Transforming cities
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Zukünftige Wasserversorgung in Städten
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Bund, Länder und Kommunen sind angesichts der sich vor allem in den Sommermonaten ausbreitenden anhaltende Trockenheit alarmiert. Auf allen Ebenen werden Zukunftsstrategien der Wasserversorgung erarbeitet. So haben erst kürzlich das Land Hessen und die Stadt Frankfurt/Main entsprechende Konzepte präsentiert. Doch damit ist es nicht getan. „Um auch in Zukunft eine sichere Versorgung mit hochwertigem Trinkwasser zu gewährleisten, benötigt die Branche hierzu aus der Politik klare Leitplanken zu geschützten Ressourcen, zu ausreichenden Wasserrechten und zu überregionaler Infrastrukturentwicklung“, fordert der Verein DVGW. Diese Themen werden auf dem Branchenevent wat 2022 im Oktober in Berlin ausführlich thematisiert.
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4 3 · 2022 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Bereits im Juni kündigte sich auch in diesem Jahr ein Hitzesommer wie schon in den Jahren 2018 bis 2020 an. Nach der Einschätzung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke ist der Trend eindeutig: „Die Klimakrise macht uns in Deutschland zunehmend zu schaffen. Extremwetterereignisse, wie die aktuell anhaltende Trockenheit, sind Vorboten der neuen Realität.“ Die Bürger müssten in Zukunft zunehmend mit extremen Wetterereignissen wie Hitze, Stürmen, Starkregen und Hochwasser rechnen, so die Grünen-Politikern und sie forderte die Bürger und Bürgerinnen dazu auf, Wasser zu sparen. „Es ist höchste Zeit, dass wir nicht mehr gegen die Natur arbeiten, sondern das Zusammenspiel von Natur- und Klimaschutz gezielt nutzen“, so Lemke. Auch beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) beobachtet man die Entwicklung genau, auch wenn die Ausgangssituation für die Wasserversorgung 2022 deutlich günstiger ist als 2018, weil die Trinkwassertalsperren gefüllt sind und sich die Grundwasserspiegel teilweise erholt haben. Die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse würden sich durch den Klimawandel ziemlich schnell verändern, konstatiert Dr. Wolf Merkel. Laut dem für den Wasserbereich zuständigen DVGW-Vorstand sind selbst Wasserexperten überrascht, dass die bereits vor Jahren gemachten Prognosen so schnell Wirklichkeit werden. Bei den offensichtlichen Folgen des Klimawandels steige der Anpassungsdruck für die Wasserversorgung. Die größte Herausforderung ist dabei die extreme Variabilität: Hitze, Trockenheit gefolgt von Starkregen und Überflutungen. Klimaextreme können in Häufigkeit, Intensität und Dauer zunehmen. Dies wird den Bewirtschaftungsdruck auf die Wasserressourcen gerade in den Sommermonaten erhöhen. Hier arbeitet der DVGW gemeinsam mit den Versorgern an einem Zukunftsprogramm Wasser und an entsprechenden Resilienzstrategien. Während der Bund eine nationale Wasserstrategie aufsetzt, deren Entwurf seit Juni 2021 vorliegt, beschäftigen sich auch die Bundesländer intensiver mit dem Thema. So hat Anfang Juli die hessische Landesregierung mit Blick auf die Klimakrise den Zukunftsplan Wasser beschlossen und veröffentlicht. Er adressiert die Förderung der Grundwasserneubildung durch Retention und Versickerung im Sinne einer Schwammstadt, den Schutz des Grundwassers vor Schadstoffeinträgen, um Knappheit durch Verschmutzung zu verhindern ebenso wie den Ausbau von kommunenübergreifenden Verbundsystemen, die zur Sicherstellung der Wasserversorgung in Trockenperioden beitragen. Verbrauchssteigerung und Bevölkerungswachstum Vor dem Hintergrund einer hohen und weiter wachsenden Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet hat die Stadt Frankfurt gemeinsam mit den Unternehmen Mainova und Hessenwasser aktuell ein Wasserkonzept für die Mainmetropole erarbeitet. Hessen sieht in diesem Prozess unter anderem auch die freiwillige Erstellung kommunaler Wasserkonzepte vor. Das Wasserkonzept adressiert die rechtliche, Zukünftige Wasserversorgung in Städten Zunehmende Hitzeperioden sorgen für ein Umdenken Bund, Länder und Kommunen sind angesichts der sich vor allem in den Sommermonaten ausbreitenden anhaltende Trockenheit alarmiert. Auf allen Ebenen werden Zukunftsstrategien der Wasserversorgung erarbeitet. So haben erst kürzlich das Land Hessen und die Stadt Frankfurt/ Main entsprechende Konzepte präsentiert. Doch damit ist es nicht getan. „Um auch in Zukunft eine sichere Versorgung mit hochwertigem Trinkwasser zu gewährleisten, benötigt die Branche hierzu aus der Politik klare Leitplanken zu geschützten Ressourcen, zu ausreichenden Wasserrechten und zu überregionaler Infrastrukturentwicklung“, fordert der Verein DVGW. Diese Themen werden auf dem Branchenevent wat 2022 im Oktober in Berlin ausführlich thematisiert. Bild 1: Dr. Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW: „Die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse verändern sich durch den Klimawandel ziemlich schnell.“ © DVGW 5 3 · 2022 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen organisatorische und technische Ausgangssituation und die für eine Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung erforderlichen Handlungsfelder. Bestandteil ist zudem die Darstellung von Wasserverbrauch und -dargebot sowie eine Prognose für die öffentliche Trinkwasserversorgung und die Nutzung von Betriebswasser (Brauchwasser) inklusive entsprechender Vorausberechnung für das Jahr 2030. Wasserbranche adressiert zehn Maßnahmen Auch beim DVGW ist man sich sicher, dass der Wasserbedarf in Ballungsräumen wächst. „Saisonale Nutzungskonkurrenzen zwischen Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft werden mit Sicherheit zunehmen“, prognostiziert Vorstand Merkel. Die Thematik einer sicheren Trinkwasserversorgung in Zeiten des Klimawandels hatte der DVGW gemeinsam mit weiteren Spitzenverbänden der Wasserversorgung bereits vor der Bundestagswahl zum Gegenstand eines gemeinsamen Positionspapiers gemacht. Insgesamt werden dort zehn Maßnahmen beleuchtet. Neben dem Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung nennt das Positionspapier die Stärkung des Vorsorge- und Verursacherprinzips zum verbesserten Schutz der Trinkwasserressourcen vor Verunreinigungen. Eine weitere notwendige Maßnahme ist die flexible und ausreichende Vergabe. Hintergrund ist, dass Wasserversorger aufgrund des Klimawandels und längerer sowie heißerer Trockenperioden zusätzliche Wasserressourcen für die Wasserversorgung benötigen. Die Verbände fordern im Positionspapier konkret eine kurzfristige Flexibilisierung im Vollzug der bestehenden Wasserrechte, insbesondere für die maximalen Tagesentnahmen sowie eine zeitnahe Aufstockung der bestehenden Wasserrechte bei den Jahresentnahmemengen um einen Klimawandelzuschlag von 10 bis 20 %. Zudem würden die sichtbaren Folgen des Klimawandels mit Trocken- und Hitzeperioden sowie Starkregenereignissen eine zusätzliche staatliche Unterstützung für Investitionen in die wasserwirtschaftliche Infrastruktur erforderlich machen. Der DVGW wird sich zukünftig verstärkt für die Bereitstellung von handlungsrelevanten Wasserhaushaltsdaten für Versorger, Berater und Behörden einsetzen. Eine breit abgestimmte Vorgehensweise ist im Hinblick auf die Nutzung einer einheitlichen Methodik und Datengrundlage und für eine solide Ausgestaltung bei den Anpassungsmaßnahmen wichtig. In Vorbereitung auf zukünftige Anpassungen muss die bestehende Wasserversorgungsinfrastruktur analysiert und im Hinblick auf Versorgungssicherheit (Wasserverfügbarkeit, Wasserbedarf) und Resilienz (Robustheit, Anpassungsfähigkeit) bewertet werden. Wo bereits heute notwendig, müssen zeitnah zusätzliche Wasserressourcen verfügbar gemacht werden, zum Beispiel durch die verstärkte Rückhaltung und Speicherung des Winterniederschlages zur Nutzung in den Trockenphasen des Sommers. Auf dieser Basis können dann regional bzw. überregional die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, auch zur Sicherung der Wasserbedarfe der Landwirtschaft, der Industrie und anderer Nutzer. Branchenevent wat adressiert Zeitenwende Die Zeitenwende der Wasserversorgung in Deutschland ist auch ein Schwerpunktthema der gat|wat 2022 vom 18. bis 19. Oktober in Berlin. Auf dem Branchenevent werden unter anderem erste Ergebnisse aus dem DVGW-Zukunftsprogramm Wasser zum zukünftigen Wasserdargebot und Wasserbedarf vorgestellt. In diesem Themenblock präsentiert auch Alexander Kehl, Abteilungsleiter Umweltüberwachung Wasser, Luft, Boden, Umweltamt Stadt Frankfurt am Main gemeinsam mit Co-Referenten von Mainova und Hessenwasser das künftige Wasserkonzept von Frankfurt/ Main. Weitere Themenschwerpunkte sind die „Wasserstrategie der Bundesregierung“, die „Nationale Umsetzung der EU-Trinkwasser-Richtlinie“ oder die „Beschleunigung wasserrechtlicher Genehmigungsverfahren“. Fünf Online-Fachforen in der Zeit vom 26. September bis 13. November geben darüber hinaus vertiefende Einblicke in Themen der Branche. Zudem laden kostenfreie Online-Partnerevents etwa zur „Wasserforschung“ oder zu „Handlungsempfehlungen für den Fachkräftemangel“ auch Interessierte jenseits der etablierten Branchen zum Austausch ein. Bild 2: Branchenevent gat|wat 2022 vom 18. bis 19. Oktober in Berlin. © DVGW
