Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2019-0003
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Deutsche Städte werden Blue Communities
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Christa Hecht
Blue Communities – ein Projekt des Council of Canadians – findet Beachtung in Deutschland, Europa und der Schweiz. Weltweit bekennen sich 47 Gemeinschaften (Städte, Gemeinden, Kirchen, Orden und Universitäten) zu den Prinzipien von Blue Community. Sie erkennen Wasser als öffentliches Gut an, unterstützen die Umsetzung des Menschenrechts auf Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu Sanitärversorgung und die schonende Nutzung der Wasserressourcen. Sie setzen sich für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in öffentlicher Hand ein, fördern die Nutzung von Leitungswasser statt Flaschenwasser und unterstützen andere Länder dabei, eine funktionierende öffentliche Trinkwasserversorgung bereitzustellen.
tc410008
8 1 · 2019 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Die Stadt Burnaby in Britisch-Kolumbien, Kanada, wurde 2011 die erste Blue Community. 2013 wurden die Stadt und die Universität Bern sowie die Kirchengemeinde Johannes in Bern die ersten Blue Communities außerhalb Kanadas. Seitdem verbreitet sich das Netz der Blue Communities immer mehr. In den letzten beiden Jahren haben die Parlamente von Augsburg, Berlin, Marburg und München beschlossen, die Selbstverpflichtung von Blue Communities zu beachten. Die Stadtregierungen haben gemeinsam mit ihren Wasserversorgern die Erfüllung dieser Verpflichtungen geprüft und weitere Maßnahmen eingeleitet. In allen Städten gibt es zusätzlich Initiativen, die diese Verpflichtung und auch viele unterschiedliche Aktivitäten rund um Wasser unterstützen. Die Beschlüsse für Blue Community wurden von Bürgerinitiativen angeregt wie in Berlin vom Berliner Wasserrat, in München und Augsburg von einer Wasserallianz, in Marburg von aktiven Bürger*innen und Student*innen. Die Fraktionen in den Stadtparlamenten haben diese Ideen aufgegriffen und die städtischen Betriebe in die Entscheidungsfindung einbezogen. Alle Beschlüsse zur Blue Community wurden mit großer Mehrheit gefasst, mitunter wie in Augsburg, auch einstimmig. Die Zertifikate, mit denen diese Selbstverpflichtung besiegelt wird, wurden im Jahr 2018 von Maude Barlow, der Ehrenvorsitzenden des Council of Canadians und Trägerin des alternativen Nobelpeises, an die Stadtverantwortlichen übergeben. Alle vier Städte erfüllen die Prinzipien hervorragend, sind sich aber bewusst, dass in vielen Bereichen ein Umdenken stattfinden und neue Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Zusammenarbeit von Stadtverwaltungen, Betrieben, verschiedensten Institutionen und Initiativen ist dafür wichtig. Außerdem ist es ganz wesentlich, dass alle Beteiligten in den vier Städten darauf achten, dass Blue Community nicht nur ein weiteres Aushängeschild wird, sondern reale Veränderungen bringt. So hat Berlin im Haushalt 1 Mio. EUR für die Installierung von Trinkwasserbrunnen im öffentlichen Raum bereitgestellt. Kostenfrei nutzbare Toiletten, beispielsweise Ecotoiletten, werden folgen. Initiativen wie „Flussbad Berlin“ und Wohnprojekte mit der Nutzung von Grauwasser wie der „Block 6“ oder a: tiptap mit Schulprojekten setzen sich für den nachhaltigen Umgang mit Wasser und die Bewusstmachung dafür ein. Deutsche Städte werden Blue Communities Christa Hecht Blue Communities - ein Projekt des Council of Canadians - findet Beachtung in Deutschland, Europa und der Schweiz. Weltweit bekennen sich 47 Gemeinschaften (Städte, Gemeinden, Kirchen, Orden und Universitäten) zu den Prinzipien von Blue Community. Sie erkennen Wasser als öffentliches Gut an, unterstützen die Umsetzung des Menschenrechts auf Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu Sanitärversorgung und die schonende Nutzung der Wasserressourcen. Sie setzen sich für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in öffentlicher Hand ein, fördern die Nutzung von Leitungswasser statt Flaschenwasser und unterstützen andere Länder dabei, eine funktionierende öffentliche Trinkwasserversorgung bereitzustellen. Augsburg (links), Berlin (rechts). © pixabay 9 1 · 2019 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt München wiederum hat schon vor Jahren mit der Installierung von Trinkwasserspendern in Schulen, die an die Wasserleitung angeschlossen sind, begonnen und auch unzählige kostenfreie öffentliche Toiletten im Stadtgebiet eingerichtet. In Marburg gibt es ein Gremium, das sich regelmäßig trifft, um die Umsetzung von Blue Community-Maßnahmen zu beraten und zu kontrollieren. Augsburg wird die Maßnahmen in seine Aktivitäten rund um seine Bewerbung als Weltkulturerbe mit seiner „Historischen Wasserwirtschaft und Wasserkunst“ ein- und ausbauen. Die Grundsätze Städte, Gemeinden, Hochschulen und andere Institutionen, können eine Blue Community werden. Blue Communities halten sich an: Anerkennung des Zugangs zu sauberem Trinkwasser und zu Sanitärversorgung als Menschenrecht Die verantwortlichen Stellen und Personen der Stadt, Gemeinde oder Institution tragen zur Umsetzung dieser Rechte bei und unterstützen entsprechende Maßnahmen. Wasserdienstleistungen bleiben in öffentlicher Hand Eine Blue Community hat ihre Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in öffentlichem Eigentum und Kontrolle. Sie setzt sich dafür ein, dass diese kommunalen Aufgaben in öffentlicher Hand bleiben. Leitungswasser anstelle von Flaschenwasser trinken Interne Betriebsstrukturen, Dienstleistungen und Veranstaltungen werden wo immer möglich, Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung nutzen und die Nutzung von Leitungswasser fördern, um den Gebrauch von Kunststoff und den Transport von Wasser in Flaschen zu verringern. Pflege öffentlich-öffentlicher Partnerschaften mit internationalen Partnern Eine Blue Community setzt sich auch auf internationaler Ebene für das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser und zu Sanitärversorgung ein und pflegt langfristige öffentlich-öffentliche Partnerschaften sowie Wissens- und Erfahrungsaustausch mit Städten, Gemeinden oder Institutionen im Ausland, insbesondere mit Ländern, in denen diese Rechte noch nicht ausreichend gesichert sind. Auch in Europa gibt es mehrere Städte, die sich als Blue Community verpflichtet haben - Paris, Thessaloniki, Neuchâtel, zudem Universitäten, Kirchengemeinden und Gewerkschaften - insbesondere in der Schweiz. Die Bewegung für Blue Communities bietet für Städte, Gemeinden, Institutionen und Organisationen eine hervorragende Gelegenheit, sich für Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasser, für die Menschenrechte auf Zugang zu sauberem Wasser und sanitärer Grundversorgung und für internationale Zusammenarbeit stark zu machen und gleichzeitig die eigenen Bürger*innen, Kund*innen oder Mitglieder aktiv in diese Aktivitäten einzubinden. Durch die Selbstverpflichtung bleiben alle in ihrem Zusammenwirken stets selbst verantwortlich und bestimmen selbst das Tempo der Maßnahmen. In Deutschland und der Schweiz wird derzeit an der Vernetzung gearbeitet. Informationen dazu bei der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e. V. Christa Hecht Wasserexpertin Geschäftsführerin (im Ruhestand) der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW) Kontakt: chhecht@web.de AUTORIN Marburg (links), München (rechts). © pixabay
