Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2019-0037
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Resiliente Städte
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Norbert Gebbeken
Paul Warnstedt
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die unsere Städte „smart“ machen soll, des Klimawandels, der zu Sturzfluten und zum Aufheizen der Städte führt, und der Terrorgefahren sowie der Kriminalität, gibt es besondere Herausforderungen für Stadtplaner und Sicherheitsingenieure, damit unsere Städte nicht zubetoniert und verpollert werden. Aufgrund der zunehmenden Verwundbarkeit der Städte wird es immer wichtiger, dass sie resilient auf Gefahren reagieren können. Grundlage für alle kommunalen Infrastrukturen sind bauliche Anlagen, die den Anforderungen an Urbanität gerecht werden sollen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit einigen Grundlagen von Resilienz und mit stadtbildverträglichen baulichen Lösungen zum Terrorschutz.
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60 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? Urbanisierung und Urbanität Eine der großen globalen Herausforderungen ist die Urbanisierung. Seit 2009 lebt mehr als 50 % der Weltbevölkerung in Städten, bis 2050 soll sich der Anteil auf zwei Drittel erhöhen. Parallel dazu wird uns der Klimawandel mit enormen globalen Herausforderungen konfrontieren. Die rasant fortschreitende Digitalisierung und die Entwicklung künstlicher Intelligenz stellen große Chancen dar, bergen aber gleichzeitig erhebliche Risiken. München hat 2016 die Digitalinitiative ausgerufen. Der Wandel zur Smart City wurde eingeläutet. Die Vorstellung Resiliente Städte Ein Ansatz, technologische Herausforderungen und Urbanität in Einklang zu bringen Resilienz, Urbane Sicherheit, Prävention, Krisenbewältigung, Kritische Infrastrukturen, Stadtbild Norbert Gebbeken, Paul Warnstedt Vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die unsere Städte „smart“ machen soll, des Klimawandels, der zu Sturzfluten und zum Aufheizen der Städte führt, und der Terrorgefahren sowie der Kriminalität, gibt es besondere Herausforderungen für Stadtplaner und Sicherheitsingenieure, damit unsere Städte nicht zubetoniert und verpollert werden. Aufgrund der zunehmenden Verwundbarkeit der Städte wird es immer wichtiger, dass sie resilient auf Gefahren reagieren können. Grundlage für alle kommunalen Infrastrukturen sind bauliche Anlagen, die den Anforderungen an Urbanität gerecht werden sollen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit einigen Grundlagen von Resilienz und mit stadtbildverträglichen baulichen Lösungen zum Terrorschutz. Viktualienmarkt München. © Nagy / Presseamt München 61 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? ist, dass bisher unabhängig arbeitende digitale System in naher Zukunft wesentlich stärker vernetzt werden. Künstliche Intelligenzen sollen entscheiden, was den Menschen guttut und herausfinden, wann Systeme schwächeln. Kritische Stimmen mahnen, dass genau dadurch die Gesellschaften immer verletzlicher werden. Werden nun Menschen durch KI und Smart Cities entmündigt, so wie wir es bei den sozialen Medien schon erleben? Wie sollen wir bauliche städtische Verkehrsinfrastruktur, die für 50 bis 100 Jahre ausgelegt wird, heute planen, wenn wir nicht einmal wissen, wohin sich die Mobilität in 20 oder 30 Jahren entwickelt? Die Veränderungen der Städte und die sich damit ergebenden Fragen erzeugen zwangsläufig Ängste. Die sind jedoch nicht unbegründet, denn es hat zum Beispiel Stromausfälle (blackout) aufgrund von technischen Unfällen oder von Naturkatastrophen bereits gegeben (Sturm Kyrill am 19. Januar 2007, weiträumig, Blackouts am 15. November 2012 in München, am 31. Dezember 2016 in Nordfriesland, am 29. Dezember 2018 in Langgrün und am 20. März 2019 in Kelheim). Diese Stromausfälle führten zu erheblichen Beeinträchtigungen und Ausfällen lebenswichtiger Funktionen bei kommunalen Infrastrukturen. Das darf nicht sein. Deswegen müssen wir lebenswichtige Systeme resilient auslegen. Doch was bedeutet Resilienz? Resilienz Resilienz ist die Fähigkeit von Systemen oder Gesellschaften, bei einem Teilausfall nicht vollständig zu versagen und sich möglichst schnell wieder zu erholen (Bild 1). Für Städte bedeutet Resilienz die Fähigkeit, auch bei schweren Schäden zentrale Funktionen aufrechtzuerhalten oder sie sehr schnell wiederherzustellen. Es wird erwartet, dass ein (technisches) System eine bestimmte Leistungsfähigkeit erfüllt (Performanz P pre ). Auf das Eintreten einer Gefahr (Ereignis) zum Zeitpunkt t 0 muss man vorbereitet sein und gleichzeitig versuchen, das Ereignis zu vermeiden (Prävention). Tritt ein katastrophales Ereignis ein, so ist mit einem Leistungsverlust zu rechnen, der aber nicht unter P min fallen darf. Auf die Krise bzw. Katastrophe muss umgehend reagiert werden, um sie zu bewältigen. Häufig haben wir es bei Katastrophen mit Kaskadeneffekten zu tun, die in der Grafik durch den treppenartigen Leistungsverlust dargestellt sind. Greifen die Maßnahmen, dann kann sich das System bis zum Zeitpunkt t 1 erholen. Die Krise ist grundsätzlich überwunden. Im Zuge der Nachbereitung kann jedoch festgestellt werden, dass es sinnvoll ist, die Vorsorge zu verbessern und einen verbesserten Schutz einzuführen, der die Leistungsfähigkeit des Systems auf P post erhöht. Diese Diskussion wird derzeit beispielsweise in Bezug auf Sturzfluten geführt. Bei der Festlegung der Resilienz geht es im Grunde mathematisch um ein Optimierungsproblem mit zwei Zielfunktionen; 1. Akzeptabler Leistungsverlust und 2. Akzeptable Dauer der Krise. Die Fläche des Tales unterhalb der gestrichelten Linie „Krise“ von t 0 bis t 1 ist ein Maß für Resilienz. Je kleiner die Fläche ist, umso größer ist die Resilienz. Eine Forderung an resiliente technische Systeme ist, dass sie redundant und robust sind. Im Zusammenhang mit der Resilienz haben wir die Begriffe Krise und Katastrophe verwendet. Kann man die Begriffe synonym verwenden oder sind es zwei unterschiedliche Dinge? Krise oder Katastrophe? Die Krise bedeutet eine entscheidende Wendung. Sie ist eine schwierige Situation, die den Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt (gemäß Duden). Dauert die Krise länger an und ist sie großräumig, dann spricht man von einer Katastrophe. Nach der Definition des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) spricht man von einer Katastrophe, wenn Gefahren- und Schadenslagen sich derart zuspitzen, dass die alltäglichen Maßnahmen und Mittel für die Vermeidung Bewältigung Vorbereitung Vorsorge Nachbereitung Krise Bild 1: Zur Definition von Resilienz, Leistungsfähigkeit über die Zeit. © Gebbeken Bild 2: Katastrophenmanagementzyklus gem. BBK. © Gebbeken 62 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? organisatorisch der Katastrophenmanagementzyklus. Bild 2 verdeutlicht, dass die notwendigen Anpassungen zur Vermeidung von, Vorbereitung auf und die Bewältigung sowie Nachbereitung von Katastrophen die beste Vorsorge sind. Vorsorge ist besser als Nachsorge. Deswegen sollte die Prävention Vorrang haben. Wer und was muss geschützt werden? Gemäß der Definition für Katastrophen ist das oberste Schutzziel die Abwendung der Gefahr für Leib und Leben von Menschen. Dazu bedarf es der Aufrechterhaltung aller Einrichtungen und Systeme, die für die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung von Bedeutung sind. Das sind die so genannten kritischen Infrastrukturen (Tabelle 1). Die Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastrukturen hängt maßgeblich davon ab, ob die entsprechenden baulichen Anlagen intakt sind. Das sind im weitesten Sinne Gebäude, technische Anlagen, Ver- und Entsorgungssysteme und die Verkehrsinfrastruktur. Die Sektoren der kritischen Infrastruktur müssen im Kontext der Sektoren der kommunalen Infrastrukturen gesehen und bewertet werden. Sie gelten gleichermaßen für Dörfer bis hin zu Großstädten. Die kommunalen Infrastrukturen werden grob unterteilt in soziale Infrastrukturen und technische Infrastrukturen (Tabelle 2). Der Vergleich zeigt, dass kritische Infrastrukturen als große Untergruppe der kommunalen Infrastrukturen verstanden werden können. Gleichzeitig wird deutlich, dass vereinheitlichte Bezeichnungen und Zuordnungen angebracht wären. So könnten Kommunikationshindernisse beseitigt werden, um die überaus wichtige ressortübergreifende Zusammenarbeit gerade im Krisen- und Katastrophenfall (aber auch in den Phasen der Vor- und Nachbereitung) zu vereinfachen. Die bisherigen Überlegungen waren vergleichsweise theoretisch und abstrakt. Das Vorhandensein der Infrastrukturen und ihre Funktionsfähigkeit, Bild 3: Urbane Räume, links „Angstraum“ , rechts einladende Unterführung. © Gebbeken Sektoren kommunaler Infrastruktur Soziale Infrastrukturen: Technische Infrastrukturen: Gesundheit (Pflege, Betreuung usw.) Energieversorgung Öffentliche Sicherheit (Polizei, Feuerwehr, THW, Rettung, usw.) Informationstechnik und Telekommunikation Fürsorge (Kindergarten, Altenheim, Pflegedienst, usw.) Ver- und Entsorgung (Wasser, Ernährung, Hygiene) Bildungssystem Transport und Verkehr Kultur Finanz- und Versicherungswesen Soziale Sicherung Sport und Freizeit Tabelle 2: Kommunale Infrastrukturen. und Reduzierung von Schäden nicht ausreichen. Das Land Tirol präzisiert noch weiter: „Katastrophen sind durch elementare oder technische Vorgänge oder von Menschen ausgelöste Ereignisse, die in großem Umfang das Leben oder die Gesundheit von Menschen, die Umwelt, das Eigentum oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung gefährden oder schädigen“. Es geht beim Katastrophenschutz wesentlich darum, zukünftige Katastrophen zu vermeiden. Dabei hilft Sektoren Kritischer Infrastrukturen Energie Transport und Verkehr Informationstechnik und Kommunikation Finanz- und Versicherungswesen Gesundheit Staat und Verwaltung Wasser und Entsorgung Sicherheitsorgane Ernährung Medien und Kultur Tabelle 1: Kritische Infrastrukturen gem. BBK 63 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? auch im Krisenfall, sind nur die Voraussetzung dafür, dass ein gesellschaftliches System funktioniert. Aber ist allein dadurch eine Kommune schon attraktiv? Wo möchten wir gerne leben und zusammenleben? Wo fühlen wir uns wohl? Wie gewinnen Städte an Aufenthaltsqualität? Wie schaffen wir es, (technische) Sicherheit so zu installieren, dass Urbanität und Freiheit nicht eingeschränkt werden? All das sind Fragen, die im Zusammenhang mit Urbanität stehen. Doch was macht eine urbane Stadt aus? Urbanität Mit dem Begriff „Urbanität“ beschreibt man die städtische Lebensform. Eine Stadt wird lebendig durch ihre Bewohner, ihre Gäste, durch die Lebensführung, durch vielfältige Milieus und Gemeinschaften. Die Stadt erhält ihre Identität durch ihre Geschichte, ihre Kultur, gerade auch ihre Baukultur, und durch die sozialräumlichen Strukturen. Weiterhin sollte eine lebenswerte Stadt geprägt sein durch eine Vielfalt von Bildungsmöglichkeiten, Toleranz, Freiheit, Vernetzung, Diversität, Interkulturalität, Weltläufigkeit, Aufgeschlossenheit, Authentizität, Intellektualität, Kreativität, Offenheit, identitätsstiftenden Städtebau, Landschaftsplanung, Infrastruktur, Architektur, Kunst, Miteinander von Gewerbe und Wohnen, bürgernahe Politik, Lebensstil, Kneipenszene, Gründerszene, usw. Die „Urbanistik“ (Stadtforschung) beschäftigt sich interdisziplinär mit der Erforschung von Städten unter sozialen, soziologischen, geographischen, historischen, ökologischen, ethnologischen, wirtschaftlichen, städtebaulichen, kulturellen und politischen Gesichtspunkten. Damit ist die Urbanistik interdisziplinär angelegt, indem sie Aspekte der Geistes-, Natur-, Ingenieurs- und Sozial- und der Wirtschaftswissenschaften in sich vereint. In seinem Buch „Städte für Menschen“ hat der dänische Stadtplaner Jan Gehl seine Idee von der lebenswerten Stadt aufgezeichnet. Viele „Best Practice“-Beispiele illustrieren die Umsetzung seiner Ideen. Ein Ziel ist die Verbesserung der städtebaulichen Infrastruktur für Familien, Senioren und körperlich Beeinträchtigte sowie für ein Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern. Soweit die Theorie von der guten Stadt. Nun ist immer wieder zu lesen von städtischen „hot spots“, „no go areas“, Problemvierteln, Unsicherheitsräumen usw. Damit kommen wir zum Thema „Kriminalprävention in der Stadt“. Kriminalprävention in der Stadt Die Kriminalprävention dient der Vorbeugung rechtswidriger Taten. Dazu gehört seit dem Anschlag auf den Breitscheidplatz in Berlin am 19.- Dezember 2016 auch der bauliche Schutz vor Terrorakten, wie Bombenanschlägen oder Überfahrtaten. In diesem Beitrag soll nur auf städtebauliche Aspekte eingegangen werden. Zur Vorbeugung und Bekämpfung dienen die aktive Sicherheit (Security) und die passive Sicherheit (Safety). Bauliche Schutzmaßnahmen gehören zur passiven Sicherheit. Es gibt in Deutschland vor allem zwei Institutionen, die sich mit der integrativen stadtbildverträglichen Kriminalprävention beschäftigen. Einerseits das Kompetenzzentrum „Urbane Sicherheit“ im LKA Niedersachsen und andererseits die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention im BMI. Das Kompetenzzentrum „Urbane Sicherheit“ weist darauf hin, dass die Anforderungen an den öffentlichen Raum aufgrund aktueller Dynamiken in einer heterogenen Gesellschaft zusehends komplexer werden. Im öffentlichen Raum zeigt das tägliche Miteinander mit all seinen Facetten seine Wirkung. Neue flexible Konzepte erfordern ressortübergreifende Ansätze, um zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Kriminalprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Kompetenzzentrum „Urbane Sicherheit“ verbindet wissenschaftliche Ansätze und anwendungsorientierte Themenstellungen. Daraus entstehen Bild 4: Kritis-Gebäude, links Bunker- Schießscharten- Architektur (© BBR), rechts innovative stadtbildverträgliche und ökologische Architektur. © Gebbeken 64 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? wissensbasierte Empfehlungen für die Praxis. Die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention ist das unabhängige Zentrum der gesamtgesellschaftlichen Prävention in Deutschland. Sie übernimmt eine Leitfunktion in sozialen, ethischen, interkulturellen und erzieherischen Fragen im Interesse einer sicheren, kriminalitätsarmen und lebenswerten Gesellschaft, in der Einzelpersonen und Institutionen verantwortlich zur Vermeidung von Risiken und zur Gestaltung des Zusammenlebens beitragen. Die Stiftung beschäftigt sich unter anderem mit Themen wie kommunale Kriminalitätsprävention, Sicherheit im Bahnhofsviertel, urbane Sicherheit und integrierte stadtbildverträgliche Sicherheitskonzepte. Im Städtebau muss darauf geachtet werden, dass bestimmte Bau- und Nutzungsstrukturen das Begehen von Delikten begünstigen bzw. hemmen können und sich darüber hinaus negativ bzw. positiv auf das Sicherheitsgefühl der Menschen auswirken. Eine Umsetzung städtebaulicher Präventionskonzepte erfordert die Kooperation aller in diesem Bereich tätigen Behörden und Institutionen. Im Folgenden werden Beispiele aus der Praxis vorgestellt und miteinander verglichen. Die städtebauliche Kriminalprävention verfolgt im Wesentlichen das Ziel, Räume zu schaffen, die grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit von allen Menschen angenommen und als sicher empfunden werden. Damit werden Räume vermieden, die Kriminalität begünstigen oder „ungebetene Gäste“ anlocken. Bild 3 links zeigt den verwahrlosten Bereich am Ende einer dunklen Unterführung, der besonders nachts Unbehagen erzeugt. Dieser Bereich wird schnell vermüllt und morgens liegen dort oft zerdepperte Flaschen. So entstehen jene Angsträume, die nicht Teil dessen sein sollten, was wir als urban bezeichnen. Das Bild 3 rechts zeigt eine einladende Unterführung, die im Rahmen eines Schulprojektes gestaltet wurde. Seitdem gibt es hier weder Vermüllung noch Verwahrlosung. Selbst nachts kann man sich hier sicher fühlen, weil die Beleuchtung gut ist und es keine dunklen Ecken gibt. Wie sieht es nun bei kritischen Infrastrukturen aus, die es sowohl im zentralen urbanen Raum gibt, als auch im weitläufigen Stadtgefüge (Bild 4). Hier sind Architekten, Ingenieure und Landschaftsarchitekten gefragt. Aber nicht nur die. Es bedarf zukunftsorientierter (öffentlicher) Bauherren, die innovative multifunktionale Lösungen zulassen. Auf Bild 4 links ist monotone Architektur zu sehen, die sich der Funktionalität und Sicherheit unterordnet. Im Bild 4 rechts werden die Anforderungen an Funktionalität und Sicherheit gekoppelt mit ökologischen, gestalterischen und landschaftsplanerischen Anforderungen. Die Liegenschaft fügt sich in Stadtgestaltung und umgebende Landschaft ein. Bild 6: Barrieren zum Schutz vor Überfahrtaten, links monofunktionale Beton-Jersey- Barriere, rechts multifunktionale stadtbildverträgliche Barriere. © Gebbeken Bild 5: Perimeterschutz, links „Show Force“-Lösung Beton, rechts elegante „Hide Force“-Lösung Schutzglas. © Gebbeken 65 2 · 2019 TR ANSFORMING CITIES THEMA Städte im Krisenmodus? Ein wichtiges Thema beim baulichen Schutz ist immer wieder die Gestaltung des Perimeters). Auf Bild-5 ist links eine Schutzwand aus Beton zu sehen. Sie steht unmittelbar am Rande einer Wohnbebauung. Rechts ist ein so genannter „Doppelperimeter“ zu sehen. Zum einen sorgen vergleichsweise ansehnliche Poller für den erforderlichen Abstand und verhindern die Zufahrt, zum anderen wurde eine Schutzwand realisiert, die aus Sicherheitsglas besteht. Dadurch erscheint die Schutzwand nicht martialisch. Nach den Anschlägen auf den Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 wurden in Deutschland sehr viele Plätze durch Barrieren geschützt. Auf Bild 6 links sind sogenannte Jersey-Barrieren zu sehen, die hier einen historischen Platz vor Überfahrtaten schützen sollen. Gerade in diesem baukulturell relevanten Bereich wäre es sinnvoll und angebracht, stadtbildverträgliche innovative Barrieren vorzusehen, die sich in den Bestand einfügen. Möglichkeiten gibt es viele, wie auf Bild 6 rechts dargestellt ist. Urbane Räume zu gestalten ist manchmal schwierig und manchmal relativ einfach. Auf Bild 7 ist links eine dunkle Gasse zu sehen, in der morgens häufig Müll liegt, der jedoch schnellstmöglich von der Stadt entsorgt wird. Rechts ist eine Schankfläche zu sehen, die meistens verschattet ist, aber trotzdem durchaus beliebt. Trotz intensiver Nutzung wird hier kaum etwas weggeworfen. Die Beispiele zeigen, dass es immer eine intellektuell anspruchsvolle Aufgabe für Bauherren, Architekten und Ingenieure ist, etwas Gutes umzusetzen Resilienz, Sicherheit und Urbanität müssen integrativ gesehen werden Der Beitrag zeigt, dass die globalen technologischen Herausforderungen interdisziplinär synergetisch angenommen werden können, um gleichermaßen Resilienz, Sicherheit und Urbanität zu verbessern. Hierzu bedarf es der Bereitschaft, innovative Lösungen zuzulassen. Die bauaufsichtliche Zulassung kann dabei zunächst über Zustimmungen im Einzelfall realisiert werden, bis sich diese Ansätze auch normativ etabliert haben. Resilienz orientierte Stadtgestaltung muss den gesamten Lebenszyklus baulicher Anlagen einbeziehen. Durch ansprechendes Design und sinnvolle Multifunktionalitäten können Strukturen geschaffen werden, die das Stadtbild bereichern und urbane Räume lebenswert machen. In diesen Räumen wird der Verwahrlosung unmittelbar durch die Gestaltung entgegengewirkt. Sollte nun tatsächlich der unglückliche Fall einer Krise oder Katastrophe eintreten, werden der Wille und die Bereitschaft zur raschen Wiederherstellung dieser Räume und ihrer Funktionen ungleich größer sein. Damit wird sowohl der Leistungsverlust reduziert als auch die Dauer der Krise verkürzt, sodass beiden Zielfunktionen Rechnung getragen wird. Durch diese übergeordneten Ansätze gelingt die Transformation der Städte, bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen. Bild 7: Stadtraum, links dunkle Gasse, rechts beliebter Treffpunkt. © Gebbeken Prof. Dr.-Ing. habil. Norbert Gebbeken Universität der Bundeswehr München Forschungszentrum RISK Kontakt: norbert.gebbeken@unibw.de Dipl.-Ing. Paul Warnstedt Universität der Bundeswehr München Forschungszentrum RISK Kontakt: paul.warnstedt@unibw.de AUTOREN
