eJournals Transforming cities 7/2

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0031
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Mit innovativer Technik zu besserer Lebensqualität

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Fabian Pasimeni
Welche Kommune möchte nicht bei gleicher Lebensqualität Ressourcen schonen und gleichzeitig Kosten einsparen. Im Rahmen des Energiekonzepts 2050 hat die Stadt St. Gallen mehr als 150 Maßnahmen formuliert, um diese Ziele zu erreichen. Einer der Ansätze betrifft die Modernisierung der Straßenbeleuchtung.
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16 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Ob ein reduzierter CO 2 -Fußabdruck, eine höhere Sicherheit der Bevölkerung oder die Möglichkeit für einen stressfreieren Lebensraum: Es gibt viele gute Gründe für Städte weltweit, sich zu einer Smart City zu entwickeln. Auf der anderen Seite stehen unterschiedliche Konzepte für den Einstieg in die Digitalisierung der städtischen oder ländlichen Infrastruktur zur Verfügung. Für den Anstoß derartiger Entwicklungen liegen verschiedene Frameworks vor, an denen sich die Planer bei der Erstellung einer digitalen Agenda für die eigene Kommune orientieren können. Klassische Handlungsfelder sind hier zum Beispiel die digitale Verwaltung, das Gesundheits- und Bildungswesen, das Gebäude-, Umwelt- und Energiemanagement sowie die Mobilität. Je nach Perspektive und Schwerpunkt lassen sich diese Felder durchaus feingranular in weitere Teilgebiete aufteilen oder zusammenfassen. Alle Stoßrichtungen fokussieren sich jedoch auf eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität der Bürger respektive der Gemeinschaft. Planung und Organisation stellen in diesem Fall die Grundlage für einen Trend dar, der allerdings erst durch konkrete Projekte Realität wird. Oftmals werden solche Vorhaben zuerst als Proof-of-Concept-Projekte umgesetzt, damit die technischen Möglichkeiten in einem überschaubaren Rahmen ausgelotet sowie die Risiken minimiert werden. Sensornetzwerke für eine intelligente Stadt Als Hauptort des gleichnamigen Ostschweizer Kantons ist St. Gallen ebenfalls dabei, sich zu einer Smart City zu wandeln, und zwar in großen Schritten. Das 80 000 Einwohner zählende kulturelle und wirtschaftliche Mit innovativer Technik zu besserer Lebensqualität Modernisierung der Straßenbeleuchtung in St. Gallen Fabian Pasimeni Welche Kommune möchte nicht bei gleicher Lebensqualität Ressourcen schonen und gleichzeitig Kosten einsparen. Im Rahmen des Energiekonzepts 2050 hat die Stadt St. Gallen mehr als 150 Maßnahmen formuliert, um diese Ziele zu erreichen. Einer der Ansätze betrifft die Modernisierung der Straßenbeleuchtung. Wohngebiet in St. Gallen, ausgeleuchtet mit LoRaWAN-fähigen LED-Leuchten. © Phoenix Contact Bild 1: Systemtopologie einer LoRaWANbasierten Beleuchtungslösung. © Phoenix Contact 17 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Zentrum der Region gehört hier zu den führenden Städten der Schweiz. Von der Betrachtung neuer Smart-City-Konzepte über unterschiedliche Technologien bis zur Errichtung smarter Quartiere gehen die Verantwortlichen die Digitalisierung in zahlreichen Lebensbereichen an. So hat St.- Gallen schon vor einigen Jahren die Bedeutung von Sensornetzwerken für eine intelligente Stadt erkannt. Verschiedene Funktechnologien wurden evaluiert und letztendlich ein eigenes LoRaWAN-Netzwerk aufgebaut. LoRaWAN zeichnet sich durch die Kombination aus hoher Reichweite der drahtlosen Verbindung mit einem niedrigen Energieverbrauch der im Feld eingesetzten Geräte aus. Mit der Entscheidung für LoRaWAN als Übertragungstechnologie profitiert St. Gallen von weiteren Eigenschaften, etwa der Nutzung eines lizenzfreien ISM-Funkbands sowie einer hohen Datensicherheit, die aus der Verwendung einer 128-Bit-AES- Verschlüsselung im Zusammenspiel mit einer EUI64-Kennung resultiert. Mit diesen Eigenschaften liegen optimale Bedingungen für den Einsatz des Funkstandards im Smart City-Umfeld vor (Bild-1). Neben anderen zukunftsträchtigen Ansätzen wurde auch die städtische Straßenbeleuchtung in Augenschein genommen. Nachdem die Lichtmasten bereits vor einigen Jahren von klassischen Lampen auf moderne, energiesparende LED-Technik umgerüstet worden waren, sollte nun der nächste Schritt getan und die Straßenbeleuchtung ebenfalls mit Funkmodulen ausgestattet werden. Durch die passende Integration einer Softwareanwendung lassen sich auf diese Weise Zustandsinformationen der Straßenbeleuchtung überwachen und die Beleuchtung steuern (Bild 2). Zunächst konnte das LoRaWAN- Netzwerk noch nicht für die Straßenbeleuchtung genutzt werden. Dies, weil sich das gleichzeitige Dimmen mehrerer Straßenleuchten per Gruppenbefehl bisher nicht verwirklichen ließ. St. Gallen war mit seinem Anspruch also der Zeit voraus. Doch etwas später wurden die St. Galler Stadtwerke auf die Lösung von Phoenix Contact aufmerksam, die derartige Gruppenbefehle ermöglicht. Für die Verantwortlichen der Stadtwerke zeigt sich die offene Systemarchitektur der Lösung als wichtig, was allgemein für die Zukunft von intelligenten Städten gilt (Bild 3). Festlegung auf einen Standard Phoenix Contact bietet innovative Lösungen, um ganzheitliche B e l e u c h t u n g s - A p p l i k a t i o n e n zu realisieren. Abgesehen von LoRaWAN-fähigen Luminaire- Controllern und -Gateways für unterschiedliche Standards umfasst das Portfolio verschiedene Dienstleistungen, beispielsweise die Einbindung der Geräte in eine IoT-Plattform sowie das moderne Lichtsteuerungssystem Smart Lighting Service. Diese Anwendung umfasst unter anderem folgende Funktionen:  Montage und individuelle Dimmung von Lichtpunkten  Zusammenfassung der Lichtpunkte in Gruppen  Zuweisung eines Dimmkalenders pro Gruppe, um den Dimmwert der jeweiligen Gruppe zu steuern  Regelung der Dimmung von Lichtpunkten durch Events  Auslösung eines die Dimmung beeinflussenden Triggers durch externe Geräte  Verwaltung sämtlicher verwendeten Objekte über eine grafische Oberfläche. Das Long Range Wide Area Network, kurz LoRaWAN, hat sich als zentrale Funk- und IoT-Technologie etabliert. Veraltete und ineffiziente Beleuchtungssteuerungstechnik lässt sich auf Basis von LoRaWAN wirtschaftlich modernisieren. Phoenix Contact bietet daher LoRaWAN-Steuereinheiten für Leuchten und LED-Treiber an. Das Portfolio reicht von Geräten mit Sockeln zum einfachen Anschluss an Zhaga- und NEMA-Leuchtenköpfe bis zu Universalsteuergeräten, mit denen Bestandsleuchten in ein LoRaWAN- Netz eingebunden werden können. Soll das komplette Netz auf den neuesten Stand gebracht und ganz auf LoRaWAN umgestellt werden, werden Einbaugeräte für den klassischen Beleuchtungs-Schaltschrank eingesetzt. Sie ersetzen die Zeitschaltuhr oder das Rundsteuergerät und steuern so ganze Straßenzüge. Um ein privates Netzwerk auf- oder auszubauen, steht ein offenes LoRaWAN- Gateway zur Verfügung. Das Gateway arbeitet mit einem internen 4G-/ LTE-Modem, kann aber auch über Ethernet mit dem Internet verbunden werden. MODERNISIERUNG VORHANDENER BELEUCHTUNGSSTEUERUNGSTECHNIK Bild 2: Straßenleuchte mit moderner LED-Technik. © Phoenix Contact 18 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur tät sichergestellt werden kann. Zhaga definiert dabei nicht nur die Schnittstellen etwa hinsichtlich der Elektronik oder Kommunikation. Die durch den Zhaga-Sockel umgesetzten mechanischen Verbindungen lassen sich ebenfalls festschreiben. Der Zhaga-Sockel bietet die Möglichkeit, kompatible Geräte direkt mit den LED-Leuchten zu verbinden. Eine Option, mit der die Leuchten smarter gemacht und in die Welt des Internet of Things (IoT) integriert werden können. Doch wie ist eine solche Applikation realisierbar und welche Schritte sind dazu erforderlich (Bild 4)? Steuerung der Lichtintensität Die St. Galler Stadtwerke haben sich dafür ausgesprochen, die Modernisierung weiter voranzutreiben und zunächst ein Proofof-Concept-Projekt durchzuführen. In diesem Zusammenhang waren zehn Straßenleuchten in den Smart Lighting Service einzubinden, wofür der bereits erwähnte Zhaga-Sockel als Schnittstelle genutzt wird. Durch die Installation einer LPWAN Luminaire Controller Unit (LCU) Zhaga 18 von Phoenix Contact kann der Betreiber die Leuchten mit einem Dali-2-Treiber ein- und ausschalten und sogar die Lichtintensität steuern. Die Geräte entsprechen der LoRa-Klasse C. Solange der Controller durch den Leuchtmasten mit Strom versorgt ist, kann er jederzeit sowohl Daten senden als auch empfangen. Hierzu bedarf es der Vernetzung der LCU in einem LoRaWAN-Netzwerk. Die Besonderheit des Schweizer Standorts liegt darin, dass der Telekommunikations-Anbieter Swisscom schon ein Low Power Network (LPN) aufgebaut hat. So lassen sich durch Verwendung des LoRaWAN-Standards rund 97- Prozent der gesamten Schweizer Staatsfläche erreichen. Die Stadt St. Gallen betreibt ein eigenes flächendeckendes LoRaWAN-Netz. Phoenix Contact verwendet jedoch das Netz der Swisscom, um auf einfache Weise das Proof-of-Concept ermöglichen zu können. Bei einem allfälligen Rollout würde das städtische LoRaWAN-Netz verwendet werden. Die eigenen Gateways kommunizieren dann über das LoRaWAN-Protokoll bidirektional mit den im Feld erreichbaren LCUs. Da die Geräte auch über ein integriertes LTE-Modem verfügen, kann das LoRaWAN-Netz einfach erweitert werden, selbst wenn eine Glasfaseranbindung nicht möglich sein sollte. Die Serverstruktur setzt sich in beiden Fällen grundsätzlich aus einem LoRaWAN- und einem Application-Server zusammen (Bild 5). Der LoRaWAN-Server erlaubt die Verwaltung und Überwachung der eingebundenen LoRa- WAN-Geräte sowie die Sammlung von deren Gerätedaten. Die Daten werden in verarbeitbarer Form an einen Application-Server weitergeleitet. Phoenix Contact bietet hier Dienstleistungen zur Integration beider Alternativen an. Im Bereich des Applications- Servers wird den Anwendern der beschriebene Smart Lighting Service als Software zur Verfügung gestellt. Mehr Informationen: https: / / phoe.co/ SmartStreetLighting Mit Weitblick haben sich die Verantwortlichen bei der Installation der LED-Lichtquellen dazu entschieden, sich in puncto Schnittstellen-Spezifikation auf einen Standard festzulegen. Eingesetzt wird hier jetzt der Zhaga- Standard, damit auch in der Zukunft LED-Leuchten herstellerunabhängig ausgewählt und eine garantierte Interoperabili- Fabian Pasimeni MBA & Eng. Manager Infrastructure Applications & Projects Phoenix Contact Electronics GmbH Kontakt: info@phoenixcontact.de AUTOR Bild 3: Standort der St. Galler Stadtwerke. © Phoenix Contact Bild 4: Straßenbeleuchtung mit installiertem Zhaga-LCU-Controller. © Phoenix Contact Bild 5: Zu jeder Zeit, von jedem Ort: Zugang über das Web-Portal. © Phoenix Contact