eJournals Transforming cities 3/4

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0079
123
2018
34

Freie, sichere und gerechte Städte

123
2018
tc340008
8 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Das Leben in der Stadt bietet vielerlei Vorzüge. Das dichte Nebeneinander von Wohnen, Freizeit- und Kulturangeboten, Einkaufsmöglichkeiten, Orten des Lernens und der Bildung, vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten aber auch innerstädtischen Freiraum- und Naturangeboten sind Ausdruck urbanen Lebens in einem produktiven Wettbewerb der Städte um steigende Lebensqualität. Trotz der weltpolitischen Lage bieten die europäischen Städte ihren Bürgern Räume der Sicherheit, der Freiheit und des Wohlbefindens, die weltweit einzigartig sind. Im Rahmen des europäischen Projekts erfreuen sie sich der längsten Friedenszeit, die der Kontinent seit der Antike erlebt hat, und platzieren sich regelmäßig unter den sichersten der Welt. Eine zunehmend wichtige Voraussetzung für ein friedliches und gerechtes Miteinander in Ballungsgebieten ist das Thema Sicherheit und Ordnung. Urbane Sicherheit umfasst eine große Vielfalt von Aufgaben, an ihrer Schaffung und Aufrechterhaltung sind eine Vielzahl von Akteuren beteiligt. Ein Manifest für eine europäische Vision von urbaner Sicherheit Das Manifest „Sicherheit, Demokratie und Städte: Zur Koproduktion von Politiken der urbanen Sicherheit“ ist ein politisches Dokument zur Sicherheit der Städte und Regionen in Europa und zugleich ein Aktionsplan für europäische Kommunen, der in den kommenden Jahren umgesetzt werden wird. Es ist die inhaltliche und politische Grundlage der Zusammenarbeit der rund 250 Mitglieder des Europäischen Forums für Urbane Sicherheit (Efus) aus 16-europäischen Ländern. Basierend auf den langjährigen praktischen Erfahrungen der Efus-Mitglieder, auf konkreten Empfehlungen aus Projekten und Arbeitsgruppen und einem kooperativen Schreibprozess vereint das Manifest das Wissen und die Erfahrung. Es folgt auf die früheren Efus-Manifeste verabschiedet in Neapel, Saragossa und Aubervilliers/ Saint-Denis. Auf der sechsten Efus-Konferenz „Sicherheit, Demokratie und Städte - Zur Koproduktion urbaner Sicherheit“ im November 2017 in Barcelona versammelten sich lokale Mandatsträger, Vertreter der Polizei und der Justiz, Mitarbeiter des Freiwilligensektors, Wissenschaftler, Mitglieder der Zivilgesellschaft und Vertreter der Privatwirtschaft aus 130 Städten, 47 Ländern und fünf Kontinenten. Die rund 800 Teilnehmer verabschiedeten das Manifest als gemeinsames Abschlussdokument. Der kooperative Entstehungsprozess des Dokuments und die breite Basis der praktischen Arbeit der Mitglieder machen das Manifest zu einer starken Stimme für urbane Sicherheit der Kommunen auf der nationalen, europäischen und internationalen Ebene. „Dieses Manifest und die Arbeit der europäischen lokalen und regionalen Behörden zeigen, dass es möglich ist, eine europäische Vision der städtischen Sicherheit zu verwirklichen. Efus legt die endgültige Fassung dieses Manifests den Regierungen und den europäischen und internationalen Institutionen vor. Praktisch und pragmatisch wird das Manifest eine Quelle der Inspiration und Unterstützung für europäische Städte und Regionen sein“, erläuterte Willy Demeyer, Präsident des Europäischen Forums für Urbane Sicherheit und Bürgermeister der belgischen Stadt Lüttich. Ein Leitfaden für die Gestaltung von urbaner Sicherheit vor Ort Das Manifest ist ein politisches Projekt, das über 60 praktische Empfehlungen und Willensbekundungen der Mitgliedsstädte zu einem breiten Spektrum Freie, sichere und gerechte Städte Das Europäische Forum für Urbane Sicherheit gestaltet eine nachhaltige europäische Sicherheitspolitik aus Sicht der Kommunen Sechste Efus- Konferenz „Sicherheit, Demokratie und Städte - Zur Koproduktion urbaner Sicherheit“ im November 2017 in Barcelona. © Defus 9 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt von Schwerpunktthemen der Kriminalprävention und der urbanen Sicherheit versammelt. Es bildet den Diskurs europäischer Kommunen zum Thema urbane Sicherheit ab und bietet den Kommunen zugleich Unterstützung und Inspiration. Das Manifest funktioniert wie ein Leitfaden für die Aktivitäten und Maßnahmen lokaler und regionaler Behörden vor Ort. Nach einer einleitenden Bestandsaufnahme der europäischen Sicherheitspolitik aus Sicht der Städte versammelt es in zwölf thematischen Kapiteln Prioritäten, Absichtserklärungen und praktische Empfehlungen von und für die kommunale Sicherheitspolitik. Efus und seine Mitglieder arbeiten mit einer bewusst breiten Definition des Themenfeldes der urbanen Sicherheit. Diskriminierende Gewalt und Gewalt gegen Frauen, Suchtprävention, Organisierte Kriminalität und die Prävention von Radikalisierung gehören ebenso zu den Kernthemen wie Videoüberwachung, Bevölkerungsschutz und die bürgernahe Polizeiarbeit. Deswegen ist ein integrativer Ansatz, der auf umfassenden lokalen Sicherheitsanalysen vor Ort beruht und regelmäßig evaluiert und angepasst wird, eine wichtige Voraussetzung für die nachhaltige Gestaltung von Sicherheit in Städten. Vom Zusammenhang zwischen Menschenrechten, sozialer Ungleichheit und urbaner Sicherheit Die terroristischen Bedrohungen der letzten zehn Jahre und die damit verbundenen Forderungen der Bevölkerung nach Sicherheit setzt politische Entscheidungsträger unter Zugzwang. Die Bürgermeister der Efus-Kommunen rufen dazu auf, der lähmenden Logik der Angst einen ganzheitlichen und optimistischen Ansatz der urbanen Sicherheit entgegenzustellen. Sie fordern, dass politisches Handeln, egal wie dringend, niemals die Achtung der Menschenrechte verletzen darf. Sicherheit ist ein grundlegendes Menschenrecht und zugleich Voraussetzung für ein Minimum an städtischer Lebensqualität. Sie kann aber nur dann gelingen, wenn Sicherheit auf Grundlage der Menschenrechte gestaltet wird. Deshalb verbindet das Manifest alle Sicherheitsthemen unzertrennlich mit der Europäischen Charta der Menschenrechte. Das Manifest steht dafür, dass Sicherheitspolitik auf der Achtung und Verteidigung der Grundrechte jedes Einzelnen, auf rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien sowie dem Grundsatz des Wohlfahrtsstaates beruhen muss. In Europa sind soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten nach wie vor zu weit verbreitet. Kommunen und Städte müssen dem entgegenwirken und sich für faire und gerechte Städte einsetzen. Denn diese Ungleichheiten erzeugen Ressentiments und verschärfen die Polarisierung der Gesellschaft, die zu Gewalt, Kriminalität oder gewaltbereitem Extremismus führen können.Efus und seine Mitglieder plädieren deswegen dafür, dass Kommunen langfristige integrative Sicherheitsstrategien entwickeln und umsetzen, in denen Fragen des sozialen Zusammenhalts mit Maßnahmen der Prävention und der notwendigen Repression verbunden werden. Bürgerbeteiligung als Schlüssel für urbane Sicherheit In den letzten Jahren kam es in ganz Europa zu einer breiten Diversifizierung der an der Sicherheitspolitik beteiligten Akteure. Private Sicherheitsunternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Vertreter der Zivilgesellschaft sowie einzelne Bürger beanspruchen eine zunehmend wichtigere Rolle in diesem Feld. Die Mitgliedskommunen von Efus setzen sich dafür ein, dass alle diese Akteure nicht nur in die Umsetzung, sondern auch in die Gestaltung der Sicherheitspolitik einbezogen werden. Die ganze Zivilgesellschaft in ihrer Vielfalt mit einzubeziehen ist der Schlüssel für unseren stabilen und hohen Sicherheitsstandard in Europa. Dafür bedarf es neuer Mechanismen, die die Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt berücksichtigt: Insbesondere Frauen, Jugendliche, Senioren und Bevölkerungsgruppen, die von Marginalisierung und Diskriminierung betroffen sind, sollten nicht nur passive Ziele von Präventionsmaßnahmen sein, sondern eine aktive Rolle in der Gestaltung urbaner Sicherheitspolitik spielen. Das Europäische Forum für Urbane Sicherheit (Efus) ist die ist ein Netzwerk von mehr als 250 lokalen und regionalen Körperschaften aus 16 Ländern Europas. Efus bietet Städten und Regionen Raum und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit im Rahmen europäischer Projekte sowie ein gemeinsames Sprachrohr zur Vertretung kommunaler Interessen in der europäischen und internationalen Sicherheitspolitik. Das Deutsch-Europäische Forum für Urbane Sicherheit (DEFUS) ist die deutsche Sektion von Efus und bietet den 15 deutschen Mitgliedern eine nationale Plattform für den fachlichen Austausch und für gezielte Unterstützung. Weitere Informationen und Bestellmöglichkeit des Manifests unter www.efus.eu und www.defus.de. EFUS & DEFUS