Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2020-0052
94
2020
53
Krisenfeste Städte durch digitale Transformation
94
2020
Jarrett Campbell
Etliche Akteure sehen in der Smart City das urbane Konzept der Zukunft. Vernetzte Systeme sparen Ressourcen und erhöhen die Nachhaltigkeit der Stadt. Aber wie wird die städtische Infrastruktur smart? Bremen, Toronto und San Francisco machen es vor.
tc530019
19 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Es zeigt sich ein Trend zu smarteren Städten mit zentralen Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten. Das Smart City-Konzept beruht auf Informations- und Kommunikations technologien (IKT) sowie auf verschiedenen physischen Endgeräten, die in einem Netzwerk, dem Internet of Things (IoT), verbunden sind. Ziel ist es, städtische Aufgaben effizienter zu erledigen, den Service zu optimieren und gleichzeitig eine digitale Verbindung zu den Bürgern aufzubauen. Die IKT soll dabei helfen, Qualität, Leistung und Interaktivität städtischer Dienstleistungen zu verbessern, die Kosten und den Ressourcenverbrauch zu senken und den Kontakt zwischen Bürgern und Regierung zu verbessern. Die schiere Komplexität durch riesige Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen, in Verbindung mit Multi-Vendor- Systemarchitekturen und den Ansprüchen zahlreicher Bürgern, die sich auf die städtischen Infrastrukturen verlassen wollen, um am wirtschaftlichen und gesellschaflichen Leben teilzuhaben, bleibt jedoch eine echte Herausforderung. Je weiter die weltweite Urbanisierung fortschreitet, desto mehr scheinen Smart Cities-Konzepte von Vorteil zu sein. Denn viele Städte haben eine alternde oder bereits veraltete Infrastruktur mit hohen laufenden Instandhaltungskosten. Mit smarten Lösungen könnten manche Probleme gelöst werden - ohne Installationen und Versorgungseinrichtungen komplett erneuern zu müssen. Digitalisierung könnte so zu nachhaltigen und kostengünstigen Lösungen führen. Erkenntnisse aus Daten gewinnen und Schlussfolgerungen umsetzen Die Resilienz einer Stadt - also ihrer Bewohner, Gemeinschaften, Institutionen, Unternehmen und Systeme - zeigt, wie gut ihre Fähigkeiten sind, fortzubestehen, sich anzupassen und sich zu entwickeln. Um städtische Resilienz messen zu können, haben das Ingenieurbüro Arup und die Rockefeller Foundation den City Resilience Index (CRI) entwickelt. Der Index stellt städtische Resilienz ausführlich dar. Er umfasst vier Dimensionen, zwölf Ziele und 52- Indikatoren, die für die Messung der Belastbarkeit von Städten entscheidend sind. Mit Widerstandsfähigkeit von Städten Krisenfeste Städte durch digitale Transformation Digitalisierung, Smart Cities, Resilienz, städtische Infrastrukturen, Daten Jarrett Campbell Etliche Akteure sehen in der Smart City das urbane Konzept der Zukunft. Vernetzte Systeme sparen Ressourcen und erhöhen die Nachhaltigkeit der Stadt. Aber wie wird die städtische Infrastruktur smart? Bremen, Toronto und San Francisco machen es vor. © Mwangi Gatheca, unsplash 20 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation sind meist Themen wie nachhaltiges Design, Stadtplanung, redundante Infrastruktur und ein gutes Krisenmanagement gemeint. In London kündigte Bürgermeister Sadiq Khan kürzlich die erste Resilienzstrategie der britischen Hauptstadt an. Diese wurde im Rahmen des globalen Projekts „100 Resilient Cities“ entwickelt. Die Strategie adressiert aktuelle Bedrohungen für die Sicherheit und Stabilität der Stadt, wie etwa extreme Wetterereignisse, die zu Überschwemmungen und Dürren führen können. Zu den Schwerpunkten der Londoner Strategie gehören eine effektivere und nachhaltigere Wassernutzung zur Bewältigung von Dürreperioden, eine besser koordinierte Reaktion auf Notfallsituationen und Terroranschläge, die innovative Datennutzung zur Aufrechterhaltung der vernetzten Infrastruktur Londons sowie eine verbesserte Cybersicherheit. Bremen - Städtische Resilienz in Aktion AVEVA arbeitet sowohl mit Megastädten wie London oder Toronto als auch mit kleineren Gemeinden mit 50 000 oder weniger Einwohnern zusammen, die Technologie nutzen wollen, um nachhaltiger zu werden und ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken. In Deutschland nutzt die Stadt Bremen die Software von AVEVA, um die Systemverwaltung ihrer Gebäude zu verbessern. Das Gebäudemanagement hat eine große Bedeutung für den Energieverbrauch einer Stadt. Etwa 40 % des Gesamtenergieverbrauchs entfallen auf das Heizen, Kühlen und den Betrieb von Gebäuden. Das Ziel der Stadt Bremen war es deshalb, ein gemeinsames Gebäudeverwaltungssystem für alle öffentlichen Gebäude und Liegenschaften einzuführen. Die Verwaltung der Gebäude sollte damit nicht nur standardisiert werden - durch die zentrale Verwaltung sollte außerdem der Energieverbrauch gesenkt werden. Durch die Einführung einer zentralen Gebäudeverwaltung sowie der Implementierung von Best Practices für alle Hausverwalter sanken sowohl der jährliche Stromverbrauch zwischen 15 und 18 % als auch der CO 2 -Abdruck der Großstadt. Weltweit bringen Städte die Digitalisierung voran Die Stadt Naya Raipur nennt sich selbst die erste geplante Smart City Indiens. Für die Planstadt wurden von Grund auf neueste technologische Entwicklungen genutzt. Naya Raipur besitzt ein zentralisiertes Kommando- und Kontrollzentrum - dieses vereinfacht die Kommunikation, verbessert die Zusammenarbeit sowie die gemeinsame Entscheidungsfindung verschiedener Interessengruppen. Das Kontrollzentrum der Stadt verfügt über ein zentrales Dashboard, das die verschiedenen Systeme der Smart City darstellt und verwaltet: das Smart Governance System, das Verkehrswesen, das Versorgungsmanagement, die Überwachung der Stadt, das Gebäudemanagement s y s tem, das Smart Network sowie das Rechenzentrum - alles in sich selbst smarte Systeme. In Toronto stand nicht die Vernetzung aller städtischen Systeme im Vordergrund - hier lag der Fokus der Verantwortlichen auf der Wasserinfrastruktur der Stadt. Ziel war es, die kritische Wasserinfrastruktur so effizient wie möglich instandzuhalten. Das bedeutet auch, Ersatzteile und das Wartungsmaterial so zu verwalten, dass immer die richtigen Teile zur Hand sind, ohne Geld durch zuviel Lagerhaltung zu verschwenden. Seit der Etablierung einer Asset Management Software können die Mitarbeiter der Wasser- und Abwasserwirtschaft leicht relevante und genaue Informationen einsehen und so ihre Arbeit effektiver ausführen - egal ob im alltäglichen Geschäft oder während eines Notfalls. Das ostenglische Unternehmen Anglian Water stand ebenfalls vor der Herausforderung seine Wasserinfrastruktur verbessern zu müssen. Die © Ivan Bandura, unsplash 21 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Leitungen sollten so überwacht werden, dass Lecks frühzeitig erkannt und repariert werden können. Wasserverschwendung und eine mögliche Wasserknappheit sollen damit reduziert werden. Zu diesem Zweck installierte das Unternehmen eine integrierte Management Software. Diese ist in der Lage, Lecks zu erkennen und diese sogar zu lokalisieren. Mit dieser Datenanalyse kann das Versorgungsunternehmen proaktiv agieren, bevor es zu einer Betriebsunterbrechung kommt. So geht weniger Wasser auf der Strecke zu den Verbrauchern verloren. Anglian Water muss so weniger Wasser aufbereiten und kann die natürlichen Ressourcen der Gemeinden besser erhalten. Auch beim Versorgungsunternehmen der Stadt San Francisco war die Überwachung der kritischen Infrastruktur ein Thema. Die San Francisco Public Utilities Commission implementierte eine risikobasierte Maintenance-Strategie, um beurteilen zu können, welche ihrer Infrastrukturen besonders anfällig ist und folglich für eine Optimierung an erster Stelle steht. Die Analyse zeigte großes Potenzial bei der Verbesserung der Prozesse bei der Instandhaltung. So wurden durch datenbasierte Überwachung, bei gleichem Service-Level, 25 % weniger Zeit mit der Wartung aufgewendet. Daten sammeln, verbinden und analysieren Grundstoff für Smart Cities sind Daten - aus unterschiedlichen Datenquellen zusammengetragen und miteinander in Bezieung gesetzt - werden diese Daten analysiert, um daraus Handlungen abzuleiten. Sie stammen aus zahlreichen Sensoren an Geräten und Systemen städtischer Infrastrukturen. Die Datenübertragung geschieht über kabelgebundene oder drahtlose Netzwerke. In Echtzeit können Vorgänge überwacht und bewertet werden und bei Bedarf ist auf Grundlage der vorhandenen Informationen direktes Eingreifen möglich. Anwendungsbereiche sind Facility Management, Versorgungsunternehmen, Telekommunikation, Transport, Gesundheit und E-Governance. Da Infrastrukturen immer komplexer werden, sind digitale Technologien hilfreich dabei, das Wesentliche im Auge zu behalten. Das Beispiel Bremen zeigt, dass ein einheitliches Kontrollzentrum, das verschiedene Funktionsbereiche integriert, äußerst effektiv sein kann: Informationen können wirksam genutzt werden, um Probleme zu lösen, noch bevor sie wirklich groß werden; verschiedene Ressourcen und Prozesse können koordiniert werden, damit sie reibungslos funktionieren; ganz allgemein wird dazu beigetragen, bessere strategische Entscheidungen zu treffen. Transformation ist schwierig - um erfolgreich zu sein, braucht es echtes Engagement und Einsatz von allen. Doch die notwendigen Veränderungen betreffen schließlich nicht nur jeden einzelnen, sondern letztendlich den gesamten Planeten. 1. Städte nutzen viele Systeme der Informations- und Operationstechnologie verschiedener Anbieter. Die Fähigkeit, Informationen zu verbinden und auszutauschen, ist entscheidend, um fundiertere Entscheidungen treffen zu können 2. Verstärkte Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs 3. Die Notwendigkeit einer besseren Sichtbarkeit von Gebäudeplänen,zum Beispiel um Feuerwehrleute bei der Schadensbegrenzung zu unterstützen 4. Intelligente Gebäude reduzieren den Energieverbrauch 5. Die Notwendigkeit eines besseren Verkehrsmanagements, um Staus zu verringern und die Notfallreaktion zu verbessern 6. Entscheidungen über die Landnutzung müssen getroffen werden, um zum Beispiel den Bau von Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen zu erleichtern 7. Das Wasser- und Abwassermanagement muss für die öffentliche Gesundheit ständig erneuert und aufrechterhalten werden 8. Gute Lebensbedingungen für die Bürger, um den Index der lebenswertesten Städte einzuhalten SCHLÜSSELFAKTOREN FÜR SMART CITIES Dr. Jarrett Campbell Global Industry Marketing Director AVEVA Kontakt: aveva@adellink.de AUTOR London Video Wall with Smart City Demo. © AVEVA
