eJournals Transforming cities 3/4

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2018-0092
123
2018
34

Elektrisch unterwegs

123
2018
Gabriele Zauke
Daniel Bogatz
Leise, nachhaltig, energieeffizient und emissionsfrei: Das ist der Solinger Busverkehr. Die hier eingesetzten Batterie-Oberleitungs-Busse (BOB) können Streckenabschnitte auch ohne vorhandenen Fahrdraht elektrisch fahren. Auf dem Weg zum klimafreundlichen ÖPNV ist außerdem die Weiterentwicklung des Oberleitungsnetzes zu einem „Smart Trolleybus-System“ geplant, das die Versorgung mit grünem Strom sicherstellt. Das innovative Konzept ist eine Antwort auf die drängende Problematik der zunehmenden Feinstaubbelastung und leistet somit einen wichtigen Beitrag für die zukünftige Gestaltung innerstädtischer Mobilität. Aus diesem Grund wurde es vom Land Nordrhein-Westfalen als Vorreiter für den Klimaschutz geehrt und ist Teil der Leistungsschau KlimaExpo.NRW.
tc340052
52 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität Die Stadt Solingen verfügt mit dem Oberleitungs(O)-Bus seit Jahrzehnten über ein herausragendes Potenzial für die Elektromobilität, das unter den heutigen Klimaschutzzielen eine völlig neue Bedeutung erhält. Mit 100- km Streckennetz ist Solingen der größte Obus-Betrieb Deutschlands und damit großer Erfahrungsträger im elektromobilen öffentlichen Nahverkehr. Zahlreiche Prototypen - Obusse sowie Hybridbusse - wurden durch die Stadtwerke Solingen GmbH getestet und weiterentwickelt. Auf diesen Erfahrungen aufbauend geht Solingen nun einen weiteren Schritt. Das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderte Projekt „BOB Solingen“ erlaubt sowohl der Stadt Solingen, als auch ihrem Verkehrsunternehmen durch Einsatz einer neuen Fahrzeuggeneration - den Batterie-Oberleitung-Bussen - eine Neudefinition des kommunalen ÖPNV. Durch die Weiterentwicklung leitungsgebundener Busse, ihrer Antriebs-, Kommunikations- und Energieversorgungstechnologien sollen vor Ort die Voraussetzungen für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen ÖPNV ausgebaut, lokal erzeugte Energie genutzt sowie Lärm und Schadstoffemissionen reduziert werden, ohne einen Komfortverlust für die Fahrgäste oder betriebliche Einschränkungen durch Ladezeiten hinnehmen zu müssen. Von der Dieselbuszur flexiblen Elektrobuslinie Derzeit gibt es in Solingen zwei vollständig voneinander getrennte Liniennetze: Das Obus-Netz und das Dieselbus-Netz. Während sich die Obus-Linien weitgehend an den historischen Straßenbahnlinien orientieren und damit auf den Hauptverkehrsstraßen verkehren, erschließen die Dieselbuslinien Stadtquartiere, Wohnsiedlungen, Gewerbegebiete und Nachbargemeinden. Eine Anpassung von Linienwegen im Obus-Netz war bisher nur mit großen Einschränkungen verbunden. Allein die letzte Obus-Generation aus dem Jahr 2009 ermöglichte durch einen verbesserten Dieselhilfsmotor, der Fahrstrom für kurze Strecken ohne Oberleitung über einen Generator erzeugt, die Verlängerung des Linienweges um wenige Kilometer. Mit den Batterie-Oberleitungs-Bussen, die während des Fahrens „am Draht“ Elektrisch unterwegs Solinger Busnetz auf dem Weg zur Emissionsfreiheit Gabriele Zauke, Daniel Bogatz Leise, nachhaltig, energieeffizient und emissionsfrei: Das ist der Solinger Busverkehr. Die hier eingesetzten Batterie-Oberleitungs-Busse (BOB) können Streckenabschnitte auch ohne vorhandenen Fahrdraht elektrisch fahren. Auf dem Weg zum klimafreundlichen ÖPNV ist außerdem die Weiterentwicklung des Oberleitungsnetzes zu einem „Smart Trolleybus-System“ geplant, das die Versorgung mit grünem Strom sicherstellt. Das innovative Konzept ist eine Antwort auf die drängende Problematik der zunehmenden Feinstaubbelastung und leistet somit einen wichtigen Beitrag für die zukünftige Gestaltung innerstädtischer Mobilität. Aus diesem Grund wurde es vom Land Nordrhein-Westfalen als Vorreiter für den Klimaschutz geehrt und ist Teil der Leistungsschau KlimaExpo.NRW. Batterie- Oberleitungsbus der Stadtwerke Solingen. © Stadtwerke Solingen 53 4 · 2018 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität geladen werden (In-Motion-Charging) und über den Batteriebetrieb längere Streckenabschnitte ohne Fahrleitung abdecken, ist zukünftig eine rein elektrische ÖPNV-Erschließung des gesamten Stadtgebietes möglich. Langfristig sollen sie die Dieselbuslinien gänzlich ersetzen. Im Idealfall benötigen einzelne BOB-Buslinien in Zukunft dann auch nur noch Oberleitungen auf zirka einem Drittel des gesamten Linienweges. Damit erlauben die BOB der Stadt Solingen, das vorhandene Busliniennetz nicht nur einzelfallbezogen, sondern linienübergreifend vollständig neu zu strukturieren und den tatsächlichen Nachfragestrukturen der Bevölkerung anzupassen. Die zukünftigen Linienwege der Busse können sich aufgrund der neuen flexibleren Ladestruktur erstmalig an den Bedürfnissen der Kunden orientieren, es können neue umsteigefreie Busverbindungen auf wichtigen Relationen geschaffen und der Anteil der Fahrten mit dem ÖPNV durch Abbau von Erschließungs- und Verbindungsdefiziten wesentlich gesteigert werden. Ein Vorteil für die Stadt, den es in dieser Form zuvor noch nie gegeben hat und der nun entsprechend genutzt werden soll: Auf Basis umfassender Nachfrageanalysen wird ein neues Busliniennetz und ein dem BOB-Fahrzeugbestand angepasstes Umsetzungskonzept entwickelt. Umsteigefreie Fahrbeziehungen und Fahrtenangebot (Anzahl der Fahrten je Stunde) sollen sich in Solingen zukünftig einerseits an der Nachfrage orientieren, andererseits dem ÖPNV als umwelt- und klimafreundliches Verkehrsmittel einen deutlichen Vorrang zur Bewältigung der Mobilitätsbedürfnisse verschaffen und zu einem neuen Mobilitätsverständnis beitragen. Zukunftsweisende Technologien für den Klimaschutz Damit nicht genug, denn auch die Stromversorgung soll in Zukunft klimafreundlich und netzdienlich angepasst und das bestehende Oberleitungsnetz zum „Smart Trolleybus System“ weiterentwickelt werden. Bisher fließt der Strom vom Stromverteilnetz in das Oberleitungsnetz. Zukünftig sind Photovoltaikanlagen geplant, die direkt an das Oberleitungsnetz angeschlossen werden und die Busse mit grünem Strom versorgen. So wird der Solinger Nahverkehr perspektivisch nur noch durch lokal erzeugten Ökostrom versorgt. Das Projekt verwendet außerdem die alten Batterien der Busse, um stationäre Speicher im Netz aufzubauen. Diese stabilisieren das Oberleitungs- und Stromverteilnetz. Dank eines intelligenten Lade- und Energiemanagementsystems können Stromlastspitzen in beiden Netzen abgefangen werden. Die Integration Erneuerbarer Energien in das elektrische Netz wird so generell verbessert. Zusätzlich planen die Verantwortlichen, Ladesäulen für Privathaushalte an das Oberleitungsnetz anzuschließen. Mit diesem ausgeklügelten Verfahren zeigt das Projekt beispielhaft, wie intelligente Vernetzung, neue Technologien und ein durchdachtes Konzept erfolgreich zusammenspielen, um dem Klimawandel entgegenzutreten und eine Stadt zukunftsorientiert zu gestalten. Aus diesen Gründen spielt das Projekt eine Vorreiterrolle für den Klimaschutz und reiht sich in die Riege qualifizierter Projekte der Themenwelt „Mobilität gestalten“ der Landesinitiative KlimaExpo.NRW ein. Die KlimaExpo.NRW identifiziert und prämiert als Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung Vorreiter in Sachen Klimaschutz: Von der KlimaExpo. NRW qualifizierte Projekte erfüllen eine Vielzahl von Kriterien, darunter ein hoher Innovationsgrad, Nachhaltigkeit sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Hinsicht und Übertragbarkeit auf unterschiedliche Bereiche und Branchen. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, den Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen voranzutreiben - und das technologische und wirtschaftliche Potenzial der Region weiter auszubauen. Als Leistungsschau prämiert die KlimaExpo.NRW bis 2022 wegweisende Ideen einem breiten Publikum. AUTOR*INNEN Gabriele Zauke Nahverkehrsplanung Stadt Solingen Kontakt: G.Zauke@solingen.de Daniel Bogatz Neue Effizienz Bergische Gesellschaft für Ressourceneffizienz mbH Kontakt: bogatz@neue-effizienz.de ÜBER DIE KLIMAEXPO.NRW Aufstellung der Oberleitungsbusse auf dem Betriebshof. © Stadtwerke Solingen