh pro Jahr erzeugt, ist sogar eine komplette Befreiung von der EEG-Umlage möglich. Dieses Privileg gibt es allerdings nicht für Mieterstrom. Seit Mitte 2017 gilt für neu installierte Anlagen jedoch das Mieterstromgesetz. Demnach kann der Vermieter von einer Mieterstromprämie profitieren. Diese beläuft sich, in Abhängigkeit von der installierten Leistung, auf 2,21 bis 3,81 Cent/ kWh (§ 21 Abs. 3 EEG 2017). Lieferverhältnis entscheidet über die betriebswirtschaftliche Rentabilität Mit Kenntnis dieser Unterteilungen, lassen sich je nach Lieferverhältnis unterschiedlich hohe Steuern, Umlagen und Abgaben festmachen. Zur Verdeutlichung werden für ein Wohnobjekt nachfolgend zwei verschiedene Konstellationen betrachtet (vgl. Bild 2). In der ersten Variante wird die Immobilie von den Eigentümern bewohnt. Der PV-Anlagenbetreiber ist somit gleichzeitig auch Stromletztverbraucher. In der zweiten Variante wird dasselbe Haus betrachtet, allerdings wohnt der Eigentümer dieses Mal nicht in der Immobilie sondern vermietet sie. Die PV-Anlage gehört weiterhin dem Eigentümer, Letztverbraucher ist nun jedoch der Mieter. Dadurch kommt ein Lieferverhältnis zustande. In Bild 3 wird der durchschnittliche Strompreis des Jahres 2017 als Referenzwert genommen (29,86 Cent/ kWh) und davon die anfallenden Steuern, Umlagen und Abgaben abgezogen. Der Restbetrag (grün) gibt den Spielraum an, der für die Anschaffung der Erzeugungsanlage, Gewinnmarge, etc. übrig bleibt. Dargestellt sind in diesem Beispiel die Konstellationen, die in den Fällen Eigenverbrauch und Mieterstrom jeweils die größtmöglichen Preisspielräume einräumen. Für den Eigenverbrauch handelt es sich um den Betrieb einer Inselanlage ohne Netzanschluss, im Bereich Mieterstrom ist es eine Lieferung an den Mieter ohne Nutzung des öffentlichen Netzes. In diesen Fällen kann angenommen werden, dass es eine autarke Versorgung ist ohne Zu- und Verkauf von Strom. Das neue Mieterstromgesetz ist an dieser Stelle nicht berücksichtigt. Hierauf wird im nächsten Abschnitt eingegangen. Bei Vergleich der beiden Varianten ist zu erkennen, dass der Mieterstrom gegenüber dem Eigenverbrauch allein durch die rechtlichen Rahmenbedingungen mit einer Differenz von 11,56 Cent/ kWh fast 40 % des Preisspielraums einbüßt, was die Projektrealisierung von Mieterstrom erschwert. In dieser Gegenüberstellung sind bisher lediglich die Abgaben enthalten, die sich aus Gesetzen und Verordnungen ergeben. Unberücksichtigt sind Anschaffungs- und Betriebskosten der PV-Anlage. Die Anschaffungskosten für eine PV-Anlage mit 5- kWp belaufen sich für eine vierköpfige Familie auf 7000 bis 8000 Euro. Die Betriebskosten inklusive Abschreibungen liegen für die PV-Anlage bei 10 bis 15- Cent/ kWh, je nach Laufzeit der Anlage [12]. Für eine sinnvolle und flächendeckende Nutzung des PV-Stroms sind zudem Speicher nötig. Die Preisspanne für Speicher reicht von 15 Cent/ kWh (13,5- kWh Speicher) bis zu 56 Cent/ kWh (3,6 kWh Speicher) [13]. Im kostengünstigsten Fall lässt sich also mit 25 Cent/ kWh für PV-Anlage und Speicher kalkulieren. In diesem Fall ist die Installation einer PV-Anlage für den Eigenverbrauch umsetzbar, da die Kosten innerhalb des Preissetzungsspielraumes Bild 3: Konstellationen, die in den Fällen Eigenverbrauch und Mieterstrom jeweils die größtmöglichen Preisspielräume ermöglichen. © Dietrich/ Ebeling 76 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten liegen (29,86 > 25- Cent/ kWh). Eine Realisierung für den Mieterstrom ist hingegen nicht wirtschaftlich (18,21 < 25 Cent/ kWh). Selbst bei Betrachtung der Varianten mit den größten Preisspielräumen können daher die Kosten für eine PV-Anlage (inkl. Speicher) in der Variante Mieterstrom nicht gedeckt werden. Anhand dieser einfachen Kostenanalyse ist bereits zu erkennen, dass Mieterstrom aufgrund regulatorischer Eingriffe derzeit nicht rentabel ist. Was beim Eigenverbrauch aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen umsetzbar ist, rechnet sich noch nicht für den Mieterstrom. An dieser Stelle sollte der Gesetzgeber Anpassungen vornehmen. Das Mieterstromgesetz ist ein erster Schritt. Der Stromverkäufer bietet im Fall einer Förderung den Strompreis 10 % unterhalb des örtlichen Grundtarifes an. Er verzichtet auf 2 bis 4 Cent/ kWh. Die vom Staat gezahlte Mieterstromprämie gleicht diesen Verlust wieder aus. Ein höherer Preisspielraum wird für den Produzenten durch die Prämie jedoch kaum generiert. Durch Nutzung des Mieterstromgesetzes kann er lediglich einen Zugewinn von maximal 0,5 Cent/ kWh realisieren. Der Stromkonsument profitiert hingegen von einem günstigeren Strompreis und wird indirekt subventioniert. Eine weitere Hürde stellt die Einordnung des Vermieters als Energieversorgungsunternehmen dar. Sie verursacht weitere Kosten und erfordert energiewirtschaftliches Know-How. Dieses fördert zwar neue Dienstleistungsmöglichkeiten (Messstellenbetrieb, Beratung, Betrieb, etc.) behindert jedoch die Etablierung dezentraler Energieversorger. Zusätzliche Probleme ergeben sich für Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsunternehmen, die durch Einnahmen aus der Stromerzeugung ihre steuerlichen Privilegien verlieren können. Dieses kann zu erheblichen Einbußen führen, da steuerlich begünstigte Geschäftstätigkeiten durch die Strombelieferung nun ebenfalls voll besteuert werden. Gleichstellung von Mieterstrom und Eigenverbrauch fördert die Energiewende in Mietimmobilien Die in diesem Aufsatz gewählte Kostengegenüberstellung ist zur Veranschaulichung nur grob skizziert. Dennoch werden die erheblichen Unterschiede in den Finanzierungspotenzialen erkennbar. Nicht berücksichtigt wurde beispielsweise die Eigenverbrauchsquote der Liegenschaft. Bisher wurde angenommen, dass die Versorgung autark ohne Zu- und Verkauf von Strom erfolgt. Dies ist eine der günstigsten Möglichkeiten, ist in der Praxis jedoch oft nur ein Sonderfall aufgrund der Netzentkopplung. In der Realität haben Wohnimmobilien eine relativ geringe Eigenverbrauchsquote von etwa 30 bis 40 %, was einen Stromzu- und -verkauf sowie die Nutzung des öffentlichen Netzes notwendig macht. Durch den Einsatz von Speichern kann diese Quote um etwa 20 bis 30 % gesteigert werden [14]. Speicher ermöglichen es, den tagsüber durch die PV- Anlage produzierten Strom abends zu den privaten Verbrauchsspitzen nutzbar zu machen. Hierfür sind verhältnismäßig große Speicherkapazitäten notwendig, die hohe Anschaffungskosten verursachen. Kleine Speicher mit geringeren Anschaffungskosten hätten zur Folge, dass ein Teil des Stroms in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Für die Einspeisung wurden 2017 je nach Anlagengröße zwischen 8,51 bis 12,30 Cent/ kWh gezahlt. Dies liegt deutlich unterhalb des durchschnittlichen Strompreises in Höhe von 29,86 Cent/ kWh, den man mit der Nutzung dieses Überschusses einsparen könnte. Daher steigt die Unwirtschaftlichkeit der Anlage, je geringer die Eigenverbrauchsquote ist. Sinnvoller und um einiges effizienter wäre in diesem Zusammenhang der Solaranlagenbau auf Gewerbeimmobilien, wie zum Beispiel Bürogebäuden, da hier der Strombedarf über den Tag erheblich höher ist und so eine deutlich höhere Eigenverbrauchsquote erreicht werden kann. Die dargestellten Beispiele machen deutlich, dass dezentrale Lösungen für den Eigenverbrauch rentabel sind, während sie es für den Mieterstrom aufgrund regulatorischer Hürden noch nicht sind. Ziel sollte es daher sein, die Möglichkeiten des Mieterstroms mit jenen des Eigenverbrauchs gleichzustellen, um das hohe Marktpotenzial des Mietwohnungssektors zu nutzen. LITERATUR [1] United Nations: World urbanization prospects: The 2014 revision, highlights. Department of Economic and Social Affairs. Population Division, United Nations, 2014. [2] Röhl, K. H.: Konzentrations- und Schrumpfungsprozesse in deutschen Regionen und Großstädten bis 2030. IW-Trends-Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, 40, 4 (2013), S. 81-97. [3] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB): Klimaschutzplan 2050 - Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung, 2016. [4] Deutsche Energie-Agentur: Der dena-Gebäudereport 2016: Statistiken und Analysen zur Energieeffizienz im Gebäudebestand, 2016. [5] Krause, F., Bossel, H., Müller-Reißmann, K. F. : Energie- Wende: Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran, 1981. [6] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2017). Erneuerbare Energien in Zahlen - Nationale und internationale Entwicklung im Jahr 2016. 77 2 · 2018 TR ANSFORMING CITIES THEMA Versorgung von Städten [7] Monopolkommission: Sondergutachten 77: Energie 2017 - Gezielt vorgehen, Stückwerk vermeiden, 2017. http: / / www.monopolkommission.de/ index. php/ de/ gutachten/ sondergutachten/ sondergutachten-77. Zugegriffen am 18.04.2018. [8] Gabler Wirtschaftslexikon: Dezentrale Energieversorgung, 2018. https: / / wirtschaftslexikon.gabler. de/ definition/ dezentrale-energieversorgung-53698. Zugegriffen am 18.04.2018. [9] Scheer, H.: Energieautonomie: eine neue Politik für erneuerbare Energien. Kunstmann, 2005. [10] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, 2016. Mietrecht und energetische Sanierung im europäischen Vergleich. BBSR-Online-Publikation 13/ 2016. [11] Statistsisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2017. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, 2017. [12] Rechnerphotovoltaik, 2018. https: / / www.rechnerphotovoltaik.de/ photovoltaik/ kosten-finanzierung/ kosten-preise. Zugegriffen am 22.03.2018. [13] Energieheld, 2018. https: / / www.energieheld.de/ photovoltaik/ stromspeicher/ kosten. Zugegriffen am 22.03.2018. [14] Weniger, J., Quaschning, V., Tjaden, T.: Optimale Dimensionierung von PV-Speichersystemen. pv-magazine Deutschland, 1 (2013), S. 70-75. Dipl.-Volksw. Dr. Antje-Mareike Dietrich Wissenschaftliche Mitarbeiterin TU Braunschweig, Institut für Volkswirtschaftslehre Kontakt: a-m.dietrich@tu-braunschweig.de Wirtschaftsing. Dennis Ebeling, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter TU Braunschweig, Institut für Volkswirtschaftslehre Kontakt: dennis.ebeling@tu-braunschweig.de AUTOR I NNEN WISSEN WAS MORGEN BEWEGT Schiene, Straße, Luft und Wasser, globale Verbindungen und urbane Mobilität: Viermal im Jahr bringt Internationales Verkehrswesen fundierte Experten-Beiträge zu Hintergründen, Entwicklungen und Perspektiven der gesamten Verkehrsbranche - verkehrsträgerübergreifend und zukunftsorientiert. Ergänzt werden die deutschen Ausgaben durch die englischsprachige Themen-Ausgabe International Transportation. Mehr dazu im Web unter www.internationales-verkehrswesen.de Internationales Verkehrswesen gehört seit 1949 zu den führenden europäischen Verkehrsfachzeitschriften. Der wissenschaftliche Herausgeberkreis und ein Beirat aus Professoren, Vorständen, Geschäftsführern und Managern der ganzen Verkehrsbranche verankern das Magazin gleichermaßen in Wissenschaft und Praxis. Das technisch-wissenschaftliche Fachmagazin ist zudem Wissens-Partner des VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. - Fachbereich Verkehr und Umfeld. INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN - DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN »Internationales Verkehrswesen« und »International Transportation« erscheinen bei der Trialog Publishers Verlagsgesellschaft, Baiersbronn-Buhlbach, www.trialog-publishers.de Bildquelle für Bild 1: Bundesnetzagentur, 2017. https: / / www.bundesnetzagentur.de/ SharedDocs/ Bilder/ DE/ Sachgebiete/ Energie/ Verbraucher/ strompreis_2017.jpg; jsessionid=0C069CDB4B7524BE7AC 11AED027D0C7D? _ _blob=normal&v=3. Zugegriffen am 22.03.2018.