eJournals Transforming cities 6/3

Transforming cities
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2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2021-0052
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Bei der Anpassung an den Klimawandel setzt Hamburg auch auf den Schutz seiner Geschichte

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Katherine Peinhardt
Uta K. Mense
Bei allen Fortschritten, die bei der Anpassung an den Klimawandel gemacht wurden, bleibt ein wichtiges Element unserer Gesellschaft oft auf der Strecke: Kulturelles Erbe und historische Gebiete werden viel zu selten in Gesprächen über das Klima erwähnt. Und vielleicht ist das auch verständlich – es ist leicht, ihre Präsenz und Widerstandsfähigkeit als selbstverständlich anzusehen. Doch während sich Städte auf die physischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen vorbereiten, die der Klimawandel mit sich bringt, sind diese wertvollen und unersetzlichen Teile unserer kollektiven Geschichte beispiellosen Risiken ausgesetzt. Ob durch häufigere Überschwemmungen, Hitzewellen oder Stürme – der Klimawandel ist eine Bedrohung für einige der kulturell bedeutendsten Orte der Welt. Städte wie Hamburg arbeiten daran, kulturelles Erbe und historische Gebiete in ihre Maßnahmen gegen den Klimawandel einzubeziehen.
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28 3 · 2021 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Der einzigartige und unwiederbringliche Wert von historisch bedeutsamen Orten oder Gebäuden gilt allgemein als unbestritten. Gleichzeitig sind wir gerade an die Präsenz dieser historischen Orte oder einzigartigen Stadtpanoramen so gewöhnt, dass wir ihre Existenz als selbstverständlich nehmen - der wahre Wert zeigt sich dann oftmals erst im kollektiven schmerzlichen Verlust, wie es beispielsweise die Bilder der brennenden Kathedrale von Notre Dame in Paris im Jahr 2019 gezeigt haben. Aufgrund dieses inhärenten Wertes sind das kulturelle Erbe und die historischen Gebiete so bedeutend, dass sie insbesondere gegenüber den weniger sichtbaren und eher schleichenden Bedrohungen berücksichtigt und geschützt werden müssen. Wie gehen wir also auf unserer gemeinsamen Reise zur Anpassung an ein sich veränderndes Klima mit den besonderen Bedrohungen für historische Gebiete um? Die Welterbestätte Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel mit dem Chilehaus ist genau solchen Risiken ausgesetzt. Ersteres ist ein Komplex historischer Lagerhäuser, die seit Ende des 19. Jahrhunderts auf hunderttausenden von Kiefernholzpfählen im Hamburger Hafen gebaut wurden. Nachdem die Lagerhäuser rund hundert Jahre später in den 90er Jahren des 20.- Jahrhunderts ihre ursprüngliche Funktion verloren hatten, hat sich die Speicherstadt zu einem Zentrum für die Kulturszene entwickelt, das sich auch für Start- Ups und die Kreativwirtschaft als attraktiver Standort nahe der Hamburger Innenstadt herausstellte. Das Kontorhausviertel besteht derweil aus einer Reihe von Bürogebäuden, die ursprünglich für hafenbezogene Aktivitäten genutzt wurden. Seine einzigartige Backsteinarchitektur ist auch heute noch ein funktionaler und ästhetischer Gewinn für die Hamburger und repräsentiert mit der spitz zulaufenden Fassade des Chilehaus eins von Hamburgs bekannten Wahrzeichen. Klimawandelbedingte Folgen, wie der Anstieg des Meeresspiegels, Starkregenereignisse, Hitze und Sturmfluten stellen mittel- oder langfristig für die historischen Bauten ein hohes Risiko dar, weil der andauernde und sich verschärfende Einfluss dieser Faktoren zu erheblichen Schäden führen kann. Im Rahmen des von der EU geförderten ARCH-Projekts nimmt Hamburg diese Risiken nun genauer unter die Lupe und sensibilisiert gleichzeitig für die Bedeutung der Stärkung der Widerstandsfähigkeit seiner historischen Orte. Aber nicht nur das - Hamburg arbeitet mit technischen Experten und anderen vom Klima betroffenen Regionen zusammen, um neue Wege zu Bei der Anpassung an den Klimawandel setzt Hamburg auch auf den Schutz seiner Geschichte Wenn der Klimawandel die Städte beeinflusst, was passiert dann mit den historischen Gebieten? Katherine Peinhardt, Uta K. Mense Bei allen Fortschritten, die bei der Anpassung an den Klimawandel gemacht wurden, bleibt ein wichtiges Element unserer Gesellschaft oft auf der Strecke: Kulturelles Erbe und historische Gebiete werden viel zu selten in Gesprächen über das Klima erwähnt. Und vielleicht ist das auch verständlich - es ist leicht, ihre Präsenz und Widerstandsfähigkeit als selbstverständlich anzusehen. Doch während sich Städte auf die physischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen vorbereiten, die der Klimawandel mit sich bringt, sind diese wertvollen und unersetzlichen Teile unserer kollektiven Geschichte beispiellosen Risiken ausgesetzt. Ob durch häufigere Überschwemmungen, Hitzewellen oder Stürme - der Klimawandel ist eine Bedrohung für einige der kulturell bedeutendsten Orte der Welt. Städte wie Hamburg arbeiten daran, kulturelles Erbe und historische Gebiete in ihre Maßnahmen gegen den Klimawandel einzubeziehen. © Karsten Bergmann auf Pixabay 29 3 · 2021 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum entwickeln, die Zukunft seiner historischen Gebiete zu sichern. Das erste davon ist ein innovatives digitales 3D-Modell, das Informationen über die gebaute Umwelt, das kulturelle Erbe und Klimadaten für Hamburg zusammenführt. Dies ist ein neuer Ansatz für die Überwachung und den Schutz des kulturellen Erbes, denn es überbrückt die bestehende Kluft zwischen der Anpassung an den Klimawandel, dem Katastrophenrisikomanagement und dem Management des kulturellen Erbes. Hamburg ist auch an der Entwicklung eines Historic Area Information System (oder HArIS) beteiligt, das wichtige Daten wie Luftverschmutzung, Regenwasserversickerung oder Gebäudesetzungen überwachen wird - während das Tool an historischen Orten in Hamburg getestet wird, setzt es einen neuen Standard dafür, was umfassende Klimaschutzmaßnahmen wirklich bedeuten. So wie Ansätze zur Klimaanpassung inklusiv sein müssen, um effektiv zu sein, so muss auch die Art und Weise, wie historische Gebiete geschützt werden, inklusiv sein. Das bedeutet, dass die Einbindung von Stakeholdern und die Zusammenarbeit mit ihnen im Mittelpunkt der Arbeit stehen, lokal und darüber hinaus. Zu diesem Zweck ist Hamburg auch Teil des ARCH Mutual Learning Framework und tauscht sich mit anderen Städten wie Liverpool, Thessaloniki und Regensburg aus, die alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie Hamburg. Der Managementplan für das UNESCO Welterbe, der erstmals 2014 in Kraft trat, wird ebenfalls dahingehend aktualisiert, dass künftig die Einflüsse des Klimawandels als potenzielle Bedrohung berücksichtigt werden und der Aufbau von mehr Resilienz proaktiv gefördert wird. In diesem Zusammenhang wird auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema durch einen aktiven Wissenstransfer als fundamentaler Bestandteil des EU-Projekts betrachtet. Der Welterbekoordinator der Stadt Hamburg, Bernd Paulowitz, betont die Bedeutung des Projekts für Hamburg außerdem noch mit Blick auf den materiellen Erhalt: „Es ist für uns sehr wichtig, die Welterbestätte nachhaltig gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Hierzu bedarf es eines gezielten Monitorings, um Bauwerksschäden frühzeitig zu erkennen und dementsprechend Methoden und Maßnahmen zu entwickeln, die unser Kulturerbe vor einem unwiederbringlichen Substanzverlust bewahren.“ Dies zeigt, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereichsübergreifend sind: Städte müssen die Art und Weise überdenken, wie sie nicht nur ihre Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen im Lichte des Klimawandels verwalten, sondern auch, wie sie sich nachhaltig für den Erhalt ihres kulturellen Erbes einsetzen. Eine Möglichkeit, die Widerstandsfähigkeit in unserer Zukunft vorherzusagen, ist die Art und Weise, wie wir uns um die Erinnerungen an unsere Vergangenheit kümmern. Die Art und Weise, wie wir unsere historischen Bereiche auf den Klimawandel vorbereiten, lässt erahnen, wie wir anderen vielfältigen Bedrohungen durch den Klimawandel begegnen, nämlich den Lebensgrundlagen, Landschaften und Ökosystemen. Städte wie Hamburg verbinden die Punkte zwischen Kultur und Klimawandel und stellen sicher, dass beim Schutz unserer Städte und Gemeinden unsere Geschichte nicht auf der Strecke bleibt. Als wirkungsvolle Maßnahme gegen die Folgen von Starkregenereignissen haben Sie das Wasser mit diesem funktionalen Systemaufbau als kontrollierten Zwischenspeicher komfortabel im Griff. Und das Ganze versteckt unter einem tollen grünen Dach. www.zinco.de/ systeme/ retentions-gruendach Regenwasserbremse für die Kanalisationsnetze in unseren Städten! Tel: 07022 9060-600 Wasserrückhalt via Retentions-Gründach Katherine Peinhardt ARCH Projekt ICLEI - European Secretariat GmbH Kontakt: katherine.peinhardt@iclei.org Dr. des. Uta K. Mense EU-Projektkoordination / Welterbe Denkmalschutzamt Hamburg, BKM Kontakt: uta.mense@bkm.hamburg.de AUTORINNEN Mehr Informationen zu dem Projekt: savingculturalheritage.eu