eJournals Transforming cities 7/1

Transforming cities
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2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0021
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Zwischenergebnisse des BMWi-Projektes LINOx BW

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Karsten Hager
Alexandra Graf
LINOx BW wurde im Zuge des Sofortprogramms „Saubere 2017-2020“ gefördert und bündelt Aktivitäten des Ladeinfrastrukturaufbaus der insgesamt 23 baden-württembergischen Städte, die in den Jahren 2017 und 2018 die Stickoxidgrenzwerte überschritten haben. Das vierjährige Projekt endet offiziell zum 30.September 2022; bereits jetzt wurden rund 1700 Ladepunkte bei etwa 110 verschiedenen Antragstellern in insgesamt sieben unterschiedlichen Anwendungsfällen gefördert. Der vorliegende Praxisbericht konzentriert sich auf die wissenschaftlichen Zwischenergebnisse dieser Anwendungsfälle, die auf einer quantitativen Befragung sowie qualitativen Leitfadeninterviews basieren.
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73 1 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Mobilität Hintergrund und Projektinformationen Die in Deutschland gültigen Grenzwerte für Stickoxide wurden von der EU-Kommission im Jahr 2008 verabschiedet und müssen seit 2010 in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden [1]. Im Jahr 2017 überschritten allerdings deutschlandweit 65 Städte den gesetzlich vorgeschriebenen Tageshöchstwert von 40 μg/ m³ [2]. Bei anhaltender Überschreitung der Grenzwerte sind die betroffenen Städte rechtlich verpflichtet, Maßnahmen zur Senkung der Stickoxidwerte zu unternehmen, wie beispielsweise Fahrverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotor. Um solchen Maßnahmen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung 2017 das Sofortprogramm „Saubere Luft 2017 - 2020“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Sofortprogramms hat das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi, heute Bundesministerium für Wirtschaft und Klima) das Forschungsprojekt LINOx BW gefördert, das den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in den betroffenen Städten in Baden-Württemberg unterstützt [3]. Konsortialpartner des Projektes sind der Städtetag Baden-Württemberg als Konsortialführer, der Verband Region Stuttgart, das Institut Stadt|Mobilität|Energie (ISME), das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden- Württemberg (ZSW) sowie die e-mobil BW - Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive Baden-Württemberg als assoziierter Partner. Alleinstellungsmerkmal des Projektes ist die Bündelung von interessierten Antragstellern (im Folgenden Letztzuwendungsempfänger (LZE) genannt), die in einer der betroffenen Kommunen ihren Unternehmenssitz haben oder einen regelmäßigen Fahrtbezug zu einer der betroffenen Kommunen nachweisen können. Zudem sind die Kommunen selbst ebenfalls antragsberechtigt. Diese stellen einen Antrag auf Förderung beim Verband Region Stuttgart, der, sofern von einer Projektjury genehmigt, im Rahmen eines Weiterleitungsvertrags die Fördergelder des Bundes an die LZE nach regelmäßiger Vorlage von Abrechnungen übersendet. Zwischenergebnisse des BMWi-Projektes LINOx BW Fact-Sheet der Anwendungsfälle: Parkhaus - P&R - privates Firmengelände Elektromobilität, Ladeinfrastruktur, Baden-Württemberg, Stickoxide, Parkhaus, Firmengelände Karsten Hager, Alexandra Graf LINOx BW wurde im Zuge des Sofortprogramms „Saubere 2017-2020“ gefördert und bündelt Aktivitäten des Ladeinfrastrukturaufbaus der insgesamt 23 baden-württembergischen Städte, die in den Jahren 2017 und 2018 die Stickoxidgrenzwerte überschritten haben. Das vierjährige Projekt endet offiziell zum 30.September 2022; bereits jetzt wurden rund 1700 Ladepunkte bei etwa 110 verschiedenen Antragstellern in insgesamt sieben unterschiedlichen Anwendungsfällen gefördert. Der vorliegende Praxisbericht konzentriert sich auf die wissenschaftlichen Zwischenergebnisse dieser Anwendungsfälle, die auf einer quantitativen Befragung sowie qualitativen Leitfadeninterviews basieren. © Stux on pixabay 74 1 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Mobilität Die im vorliegenden Praxisbericht verwendeten Daten sind auf den Stichtag 31. Oktober 2021 datiert - das offizielle Projektende ist auf den 30. September 2022 terminiert. Zum Stichtag wurden im Rahmen des Forschungsprojektes bereits rund 1700 Ladepunkte in 23 Städten unter Inanspruchnahme von rund 8,2 Mio. Euro Fördermitteln gefördert. Bild 1 zeigt die räumliche Übersicht der geförderten Ladepunkte in den einzelnen Kommunen. Forschungsdesign des Projektes Die Ziele der Forschung in LINOx BW sind eine übergreifende räumliche Analyse unterschiedlicher Rahmenbedingungen der einzelnen LZE in den jeweiligen Kommunen, die dahinterliegenden Planungsprozesse und Nutzerpräferenzen, die Integration der Ladeinfrastruktur in kommunale Energiesysteme sowie die Abschätzung der Reduktion von Stickoxiden durch den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Die Einteilung der LZE erfolgt in sieben verschiedene Anwendungsfälle: „Wohnquartier“, „halb-öffentlicher Raum“, „Parkhaus / P&R“, „privates Firmengelände“, „Pflegedienste“, „Pedelec“ und „Tourismus“. Im vorliegenden Praxisbericht werden bisherige Erkenntnisse zu den Anwendungsfällen „Parkhaus / P&R“ sowie „privates Firmengelände“ vorgestellt. Zunächst stellt sich die Frage der Definition der beiden Anwendungsfälle: In den vorzulegenden Antragsunterlagen der LZE ist darzustellen, an welchen Orten und unter welchen Zugangsbedingungen welche Anzahl an geplanter Ladeinfrastruktur mit welcher Ladeleistung realisiert werden soll. Sobald die Zugangsbedingungen auf eine geschlossene Nutzergruppe wie beispielsweise Mitarbeiter*innen eines Unternehmens beschränkt sind, wird der LZE dem Anwendungsfall „privates Firmengelände“ zugeteilt (auch wenn diese Stellplätze in einem Parkhaus untergebracht sind). Sofern eine teilweise öffentliche Nutzung der Ladeinfrastruktur in einem Parkhaus oder an einem P&R-Standort geplant ist, erfolgt eine Zuteilung zu diesem Anwendungsfall. Bei Mischnutzungen erfolgt eine Zuteilung in „Parkhaus / P&R“. Zur wissenschaftlichen Analyse der geplanten Vorhaben der einzelnen LZE wird eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Befragungen durchgeführt. Im Zuge der Übersendung des jeweiligen Förderbescheids für die geplante Ladeinfrastruktur müssen alle LZE einen teilstandardisierten t 0 -Fragebogen ausfüllen, in denen diese Angaben zum Status Quo ihres Vorhabens machen, etwa zu den Themenbereichen Fuhrpark, bereits bestehender Ladeinfrastruktur, zur Größe der Parkierungsanlage oder zur Unternehmensgröße. Für jeden Anwendungsfall sind zudem weitere spezifische Fragen zu beantworten. Mit ausreichend zeitlichem Vorlauf zum Projektende werden alle LZE einen t 1 -Fragebogen (aktuell geplant: Versand im März 2022) bekommen, der erneut zum Beispiel den Fuhrpark der LZE erfragt, nun aber auch die Strommenge, die die geförderte Ladeinfrastruktur seit dem jeweiligen Datum der Inbetriebnahme an Elektrofahrzeuge abgegeben hat. Diese Informationen dienen der abschließenden Ermittlung der Reduktion von Stickoxiden durch das Projekt. Darüber hinaus wurden bei der Prüfung der Antragsunterlagen der einzelnen LZE auffallend umfangreiche oder spezielle Projekte, beispielsweise mit weitgreifender Integration erneuerbarer Energien oder der Nutzung für e-Carsharing-Flotten zu einem ungefähr einstündigen telefonischen Leitfadeninterview ausgewählt (sogenannte Lead-Partner). Der Leitfaden umfasst vier Frageblöcke: Analyse von Kommunikations- und Entscheidungswegen, Analyse der Kosten-Erlösdaten und der Betreibermodelle, Nutzungsintensität der Ladeinfrastruktur sowie anwendungsfallspezifische Fragen. Bild 1: Geförderte Ladepunkte in den 23 Kommunen in LINOx BW. © Hager, Graf Stuttgart Backnang Heilbronn Mannheim Freiburg Ludwigsburg Heidelberg Reutlingen Ravensburg Schwäbisch Gmünd Ilsfeld Esslingen Tübingen Leonberg Kuchen Markgröningen Herrenberg Sindelfingen Freiberg am Neckar Mögglingen Heidenheim Ulm Leinfelden-Echterdingen Geförderte Ladepunkte (AC und DC) aller LZE in den 23 Kommunen in LINOx BW 193 8 194 32 243 312 106 107 170 23 16 34 47 37 5 10 2 28 3 2 4 136 4 75 1 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Mobilität Projektanzahl in Abhängigkeit der Ladepunktanzahl Privates Firmengelände Parkhaus / P&R 1 - 5 Ladepunkte 84 9 6 - 10 Ladepunkte 24 9 11 - 15 Ladepunkte 4 1 16 - 20 Ladepunkte 4 3 Mehr als 20 Ladepunkte 9 6 Summe 125 28 Halb-öffentlicher Zugang 81 23 Geplantes Lademanagement 65 25 Geplanter eigener separater Netzanschluss 44 10 Geplanter Speicher 10 1 Vor LINOx BW bereits Ladeinfrastruktur vorhanden 67 21 Anzahl geplanter Ladepunkte insgesamt 793 542 AC geplant 710 539 <= 10 kW 75 155 11 kW 195 269 22 kW 440 115 DC geplant 83 3 <= 25 kW 14 0 26 - 50 kW 59 3 Mehr als 50 KW 10 0 Tabelle 1: Kennziffern der geplanten Vorhaben der LZE im Projekt LINOx BW. © Hager, Graf Quantitative Ergebnisse: Die nachfolgenden quantitativen Ergebnisse basieren auf den Ergebnissen der t 0 -Befragung von insgesamt 192 einzelnen Projekten bei 110 verschiedenen LZE (summierte Zahlen für alle Anwendungsfälle des Projektes). Tabelle 1 zeigt gesammelte Ergebnisse der Antragsunterlagen der einzelnen LZE. Zum aktuellen Zeitpunkt sind 125 Projekte dem Anwendungsfall „privates Firmengelände“ zugeordnet. Hierbei dominieren kleinere Projekte mit ein bis fünf Ladepunkten, was in Kombination mit der Aussage, dass nur 67 von 125 Projekte bereits vor LINOx-BW Ladeinfrastruktur umgesetzt haben, vermuten lässt, dass viele kleinere neue Antragsteller das vereinfachte Antragsverfahren genutzt haben, um aktiv in die Elektromobilität einzusteigen. Die Quote des geplanten Lademanagements mit etwa 50 % aller Projekte sowie die vergleichsweise geringe Anzahl geplanter Speicher lässt auf eine Fokussierung der Projekte auf den Mobilitätsbereich schließen - Potenziale für eine Sektorenkopplung „Verkehr und Energie“ müssen erschlossen werden. Knapp 90 % der geplanten Ladepunkte sind im AC-Bereich angesiedelt, hierbei soll die deutliche Mehrheit mit 22 kW Ladeleistung ausgestattet werden. Im DC-Bereich sind heterogene und hohe Ladeleistungen zu finden - beides kann auf potenziell hohe Laufleistungen der Elektrofahrzeuge im Fuhrpark, kurze Standzeiten der Elektrofahrzeuge oder auch Prestigegründe deuten. In den 28 Projekten im Anwendungsfall „Parkhaus / P&R“ setzt jedes dritte Projekt mindestens 16- Ladepunkte um. Dadurch, dass 75 % aller Projekte bereits Ladeinfrastruktur vor LINOx BW umgesetzt hatten, sowie nahezu alle Projekte ein Lademanagement planen, sind breite Vorkenntnisse in diesem Anwendungsfall zu vermuten. Bei den insgesamt 542 geplanten Ladepunkten dominieren kleinere Ladeleistungen im AC-Bereich. Dass tendenziell Ladepunkte mit kleineren Ladeleistungen mit Lademanagement kombiniert werden, wie es optimalerweise in der Elektromobilität in Parkhäusern der Fall sein sollte, unterstützt die These umfassender Vorkenntnisse der LZE. Mangelhaft sieht es in der Sektorenkopplung aus: Nur ein Projekt plant den Aufbau eines Speichers. Die folgenden Bilder zeigen Ergebnisse der t 0 -Befragung. Die Bilder 2 und 3 zeigen Ergebnisse des bestehenden Fuhrparks der LZE im Anwendungsfall „privates Firmengelände“. 1467 Fahrzeuge sind zum aktuellen Zeitpunkt der Datenauswertung bei diesen LZE vorhanden. Gut zwei Drittel der Fahrzeuge besitzen einen Dieselmotor, insgesamt nur 9 % der Fahrzeuge sind zumindest teilweise elektrisch unterwegs (Bild 2). Bild 3 unterstreicht, dass momentan vor allem im Klein- und Kleinstwagensegment Elektrofahrzeuge vorhanden sind. Die große Anzahl an Nutzfahrzeugen liegt an einer vergleichsweise hohen Quote von Kommunen bzw. kommunalen Eigenbetrieben, die über LINOx BW gefördert werden. Bild 4 zeigt, dass die höchsten Jahreslaufleistungen mit großem Abstand in der oberen Mittelklasse bei Bild 2: Antriebsarten der Fahrzeuge in LZE- Fuhrparks. © Hager, Graf Antriebsarten je Fahrzeug n = 1467 Elektro 6 % PHEV 3 % Unbekannt 4 % Benzin 22 % Diesel 65 % 76 1 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Mobilität Dieselfahrzeugen zu finden sind. Der vergleichsweise große Anteil an SUV-Laufleistungen überrascht im Vergleich zur reinen Fahrzeuganzahl in dieser Kategorie. Das Einsparpotenzial vor dem Hintergrund einer Stickoxid-Reduktion ist somit eindeutig identifizierbar. Darüber hinaus erlauben gut 74 % aller LZE die private Nutzung der Dienstfahrzeuge. Handelt es sich dabei um Elektrofahrzeuge, ist eine große Multiplikatorwirkung zu erwarten. Abschließend liegen zum Zeitpunkt des Ausfüllens des Fragebogens für 48 bestehende Ladepunkte der LZE im Anwendungsfall „privates Firmengelände“ Energiedaten vor, die in der Summe in ihrem Lebenszyklus bisher 63 953,1 kWh abgegeben haben; zudem sind bei etwa 54 % der LZE Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien bereits vorhanden, vorrangig Photovoltaikanlagen, vereinzelt Blockheizkraftzwerke. Beim Anwendungsfall „Parkhaus / P&R“ liegen für 44 bestehende Ladepunkte Energiedaten vor, die in der Summe in ihrem Lebenszyklus bisher 212 920,7 kWh abgegeben haben - rund 3,5 mal so viel wie beim privaten Firmengelände. Ein Grund ist sicherlich der höhere Durchsatz an Fahrzeugen. Hier sind allerdings nur bei 36 % der LZE Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien vorhanden - wieder zum größten Teil Photovoltaikanlagen. Parkierungsanlagen bieten im überdachten Zustand gute Möglichkeiten für Photovoltaikanlagen, sodass dieses Potenzial noch ausgebaut werden kann. Die derzeit untersuchten Parkierungsanlagen verfügen insgesamt über 6575 Stellplätze, von denen 5666 öffentlich zugänglich sind (rund 86 %). In Anbetracht der geplanten 542 Ladepunkte sowie den 44 bestehenden Ladepunkten ergibt sich eine Quote von etwa 9 % der Stellplätze, die mit Ladeinfrastruktur ausgestattet sind bzw. werden sollen. Qualitative Ergebnisse Die nachfolgenden qualitativen Ergebnisse basieren auf sechs durchgeführten Lead-Partner-Interviews im Anwendungsfall privates Firmengelände und drei Interviews im Anwendungsfall „Parkhaus / P&R“. Über alle Anwendungsfälle hinweg wurden bislang insgesamt 19 Interviews geführt; aktuell sind mindestens sechs weitere geplant. Die Auswertung und Erhebung der qualitativen Interviewdaten ist zwar noch nicht abgeschlossen, dennoch können bereits vorläufige Ergebnisse zusammengefasst werden. Dabei sollen Begründungen, Entscheidungswege und Herangehensweisen dargestellt werden, die mittels standardisierter Fragebögen nur schlecht erfassbar sind. So können beispielsweise in beiden Anwendungsfällen die Gründe der LZE, überhaupt Bild 3: Antriebsarten der Fahrzeuge in LZE- Fuhrparks nach Fahrzeugklassen. © Hager, Graf Bild 4: Durchschnittliche Jahreslaufleistung nach Antriebsart und Fahrzeugklasse je LZE- Fahrzeug. © Hager, Graf Antriebsarten nach Fahrzeugklassen n = 1467 Anzahl Fahrzeuge absolut 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 98 16 2 40 1 120 266 19 37 20 44 72 16 3 0 20 63 2 1 0 28 458 0 10 35 10 81 1 4 0 Klein- und Kleinstwagen Kompaktklasse Obere Mittelklasse SUV Nutzfahrzeuge Sonstige Benzin Diesel PHEV Elektro Unbekannt Durchschnittliche Jahreslaufleistung (in km) nach Antriebsart und Fahrzeugklasse pro Fahrzeug 120000,00 100000,00 80000,00 60000,00 40000,00 20000,00 0,00 Klein- und Kleinstwagen Kompaktklasse Obere Mittelklasse SUV Nutzfahrzeuge Sonstige Benzin Diesel PHEV Elektro 77 1 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Urbane Mobilität Ladeinfrastruktur aufbauen zu wollen, dargestellt werden. Zunächst findet sich die Einhaltung von selbst gesteckten oder gesetzlich verankerten Umweltzielen, nicht nur in Bezug auf Stickoxide, als Begründung. Darüber hinaus wird angegeben, die Ladeinfrastruktur als Service und zur Kundenbindung anbieten zu wollen. Spannend ist hierbei, dass in beiden Anwendungsfällen darauf hingewiesen wird, dass häufig bereits Elektrofahrzeuge vorhanden sind - sowohl bei Kund*innen als auch Mitarbeitenden oder sogar im eigenen Fuhrpark - und die Ladeinfrastruktur als notwendige Konsequenz aufgebaut wird. Speziellere Begründungen sind meist betriebsbedingter Art und kommen im Anwendungsfall „privates Firmengelände“ vor: So kann LIS nicht nur zum Laden an sich, sondern auch zu Demonstrations- und Schulungszwecken eingesetzt werden. Nochmals eine komplett andere Motivation bietet das Vorhandensein von PV-Anlagen und der daraus resultierende Wunsch zur Eigenstromnutzung durch Elektrofahrzeuge. Ähnlich divers erfolgt bei den verschiedenen LZE auch die Festlegung der Anzahl der benötigten Ladepunkte. Die Schwierigkeit, die angemessene Anzahl benötigter Ladepunkte zu bestimmen, fasst eine*r der Interviewten mit der Antwort auf die Frage, wie die Anzahl festgelegt wurde, so zusammen: „Nach Gefühl. Nach Gefühl und Erwartung. Klar, wir haben uns überlegt, wie viele Autos gebraucht werden und wie viele geladen werden müssen, allerdings überholt sich das immer schnell.“ Andere LZE vergeben die Festlegung der Anzahl benötigter Ladepunkte extern, allerdings handelt es sich dann um größere Ladepunktzahlen. Daneben werden viele weitere Methoden angewendet und kombiniert: eine Abschätzung nach der Größe des vorhandenen Fuhrparks und der geplanten Elektifizierungsquote, genaue Vorgaben für die Anzahl der Ladepunkte vonseiten höhergelagerter Ebenen, sodass kein Spielraum für eigene Abschätzungen gegeben war oder die Ausrichtung nach direkten Anfragen von Kund*innen. Betrachtet man die Entscheidungswege der LZE, ob die neu aufgebaute Ladeinfrastruktur selbst betrieben oder der Betrieb vergeben werden soll, ergibt sich ein ebenso heterogenes Bild. Im Anwendungsfall „Parkhaus / P&R“ wird der Betrieb, definiert über Anschaffung, Installation und Abrechnung, größtenteils selbst durchgeführt. Im Anwendungsfall „privates Firmengelände“ gibt es sowohl LZE, die die LIS komplett selbst betreiben, als auch solche, die den Betrieb komplett vergeben haben. Als Grund für die externe Vergabe wird meist fehlendes Know-How angegeben. Fazit Alle Ergebnisse sind vorläufig und verändern sich mit neuen LZE, die auf das Projekt aufmerksam werden. Dennoch lassen sich bereits erste Trends erkennen, wie den großen Anteil an LZE, der die Förderung nutzt, um in die Elektromobilität einzusteigen. Dies lässt darauf schließen, dass das Förderprogramm auch für bislang unerfahrene LZE gut zugänglich ist und eine Motivation darstellt, Ladeinfrastruktur aufzubauen - auch wenn es, wie in den qualitativen Interviews angesprochen, eine Vielzahl weiterer Gründe gibt. Ergebnisse einzelner LZE aus den Tiefeninterviews wurden im Jahr 2020 als Sammlung von Fallbeispielen veröffentlicht [4], eine Veröffentlichung für die seitdem neu hinzugekommenen Tiefeninterviews ist für das Q 2 2022 geplant. Eine ausführliche Auswertung aller Interview- und Befragungsdaten erfolgt im Rahmen des LINOx BW-Leitfadens, der als Abschlussbericht des Projekts voraussichtlich im vierten Quartal 2022 veröffentlicht wird. LITERATUR [1] Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa. https: / / eur-lex.europa. eu/ legal-content/ DE/ ALL/ ? uri=CELE X: 32008L0050, letzter Zugriff am 11.01.2022 [2] Umweltbundesamt (UBA): Liste der Städte mit NO2-Grenzwertüberschreitung, 2019. https: / / www. umweltbundesamt.de/ dokument/ liste-der-staedteno2-grenzwertueberschreitung, letzter Zugriff am 11.01.2022 [3] LINOx BW: Projekthomepage, https: / / linox-bw.de/ , letzter Zugriff am 11.01.2022 [4] Graf, A., Hager, K., Kasnatscheew, A.: Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge: Grundlagen und Anwendungsbeispiele aus dem Förderprojekt LINOx BW. e-mobil BW (Hg.). Stuttgart, 2020. Karsten Hager, M.Sc. Geschäftsführer Institut Stadt|Mobilität|Energie (ISME) GmbH Kontakt: karsten.hager@i-sme.de Alexandra Graf, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut Stadt|Mobilität|Energie (ISME) GmbH Kontakt: alexandra.graf@i-sme.de AUTOR*INNEN