eJournals Transforming cities 7/2

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0038
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Klimaschutz und -anpassung in Stadverwaltungen

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2022
Janneke Westermann
Heidi Sinning
Renate Hermann
Alfred Olfert
Guido Spohr
Franziska Reinfried
Für klimaresiliente Städte sind das Wissen der Mitarbeiter*innen in Stadtverwaltungen und der kommunalpolitische Stellenwert des Klimaschutzes und der -anpassung bedeutsam. Wie gut fühlen sich die Mitarbeiter*innen in Erfurt und Dresden zu Themen des Klimawandels sowie seinen Auswirkungen informiert? Welche Rolle spielen die Folgen des Klimawandels bei ihrer Tätigkeit und wie stark werden aus Sicht der Verwaltungen Klimaschutz und -anpassung in ihrem Handeln berücksichtigt? Diese Fragen erörtert der Beitrag und stellt Weiterbildungsbedarfe, die zu einer stärkeren Berücksichtigung des Themas im Verwaltungshandeln führen sollen, am Beispiel Hitzeanpassung dar.
tc720046
46 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stresstest für Städte Maßnahmen für eine klimaresiliente Entwicklung werden durch die Vereinten Nationen als dringender bewertet als bisher [1]. Zudem wurde die Notwendigkeit, neben dem Klimaschutz auch Anpassungsmaßnahmen zu verstärken, auf der 26.-Vertragsstaatenkonferenz unterstrichen und die Vertragsparteien wurden aufgefordert, Anpassung stärker in die lokale, nationale und regionale Planung zu integrieren [2]. In Deutschland übernehmen die Kommunen eine zentrale Rolle bei Klimaschutz und -anpassung. Sie berichten von einer über die vergangenen Jahre deutlich gestiegenen Betroffenheit durch Folgen des Klimawandels [3] und schätzen diese für die nahe Zukunft deutlich höher ein, als sie in der Vergangenheit war [4, 5]. Aktuelle Untersuchungen legen nahe, dass kommunale Verwaltungen neben dem Klimaschutz auch der Anpassung an Klimawandelfolgen einen hohen Stellenwert zuweisen [6]. Dennoch ist ein geradliniger Pfad zur Umsetzung effektiver Maßnahmen nicht anzunehmen, da die Integration der Klimaanpassung in das Verwaltungshandeln eine tiefgehende Veränderung der Arbeitsstrukturen, Aufgaben und Kompetenzen erfordert [7]. Die bundesweite Umfrage zur Wirkung der deutschen Anpassungsstrategie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass immer mehr Kommunen sich in der Klimaanpassung engagieren, insbesondere, wenn sie selbst von Extremwetterereignissen betroffen waren und Führungskräfte innerhalb der Verwaltung und Politik von der Notwendigkeit des Handelns überzeugt sind. Jedoch bestehen spezifische Weiterbildungsbedarfe, unter anderem für die breite Etablierung von Klimawandelthemen in Verwaltungen und in der Stadtentwicklung sowie zur integrierten Planung und Umsetzung [8]. Im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundforschungsprojektes HeatResilientCity II (http: / / heatresilientcity.de/ ) fanden Befragungen in den Stadtverwaltungen Dresden und Erfurt zu den Themen Klimaschutz, -anpassung und Weiterbildungsbedarfe im Kontext Anpassung an Hitze statt. Die Erhebung ergänzt bisherige, meist breit angelegte Untersuchungen auf kommunaler Ebene [3, 5, 6, 9, 10] um eine detaillierte Situationsbeschreibung in den beiden Städten. Methoden und Ergebnisse der Untersuchung werden hier dargestellt sowie Erfordernisse für eine gelingende Integration der Klimaanpassung in das Verwaltungshandeln diskutiert. Methode In den Städten Dresden und Erfurt wurden im zweiten Halbjahr 2021 Online-Befragungen der Mitarbeiter*innen aller Verwaltungseinheiten und -ebenen zu den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung durchgeführt. Insgesamt haben daran 901 Mitarbeiter*innen in Dresden (12 %) und Klimaschutz und -anpassung in Stadtverwaltungen Bedeutung im Verwaltungshandeln und Weiterbildungsbedarfe am Beispiel Dresden und Erfurt Hitzeanpassung, Klimawandel, Klimawissen, Kommunalverwaltung, Weiterbildung Janneke Westermann, Heidi Sinning, Renate Hermann, Alfred Olfert, Guido Spohr, Franziska Reinfried Für klimaresiliente Städte sind das Wissen der Mitarbeiter*innen in Stadtverwaltungen und der kommunalpolitische Stellenwert des Klimaschutzes und der -anpassung bedeutsam. Wie gut fühlen sich die Mitarbeiter*innen in Erfurt und Dresden zu Themen des Klimawandels sowie seinen Auswirkungen informiert? Welche Rolle spielen die Folgen des Klimawandels bei ihrer Tätigkeit und wie stark werden aus Sicht der Verwaltungen Klimaschutz und -anpassung in ihrem Handeln berücksichtigt? Diese Fragen erörtert der Beitrag und stellt Weiterbildungsbedarfe, die zu einer stärkeren Berücksichtigung des Themas im Verwaltungshandeln führen sollen, am Beispiel Hitzeanpassung dar. 47 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stresstest für Städte 309-Mitarbeiter*innen in Erfurt (9 %) teilgenommen (auswertbare Fragebögen). Die Befragungen basieren auf einem standardisierten Fragebogen mit 22 teils komplexen und mehrteiligen Fragen zu den Themenbereichen Bedeutung der Klimawandelfolgen und der -anpassung im Verwaltungshandeln, kommunale Instrumente und Maßnahmen zur Hitzevorsorge, Verständnis von Aufgaben und Rollen, Weiterbildungsbedarfe sowie allgemeine Informationen. Ergänzend wurden weitere kommunale Umfragen und Publikationen zum Thema recherchiert und ausgewertet. Ergebnisse Über den Klimawandel und dessen Folgen fühlen sich 38 bzw. 34 % der Befragten in der Stadtverwaltung Dresden bzw. Erfurt gut bis eher gut informiert (Bild 1a). Rund die Hälfte der befragten Beschäftigten fühlt sich eher schlecht oder schlecht informiert (DD: 49 %; EF: 51 %). Die größten Anteile der gut bis eher gut Informierten finden sich in Dresden in den Geschäftsbereichen Umwelt und Kommunalwirtschaft (71 %) und Oberbürgermeister (52 %). In Erfurt arbeiten sie in den Dezernaten Sicherheit und Umwelt (46 %), Bau, Verkehr und Sport (41 %) sowie im Dezernat des Oberbürgermeisters (40 %). In der Befragung wird die Rolle ausgewählter Folgen des Klimawandels in der Tätigkeit bei der Stadtverwaltung thematisiert (Bild 1b). Folgen für die menschliche Gesundheit (DD: 66 %; EF: 65 %) sowie für Bildung und Wirtschaft (DD und EF: 59 %) werden dabei als bedeutend oder eher bedeutend für die eigene Tätigkeit benannt. Nur rund ein Drittel der Befragten (DD: 33 %; EF: 30 %) empfindet die Folgen für das Stadtgrün als bedeutend bzw. eher bedeutend in ihrer Verwaltungstätigkeit. In Dresden nehmen über alle Geschäftsbereiche hinweg etwa 60 % der befragten Beschäftigten das Thema Klimawandelfolgen als bedeutend bis eher bedeutend für das Verwaltungshandeln wahr. In Erfurt spielt dieses Thema in den Dezernaten Kultur und Stadtentwicklung sowie im Dezernat Oberbürgermeister für etwa 60 % der Befragten eine bedeutende bis eher bedeutende Rolle. Die anderen Dezernate messen den verschiedenen Klimawandelfolgen mit 45 % bis 50 % eine etwas weniger bedeutende Rolle zu. Tendenziell schätzen Beschäftigte in Führungsposition die Bedeutung der Klimaanpassung etwas höher ein als Angestellte ohne Führungsposition. Nur vergleichsweise wenige Mitarbeiter*innen, die sich selbst als eher schlecht bis schlecht über den Klimawandel informiert einstufen, signalisieren ein explizites Interesse an weiteren Informationen zu diesem Thema (DD: 3 %; EF: 5 %). Die Einschätzungen der Befragten hinsichtlich der Berücksichtigung von Klimaschutz und Klimaanpassung im Verwaltungshandeln zeigen ein stark abweichendes Bild. Nur 15 bzw. 13 % der Befragten in Dresden bzw. Erfurt sind der Meinung, dass der Klimaschutz stark oder eher stark berücksichtigt wird. Mit Bezug auf die Klimaanpassung sind es 12 bzw. 15 % (Bild 1c). Rund 70 % der befragten Mitarbeiter*innen sind der Ansicht, dass der Klimaschutz (DD und EF: 71 %) bzw. die Klimaanpassung (DD: 73 %; EF: 70 %) im Verwaltungshandeln eher schwach oder gar nicht berücksichtigt werden. Die meiste Berücksichtigung (stark bis eher stark) sieht in Dresden der Geschäftsbereich Umwelt und Kommunalwirtschaft, allerdings mit unter einem Viertel der Befragten (22 %). Bei allen anderen Bereichen rangiert diese Einschätzung deutlich unter 20 % bis unter 5 %. In Erfurt sieht das Dezernat für Kultur und Stadtentwicklung die meiste Berücksichtigung der Klimawandelfolgen (27 %), das Dezernat Sicherheit und Umwelt liegt bei 20 %. Bei nahezu allen anderen Dezernaten rangiert diese Einschätzung zwischen 20 % und 10 %. Etwa ein Drittel der Antwortenden meldet grundsätzlich Bedarf an einer Qualifikation zu diesem komplexen Thema an. Viele der befragten Mitarbeiter*innen haben zudem die Möglichkeit genutzt, explizite Weiterbildungsbedarfe zu benennen, die sie in der Verwaltungstätigkeit unterstützen würden. Dabei werden Tages- (DD: - 42 %; EF: -53 %) sowie Halbtagesveranstaltungen (DD: 41 %; EF: - 48 %) in Präsenz mit Beispielen für Lösungen und Prozesse klar bevorzugt. In Dresden wurden von 164- Mitarbeiter*innen insgesamt 309 Themen benannt. Besonders großer Unterstützungsbedarf (43 %) besteht demnach hinsichtlich a) konkreter Beispiele und Lösungsansätze für ein besseres Verwaltungshandeln, b) Kommunikation, verwaltungsintern sowie zu Bürger*innen und Politik, c) Informationen zu konkreten Auswirkungen des Klimawandels, zum Beispiel auf die menschliche Gesundheit, d)- klimaangepasster Bau und Umbau von Gebäuden, e)- klimaangepasste Pflanzenwahl und Gebäudebegrünung oder f) hitzeangepasste Gestaltung des Arbeitsplatzes. In Erfurt besteht Weiterbildungsbedarf (102 Vorschläge von 60 Mitarbeiter*innen) vor allem zu konkreten und umsetzungsorientierten Projekten und Maßnahmen (28 %). Darunter fallen neben allgemeinen Projekten und Maßnahmen, wie Best-Practice-Beispielen, auch Maßnahmen am Arbeitsplatz (zum Beispiel hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit), bautechnische Maßnahmen an Gebäuden, Beispiele zum Prozess- und Projektmanagement sowie zu multifunktionalen Stadträumen. 48 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stresstest für Städte Der mögliche individuelle Beitrag des Einzelnen spielt dabei immer wieder eine zentrale Rolle (DD und EF). In beiden Städten wurden bereits zahlreiche Wissens- und Planungsgrundlagen für den Umgang mit Klimawandel(-anpassung) und Hitze erarbeitet. So existieren in Dresden beispielsweise eine Klimafunktionskarte, eine Planungshinweiskarte, ein Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept und ein regionales Klimainformationssystem. In Erfurt gibt es unter anderem ein Stadtklimakonzept, einen Maßnahmenkatalog zur Anpassung an den Klimawandel, die Bürgerbefragung „Grünes Erfurt“ und ein Hitzeportal. Diese umfangreichen Wissens- und Planungsgrundlagen werden jedoch nur von sehr wenigen befragten Mitarbeiter*innen genutzt (DD: 5 %; EF: 6 %) und sind der großen Mehrheit (DD: 74 %; EF: 69 %) nicht bekannt. Erfreulicherweise zeigen in Dresden 15 % der Befragten des Geschäftsbereichs Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften sowie 21 % des Bereiches Oberbürgermeister sowie in Erfurt 35 % der Befragten des Dezernates Soziales, Bildung, Jugend und Gesundheit und 32 % des Dezernates Finanzen, Wirtschaft und Digitalisierung Interesse an weiteren Informationen zu den Wissens- und Planungsgrundlagen. Fazit: Erfordernisse für eine gelingende Integration der Klimaanpassung in das Verwaltungshandeln Seit Jahren erfahren die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung in der Bevölkerung, der Kommunalpolitik und -verwaltung sowie auf Landes- und Bundesebene einen deutlichen Bedeutungszuwachs [5,- 6,- 10]. Auch die Befragungsergebnisse in Erfurt und Dresden veranschaulichen, dass über alle Bereiche, Positionen und Erfahrungsstufen der Verwaltungen hinweg ein Bewusstsein hierfür ausgeprägt ist. Zudem ist eine deutliche Sensibilisierung für Klimaschutz und -anpassung zu Bild 1: Befragungsergebnisse aus den Stadtverwaltungen Dresden und Erfurt zu den Themen Klimawandel und -folgen sowie Berücksichtigung der Klimaanpassung im Verwaltungshandeln. © IÖR Dresden und ISP der FH Erfurt 2022 31 (10%) 85 (9,4%) 73 (23,6%) 257 (28,5%) 120 (38,8%) 326 (36,2%) 37 (12%) 115 (12,8%) 29 (9,4%) 63 (7,0%) 19 (6,1%) 55 (6,1%) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Erfurt Dresden A) Wie gut fühlen Sie sich zu Klimawandel und dessen Folgen auf die Stadt Dresden bzw. Erfurt informiert? (DD: n=901; EF: n=309) gut informiert eher gut informiert eher schlecht informiert schlecht informiert gar nicht informiert weiß nicht 214 (26,3%) 64 (22,9%) 132 (16,5%) 37 (13,5%) 282 (35,3%) 74 (27%) 209 (26,6%) 52 (19%) 184 (23,9%) 47 (17,8%) 245 (30,1%) 70 (25,1%) 138 (17,2%) 46 (16,7%) 247 (30,9%) 103 (37,6%) 255 (32,5%) 108 (39,6%) 190 (24,7%) 67 (25,4%) 196 (24,1%) 71 (25,4%) 236 (29,5%) 84 (30,5%) 150 (18,8%) 53 (19,3%) 177 (22,5%) 58 (21,2%) 204 (26,5%) 76 (28,8%) 158 (19,4%) 74 (26,5%) 295 (36,8%) 108 (39,3%) 120 (15,0%) 44 (16,1%) 144 (18,3%) 55 (20,1%) 192 (24,9%) 74 (28%) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Lokale Klimaveränderungen (DD, n=813) (EF, n=279) Folgen für das Stadtgrün (DD, n=801) (EF, n=275) Folgen für die menschliche Gesundheit (DD, n=799) (EF, n=274) Folgen für Bildung und Wirtscha (DD, n=785) (EF, n=273) Folgen für (kommunale) Gebäude & Infrastrukturen (DD, n=770) (EF, n=264) B) Welche Rolle spielen folgende Klimawandelfolgen in Ihrer Tätigkeit bei der Stadtverwaltung? (Mehrfachnennungen möglich) bedeutende Rolle eher bedeutende Rolle eher unbedeutende Rolle unbedeutende Rolle 9 (3,5%) 15 (2,0%) 30 (11,7%) 77 (10,0%) 157 (61,3%) 484 (63,1%) 21 (8,2%) 79 (10,3%) 39 (15,2%) 112 (14,6%) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Erfurt Dresden C) Wie stark wird aus Ihrer Sicht die Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Verwaltungshandeln der Stadt Dresden bzw. Erfurt (DD: n=767; EF: n=256) stark eher stark eher schwach gar nicht weiß nicht 49 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stresstest für Städte beobachten, die vermutlich auch im Zusammenhang mit den wiederholt auftretenden Extremwetterereignissen in den letzten Jahren, wie zum Beispiel Hochwasser, Hitze- und Dürreperioden, steht. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass der geringen Berücksichtigung dieser beiden Themen im allgemeinen Verwaltungshandeln und einem Informationsdefizit ein großes Bedürfnis an besserer verwaltungsinterner Information, Kommunikation und Kooperation gegenübersteht. Insbesondere Weiterbildungsmaßnahmen können einen zielführenden Schritt darstellen, um Umsetzungshandeln für Klimaschutz und -anpassung in Verwaltungen zu forcieren. Innerbehördliche Prozesse zur Qualifikation und Kooperation können durch die Befragungsergebnisse unterstützt und inhaltlich strukturiert werden. Die attraktive Ausgestaltung von Weiterbildungen in interaktiven und kooperativen Formaten, etwa als Rundgang am konkreten Beispiel, kann einen Motivationsanreiz bieten und die Wirksamkeit erhöhen. Wesentliche Strategie könnte dabei sein, die relevanten Themen integriert in laufende Arbeitsprozesse der Verwaltung im Rahmen von regelmäßigen Inhouse-Schulungen zu vermitteln. Eine höhere Priorisierung des Themas durch die Vorgesetzten und die Kommunalpolitik, klare Arbeitsaufträge und die gezielte Motivation zur Teilnahme an Schulungen wären zielführend, um die Klimafolgenanpassung im Verwaltungshandeln zu stärken. Letzteres wird auch durch die befragten Beschäftigten in Dresden und Erfurt deutlich eingefordert. Auch der zweite Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel der Bundesregierung [11] unterstreicht diesen Bedarf: „Eine gezielte Fortbildung kommunaler Mitarbeiter befähigt die Kommune zum Handeln.“ Die Ergebnisse legen nahe, dass über alle Ebenen hinweg mehr Mitarbeiter*innen über bestehende Wissens- und Planungsgrundlagen und deren Handhabung Kenntnis haben sollten, um ein qualifiziertes und ortsspezifisches Klimaanpassungshandeln im Rahmen der Verwaltungstätigkeit zu ermöglichen. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass gezielte Informationsangebote (unter anderem durch die Abteilungen, die die Grundlagen erstellen) als Bestandteil einer dauerhaften Kommunikationsstrategie innerhalb der Stadtverwaltungen entwickelt werden sollten. Zudem ist es von großer Bedeutung, dass die übergeordneten Verwaltungsebenen verstärkt für die Weitergabe von Informationen zu Wissens- und Planungsgrundlagen, fachlichen Aspekten, neuen Planungsgrundlagen oder Fachveranstaltungen Sorge tragen. Ein wesentlicher begrenzender Faktor für das Umsetzungshandeln sind zudem die personellen Ressourcen der Stadtverwaltungen. Um dem zu begegnen, sind Klimabelange mit maßvollen Veränderungen in bestehende Routinen und Abläufe, wie beispielsweise die Bearbeitung von Checklisten bei Bauvorhaben, konsequent zu integrieren. Dabei ist auch eine frühzeitige, bereits in der vorbereitenden Phase beginnende Beteiligung der für Klimaschutz und -anpassung relevanten Ämter, unter anderem an Wettbewerben, Planungen und Projekten, sicherzustellen. Die Entwicklung kommunaler Leitbilder und Ziele bleibt eine zentrale Herausforderung für eine bessere Klimafolgenanpassung. Sie schaffen frühzeitig Klarheit und Verbindlichkeit für Investor*innen. So kann die Klimaanpassung forciert und idealerweise auch die Effizienz der Arbeitsabläufe gesteigert werden. Auf der strukturellen Ebene ist eine koordinierende Stelle, die die ämterübergreifenden Aufgaben Klimaschutz und -anpassung anleitet und zusammenführt, von großer Bedeutung. Diese integrierte Bearbeitung der Klimaanpassung in fach- und ressortübergreifenden Arbeitsgruppen ist jedoch lediglich in etwa einem Drittel der deutschen Kommunen eingeführt oder geplant [8]. In Erfurt wurde in diesem Kontext der Lenkungskreis „Resiliente Stadtentwicklung“ eingerichtet, der organisatorische und inhaltliche Mindeststandards setzen und das verwaltungsinterne Projektmanagement verbessern soll. Durch den stark sektoralen Aufbau der Erfurter Stadtverwaltung und die Zuständigkeiten für das Thema „Klima“ in vier verschiedenen Dezernaten ist die Wirksamkeit des Lenkungskreises jedoch reduziert und eine echte Vernetzung kaum umzusetzen. Dies erschwert die Bearbeitung der querschnittsorientierten Themen Klimaschutz und Klimaanpassung erheblich. Insbesondere die Führungsebenen sind gefragt, den Prozess etwa durch Veränderungen von strukturellen Abläufen und ein breiteres Qualifikationsangebot voranzubringen. Die Handlungsfähigkeit von Kommunen bei der Umsetzung von Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen kann also durch ein breiteres Kommunizieren vorhandenen Wissens sowie durch gezielt eingesetzte Weiterbildungen und optimierte Strukturen erhöht werden. Solange jedoch von der Politik die dringende Notwendigkeit zum Handeln nicht ausreichend erkannt wird, bleibt auch die finanzielle und personelle Ausstattung der Verwaltungen unzureichend und die Umsetzung von Maßnahmen schleppend. Die Kommunalpolitik ist daher gut beraten, systematisch nach strukturellen Defiziten in der Verwaltung zu suchen und diese konsequent abzubauen. 50 2 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Stresstest für Städte LITERATUR [1] Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle (Hrsg.): Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6), Beitrag von Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit, 2022. Abrufbar unter: https: / / www.de-ipcc.de/ media/ content/ Hauptaussagen_ AR6-WGII.pdf [2] COP 26 (Conference of the Parties 26). (Hrsg.): Glasgow Climate Pact 2021. Decision -/ CP.26. Advance unedited version, abrufbar unter: https: / / unfccc.int/ sites/ default/ files/ resource/ cop26_auv_2f_cover_decision.pdf [3] Hagelstange, J., Rösler, C., Runge, K.: Klimaschutz, erneuerbare Energien und Klimaanpassung in Kommunen. Maßnahmen, Erfolge, Hemmnisse und Entwicklungen - Ergebnisse der Umfrage 2020, Köln (Difu Paper), 2021. Abrufbar unter: https: / / www.dstgb.de/ aktuelles/ 2021/ klimaanpassung-in-kommunen-umfrageergebnisse-veroeffentlicht/ difu-paper-umfrage-klimaschutz-2020-2021.pdf ? cid=dlm [4] Bongers-Römer, S., Hagelstange, J., Reif-Dietzel, O., Wittkötter, F.: „Welche Unterstützung brauchen Kommunen für erfolgreichen Klimaschutz? “ Auswertungsbericht zur Befragung. difu Deutsches Institut für Urbanistik, Köln, 2018. Abrufbar unter: https: / / difu. de/ sites/ difu.de/ files/ archiv/ projekte/ 2019_ klimaschutzumfrage2017_auswertungsbericht.pdf [5] Kaiser, T., Kind, C., Dudda, L., Sander, K.: Klimawandel, Hitze und Gesundheit: Stand der gesundheitlichen Hitzevorsorge in Deutschland und Unterstützungsbedarf der Bundesländer und Kommunen. UMID, Nr. 1, (2021) S. 27 - 37, abrufbar unter: https: / / www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 4031/ publikationen/ umid_01-2021-beitrag_3_hitze.pdf [6] LUBW - Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (Hrsg.): Wie kommt der Klimawandel bei Kommunen an? Ergebnisse einer Umfrage, 2020. Abrufbar unter: https: / / pudi.lubw.de/ detailseite/ -/ publication/ 10025- Ergebnisse_einer_Umfrage.pdf [7] Zimmermann, K., Boghrat, J., Weber, M.: The epistemologies of local climate change policies in Germany. Urban Research & Practice Vol. 8, No. 3, (2015) S. 303 - 318. Abrufbar unter: https: / / www.tandfonline.com/ doi/ pd f/ 10.1080/ 17535069.2015.1051379? needAccess=true [8] Hasse, J., Willen, L.: Umfrage Wirkung der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) für die Kommunen. Teilbericht, CLIMATE CHANGE 01/ 2019, hrsg. vom Bundesumweltamt, Dessau-Roßlau, 2019. Abrufbar unter: https: / / repository.difu.de/ jspui/ bitstream/ difu/ 254722/ 1/ DM19021842.pdf [9] Groth, M., Nuzum, A.-K.: Informations- und Unterstützungsbedarf von Kommunen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. GERICS-Report 25, Hamburg, 2016. Abrufbar unter: https: / / www.climate-service-center.de/ imperia/ md/ content/ csc/ report _ 25. pdf [10] Schüle, R., Fekkak, M., Lucas, R., et al.: Kommunen befähigen, die Herausforderungen der Anpassung an den Klimawandel systematisch anzugehen (KoBe), Climate Change 20/ 2016, hrsg. vom Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, 2016. Abrufbar unter: https: / / www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 378/ publikationen/ climate_change_20_2016_kommunen_ befaehigen_die_herausforderungen_0.pdf [11] Die Bundesregierung (Hrsg.): Zweiter Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (2020) S. 80. Berlin. Abrufbar unter: https: / / w w w.bmuv.de/ f ileadmin/ Daten _ BMU/ Download _ PDF/ Klimaschutz/ klimawandel_das_2_fortschrittsbericht_bf.pdf Dr. rer. nat. Janneke Westermann Wissenschaftliche Projektkoordinatorin Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. Kontakt: j.westermann@ioer.de Prof. Dr.-Ing. Heidi Sinning Projektleitung und Institutsleitung Inst. für Stadtforschung, Planung und Kommunikation Fachhochschule Erfurt Kontakt: sinning@fh-erfurt.de Renate Hermann Wissenschaftliche Mitarbeiterin Inst. für Stadtforschung, Planung und Kommunikation Fachhochschule Erfurt Kontakt: renate.hermann@fh-erfurt.de Alfred Olfert Wissenschaftlicher Mitarbeiter Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Kontakt: a.olfert@ioer.de Guido Spohr Projektmitarbeiter Landeshauptstadt Erfurt Kontakt: guido.spohr@erfurt.de Franziska Reinfried Projektleiterin Landeshauptstadt Dresden Kontakt: FReinfried@dresden.de AUTOR*INNEN