eJournals Transforming cities 7/4

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0076
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Sonnenenergie auf dem Plan

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Christoph Becker
Die neuen gesetzlichen Bestimmungen für Photovoltaik sind ein wichtiger Schritt für die Energiewende, stellen die Bau- und Planungsbranche aber vor neue Herausforderungen. Digitale Technologien wie generatives Design machen es fundamental leichter, Solarenergie von Beginn der Planungsphase an mitzudenken.
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21 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Energie Für Solarenergie sehen die Zeiten weiterhin blendend aus: In Deutschland sind inzwischen 2,2-Mio. Photovoltaik-Anlagen installiert, die im Jahr 2021 48,4 Terrawattstunden (TWh) Strom erzeugten - immerhin bereits knapp 10 % des Brutto-Stromverbrauchs. Geht es nach der deutschen Politik soll das in Zukunft noch deutlich mehr werden. Gerade angesichts der Energiekrise und den damit einhergehenden immens steigenden Kosten für die Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern ist der Zuspruch für Photovoltaik deutlich gestiegen. Im Rahmen der neuen Klimaziele wurden nicht nur deshalb Gesetze verabschiedet, die den Ausbau von Solarenergie verpflichtend machen: Auf Neubauten im Gewerbebereich - zum Beispiel auf Büros, Einkaufszentren oder Supermärkten, aber auch etwa auf Lagerhallen und Parkplätzen - müssen bundesweit Photovoltaik-Anlagen installiert werden. Einige Bundesländer gehen sogar noch weiter: Berlin und Baden-Württemberg haben die Solarpflicht bei Neubauten aller Art und bei jeder grundlegenden Dachsanierung beschlossen. In Berlin sollen so im Jahr 2050 25 % des Gesamtstrombedarfs durch die Sonne erzeugt werden. Nicht nur aus rein ökologischen Gründen lohnt sich der Einsatz von Solarenergie - Photovoltaik ist auch effizient. Solaranlagen werden zum Teil aus Silizium hergestellt, wobei zwischen monokristallinem Silizium und polykristallinem Silizium unterschieden wird. Bislang lag deren Wirkungsgrad - also der Anteil der Sonneneinstrahlung, der tatsächlich in nutzbare Energie umgewandelt werden kann - zwischen 15 und 22 %. Was zunächst nach nicht viel klingt, wird dadurch relativiert, dass der Input für die Energieerzeugung kostenlos ist. Durch intensive Forschung und Weiterentwicklung ist die Tendenz bezüglich der Effizienz zudem klar steigend: 2021 wurde am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme dank des Einsatzes einer mehrschichtigen Solarzelle, deren Schichten aus unterschiedlichen Bereichen des Licht-Spektrums zusammengesetzt sind, bereits ein Wirkungsgrad von 47 % erzielt. Die Solarzellen der Zukunft könnten demnach mehr als die doppelte Sonnenenergie auf dem Plan Christoph Becker Die neuen gesetzlichen Bestimmungen für Photovoltaik sind ein wichtiger Schritt für die Energiewende, stellen die Bau- und Planungsbranche aber vor neue Herausforderungen. Digitale Technologien wie generatives Design machen es fundamental leichter, Solarenergie von Beginn der Planungsphase an mitzudenken. Bild 1: In risikofreier Umgebung können Architekten und Planer verschiedene Szenarien austesten, ohne hohe Kosten zu verursachen. © Autodesk Spacemaker 22 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Energie Bild 2: Fiktives Szenario zur Schätzung des Solarstrompotenzials im urbanen Raum mit der Solarmodulanalyse von Spacemaker. © Autodesk Spacemaker Menge Energie erzeugen. Weitere Vorteile sind ihre Langlebigkeit und ihre Pflegeleichtigkeit. Weil sie nach der Installation so geringen Aufwand verursachen, sind sie gerade für den Privatgebrauch so attraktiv. Somit fallen kaum mehr als Produktion und Installation als Kosten- und Aufwandsfaktoren an. Hier stehen Planungs- und Bauindustrie in der Pflicht, die entsprechenden Prozesse effizienter zu gestalten und den Nutzen der Solaranlagen weiter zu maximieren. Leider wurden Photovoltaik-Anlagen bislang selten von Beginn der Gebäudeplanung an mitgedacht, weshalb die neuen gesetzlichen Bestimmungen viele Akteure in der Planungs- und Baubranche vor Herausforderungen stellen - zusätzlich zu den zahlreichen Hürden, mit denen die Industrie ohnehin bereits zu kämpfen hat. Denn die rasante Urbanisierung in Kombination mit dem Bevölkerungswachstum und dem Klimawandel stellt die Stadtplanung und die Bauindustrie vor die Aufgabe, ökologisch nachhaltige, möglichst kompakte und dennoch lebenswerte Quartiere mit geringstmöglichem Aufwand zu errichten. Ein weiterer Faktor, der mit in die Planung einfließen muss - beispielsweise die Integration von Solaranlagen - macht diese Herausforderung nicht leichter. Generatives Design für nachhaltige Gebäude Innovative digitale Technologien helfen Planern bereits dabei, diese Fülle von Aufgaben zu bewältigen. 3D-Modellierung, BIM- Software (Building Information Modeling) sowie Digital Twins machen etwa den gesamten Lebenszyklus von Bauprojekten digital darstell- und planbar: vom ersten Entwurf bis zur späteren Bewirtschaftung, inklusive Übersicht und Volumen, Flächen, Baumaterialien, Termine, Heiz- und Energienutzung und vieles mehr. In einer noch früheren Phase der Bauplanung setzen inzwischen generatives Design und Echtzeitanalysen an, die Planer mit künstlicher Intelligenz dabei unterstützen, verschiedene Entwurfsvarianten digital auszutesten und zu bewerten. Mit einer Software wie der cloud-basierten Plattform Spacemaker von Autodesk werden hierzu meist nur wenige Klicks benötigt. Das ist etwa im Rahmen der Grundstücksakquise oder bei Machbarkeitsstudien eine enorme Unterstützung, denn besonders in diesen Phasen sollten eigentlich sorgfältige Analysen durchgeführt werden, die sich oft kosten- und zeitintensiv gestalten. Wenn nicht, ist dies ein großer Fehler: Der Grundstein für 50 % der Gebäudewertschöpfung wird in dieser frühen Planungsphase gelegt. Spacemaker unterstützt nicht nur dabei, die frühen Planungsphasen zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, die Software befähigt Planer auch dazu, kreativere Lösungsansätze zu finden und von Anfang an die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen. In der risikolosen Testumgebung der Anwendung können Nutzer die optimalen Bauoptionen im Rahmen ihrer Parameter entdecken und testen, wobei die KI-Algorithmen auf Wunsch auch Bauvarianten vorschlagen, auf welche die Planenden allein eventuell gar nicht gekommen wären. Entscheidungen können auf Basis der Analysen fundiert und zuverlässig begründet werden, das Risiko von ressourcenintensiven Planungsänderungen wird von Anfang an verringert und es entstehen Quartiere, die trotz hoher Baudichte grün, ansprechend und lebenswert gestaltet sind. Dabei fließen auch zahlreiche Umweltfaktoren in die Analyse mit ein: Mit Autodesk Spacemaker lassen sich beispielsweise Lärm-, Licht- oder Klimaverhältnisse aller Entwurfsvarianten in Echtzeit berechnen. Schätzung des Energieproduktionspotenzials von Solaranlagen Auch die Analyse des Solarpotenzials gehört seit neustem zu den Funktionen der Software. Die sogenannte Solarmodulanalyse bietet die Möglichkeit herauszufinden, an welcher Stelle des Bauprojekts Solarzellen potenziell 23 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Energie den größtmöglichen Energieertrag erzielen können. So kann das Energieproduktionspotenzial von Grundstücken, Gebäuden und Quartieren von „Tag eins“ an optimal genutzt werden. Für die Solarmodulanalyse wurde die bereits bestehende Sonnenanalyse der Software erweitert. Dabei werden alle potenziell geeigneten Flächen auf den Dächern zukünftiger Gebäude mit Sonnenkarten von jeder Stunde des Jahres abgeglichen. Die entsprechenden Daten werden aus der Copernicus-Datenbank bezogen und die erwartete Sonneneinstrahlung anhand des jeweiligen Einfallswinkels ermittelt. Die Analyse bezieht zudem zahlreiche weitere komplexe Faktoren wie die diffuse Sonneneinstrahlung sowie potenzielle Störelemente wie Wolken, Nebel oder Dunst mit in die Berechnungen ein. Auch Leistung und Wirkungsgrad der Module werden auf Wunsch mitberechnet, sodass eine möglichst genaue Angabe bezüglich der zu erwartenden Energieproduktion über das Jahr gemacht werden kann. Planende können so fundierte Entscheidungen über die Dachnutzung treffen und sich vielleicht für ein Gründach oder einen Außenwohnbereich entscheiden, wenn andere Bereiche des Grundstücks besser geeignet sind, um das Potenzial von Solarzellen voll auszuschöpfen. Nutzende, die Nachhaltigkeitszertifikate oder gar ein Netto- Null-Gebäude anstreben, haben dank der Solarmodulanalyse eine wesentlich bessere Ausgangsbasis für ihre Planung. Die Solarmodulanalyse gibt Planenden somit nicht nur ein Werkzeug an die Hand, das sie dabei unterstützt, kommende Herausforderungen deutlich einfacher zu bewältigen, sondern auch eines, das andere Tools von Spacemaker zur Unterstützung von Nachhaltigkeit optimal ergänzt. Denn auch Spacemakers Mikroklimaanalyse sowie die Betriebsenergieanalyse tragen maßgeblich dazu bei, den CO 2 - Abdruck von Planungsprojekten zu verringern. Vor allem führen aber auch die signifikant effizienter gestalteten Planungs- und Bauprozesse sowie der damit einhergehende schonende Umgang mit Ressourcen zu einem bedeutenden Beitrag für den Klimaschutz. So wird dank der intelligenten Software mehr Nachhaltigkeit auf allen Ebenen erzielt. Christoph Becker Strategy Manager Autodesk Spacemaker Kontakt: info@autodesk.de AUTOR Transport und Mobilität im Wandel: Das neue Unterwegs. Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 4|2022 von Internationales Verkehrswesen:  Klimafinanzierung für die Verkehrswende  Infrastrukturveränderung im Zuge des wachsenden OnlineHandels  Ridepooling unter Einfluss des 9-Euro-Tickets  Wie sich Planungsmethoden im intermodalen Transport verändern  Räumliche Effekte reaktivierter Bahnstrecken  Was die Bahn vom Bauwesen lernen kann  … und vieles mehr … Erscheinungsdatum 16. November 2022. Jetzt kaufen und lesen: www.internationales-verkehrswesen.de/ einzelheft-bestellen