eJournals Transforming cities 3/4

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0091
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Gesunde und intelligente Mobilität in der Designstadt Eindhoven (NL)

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Bettina Remmele
Die Leuchtturmstadt Eindhoven in den Niederlanden hat im Rahmen ihres „Smart Mobility“-Programms auf dem ehemaligen Gelände der Firma Philips eine Vielzahl intelligenter („smarter“) Neuerungen umgesetzt. Ziel dieser Maßnahmen im Viertel Strijp-S ist es, unter anderem den Besuchern ein präzises Parkleitsystem anzubieten, was wiederum zu verkürzten Fahrzeiten und somit zu CO2 -Einsparungen führt. Fußgänger und Fahrradfahrer profitieren von einem so genannten „Wayfinder“ der aus acht interaktiven und programmierbaren LED-Displays besteht. Mit Hilfe einer speziellen App können Sehenswürdigkeiten oder bestimmte Gebäude individuell ausgeschildert werden. Natürlich verfügt Strijp-S auch über mehrere E-Bike- und Car Sharing-Stationen sowie über eine Vielzahl von Ladestationen für E-Fahrzeuge.
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49 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität In den intelligenten Städten Europas - den sogenannten „Smart Cities“ - stellt gesunde Mobilität einen der drei Grundpfeiler dar, um Energie und CO 2 zu sparen und somit das Klima zu schützen. 36 Leuchtturm- und 42 Partnerstädte sind mittlerweile Teil der stetig wachsenden Smart City-Gemeinschaft in Europa, die sich auf aktuell 12 international agierende Projekte und über 380-beteiligte Projektpartner verteilen. Ziel der Leuchtturmstädte („Lighthouse Cities“) ist es, mit Hilfe der insgesamt 309 Mio.-EUR EU-Fördergelder innovative und auf die jeweiligen Gegebenheiten der Städte ausgerichtete Maßnahmen zu realisieren und zu testen, um somit langfristig einen öffentlich zugänglichen Pool erprobter Vorgehensweisen zu erstellen. Aufgabe der Partnerstädte („Fellow Cities“) ist es, die tatsächliche Replizierbarkeit dieser innovativen Lösungsansätze - auch ohne finanzielle Unterstützung der EU - zu überprüfen. Das Projekt Triangulum läuft seit Februar 2015 und ist eines der ersten Horizont 2020 Smart City-Projekte und damit eines mit langer Erfahrung. Die Implementierungsphase der ersten drei Projektjahre ist abgeschlossen und nun gilt es, Rückschlüsse aus den umgesetzten Maßnahmen, wie beispielsweise der Einführung von batteriebetriebenen Bussen in Stavanger oder von E-Lastenfahrrädern in Manchester, abzuleiten und Erfahrungswerte für zukünftige Vorhaben zu sammeln. Die drei Leuchtturmstädte in Triangulum sind Stavanger (Norwegen), Manchester (Vereinigtes Königreich) und Eindhoven (Niederlande). Die beteiligten Partnerstädte sind Prag Gesunde und intelligente Mobilität in der Designstadt Eindhoven (NL) Das europäisches Projekt Triangulum macht Eindhoven neben Manchester und Stavanger zur Leuchtturmstadt, gefördert durch Horizont 2020, das Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation. Smart Cities, Living Lab, Mobilität, CO 2 -Reduktion, Digitalisierung Bettina Remmele Die Leuchtturmstadt Eindhoven in den Niederlanden hat im Rahmen ihres „Smart Mobility“-Programms auf dem ehemaligen Gelände der Firma Philips eine Vielzahl intelligenter („smarter“) Neuerungen umgesetzt. Ziel dieser Maßnahmen im Viertel Strijp-S ist es, unter anderem den Besuchern ein präzises Parkleitsystem anzubieten, was wiederum zu verkürzten Fahrzeiten und somit zu CO 2 -Einsparungen führt. Fußgänger und Fahrradfahrer profitieren von einem so genannten „Wayfinder“ der aus acht interaktiven und programmierbaren LED-Displays besteht. Mit Hilfe einer speziellen App können Sehenswürdigkeiten oder bestimmte Gebäude individuell ausgeschildert werden. Natürlich verfügt Strijp-S auch über mehrere E-Bike- und Car Sharing-Stationen sowie über eine Vielzahl von Ladestationen für E-Fahrzeuge. Bild 1: Intelligentes Parkleitsystem. © Stadt Eindhoven 50 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität (Tschechien), Leipzig (Deutschland) und Sabadell (Spanien). Innovative und gesunde Mobilitätsmaßnahmen spielen in allen drei Leuchtturmstädten eine wichtige Rolle. Dennoch sticht eine Stadt mit einer Vielzahl von Mobilitätsprogrammen besonders hervor: Eindhoven, die Geburtsstätte der Firma Philips, heute eher bekannt als die kreative Designstadt der Niederlande. In Eindhoven gilt das ehemalige Fabrikgelände von Philips - heute unter dem Namen „Strijp-S“ bekannt - als innovativer Hub, der eine Mischung aus Zuhause, Arbeitsplatz und Ort der Freizeitgestaltung bietet. Strijp-S ist eines von zwei Demonstrationsvierteln in Eindhoven, die über Triangulum eine EU-Förderung erhalten. Die Vision des Viertels ist es, eine Verbesserung der Lebensqualität aller Bewohner und Besucher von Strijp-S zu erreichen. Das Gebiet soll ein „living lab“, ein lebendiges Labor sein, wo innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt, erprobt und verbessert werden sollen, die letztendlich auch für andere Städte replizierbar sind. Ein spezielles Programm zur Förderung gesunder Mobilität darf in Strijp-S daher natürlich nicht fehlen! Die Mobilitätsmaßnahmen in Strijp-S bieten den Besuchern des Areals ein präzises und vor allem benutzerfreundliches Parkleitsystem (siehe Bild 1). Mit Hilfe einer mobilen App können sich Autofahrer einen Parkplatz in einem der Parkhäuser reservieren lassen. Bei der Einfahrt wird automatisch das eigene Nummernschild gescannt und die Ankunft des Parkplatzsuchenden registriert. Das ausgefeilte Parkleitsystem lokalisiert freie Parkplätze und erspart dem Autofahrer lästiges durch die Gegend fahren auf der Suche nach einem der letzten, meist schwer zu findenden, freien Parkplätze. So werden Fahrten effizienter, CO 2 wird gespart und die allgemeine Schadstoffbelastung wird gesenkt. Die Nutzung elektrischer Autos, welche in Form von „shared mobility“ als Leihwägen über eine mobile App gebucht und jederzeit genutzt werden können, tragen ebenso zur CO 2 -Reduzierung bei. Um der wachsenden Nachfrage nach entsprechenden Ladestationen nachzukommen, wurde zudem ein umfassendes Netzwerk intelligenter und schneller Ladestationen in Strijp-S realisiert. (Siehe Bild 2). Gegenstand gesunder Mobilität ist jedoch nicht nur die Verbesserung und im besten Fall eine Abnahme des Autoverkehrs. Gerade auch für Fußgänger und Radfahrer wird das Leben leichter, wenn Anreize geschaffen werden, das Auto in der Garage stehen zu lassen und sich stattdessen lieber aufs E-Bike zu schwingen. Innovative „Wayfinders“ mit jeweils acht interaktiven und programmierbaren LED- Anzeigen, weisen Fußgängern und Radfahrern den Weg durch das Strijp-S-Areal (siehe Bild 3). Über eine mobile App werden zudem Sehenswürdigkeiten, Sonderziele sowie personalisierte Navigationshilfen angezeigt. Und damit nicht jeder Bewohner ein eigenes Fahrrad anschaffen und unterhalten muss, hat Strijp-S selbstverständlich auch in ein öffentliches Bike-Sharing System investiert (siehe Bild 4). Die Einführung solcher zwar gesunden, zunächst aber ungewohnten Mobilitätsmaßnahmen Bild 2: Ladestation für E-Fahrzeuge. © VolkerWessels Bild 3: #„Wayfinder“ bestehend aus acht LED- Displays. © Stadt Eindhoven 51 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität geht natürlich nicht immer reibungslos vonstatten. Die Erfahrungen in Eindhoven zeigen, dass es Menschen im Allgemeinen schwer fällt, ihre jahrzehntelang bewährten Verhaltensweisen aufzugeben, zu überdenken und anzupassen. Im Fall von Strijp- S mussten sich die Bewohner und Besucher des Areals erst an die neuen Parkleitsysteme gewöhnen, ebenso musste sich die Nutzung einer mobilen App zur Parkplatzreservierung erst einmal in den Köpfen der Nutzer einprägen und zur Gewohnheit werden. Die Stadt Eindhoven hat diesen Prozess mit intensiven Kommunikationsmaßnahmen begleitet und gleichzeitig über entsprechende Datenschutzbestimmungen informiert. So werden zum Beispiel die Daten der automatischen Nummernschilderkennung ausschließlich anonymisiert gespeichert. Autofahrer müssen also keine Angst haben, dass der Standort ihres Autos mit ihnen persönlich in Verbindung gebracht werden könnte. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Ängste und Vorurteile der Menschen zu erkennen und durch intensive Kommunikation und Information abzubauen. Im Zuge dessen wurde auch die Ausstellung „Strijp-X“ organisiert, die den Menschen die Aktivitäten und umgesetzten Maßnahmen in Eindhoven im Rahmen des Triangulum-Projektes direkt vor Auge führen. Teil der Ausstellung ist ein maßstabgetreues Modell des Strijp-S-Areals, das mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille zum Leben erweckt werden kann. Die verschiedenen innovativen Maßnahmen, die entsprechenden Energieeinsparungen und sonstige positive Auswirkungen der Neuerungen auf dem ehemaligen Philips-Gelände können so live und in 3D erlebt werden. Das einst stark industriell geprägte Philips- Gelände hat sich bereits in ein kreatives und intelligentes Viertel verwandelt. Und die Entwicklung geht stetig weiter! Strijp-S ist ein Synonym für Innovation, Kreativität und smarte Technologien - und bleibt in jedem Fall eine der vielfältigsten Testumgebungen für die Ideen der Zukunft! Bettina Remmele, M.A. Project Manager Communication in Smart Cities and Communities Steinbeis-Europa-Zentrum Kontakt: remmele@steinbeis-europa.de Bild 4: Bike-Sharing System. © VolkerWessels In Triangulum dienen die Leuchtturmstädte Manchester (UK), Eindhoven (NL) und Stavanger (NO) als Testumgebung für innovative Projekte im Bereich nachhaltige Mobilität, Energie und IKT. Das Projektkonsortium vereinigt interdisziplinäre Erfahrung und die Expertise von 23 Partnern aus sechs Ländern aus Industrie, Wissenschaft und Städten die das gemeinsame Ziel haben, intelligente Lösungen zu entwickeln. Die drei Partnerstädte Leipzig (D), Prag (CZ) und Sabadell (ES) sowie die Beobachterstadt Tianjin (CHN) werden die Lösungen replizieren. Das Gesamtbudget von Triangulum beträgt 29 Mio. EUR, 25 Mio. EUR davon werden von der EU finanziert. Das Projekt wird vom Fraunhofer IAO in Stuttgart koordiniert. Das Steinbeis-Europa-Zentrum unterstützt den Koordinator im Bereich Projektmanagement und ist hauptverantwortlich für das Arbeitspaket Verbreitung & Kommunikation. - Koordinator: Fraunhofer IAO, Stuttgart (www.iao.fraunhofer.de), - Kommunikation: Steinbeis-Europa-Zentrum (www.steinbeis-europa.de) - Website: www.triangulum-project.eu - Social Media: www.twitter.com/ Triangulum_EU Neben Triangulum ist das Steinbeis-Europa-Zentrum noch in weitere Smart City Projekte wie zum Beispiel Remourban (www.remourban.eu), SmartEnCity (www.smartencity.eu), mySMARTLife (www.mysmartlife.eu) sowie beim europäischen Tender Smart City Information System (SCIS, www.smartcities-infosystem.eu) involviert. Außer bei Verbreitungs- und Kommunikationstätigkeiten ist das Steinbeis-Europa-Zentrum auch als hauptverantwortlicher Partner in den Bereichen Innovationsmanagement und bei der Verwertung der Projektergebnisse aktiv. TRIANGULUM AUTORIN