Transforming cities
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2366-7281
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2020-0034
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Transformation der Städte
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Annette Rudolph-Cleff
Joachim Schulze
Mit der Corona-Krise ist deutlich geworden, welche Herausforderungen Digitalisierung und Vernetzung lösen können. Die digitale Aus- und Aufrüstung unserer Städte und ihrer technischen Infrastrukturen sind eine Entwicklung, die jetzt selbst kritische Stimmen hinter sich lässt. Doch die Informations- und Kommunikationssysteme (IKT) sind nicht nur Lösung im Krisenfall, sondern selbst Teil der kritischen Infrastrukturen. Daraus entstehen Fragen, wie die Funktionsfähigkeit digitaler Städte in Extremsituationen, Krisen und Katastrophen sichergestellt werden kann? Und wie die Zuverlässigkeit kritischer Infrastrukturen in digital vernetzten Städten der Zukunft erhöht werden kann? Mit emergenCITY werden ausgehend von drei Universitäten in Deutschland Antworten auf diese und ähnliche Fragen erforscht.
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35 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Transformation Smart durch die Krise In der Corona-Krise haben wir gelernt, welche Chancen in der Digitalisierung unserer Städte liegen. Undenkbar sind Lockdown und Kontaktverbot ohne die digitale Vernetzung zur Information und zur Kommunikation. Das Zuhause wird erst durch das Netz als Ort für das Homeoffice, den Fernunterricht und zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte erschlossen. Die Rekordmeldungen zum Datenaustausch an den Internetknotenpunkten belegen, dass die länderübergreifende Quarantäne ein neues Maß und neue Dimensionen der digitalen Vernetzung ausgelöst hat. Ohne Vorlaufzeiten haben sich digitale Arbeitswelten und Lehrformate durchgesetzt, die bisher noch in den Kinderschuhen steckten. Und es läuft überraschend gut. Der Wechsel ins Homeoffice ohne Bedenken von Seiten des Managements, des Datenschutzes und der Arbeitssicherheit, das Verlagern von Konzerten und Unterhaltungsangeboten ins Netz, das generationsübergreifende Zocken und Streamen und nicht zuletzt die Digitalisierung der Verwaltungen deuten einen grundlegenden Wandel in der Gesellschaft an. „Die Corona-Krise beweist auch den bisherigen Skeptikern, dass die Digitalisierung ein Geschenk für die Menschheit ist. Die nun gebotene soziale Distanz wäre ohne das Internet unerträglich“, resümiert Dirk van Gehlen in der Süddeutschen Zeitung [1]. Auch wenn das Netz durch die Corona-Krise im Ausnahmezustand ist, werden diese Innovationen in unserer Gesellschaft in Unternehmen, Institutionen, in Privathaushalten und in unseren Städten nachhaltigen Einfluss nehmen. Jens Uwe Meyer stellt hierzu fest „Nichtsdestotrotz erleben aktuell Millionen von Deutschen und Tausende von Unternehmen, wie sich der Sprung in die digitale Zukunft anfühlt. Und das wird sich nicht so einfach wieder zurückdrehen lassen“ [2]. Smart in der Krise Doch die Informations- und Kommunikationssysteme (IKT) sind nicht nur Lösung im Krisenfall, sondern selbst Teil der kritischen Infrastrukturen und zugehörig zum Nervensystem unserer Städte. Städte sind komplexe, adaptive Systeme vernetzter Dienstleistungen und Infrastrukturen, deren vernetzter und selbstorganisierender Charakter hervorgehoben wird [3, 4]. Die zunehmende Komplexität eng gekoppelter Infrastruktursysteme, wie moderne Informations- und Kommunikationssysteme und Energieerzeugungs- und Verteilungssysteme erhöhen das Risiko, dass die technische Infrastruktur über sektorale und territoriale Grenzen hinweg ausfällt [5, 6]. In digitalen Städten ist die Funktionalität der IKT-gestützten Infrastrukturen durch Naturereignisse, menschliches und technisches Versagen, Gewalt und Terror bedroht. Ein systematisches Verständnis der Verwundbarkeit der digitalen Städte und wirksame Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Widerstandsfähigkeit sind dringend erforderlich, fehlen aber noch immer. Daraus entstehen Fragen, wie die Funktionsfähigkeit digitaler Städte in Extremsituationen, Krisen und Katastrophen sichergestellt werden kann? Und wie die Zuvelässigkeit kritischer Infrastrukturen in digital vernetzten Städten der Zukunft erhöht werden kann? Dies sind nur zwei der Fragen, denen wir uns als Transformation der Städte Zur Resilienz digitaler Städte in Krisensituationen Digitalisierung, Resilienz, Informations- und Kommunikationssysteme, Smart Cities Annette Rudolph-Cleff, Joachim Schulze Mit der Corona-Krise ist deutlich geworden, welche Herausforderungen Digitalisierung und Vernetzung lösen können. Die digitale Aus- und Aufrüstung unserer Städte und ihrer technischen Infrastrukturen sind eine Entwicklung, die jetzt selbst kritische Stimmen hinter sich lässt. Doch die Informations- und Kommunikationssysteme (IKT) sind nicht nur Lösung im Krisenfall, sondern selbst Teil der kritischen Infrastrukturen. Daraus entstehen Fragen, wie die Funktionsfähigkeit digitaler Städte in Extremsituationen, Krisen und Katastrophen sichergestellt werden kann? Und wie die Zuverlässigkeit kritischer Infrastrukturen in digital vernetzten Städten der Zukunft erhöht werden kann? Mit emergenCITY werden ausgehend von drei Universitäten in Deutschland Antworten auf diese und ähnliche Fragen erforscht. 36 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Transformation Gesellschaft stellen müssen. Mit dem LOEWE-Zentrum emergenCITY werden ausgehend von drei Universitäten in Deutschland, Antworten auf diese und ähnliche Fragen erforscht. Ziel von emergenCITY ist die Erforschung von Grundlagen, Methoden und Lösungen für zukünftige resiliente digitale Städte. Im Fokus steht insbesondere die Erforschung und Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologie, die in Krisensituationen selbstständig reagieren, sich anpassen und neu konfigurieren kann (siehe Bild 1). Unterschiedliche Betrachtungsebenen werden dabei einbezogen. Während fliegende Drohnen zur Lageerkennung und der Einsatz von Rettungsrobotern als cyberphysische Systeme die Rettungskräfte im Krisenfall unterstützen können, sind Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Phasen des Alltags und der Krisenbewältigung von Bedeutung. Dies betrifft die Prävention, die Information und Kommunikation im Krisenfall und den Bewältigungs-, Anpassungs- und Transformationsprozess zur Reorganisation und Erholung nach einer Krise. Der Kern der Stressbewältigung liegt allerdings nicht bei der Technologie, sondern mit Stadt und Gesellschaft „im Politischen, im Sozio-Ökonomischen und im Sozio-Kulturellen“ [7]. Auch hier zeigen uns die gegenwärtigen Strategien zum Umgang mit dem Corona-Virus, dass der Handlungsrahmen nicht durch technologische Möglichkeiten, sondern durch politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen bestimmt wird. Die Verfolgung von Infektionswegen über Standortdaten und Bewegungsprofile in Singapur sowie die kontrovers geführte Debatte um eine Bluetooth-Tracing-App in Deutschland belegen, dass es hier um elementare politische und gesellschaftliche Fragestellungen geht [8]. Stadt und Gesellschaft bilden daher im interdisziplinären Forschungsverbund emergenCITY einen eigenständigen Programmbereich, der mit den weiteren Themenbereichen Information, Kommunikation und cyberphysische Systeme über die Forschung zu resilienten digitalen Städten und gemeinsame Querschnittsmissionen verbunden ist (Siehe Bild 2). Szenarien zur Resilienz digitaler Städte in Krisensituation Als Planer haben wir uns die Frage gestellt, welche technischen Anforderungen an die Stadt und ihre Bausteine gestellt werden müssen, um die städtische Resilienz zu stärken und Krisen und Störungen bewältigen zu können. Stadtquartiere werden dabei als ein Schlüssel zur Aktivierung von Synergien zwischen der Baustruktur und den verschiedenen Infrastruktursystemen verstanden, da sie als überschaubare Einheit Strategie und Umsetzungsebene für Maßnahmen in der urbanen Energiewende, im schonenden Umgang mit Ressourcen, im Klima- und Umweltschutz und in den Strategien zur Stärkung städtischer Resilienz sind. Mit der Entwicklung zweier Szenarien für Stadtquartiere im Rhein-Main- Gebiet, die als Fallstudien für Analysezwecke dienen, werden die technischen Anforderungen für Systemausfälle definiert und mögliche Lösungen im Infrastrukturverbund untersucht. Der empirische Nachweis in den beiden Fallstudien zeigt, dass Resilienz-Strategien auf der Ebene des Stadtquartiers zwar weit über das Thema der CO 2 -Minderung hinausgehen, aber mit den Forderungen nach Energiegewinnung, Energiespeicherung und Wassermanagement vollumfänglich die Themen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Klimaanpassung bedienen, die Zielgrößen kontemporärer Planung bilden. Somit ist die Schnittmenge derjenigen Instrumente, welche ein resilientes Quartier gestalten, gegenüber denjenigen, die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zum Ziel haben groß. Andere sprechen in diesem Kontext von Abhängigkeiten, indem Sie Resilienz beispielsweise als „unverzichtbare Voraussetzung für Nachhaltigkeit“ [9] definieren. Aus unserer Sicht entscheidend sind integrierte Strategien, die nicht Bild 1: Szenarien der Krisenbewältigung. © EmergenCIT Y Rudolph-Cleff, Schulze erhöhte Resilienz Status Quo Notbetrieb Überleben Dysfunktion Grad der IKT-Funktionsfähigkeit niedrig hoch emergenCITY Krisenverlauf Schaden Reaktion Bewältigung Wiederherstellung Prävention/ Härtung Krise ohne IKT- Resilienz Verbesserungen durch emergenCITY Lernen aus vergangenen Krisen; Wissen zur Härtung der digialen Stadt verfügbar Informationen zu Krise und Bewältigung verfügbar; Qualität der Lösungen bewertbar Erhöhung von Anzahl & Qualität der Dienste zur Krisenbewältigung Beschleunigte Bereitstellung von überlebenswichtigen IKT-Diensten zur Grundversorgung Vermeidung von Dysfunktion Zeit 37 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Transformation den kleinsten gemeinsamen Nenner von Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Resilienz anstreben, sondern gerade in deren Verknüpfung Synergien erschließen und nutzen. Zum besseren Verständnis lohnt sich der Querverweis auf die Forschung der Gebäudekybernetik, die Haustechnik und Gebäudestruktur stets als ein System begreift, bei dem alle zu planenden Elemente in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander, in Bezug auf das Gesamtsystem und den Kontext betrachtet und eingesetzt werden müssen [10]. Resilienz muss nicht Mehrkosten bedeuten, insofern im Normalbetrieb Mehrwerte generiert werden und sich die Investitionen für den Betreiber mittelfristig auszahlen. Installiert man beispielsweise eine Grauwasseranlage, die Abwasser aus Duschen und Waschbecken für die Nutzung von Toilettenspülungen aufbereitet, ergeben sich Potenziale im Hinblick auf die Senkung der Betriebskosten, die Möglichkeiten der Gartenbewässerung im Sommer und die Nutzung der im Grauwasser enthaltenen Abwärme zum effizienten Betrieb einer Wärmepumpe [11, 12]. Im Notfall ist es technisch möglich, aus dem Grauwasser Servicewasser zu gewinnen, das die mikrobiellen Voraussetzungen der Trinkwasserverordnung erfüllt. Effizienzgewinne ließen sich durch den Einsatz von IKT und einer automatisierten sensorischen Steuerung erzielen. Ähnlich verhält es sich mit der Bereitstellung von E- Mobilität und Vehicle-to-Grid-Fahrzeugen. Während die Ladestationen im regulären Betrieb dem Parkieren und Betanken der Fahrzeuge dienen, stünde im Falle eines Blackouts die vorhandene Akkukapazität der Fahrzeuge als Notstromreserve zur Verfügung. SurPLUShome Neben den zuvor beschriebenen Szenarien, die auf der Maßstabsebene von Gebäudecluster und Quartier verortet sind, richtet EmergenCITY auch den Blick auf das Einzelobjekt. Als Arbeitsmodell und Reallabor dient der Gewinnerbeitrag der TU Darmstadt beim Solar Decathlon 2009 in Washington, das SurPLUShome auf dem Campus TU Lichtwiese in Darmstadt. Als Plus-Energie Haus konzipiert, erzeugt es in der Jahresbilanz mehr Strom durch Photovoltaik als es im selben Zeitraum verbraucht [13]. Selbst heute ist dieser Standard noch zukunftsweisend. Für das Szenario eines fünftägigen Stromausfalls betrachten wir das Gebäude aus zwei Blickwinkeln. Bis zu welchem Grad kann es sich unter ungünstigen Bedingungen, wie etwa bei reduzierter Sonneneinstrahlung im Winter, selbst versorgen? Und wie groß ist demgegenüber das Potenzial zum Versorger zu werden, wenn Überschüsse es im Sommer erlauben, elektrische Energie zur Verfügung zu stellen? Als zusätzlicher Speicher steht ein Bild 2: Zusammenspiel der Programmbereiche im Forschungsverbund. © EmergenCIT Y - Rudolph-Cleff, Schulze Bild 3: SurPLUShome - Exemplarischer Lastgang bei Stromausfall an einem Januartag. © TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, EmergenCIT Y - Rudolph-Cleff, Schulze 38 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Transformation Power-to-Grid Fahrzeug mit einer nutzbaren Kapazität von 14,4-kWh zur Verfügung. Erste Modellrechnungen zeigen, dass eine Selbstversorgung unter diesen Voraussetzungen selbst an einem bewölkten Januartag gelingen kann, wenn auch mit gewissen Einschränkungen im Komfort (Siehe Bild 3). Die Frage, welche Systeme im Haus wann und wie lange betrieben werden, ist nicht ausschließlich mittels Optimierung zu lösen. Vielmehr geht es darum abzuwägen, was unentbehrlich und was Luxus ist. In der Forschung spricht man in diesem Kontext von Suffizienz, dem Verzichtüben, neben Effizienz und Konsistenz einer der drei Bestandteile von Nachhaltigkeitsstrategien [15]. Spannend ist daher, wie sich der Einzelne unter den zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen entscheidet. Geplant ist die Entwicklung eines Demonstrators für das EmergenCITY LAB, bei dem jeder interessierte Besucher zum virtuellen Bewohner des SurPLUShome werden kann, um in spielerischer Manier fünf Tage Stromausfall zu erproben. Die statistische Auswertung der Simulationen wird zeigen, wo die Prioritäten der Probanden liegen und wie das begrenzte Energiebudget eingesetzt wird. Sozialräumliche Analysen Mit der sektorenübergreifenden Betrachtung von Gebäuden und Quartieren im Geoinformationssystem (GIS) verfolgen wir einen weiteren Ansatz auf dem Weg zur resilienten digitalen Stadt. Am Beispiel der Stadt Darmstadt geht es darum, Abhängigkeiten und Interdependenzen unterschiedlicher Infrastruktursysteme und Dienste aufzuzeigen und darauf zurückzuführende Schwachstellen in der Versorgung der unterschiedlichen Stadträume und Bevölkerungsgruppen zu identifizieren. Ziel ist es sicherzustellen, dass alle Bewohnergruppen gleichberechtigten und barrierefreien Zugang zu Basisdienstleistungen erhalten und effektive Unterstützung im Krisenfall erfahren. Wir möchten Gestaltungskriterien für technologische Lösungen in Krisensituationen weiterentwickeln, denn jede technologische Entscheidung hat immer eine soziale und eine räumliche Dimension. Bürger- und Experteninterviews werden in die Entwicklung von Szenarien einbezogen, denn es geht um die Interessen aller gesellschaftlicher Gruppen, die Einbindung von lokalem Wissen und von Akteuren sowie der Berücksichtigung übergeordneter städtischer Ziele. In iterativen Schritten möchten wir lernen, welche Anforderungen von Seiten der Stadt und ihren Bürger*innen an technologische Lösungen gestellt werden und welchen Mehrwert smarte Lösungen für den Krisenfall im alltäglichen Leben haben können. Diese Mitgestaltung ist uns sehr wichtig, denn jede Maßnahme im Krisenfall wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den Bürger*innen mitgetragen wird. Die IKT bietet unzählige Möglichkeiten der „smarten“ Gestaltung an und mit dem Mobiltelefon steht ein weit verbreitetes und einfach zu bedienendes Werkzeug zur Verfügung. Wie genau Partizipation im Rahmen urbaner Resilienzstrategien aussehen kann, werden die noch ausstehenden Ergebnisse des Programmbereichs Stadt und Gesellschaft zeigen. Die Arbeit im GIS ist aber auch eine der Grundlagen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Forschungsverbund. Der Datensatz im GIS wird einer Reihe von Belastbarkeitsstudien unterzogen, von der jede die spezifischen Auswirkungen eines eng umschriebenen Krisenszenarios untersucht. Analog zum „City Strength Diagnostic Tool“ der Weltbank [16] unterscheiden wir zwischen Schockereignissen, die durch Stromausfälle, Hackerangriffe oder Terroranschläge eintreten können, Stresssituation, die durch Dürreperioden, Waldbrände oder Pandemien ausgelöst werden können und kombinierten Schock- und Stressereignissen, wie etwa die Finanzkrise 2009, die mit der plötzlichen Pleite der Investmentbank Lehman Brothers ihren Anfang nahm und eine mehrjährige, globale Wirtschaftskrise nach sich zog. Die Ergebnisse dieser „Stresstests“ sind der Ausgangspunkt für die Ausarbeitung und Formulierung von Handlungsempfehlungen, die der Etablierung, Förderung und Stärkung städtischer Resilienz dienen. Was an technischen Maßnahmen in Frage kommt und welchen Stellenwert die IKT einnimmt, lassen die Ergebnisse der Fallstudien nur erahnen, da wir uns an diesem Punkt der Forschung erst am Anfang unserer Arbeit befinden. Bild 4: Die IKT als Schlüsselelement im Netzwerk der kritischen Infrastrukturen. © Rudolph-Cleff, Schulze, nach [14] 39 2 · 2020 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Transformation Conclusio: Zur Resilienz digitaler Städte in Krisensituationen Digitalisierung und Urbanisierung schreiten mit großen Schritten voran. Die Zukunft unserer Städte erfordert sowohl eine zeitgemäße als auch vorausschauende Planung und Gestaltung. Die Erforschung von Grundlagen, Methoden und Lösungen für zukünftige resiliente digitale Städte steht allerdings noch am Anfang. Unumstritten ist das besondere Augenmerk, welches auf den Informations- und Kommunikationstechnologien liegt, denn diesen kommt in Hinblick auf die Resilienz digitaler Städte eine Schlüsselrolle zu [17] (siehe Bild-4). Auch wenn der Weg noch ungewiss ist, sind die Zielvorgaben für die Transformation unserer Städte bereits gesetzt: „Making Cities and human settlements inclusive, safe, resilient and sustainable“ [18] fordern die Sustainable Development Goals. Das Zusammenwirken von Politik und interdisziplinärer Wissenschaft ist notwendig, wenn die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die Weiterentwicklung smarter Technologien kann nur durch intelligente Versorgungsnetze, soziale Innovationen und breite gesellschaftliche Teilhabe gelingen. Die ersten Ansätze in Szenarien, Modellprojekten und Modellierungen entstehen im LOEWE-Zentrum EmergenCITY [19]. Die Zwischenergebnisse der Fallstudienanalysen belegen, dass Resilienz-Strategien die Themen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Klimaanpassung in sich vereinen. Sie können aber weit mehr leisten, denn mit Anpassungsfähigkeit, Robustheit, Redundanz, Ressourcenschonung und Partizipation sind auch die Themen einbezogen, die endogene Potenziale beachten und städtische Entwicklungs- und Transformationsprozesse respektieren. Hier geht es um mehr als Standardlösungen. In der Planung und Entwicklung resilienter Städte sind robuste, ressourcenschonende und kreative Lösungen gefragt, die auf den Ort und den Menschen vor Ort antworten. LITERATUR [1] https: / / www.sueddeutsche.de/ digital/ coronavirusinternet-chance-digitalisierung-1.4846552, eingesehen am 26.03.2020. [2] https: / / w w w.manager-magazin.de/ unternehmen/ artikel/ durchbruch-fuer-digitalisierung-corona-veraendert-die-arbeitswelt-a-1305535.html, eingesehen am 26.03.2020. [3] Rudolph-Cleff, A.: Urban Interplay, in: Prominski, M. und Wang, F., Hrsg.: Urbanization and Locality, (2015) S. 77 - 96. [4] Meerow, S., Newell, J. P., Stults, M.: Defining urban resilience: A review, in: Landscape and Urban Planning, 147, (2016) S. 38 - 49. [5] Rinaldi, S. M., Peerenboom, J. P., Kelly, T. K.: Identifying, understanding, and analyzing critical infrastructure interdependencies, in: IEEE Control Systems Magazine, 21(6), (2001) S. 11 - 25. [6] Little, R. G.: Managing the risk of cascading failure in complex urban infrastructures, in: Graham, S. (Ed.): Disrupted Cities: When Infrastructure Fails, (2010) S. 27 - 39, New York. [7] Sieverts, T.: Resilienz und Stadtentwicklung, in: Klimagerechte Kulturpolitik, Kulturpolitische Mitteilungen, 164, (2019) S. 57. [8] https: / / www.zeit.de/ digital/ datenschutz/ 2020-04/ corona-app-tracking-handydaten-bluetooth-datenschutz, eingesehen am 15.04.2020. [9] BBSR, Hrsg.: Stresstest Stadt - wie resilient sind unsere Städte? Unsicherheiten der Stadtentwicklung identifizieren, analysieren und bewerten, Bonn, 2018. [10] Führ, M., Rudolph-Cleff, A., Bizer, K. und Cichorowski, G.: Dämmen allein reicht nicht. Ein Plädoyer für eine innovationsoffene Klimaschutzpolitik im Gebäudebereich, München, 2018. [11] Gehrmann, S.: ReSource Water - closing the cycles, Darmstadt, 2018. [12] Client II Definitionsprojekt: ReSource: Innovatives und ressourceneffizieentes Wasser-/ Abwassermanagementsysteem, Nanjing / China, FKZ: 01DO18009. [13] Hegger, M. (Hrsg.): Sonnige Aussichten: das surPLUShome des Team Germany zum Solar Decathlon 2009, Wuppertal, 2015. [14] BMI: Schutz Kritischer Infrastrukturen - Risiko- und Krisenmanagement. Leitfaden für Unternehmen und Behörden, 2011, S. 10. [15] https: / / www.bund.net, eingesehen am 15.04.2020. [16] h t t p s : / / w w w. w o r l d b a n k . o r g / e n / t o p i c / u r b a n development/ brief/ citystrength, eingesehen am 15.04.2020. [17] Christmann, G., Kilper, H., Ibert, O.: Die resiliente Stadt in den Bereichen Infrastrukturen und Bürgergesellschaften, in: Schriftenreihe Forschungsforum Öffentliche Sicherheit, 19, (2016) S. 35. [18] https: / / sustainabledevelopment.un.org/ sdg11, eingesehen am 15.04.2020. [19] Siehe hierzu: https: / / www.emergencity.de. Prof. Dr. Annette Rudolph-Cleff Professorin am Fachbereich Architektur TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, Darmstadt Kontakt: rudolph@stadt.tu-darmstadt.de Dr. Joachim Schulze Post Doc am Fachbereich Architektur TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, Darmstadt Kontakt: schulze@stadt.tu-darmstadt.de AUTOR*INNEN
