eJournals Transforming cities 5/2

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2020-0028
65
2020
52

Skiberg statt Müllberg

65
2020
Heidrun Eckert
In Kopenhagen wurde die kühne Vision zur Gestaltung einer Müllverbrennungsanlage höchst beeindruckend verwirklicht. Seit Eröffnung Anfang Oktober 2019 bietet das imposante Amager Ressource Center auf rund 16 000 m² Dachfläche jede Menge Skispaß samt vier Liftanlagen, unterschiedliche Trails für Wanderer sowie Treppenwege für Spaziergänger, die den Amager Bakke oder Copenhill, wie der 87 Meter hohe neue „Hausberg“ von Amager genannt wird, zu Fuß erklimmen. Die ZinCo-Bautenschutz- und Dränageelemente Elastodrain sowie Protectodrain bieten die sichere Basis für diese einzigartige Dachnutzung sowie für alles, was auf dem Dach wächst – vom kleinen Grashalm bis zu hohen Bäumen.
tc520015
15 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Kopenhagen, Dänemarks Hauptstadt und bedeutende Metropole Nordeuropas, gilt als eine der Städte mit der höchsten Lebensqualität weltweit. Das Stadtgebiet von Kopenhagen verteilt sich über mehrere Inseln - so auch auf den nördlichen Teil der rund 96 km² großen Insel Amager im sogenannten Öresund, der Meerenge zwischen Dänemark und Schweden. Dort stehen städtebauliche Vorhaben - insbesondere Renaturierungsmaßnahmen, Schaffung neuer Erholungsräume und von Wohnbebauung - im Vordergrund. Als für Kopenhagen eine neue Müllverbrennungsanlage notwendig wurde, galt es, einen zentrumsnahen Standort zu finden, um rund 100 000 Haushalte mit der in der Anlage erzeugten Elektrizität und Wärme zu versorgen. Eigentlich möchte niemand eine solche Anlage in seiner Nachbarschaft haben. In Kopenhagen gelang es sogar, mit Copenhill ein grünes extravagantes Wahrzeichen zu erschaffen. Eine phantastische Vision Die visionären Architekten der Bjarke Ingels Group stellten sich das Amager Ressource Center in Gedanken als nutzbare Frei- Skiberg statt Müllberg Amager Ressource Center Kopenhagen, Dänemark Heidrun Eckert In Kopenhagen wurde die kühne Vision zur Gestaltung einer Müllverbrennungsanlage höchst beeindruckend verwirklicht. Seit Eröffnung Anfang Oktober 2019 bietet das imposante Amager Ressource Center auf rund 16 000 m² Dachfläche jede Menge Skispaß samt vier Liftanlagen, unterschiedliche Trails für Wanderer sowie Treppenwege für Spaziergänger, die den Amager Bakke oder Copenhill, wie der 87-Meter hohe neue „Hausberg“ von Amager genannt wird, zu Fuß erklimmen. Die ZinCo-Bautenschutz- und Dränageelemente Elastodrain sowie Protectodrain bieten die sichere Basis für diese einzigartige Dachnutzung sowie für alles, was auf dem Dach wächst - vom kleinen Grashalm bis zu hohen Bäumen. Bild 1: Das riesige Dach der hochmodernen Müllverbrennungsanlage Amager Ressource Center in Kopenhagen bietet wertvolle Freizeit- und Erholungsfläche. © Ehrhorn Hummerston 16 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum zeiteinrichtung vor - ihre Leitidee war Nachhaltigkeit, die allen Spaß macht. Mit frischem Mut drehten sie das Tabuthema Müllverbrennungsanlage ins Positive. Die Anlage ist kein unliebsames isoliertes Objekt, sondern sie steht im direkten sozialen Kontext. Auserwählter Standort ist der industriell geprägte alte Nordhafen von Amager, der im Umfeld bereits viele Sportmöglichkeiten wie Wasserski, Segeln, Go-Kart und Freeclimbing bietet. Angesichts der geplanten Gebäudehöhe von fast 90 m, war schnell die Idee einer Skipiste geboren, die sich auf dem 60 m breiten und 200 m langen Gebäude erstreckt. 450 m Piste von steil bis flach sind jetzt ganzjährig nutzbar - für Anfänger und Profis auf Ski oder Board. Sogenannte Dry Slopes, wie die Pisten aus Kunststoffmaterial heißen, gibt es mancherorts, auf einem Dach aber ist es weltweit einzigartig. Ein Gemeinschaftswerk Planung und Umsetzung dieser phantastischen architektonischen Vision wurden Schritt für Schritt innerhalb der letzten neun Jahre durchgeführt. Dank enger Zusammenarbeit der Projektbeteiligten von Anbeginn an gelang es, die anspruchsvollen Herausforderungen durch eine in dieser Form noch nie dagewesene multifunktionale Anlage zu meistern. Besonders die Dachgestaltung verlangte völlig neues Denken - von den Landschaftsarchitekten von SLA, dem Garten- und Landschaftsbaubetrieb Malmos A/ S und von den Ingenieuren des Dachbegrünungsspezialisten ZinCo, die auf Dächern praktisch alles ermöglichen. Sicher vor Wind und Wetter Wichtige Grundfrage bei einem bis zu 30° geneigten Dach ist das Thema Stabilität beziehungsweise Erosionschutz, denn starke Regenfälle und zudem Meereswind in dieser Gebäudehöhe sind ein wesentlicher Faktor. Die 16 000 m² große und bituminös abgedichtete Betondachfläche enthält daher miteingedichtete schräge Schwellen, die Hangwasser zu den seitlichen Dachgullys ableiten. Desweiteren sind im Verlauf zahlreiche Widerlager über Schraubanker obenauf betoniert worden, speziell im Bereich der späteren Gehölzpflanzungen. Auf dieser Grundlage wurden die rutschhemmenden ZinCo- Dränagematten Elastodrain und Protectodrain eingesetzt - und zwar abhängig vom gewünschten Nutzungsbereich. Auf Gebirgswegen Auf einer Fläche von rund 3 000 m² sind beidseitig der Piste Treppenaufgänge mit unterschiedlichen Schrittlängen gestaltet sowie ein vielfach geschwungenes Wegenetz für Wanderer. Genau hier wurde die extrem hoch belastbare Dränage- und Bautenschutzmatte Elastodrain EL 200 aus vollvulkanisiertem Kautschuk verlegt. Darüber folgten Systemfilter PV sowie verzinkte Armierungsgitter auf entsprechenden Abstandhaltern, die auf diese Weise mittig einbetoniert werden konnten. Beton verblieb sogar als Sichtbelag und zwar in sehr hügeliger Ausprägung, um für die Wanderer einen Gebirgspfad zu simulieren. Grüne Bergwelt Ganze 3 000 m² wurden auf dem „Berg“ als robuste Naturlandschaft bepflanzt. Dazu dienen die hoch belastbaren ZinCo- Dränageplatten Protectodrain PD 250 aus ABS-Kunststoff, die aufgrund ihrer unterseitig aufkaschierten Gummischutzmatte ebenfalls rutschhemmend sind. Auf den Systemfilter folgten sodann 5 000 t ZinCo-Systemerde auf der Basis von recycelten Tonziegeln, teilweise aufgeblasen und teilweise über Förderbänder auf das Dach verteilt oder auch per Kran im Big Bag angeflogen. Die Substrathöhe variiert von etwa 20 bis über 100 cm im Bereich der Gehölze mit größeren Wurzelballen. Ausgewählt wurden für Dänemark typische Pflanzenarten - robust genug, um in dem besonderen Mikroklima auf dem Dach zu gedeihen. In sehr steilen und damit erosionsgefährdeten Bereichen setzte man gezielt Vegetationsmatten ein, die eigens dafür über ein Jahr lang vorkultiviert wurden. Das ist gerade unterhalb der Baumpflanzungen der Fall, welche einer besonderen Verankerung bedurften. Über die betonierten Widerlager legte man aufgekantete Gitter und schuf somit stabile Befestigungsmöglichkeiten für das Festzurren der Wurzelballen. Bild 2: Kopenhagener können jetzt ganzjährig vor ihrer Haustür Skifahren - ohne weite Anreise und vor allem ökologischer als beim energieintensiven Indoor-Skifahren. © Ehrhorn Hummerston Bild 3: Wilde Natur mit vielen Kiefern wie auf einem echten Berg. © SL A 17 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Die wind- und erosionssichere Anpflanzung der insgesamt 300 Bäume stellte tatsächlich eine ganz besondere Herausforderung dar, wenn man bedenkt, dass der größte Baum 2,5 t wog. Natürlich erforderten diese Ausführungsarbeiten auch eine ruhige Wetterlage. Eine Tropfschlauchbewässerung sorgt dafür, dass die grüne Bergwelt auch dauerhaft gedeiht. So kann und soll diese artenreiche Begrünung mit Gräsern, Kräutern, Stauden, Sträuchern und Bäumen auch als „grüne Wiege“ dienen für die Aussamung in die Umgebung von Copenhill. Präparierung der Skipiste Einmal präpariert, hält die Kunststoffpiste genau, was sie verspricht. Es muss lediglich das hindurch wachsende Gras regelmäßig gemäht werden, um die Abfahrtsläufer nicht zu bremsen. Dafür sind auf 8 000 m² ebenfalls die Dränageelemente Protectodrain PD 250 samt Systemfilter verlegt. Die dann folgende Substratschicht liegt eingebettet in zwei Kunststoffnetze, die über eine halbe Million Kabelbinder fest miteinander verbunden sind. Ebenfalls integriert in dieses Schichtpaket sind rund 70 000 Metallplatten, an denen der eigentliche Pistenbelag aus 30- x- 30- cm großen Kunststoffmatten des italienischen Herstellers Neveplast verschraubt ist. Die fünf verschiedenen Mattenfärbungen von hellbis dunkelgrün und ebenso die unterschiedlichen Gefälle lassen die Piste als natürlichen Hang erscheinen, auf der ja auch echtes Gras durchwächst. Vollkommen echt sind auch Tellerlift und die drei Förderbänder als Aufstiegshilfe. Alternativ bringt ein Aufzug alle Freizeitbegeisterten und Besucher direkt zum Aussichtsplateau samt Café in fast 90 m Höhe. Von dort überblickt man nicht nur Copenhill, sondern ganz Kopenhagen und den Öresund bis nach Malmö. Weltweit wegweisend Die Müllverbrennungsanlage Amager Ressource Center ist ein Projekt, das Technologie, Ökologie und Sport auf futuristische Weise verbindet. Sie sieht aus wie ein Berg. Innen die neueste und umweltfreundlichste Generation eines Kraftwerks, außen die aus Aluminium-Kassetten zusammengesetzte Fassade, welche sogar eine imposante Kletterwand bietet und obenauf die abwechslungsreiche Naturlandschaft für sämtliche sportliche Aktivitäten. Die Besucher können bei Führungen auch Einblick erhalten in die hochmoderne Arbeitsweise der Anlage - ein Impuls, über das Thema Müll und das eigene Konsumverhalten nachzudenken. Die Anlage verarbeitet Abfall von rund 550 000 Bewohnern und 45 000 Unternehmen und versorgt die Stadt mit recycelten Materialien, mit Strom und Fernwärme. Diese Energiegewinnung aus Abfall und damit unabhängig von fossilen Brennstoffen trägt dazu bei, die Klimaziele zu erreichen. Denn bis 2025 will Kopenhagen die erste klimaneutrale Stadt der Welt werden. Die ehrgeizige Idee, eine Müllverbrennungsanlage in die Stadt zu integrieren und ihr echten Mehrwert zu verleihen, ist hervorragend gelungen und erfüllt alle Beteiligten mit Stolz und Freude. In Kopenhagen ist ein grüner Stadtraum entstanden, der zukunftsweisendes Vorbild ist. Bild 4: Stabile Basis für die späteren Wege sind die hoch belastbaren Bautenschutz- und Dränageelmente Elastodrain EL 200. Darauf werden Armierungsgitter einbetoniert. © Malmos A / S / ZinCo Bild 5: In das Betonfundament können allerlei Aufbauten verankert werden - wie diese originelle und fast endlose Holzbank. © Malmos A / S / ZinCo Bild 6: : Die ZinCo-Systemerde wurde hier per Kran auf das Dach befördert und aus den Big Bags verteilt.. © Malmos A / S / ZinCo ZinCo GmbH Lise-Meitner-Straße 2 72622 Nürtingen E-Mail: info@zinco-greenroof.com www.zinco.de und www.zinco-greenroof.com