eJournals Transforming cities 5/3

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2020-0053
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Entwässerungskonzept in Herxheim mit Rigolensystem

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Klaus W. König
Mit einem schlüssigen planerischen Konzept und mit einer Großbestellung bei der Funke Kunststoffe GmbH stellt die Gemeinde Herxheim gemeinsam mit dem Ingenieurbüro für Bauwesen fmz die ortsnahe Versickerung von Regenwasser im Neubaugebiet „An der Augustastraße“ sicher. Für die entwässerungstechnische Erschließung des 3,7 ha großen Neubaugebietes hat die Heinrich Scherer GmbH & Co.KG fast 8 000 D-Raintank 3 000 ® -Elemente verbaut.
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24 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen Wenn in der Wurzelschicht der Vegetation überdurchschnittlich lange Wassermangel herrscht, sprechen wir von Dürre. Diese für uns in Deutschland außergewöhnliche Situation hatten wir im Frühjahr und Sommer 2018. Folgen waren Niedrigwasser in den Flüssen, Ernteausfälle und Waldbrände. Ähnlich das Jahr 2019: Einige Wasserversorger schlugen Alarm. Sie hatten weniger Trinkwasser verfügbar als für eine weiter anhaltende Dürre erforderlich. So gab es in deren Versorgungsgebieten das Verbot, Wasser aus Flüssen und Seen zu entnehmen oder mit Trinkwasser Außenanlagen und Sportflächen zu bewässern. Bereits 2009 hatte die Europäische Umweltagentur gewarnt: „Die Wasserknappheit ist ein immer häufiger auftretendes und beunruhigendes Phänomen, das mindestens 11 % der europäischen Bevölkerung und 17 % des EU-Gebiets betrifft“. Ballungsräume, auch in Deutschland, könnten ohne Fernwasserleitungen aus dem Umland selbst in normalen Jahren nicht mehr existieren. Doch wie geht es weiter, wenn die Ressourcen in deren Umland nach einigen trockenen Jahren erschöpft sind? Wasser - woher nehmen in Zeiten der Dürre? Wassermanagement für Parkanlagen und Sportrasenflächen: Sammlung und Bevorratung Klimawandel, Wassermangel, Regenwassermanagement, Grau- und Abwassernutzung Klaus W. König Die Bewässerung von Park- und Sportrasen muss Anforderungen der Nutzer und des Umweltschutzes genügen. Technische Regelwerke, kommunale Satzungen, Nachhaltigkeitsaspekte und das Mikroklima vor Ort sind zu berücksichtigen. Zum Wassermanagement gehört ein Konzept, bei dem der Ressourceneinsatz von Trinkwasser und Betriebswasser nach den ökologischen und ökonomischen Möglichkeiten der Region erfolgt. Das gilt vor allem in Trockenperioden. Bild 01: Zur Fußball- WM 2006 in Deutschland mussten sämtliche Spielstätten nach FIFA-Reglement die Sitzflächen überdachen und gemäß kommunaler Richtlinien das anfallende Regenwasser bewirtschaften. © König 25 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen Sportstätten mit Betriebswasser, international Australien ist bekannt für chronischen Wassermangel und entsprechende Restriktionen. Dort kommt es regelmäßig zum Verbot, Rasenflächen aus dem öffentlichen Netz zu bewässern. Sydney präsentierte nach massivem Druck von Greenpeace im Jahr 2000 die erste Sommerolympiade mit konsequentem Einsatz von Betriebswasser. Das ist gefiltertes Regenwasser sowie aufbereitetes Grau- und Abwasser, dessen Qualität zur Bewässerung und Toilettenspülung ausreicht. 50 % des erforderlichen Trinkwassers konnten so auf den Sport- und Erholungsflächen des Olympiaparks Jahr für Jahr, auch nach der Veranstaltung, eingespart werden. Diese Entwicklung setzte sich bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 fort: Südkorea hatte ein Gesetz erlassen, das die Betreiber von Stadien mit mehr als 2 400- m² Dachfläche zur Sammlung des anfallenden Regenwassers verpflichtet. Daher wird es an den ehemaligen Austragungsstätten in bis zu 900- m³ großen unterirdischen Speichern gesammelt, was etwa sechs Wochen lang zur Bewässerung des Stadionrasens reicht. In Seoul, wo auch umliegende Rasenspielfelder und Außenanlagen sowie Toilettenspülungen in der Arena versorgt werden, wird Grundwasser eingesetzt. Allerdings handelt es sich dabei um ökologisch unbedenkliches Drainagewasser, das das ganze Jahr über von U-Bahn-Schächten abgepumpt werden muss. Und dazu kommt Grauwasser, welches als Beckenüberlauf in einer benachbarten Schwimmhalle ebenfalls ganzjährig anfällt. Regenwassernutzung in deutschen WM-Stadien Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland mussten sämtliche Spielstätten nach FIFA-Reglement die Sitzflächen überdachen und das anfallende Regenwasser gemäß neuer kommunaler Richtlinien komplett auf den Stadion-Grundstücken bewirtschaften. Das Ableiten in den öffentlichen Kanal war laut Baugenehmigung bzw. Abwassersatzung der jeweiligen Kommune nicht mehr gestattet. In Berlin, Nürnberg und Stuttgart wird der Niederschlag seither vorwiegend genutzt, in Frankfurt komplett versickert. In Hamburg, Hannover, Köln und München wurden ähnliche Konzepte realisiert. Berlin hat 1 400-m³ nutzbares Speichervolumen, Nürnberg 900-m³ und Stuttgart 350-m³. War anfänglich noch großer Wasserbedarf für die Toilettenspülung vorhanden, haben die meisten dieser Stadien heute wasserlose Urinale - und damit mehr Vorrat als zuvor für die Bewässerung. Falls in trockenen Zeiten die Regenmengen aufgebraucht sind, wird in der Regel aus eigenen Brunnen nachgespeist. Interessant ist noch folgender Vergleich: Während Berlin mit 21 000 m² nur die Hälfte des Daches in den Speicher entwässert und die andere Hälfte direkt in Rigolen versickert, lässt Nürnberg den Niederschlag der kompletten Dachfläche von 37 000 m² über den Speicher laufen, und kommt so mit einem kleineren Volumen aus - weil sich dieses durch die wesentlich größere Sammelfläche bei einem vergleichbaren Niederschlagsereignis deutlich schneller füllt. Allerdings sind dafür längere Sammel- und Überlauf-Leitungen notwendig. Der regenarme und heiße Sommer 2018 hat, mehr noch als die Trockenphasen in den Jahren zuvor, die Grenzen der Sorglosigkeit gezeigt. In einigen ländlichen Gebieten Niedersachsens bekamen die Bewohner Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung zu spüren. Bei anhaltender Dürre sind nach einiger Zeit natürlich auch die Regenspeicher leer. Doch Tatsache ist auch, dass konsequente Regen- und Grauwassernutzung, möglichst das ganze Jahr über, den jährlichen Trinkwasserbedarf und somit auch die Wassergebühren halbieren kann. Und bei anhaltendem Regen und vollen Speichern wird der Überlauf vor Ort nach Möglichkeit versickert, das Grundwasser damit angereichert. KLIMAFOLGENANPASSUNG Bild 2: Regenwasserspeicher mit vorgelagertem Filterschacht im Zulauf (links) und unterirdischer Versickerung des Überlaufs. Entnahme mit Unterwassermotorpumpen, die das Regenwassercenter versorgen. © Grafik Mall 26 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen Kleiner Sportverein, wenig Dachfläche Im Breitensport, bei kleinen Vereinen ohne Tribünendach oder bei Freizeiteinrichtungen ohne Gebäude fehlen die typischen Regensammelflächen. Doch die Sportrasenflächen sind genauso groß wie beispielsweise im Olympiastadion von Berlin. Die Standardgröße eines Fußballfeldes beträgt hier wie dort 7 140- m². Und ein kleiner Verein muss wie ein Bundesligaclub je Bewässerung mit 100 - 150-m³ Wasser kalkulieren, um im Interesse der Rasenfestigkeit ein möglichst weit nach unten reichendes Wurzelwachstum zu erzielen. Wenn aber die Dachfläche nicht 42 000- m², sondern nur 420-m² beträgt, was tun? Regenwasser von anderen Flächen sammeln und/ oder andere Wasserquellen erschließen, so könnte das Motto lauten, falls Trinkwasser gespart werden soll und man in Trockenzeiten von Bewässerungsverboten der öffentlichen Wasserversorgung unabhängig sein möchte. Eine alternative Wasserquelle für Sportvereine ist möglicherweise die Oberflächenentwässerung des eigenen Geländes sowie das Zurückführen des Wassers aus den Spielfelddrainagen. Das „Zuviel“ bei kräftigen Niederschlägen landet so im Regenspeicher. Beides geschieht seit dem Jahr 2000 in den „Sportanlagen im Hubland“ der Universität Würzburg, reicht aber nicht aus. Erst mit zusätzlichem Brunnenwasser wird eine optimale Bewässerung gewährleistet. Ungenutzte Ressourcen für städtische Parkanlagen Regenwasser von Dachflächen der Nachbarn ist eine Option, wenn es zum Beispiel große Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft gibt und deren Regenwasser nicht genutzt wird. Mussten sie bisher für die Regenableitung Niederschlagsgebühr bezahlen, weil eine Bewirtschaftung nicht möglich war, dürfte das Interesse der Nachbarn groß sein, dieses Wasser abzugeben. Das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart führt in enger Kooperation mit den Grünflächen- und Tiefbauämtern der Städte Stuttgart und Frankfurt/ Main eine Gesamtschau der urbanen Wasserbilanz durch. Konkret werden im Projekt INTER- ESS-I Aufkommen, Verfügbarkeit und Qualität urbaner alternativer Wasserressourcen systematisch und flächendeckend erfasst. Dies sind beispielsweise Abläufe der (meist im Überlauf mit Trinkwasser betriebenen) mehr als 250-Wasserspiele und Springbrunnen in Stuttgart, eine Vielzahl von an die Kanalisation angeschlossenen kleinen Dränagen und Quellaustritten und ständige Grundwasserhaltungen für einige Büro- und Bankhochhäuser in Frankfurt, die bisher ungenutzt in die Regenwasserkanalisation eingeleitet werden. Die Erhebungen zeigen, dass in beiden Städten ein großes Potenzial alternativer Wasserressourcen nicht nur ungenutzt vorhanden ist, sondern eher noch als Problem für die Stadtentwässerung auftritt, in dem diese „Abwässer“ die freien Kapazitäten der Kanalisation bei Starkregenereignissen verkleinern. Konkret wird im Rahmen des „Pilotgebietes Wallanlagen“ in Frankfurt die Nutzung von Wasser aus der Grundwasserhaltung eines Bankhochhauses im Umfang von 50 000- m³ pro Monat für die Bewässerung der Wallanlagen näher untersucht. Damit könnte eine nachhaltige Win-Win-Situation für den Hausbesitzer, die Stadtentwässerung Frankfurt, das Grünflächenamt Regenwassernutzung: Verwenden des atmosphärischen Niederschlags. Mindestanforderung ist eine Wasserqualität gemäß der europäischen Badegewässerrichtlinie. Bei Stichproben werden regelmäßig deutlich bessere Werte, als dort gefordert, gefunden. Eine Nachweispflicht besteht nicht. Grauwassernutzung: Verwenden des häuslichen Schmutzwassers ohne Abwasser aus Toiletten und Urinalen. Mindestanforderung ist eine Wasserqualität gemäß Anhang D der DIN EN 16941-2, sobald diese veröffentlicht ist. Die Nachweispflicht (die es in Deutschland zuvor nicht gab) ist dort erstmals formuliert, abhängig von der Risikobewertung und Nutzungsart. Regen- und Grauwassernutzungsanlagen: Sie bestehen aus den vier wesentlichen Elementen Sammlung, Behandlung, Speicherung und Verteilung. Eine Genehmigung ist in Deutschland nicht erforderlich. Allerdings besteht Anzeigepflicht vor dem Bau einer Anlage beim Wasserversorger und beim Gesundheitsamt. Betriebswasser: Nicht-Trinkwasser, zum Beispiel Brunnenwasser, gefiltertes Regenwasser und aufbereitetes Grau- oder Abwasser. Damit dürfen Sportflächen bewässert und Toiletten gespült werden. BEGRIFFS-DEFINITIONEN Bild 3: Kennzeichnung der nicht erdverlegten Leitungen, farblich unterschiedlich gemäß Trinkwasserverordnung und DIN 1989. © König Bild 4: Wasserzähler in der Leitung zur Nachspeisung bei leerem Regenspeicher. © König 27 3 · 2020 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen und nicht zuletzt für den urbanen Wasserhaushalt und das Stadtklima erreicht werden. Besonderheiten alternativer Wasserquellen Wird Regenwasser genutzt und dafür ein Speicher geplant, kann die wirtschaftlich sinnvolle Größe durch Computersimulation ermittelt werden. Die Berechnung bieten einige Speicherhersteller und unabhängige Fachverbände kostenfrei an (unter anderem auf regenwasserexperten.f br.de). Wird mit Trinkwasser nachgespeist, ist zur Absicherung des Trinkwassernetzes der so genannte „Freie Auslauf “ erforderlich. In anderen Fällen, etwa wenn bei leerem Regentank Brunnenwasser eingesetzt wird, genügt unter Umständen ein Rohrtrenner. Maßgeblich ist DIN- EN- 1717, Bewässerungsspezialisten geben dazu Auskunft. Weitere Besonderheiten:  Regenwasserabfluss aus Dachbegrünung: Die Verdunstung (bei intensiv begrünten Dächern besonders hoch) steht im Interessenkonflikt zur Nutzung, da sich der Regenertrag um den verdunsteten Anteil reduziert. Die Technische Regel DIN 1989-1 ist zu beachten; als Ersatz ist die europaweit gültige DIN EN 16941-1 in Vorbereitung.  Oberflächenwasser aus Bach, Fluss oder See: Normalerweise ist eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. In Trockenzeiten drohen wie bei Trinkwasser Entnahmeverbote.  Brunnenwasser: Das Fördern von Grundwasser, selbst auf dem eigenen Grundstück, bedarf in den meisten Fällen ebenfalls einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Die gelösten Bestandteile des Grundwassers sollten im Labor festgestellt und mit den Grenzwerten für Rasenbewässerung gemäß DIN 18035-2 verglichen werden.  Grauwasser: Es stammt in Sportstätten und Freizeiteinrichtungen überwiegend von Duschen oder Schwimmbecken-Überläufen. Im Gegensatz zur Verwendung von Regenwasser ist eine Aufbereitungstechnik erforderlich, die jedoch in vorgefertigten Modulen verfügbar ist. Die technische Regel fbr-H 202 gibt Hinweise; als Ersatz ist die europaweit gültige DIN EN 16941 - 2 in Vorbereitung.  Abwasser: Die Aufbereitung zu Betriebswasser ist grundsätzlich möglich. Die nötigen Verfahren, etwa Umkehrosmose, sind aufwändig und teuer. Ökonomische Betrachtung Investition: Ein Speicher mit 120- m³ nutzbarem Wasservolumen inklusive Filter und Pumpen, Lieferung und Montage, jedoch ohne Erdarbeiten, muss mit mindestens 60 000-€ zusätzlich MwSt. kalkuliert werden. In den Bundesländern Hamburg und Bremen gibt es eventuell Zuschüsse, ebenso in einigen Kommunen der anderen Länder. Und bundesweit bieten die Landessportbünde ihre Unterstützung an mit dem Förderprogramm „Sportstättenbau“ (Bau, Kauf und Sanierung von Vereinssportanlagen inklusive Wasserspeicher- und Bewässerungstechnik). Betriebskosten: Für Inspektion sollten 1 %, für Wartung 3 % der Investition pro Jahr veranschlagt werden. Weitere Betriebskosten fallen für Pumpenstrom an. Die Einsparungen sind abhängig von der Situation vor Ort: Wassergebühren, Niederschlagsgebühren, Vorschriften gemäß Abwassersatzung, Baugenehmigung etc. Im Jahr 2004 kalkulierten die Planer beim Nürnberger Stadion Mehrkosten für die Regenwassernutzung gegenüber der reinen Versickerung von 220 000 €, Einsparungen für Wassergebühren von 11 900 €/ a, abzüglich Wartungs- und Stromkosten von 1 500 €/ a. Damit ergab sich rechnerisch eine Amortisation von etwa 20 Jahren. Ein Jahr später war in Publikationen von zehn Jahren zu lesen. Kleine Vereine sollten sich vor einer Umstellung der Sportflächenbewässerung von Trinkwasser auf Betriebswasser vom Wasserversorgungsunternehmen bestätigen lassen, dass bei deutlicher Reduzierung der bezogenen Trinkwassermenge keine unzulässige Stagnation in der Zuleitung droht und keine Bereitstellungsgebühr oder andere Zuschläge erhoben werden. Dipl.-Ing. Klaus W. König Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Fachjournalist kwkoenig@koenig-regenwasser.de AUTOR Bild 5: Bewässerung der Taunusanlage in Frankfurt/ M. Demnächst auch in Trockenperioden Ressourcen schonend aus den ständigen Grundwasserhaltungen einiger Büro- und Bankhochhäuser, die bisher ungenutzt in die Regenwasserkanalisation eingeleitet werden? © König