eJournals Transforming cities 6/4

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2021-0085
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2021
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Geodaten für mehr Lebensqualität in Städten

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Jens Wille
Die Verteilung des vorhandenen Raumes in Großstädten gerät zunehmend zum Konfliktstoff. Wohn- und Geschäftsraum, Freiflächen und Grünzonen stehen in Konkurrenz zu Straßen und Verkehrsflächen. Dazu trägt auch die steigende Mobilität bei – immer mehr Verkehrsteilnehmer konkurrieren um immer weniger freie Flächen. Die knappe Ressource Raum verlangt eine sorgsame Verwaltung. Hierzu kann die Aufbereitung und Analyse von Geodaten einen wichtigen Beitrag leisten. Digitale Technologien unterstützen Stadtverwaltungen und Unternehmen unter anderem dabei, Mobilität effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die Einsatzmöglichkeiten reichen jedoch weit darüber hinaus.
tc640078
78 4 · 2021 TR ANSFORMING CITIES THEMA Lebensraum Stadt Wie sieht die ideale Stadt aus? Grün, sauber, leise - aber gleichzeitig lebendig und mit einem vielfältigen Angebot an Wohnraum, Arbeitsplätzen sowie kulturellen und sozialen Angeboten? Die alle schnell erreichbar sind, ohne hohes Verkehrsaufkommen? Ein Ort für Jung und Alt, der das körperliche und mentale Wohlbefinden seiner Bewohner unterstützt? So oder ähnlich würden wohl die meisten Menschen ihre Traumstadt beschreiben. Leider zeichnet die Realität in Großstädten heute aber ein anderes Bild: Immer mehr Menschen und Verkehr teilen sich immer weniger Platz und Luft zum Atmen. Das Leben in der Stadt ist vielerorts geprägt von Stress und den Folgen verstärkter Umweltbelastung. Metropolen und Städte auf der ganzen Welt sehen sich daher mit denselben Problemen konfrontiert. Wie lassen sich die Lebensqualität und das Zusammenleben auf engem Raum nachhaltig verbessern und langfristig positiv gestalten? In der Vergangenheit entwickelten sich die meisten europäischen Großstädte mehr oder weniger „automatisch“. Aber während sich zu ihrer Gründungszeit zumeist wenige Tausend Einwohner zu Fuß oder mit dem Pferd fortbewegten, muss derselbe Raum heute auf Hunderttausende (oder auch Millionen) Menschen und PKWs verteilt werden. So nahm in Deutschland die PKW-Dichte in den letzten zehn Jahren um 12 % zu, 2020 verfügten 77 % aller Haushalte über mindestens ein Auto. 1 Spätestens mit den Erkenntnissen der Klimaforschung ist klar, dass wir die weitere Entwicklung unserer Lebensräume erheblich aktiver und bewusster gestalten müssen - und für weitreichende Entscheidungen vielleicht nicht mehr viel Zeit bleibt. Insbesondere, da einige der Kriterien für mehr Lebensqualität miteinander konkurrieren bzw. nur schwer gleichzeitig zu erreichen sind. Umso wichtiger sind fundierte Grundlagen, auf deren Basis Faktoren abgewogen und Entscheidungen getroffen werden können. Und genau hier kommt moderne Technologie ins Spiel. Präzise Daten als Basis zukunftsweisender Planung Wenn es darum geht, das Leben in Städten nachhaltig und intelligent zu gestalten, sind präzise Untersuchungen des Status Quo unverzichtbar - idealerweise zusammen mit historischen Daten und prädiktiven Analysen. Die hierfür notwendigen Informationen liegen häufig schon vor - allerdings werden sie noch selten verknüpft und miteinander in Zusammenhang gebracht. Statistiken, künstliche Intelligenz, Sensoren, Kommunikationstools: Sie alle 1 https: / / www.destatis.de/ DE/ Presse/ Pressemitteilungen/ 2020/ 09/ PD20_N055_461.html und https: / / www.umweltbundesamt.de/ daten/ private-haushalte-konsum/ mobilitaet-privater-haushalte - -hoher-motorisierungsgrad Geodaten für mehr Lebensqualität in Städten Wie sich mithilfe von Data und Location Technology städtischer Lebensraum besser verwalten und verteilen lässt Smart City, Mobilität, Lebensraum Stadt, Verkehrsflächen, Klima- und Katastrophenschutz Jens Wille Die Verteilung des vorhandenen Raumes in Großstädten gerät zunehmend zum Konfliktstoff. Wohn- und Geschäftsraum, Freiflächen und Grünzonen stehen in Konkurrenz zu Straßen und Verkehrsflächen. Dazu trägt auch die steigende Mobilität bei - immer mehr Verkehrsteilnehmer konkurrieren um immer weniger freie Flächen. Die knappe Ressource Raum verlangt eine sorgsame Verwaltung. Hierzu kann die Aufbereitung und Analyse von Geodaten einen wichtigen Beitrag leisten. Digitale Technologien unterstützen Stadtverwaltungen und Unternehmen unter anderem dabei, Mobilität effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die Einsatzmöglichkeiten reichen jedoch weit darüber hinaus. 79 4 · 2021 TR ANSFORMING CITIES THEMA Lebensraum Stadt liefern Daten, aus denen Stadtverwaltungen und Dienstleister die Bedürfnisse der Einwohner*innen ableiten und so besser auf sie eingehen können. Mit einer Art neuronalem Netz, basierend auf einer technologischen Infrastruktur zum Sammeln, Vernetzen und Auswerten von Daten, wird aus einer Stadt eine Smart City. Dabei sollte man jedoch stark unterscheiden, welche Arten von Daten gesammelt werden: Während asiatische Metropolen wie zum Beispiel Singapur oder Songdo anhand von Überwachungskameras, -mikrofonen, Gesichts- oder Kennzeichen-Scannern individuelle Bewegungsprofile erstellen können, steht in Europa die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und der Datenschutz an erster Stelle. Hier werden nur anonyme, nicht personenbezogene Daten gesammelt - wie zum Beispiel Geoinformationen oder die Auswertungen eigens angebrachter Sensoren. Diese können zum Beispiel Fragen beantworten wie „Ist der Müllcontainer voll? Ist die Erde zu trocken? Ist der Parkplatz belegt? “ etc. Völlig unabhängig von persönlichen Daten lassen sich damit wichtige Erkenntnisse für die Ressourcen- und Kapazitätsplanung städtischer Einrichtungen und Dienstleistungen gewinnen. Wie sieht der Beitrag von Geodaten auf dem Weg hin zu bedarfsgerechter Raumverteilung, effizienter Mobilität und nachhaltiger Ressourcenschonung aber nun konkret aus? Wie lässt sich anhand von Data und Location Technology mehr Lebensqualität in Städten erreichen? Im Folgenden einige Beispiele aus der Praxis: Mehr Transparenz für mehr Bürgerbeteiligung Bei gesellschaftlich komplexen Themen gibt es oft viele verschiedene Meinungen. Wer Menschen für seine Belange gewinnen und ihr Verhalten beeinflussen möchte, muss mit klaren, verständlich aufbereiteten Inhalten und Fakten überzeugen. Genau an dieser Stelle kommen Datenanalysen ins Spiel, die im Idealfall intuitiv verständlich und interaktiv aufbereitet sind. Im Bereich der ortsbezogenen Daten sind hierfür Karten prädestiniert: Karten bringen die Geoinformationen in einen Kontext, machen sie erlebbar und haben dadurch das Potenzial, Anwender*innen zu begeistern. Sie zeigen Zusammenhänge auf und helfen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die interaktive Klimakarte der ARD: Unter www.ard-klimakarte.de wird die Entwicklung von Temperatur und Niederschlag für die vergangenen 60 Jahre sichtbar. Über einen Regler können Prognosen bis ins Jahr 2100 getroffen werden - in zwei Szenarien: ohne Klimaschutz und mit starkem Klimaschutzengagement. Ein ähnliches Ziel verfolgt die Plattform Climate from Space der Europäischen Weltraumorganisation (ESA): Sie basiert auf einer wissenschaftlichen Datenbank, deren Inhalte als Webanwendung für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Wo früher Daten heruntergeladen und aufwändig verarbeitet werden mussten, können nun Nutzer*innen mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen das Klima erforschen und komplexe Zusammenhänge verstehen: Warum spielt das Meer für die Hitzeregulation auf unserem Planeten eine zentrale Rolle? Was passiert, wenn das Polareis bricht? Wie wirkt sich die Nutzbarmachung von Land auf die CO 2 -Emissionen aus? Für die intuitive Lernplattform wurden enorme Mengen Satellitendaten aufbereitet und leicht verständlich dargestellt. Ähnliche Anwendungen sind auch zum Thema Städteplanung oder Verkehr möglich. Im Rahmen des EU-Projektes smarticipate hat das Fraunhofer- Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD Bild 1: Interaktive Klimakarte der ARD. © Ubilabs Bild 2: Plattform Climate from Space der Europäischen Weltraumorganisation ESA. © Ubilabs 80 4 · 2021 TR ANSFORMING CITIES THEMA Lebensraum Stadt zum Beispiel eine Plattform entwickelt, mit der Bürger*innen online Ideen für die Gestaltung der eigenen Nachbarschaft einreichen oder sich an politischen Entscheidungen und Planungsprozessen ihrer Stadt beteiligen können. Das Besondere daran: Durch die Anbindung an die Datenquellen der Stadtplanung erhält jede Einreichung eine direkte Rückmeldung zu ihrer tatsächlichen Umsetzbarkeit. So konnten Hamburger*innen beispielsweise Standorte für neue Baumpflanzungen im Stadtgebiet vorschlagen - und bekamen daraufhin umgehend Feedback: Sind neue Bepflanzungen mit der bestehenden Nutzung der vorgeschlagenen Fläche vereinbar? Welche Baumarten können dort gepflanzt werden? Welchen Beitrag liefern sie für die CO 2 -Einsparungsbilanz der Stadt bzw. wirkt sich eine neue Pflanzung evtl. negativ auf das Solarpotenzial benachbarter Häuser aus? Anschauliche 3D-Visualisierungen und leicht bedienbare Feedback-Funktionen versachlichen hier politische Entscheidungen und unterstützen den Dialog in städtebaulichen Planungen. Denn auch Transparenz und Bürgerbeteiligung gehören zu den Kernfaktoren einer lebenswerten Smart City. Intelligentes Verkehrsmanagement Interaktive Webanwendungen und Karten helfen zudem Stadtplanern dabei, einzelne Ökosysteme der Stadt besser zu verstehen oder mit Echtzeitanalysen einen genaueren Überblick der aktuellen Verkehrs-, Emissions- oder Parkraumsituation zu gewinnen. So stattet die Deutsche Telekom seit einem Jahr Parkplätze deutscher Städte und Gemeinden in unterschiedlichen Projekten mit smarten Sensoren aus. In Zusammenarbeit mit Data und Location Technology-Experten geht es darum, Einsichten in die Nutzung des Parkraums zu erhalten und auf dieser Basis den Parksuchverkehr zu reduzieren und die Verteilung des städtischen Raums für alle Anwohner zu verbessern. Anhand kartenbasierter Dashboards können die Anwender*innen Statistiken einsehen oder die Auslastung bestimmter Parkplätze über den Tag verfolgen. Hierzu zählen Anwohner, die wissen möchten, ob ein Parkplatz frei ist, genauso wie Ordnungshüter, die die Einhaltung der Höchstparkdauer überprüfen. In den nächsten Iterationen des Projekts sollen Analysen historischer Daten, Vorhersagen oder auch Tourenplanungen für das Parkraummanagement ergänzt werden. Ebenfalls möglich wäre die Integration zusätzlicher ortsbezogener Daten, die mittelbar das Verkehrsgeschehen beeinflussen: So ließe sich zum Beispiel berücksichtigen, wie sich bestimmte Veranstaltungen oder die aktuelle Wetterlage auf die Parkplatzsituation auswirken. Auch die Einspielung von Live-Daten und die Einrichtung von Alerts bei überschrittenen Höchstparkzeiten ist denkbar. Das Potenzial von Data Analytics und Location Intelligence lässt sich jedoch nicht nur für den Parkverkehr ausschöpfen, sondern insbesondere auch Bild 3: Smarte Sensoren der Deutschen Telekom unterstützen seit einem Jahr das Parkraummanagement in einigen deutschen Städten und Gemeinden. © Ubilabs 81 4 · 2021 TR ANSFORMING CITIES THEMA Lebensraum Stadt für eine optimierte Routenplanung. Die Visualisierung von Bewegungsdaten und Verkehrsinformationen in Echtzeit und die Annotation mit externen Daten (Höhenprofile, Wetter, Events, etc.) bieten ein valides Fundament für die optimale Auslastung von Flotten und Verkehrsverbindungen. Das erstreckt sich bis hin zur möglichst effizienten Einsatzplanung von Räumfahrzeugen oder Lieferdiensten. Das Ergebnis dieser Bemühungen: Eine intelligente Steuerung des Verkehrs und eine bedarfsgerechte Verteilung von Straßen- und Freiflächen. Ein weiterer Pluspunkt: Die Verbesserung logistischer Abläufe trägt zu einer Reduzierung von CO 2 -Emissionen bei und wirkt sich damit auch auf den Klimaschutz aus. New Mobility - mit Daten die Zukunft bewegen Busse und Bahnen, die auf optimierten Wegen mit minimalem Energieaufwand fahren und sich untereinander abstimmen. Intelligente Mobilitätsdienste, die den Verkehr entlasten. Smarte Lösungen für ressourcenschonende Fracht und Logistik. Car- Sharing und E-Mobilität auf Abruf, genau dort, wo sie gebraucht werden: So das Ideal. Und tatsächlich bieten vernetzte Verkehrsmittel eine Vielzahl von zukunftsweisenden Möglichkeiten für weniger Emissionen, mehr Sicherheit und mehr Verfügbarkeit für alle. Ohne Location Intelligence wäre diese neue Mobilität jedoch nicht realisierbar: Hoch entwickelte Technologien leiten aus einer Vielzahl ortsbezogener Daten verlässliche Analysen und Prognosen ab und geben über sogenannte Mobility Dashboards unter anderem Aufschluss darüber, an welchen Orten Mobilitätsangebote verfügbar sein sollten, wofür sie benötigt werden und wie sie beschaffen sein müssen. Anhand interaktiver Karten lassen sich detaillierte Auswertungen zur Flotten-Auslastung treffen, Hot Spots und typische Verkehrsrouten aufzeigen und miteinander vergleichen. Übersichtlich sortiert nach Uhrzeit, Wochentag oder Jahreszeit. Wo wurden Mobilitätsdienste letzte Woche genutzt? Wie hoch ist der aktuelle Bedarf für verschiedene Angebote? Wo wird die Nachfrage nächste Woche am höchsten sein? Auf der Basis dieser Informationen können Städte und Unternehmen nicht nur kundenfreundlichere und umweltbewusstere Lösungen entwickeln, sondern auch innovativer und kosteneffizienter arbeiten. Das gilt für das Flottenmanagement der Car-, Bike- und Scooter-Sharing-Anbieter genauso wie für die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort Wenn es um die Lebensqualität in Städten geht, dürfen soziale Faktoren, wie die persönliche Sicherheit oder der Schutz Hilfebedürftiger, keinesfalls vergessen werden. Und auch hier kann die Zusammenführung, Analyse und Visualisierung ortsbezogener Informationen einen relevanten Beitrag leisten. Zwei Beispiele: 1. Um herauszufinden, wie (un-)sicher sich Mädchen und junge Frauen in deutschen Städten fühlen, gab die Kinderrechtsorganisation Plan International eine „Safer Cities Map“ in Auftrag, in der Nutzer*innen acht Wochen lang positive und negative Erfahrungen eintragen konnten - selbstverständlich ohne Speicherung personenbezogener Daten. Das Projekt diente auch als Anstoß für positive Veränderungen in den Bereichen Stadtplanung, Architektur oder öffentlicher Nahverkehr. 2. Etwas zu essen, einen Schlafplatz, Beratung oder medizinische Versorgung: Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen benötigen schnelle, unbürokratische Hilfe. Damit das künftig bundesweit schnell und einfach möglich ist, hat die Hilfsorganisation Karuna gemeinsam mit den Experten von Ubilabs eine App entwickelt, die deutschlandweit alle wichtigen Anlaufstellen für Jugendliche in Notsituationen anzeigt. Über die interaktive Karte werden umliegende Beratungs- und Notschlafstellen, Essensausgaben oder Tageseinrichtungen ganz leicht auffindbar, über jegliche sprachliche oder soziale Barriere hinweg. Digitale Unterstützung in der Pandemiebekämpfung Ähnliche Angebote sind für viele gesellschaftliche, medizinische und soziale Einrichtungen denkbar. Nicht zuletzt zeigt auch die Covid-19-Pandemie die Relevanz strukturierter Datensammlungen: Die Analyse ortsbezogener Informationen bietet ein großes Potenzial, um Infektionsketten zu entdecken und zu unterbrechen. Deshalb entwickelten die Data und Location Experten von Ubilabs in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover für das Bundesministerium für Gesundheit die kartenbasierte Dokumentationsplattform Kadoin: Auf Basis von Google Maps können Gesundheitsämter schneller und einfacher nachvollziehen, wer wann mit wem Kontakt hatte. Aber auch infizierte Privatpersonen können ihren Standortverlauf importieren und Daten aus der Zeitleiste auswählen, hochladen und bearbeiten - ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen das Virus. Um persönliche Daten umfassend zu schützen, läuft Kadoin als Frontend- Anwendung ausschließlich im Browser. So werden 82 4 · 2021 TR ANSFORMING CITIES THEMA Lebensraum Stadt Daten lediglich temporär bereitgehalten. Ebenfalls im Kampf gegen die Pandemie wurde eine Anwendung zur Impfroutenplanung entwickelt, die dabei hilft, mobile Impfteams deutlich effizienter einzusetzen und so mehr Menschen mit den Impfstoffen zu versorgen. Fundiertes Wissen für präventiven Katastrophenschutz Wirbelstürme, Hochwasser, Dürre, Überflutungen - Stadtplaner müssen sich heute mehr denn je mit präventiven Maßnahmen zum Schutz der Stadtbewohner vor Umweltkatastrophen auseinandersetzen. Auch dies ist nur mit fundiertem Wissen und prädiktiven Analysen möglich. Dank Machine Learning sind wir heute in der Lage, auf der Basis historischer und aktueller Daten Vorhersagen zu treffen. So kann bedrohlichen Entwicklungen frühzeitig mit präventiven Maßnahmen entgegengesteuert - oder im Katastrophenfall zumindest zielgerichtet und schnell reagiert werden. Die Kombination aus Wetterdaten und ortsbezogenen Informationen (zum Beispiel der Anteil versiegelter Bodenfläche einer Stadt, der Baumbestand, die Nähe zu Wasser und Grünflächen) lässt beispielsweise Wahrscheinlichkeitsaussagen für das Eintreten bestimmter Ereignisse wie Überflutungen zu und hilft bei der Suche nach möglichen Schutzmaßnahmen. Einen anderen Weg geht das paneuropäische Projekt INDRIX (Inclusive Disaster Resilience Index). INDRIX verbindet das Fachwissen von NGOs im Katastrophenschutz und im sozialen Bereich. Gemeinsam mit öffentlichen Zivilschutzbehörden und Forschungspartnern wurden bisherige Projektergebnisse gesammelt, geclustert, kartiert und bewertet. In einer einzigartigen Präventionsplattform wurden Informationen aus vielen verschiedenen Quellen und bestehenden Programmen zusammengeführt: Hier finden sich länderspezifische Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge im Bereich Küsten- und Hochwasserschutz genauso wie Frühwarnsysteme bei Erdbeben. Neben der Visualisierung und Auswertung von Beispielprojekten lässt sich zudem für jede Region ein sozialer Resilienz-Index ermitteln. So können Regionen in Europa mit einem besonders hohen Bedarf an Präventions- und Katastrophenschutzstrategien identifiziert werden. Die dynamische Visualisierung unterstützt die Evaluation der Ergebnisse. Auf Basis qualitativer und quantitativer Daten wurde eine benutzerfreundliche, interaktive Karte entwickelt und sowohl Organisationen als auch europäischen Bürgern zugänglich gemacht - auch dies ein neuer Weg, um betroffene Menschen als aktive Stakeholder zu erreichen. Smarte Städte von morgen: Digitale Technologien für reale Lebensqualität Bei der aktiven Gestaltung von Lebensraum und der Verbesserung von Lebensqualität in Städten sind möglichen datenbasierten Anwendungen keine Grenzen gesetzt - egal ob es um die Identifikation geeigneter Maßnahmen oder deren Verwaltung, um Meinungsbildung oder Katastrophenprävention geht. Ihnen allen gemeinsam ist ein technologischer Dreiklang aus Data Analytics, Location Intelligence und Cloud Computing. Cloud Computing liefert die technische Infrastruktur, um große Datenmengen vorhalten und verwalten zu können. Data Analytics deckt den kompletten Kreislauf von der Datensammlung und -aufbereitung bis zu deren Analyse und Visualisierung ab. Und mit Location Intelligence kommt schließlich die Fähigkeit hinzu, unter Berücksichtigung räumlicher Zusammenhänge aus Daten anwendbares Wissen abzuleiten - und so mit Hilfe von Standortinformationen Gegebenheiten besser verstehen und zielorientiert beeinflussen zu können. So spielen Data Analytics, Location Intelligence und Cloud Computing äußerst effizient zusammen, um mithilfe von Geodaten der Traumstadt der Zukunft näher zu kommen. Jens Wille Geschäftsführender Gesellschafter Ubilabs GmbH, Hamburg Kontakt: wille@ubilabs.com AUTOR Bild 4: Kartenbasierte Dokumentationsplattform Kadoin zur datenschutzkonformen Kontaktnachverfolgung. © Ubilabs