eJournals Transforming cities 7/4

Transforming cities
tc
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0082
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Bürgerschaftliches Engagement und Aktivierungspotenziale für klimaresiliente Städte

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Olga Izdebska
Jörg Knieling
Sabine Falk
Fatma Cetin
Die Städte sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels, wie Starkregen, Trockenheit oder Hitzewellen, betroffen, die zugleich immer häufiger und intensiver auftreten. Die meisten Kommunen haben die Notwendigkeit zur Erhöhung ihrer Klimaresilienz erkannt und wollen diese aktiv durch Klimaschutz und Klimaanpassung steigern. Zum Klimaschutz trägt maßgeblich die Energiewende und dabei die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien (EE) bei. Für die Klimaanpassung ist das Stadtgrün für Wasseraufnahme und Kühlung besonders wertvoll. Auf dem Weg zur Klimaresilienz kommt den Bürger*innen eine Schlüsselrolle zu. In diesem Beitrag wird als innovativer Ansatz die Solar- und Gründachbörse aus der Stadt Halle (Saale) vorgestellt, die im Rahmen des Projektes SMARTilience mit und für Bürger*innen entwickelt wird, um den Solar- sowie Gründachanteil der Stadt zu erhöhen, Bürger*innen selbst zum Handeln zu bringen, Wissenslücken zu schließen sowie Angebot und Nachfrage zusammenzuführen.
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34 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Bürgerschaftliches Engagement und Aktivierungspotenziale für klimaresiliente Städte Das Beispiel der Solar- und Gründachbörse in Halle (Saale) Klimaschutz, Klimafolgenanpassung, Bürgerbeteiligung, Solar- und Gründachbörse, Energiewende Olga Izdebska, Jörg Knieling, Sabine Falk, Fatma Cetin Die Städte sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels, wie Starkregen, Trockenheit oder Hitzewellen, betroffen, die zugleich immer häufiger und intensiver auftreten. Die meisten Kommunen haben die Notwendigkeit zur Erhöhung ihrer Klimaresilienz erkannt und wollen diese aktiv durch Klimaschutz und Klimaanpassung steigern. Zum Klimaschutz trägt maßgeblich die Energiewende und dabei die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien (EE) bei. Für die Klimaanpassung ist das Stadtgrün für Wasseraufnahme und Kühlung besonders wertvoll. Auf dem Weg zur Klimaresilienz kommt den Bürger*innen eine Schlüsselrolle zu. In diesem Beitrag wird als innovativer Ansatz die Solar- und Gründachbörse aus der Stadt Halle (Saale) vorgestellt, die im Rahmen des Projektes SMARTilience 1 mit und für Bürger*innen entwickelt wird, um den Solarsowie Gründachanteil der Stadt zu erhöhen, Bürger*innen selbst zum Handeln zu bringen, Wissenslücken zu schließen sowie Angebot und Nachfrage zusammenzuführen. 1 Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts SMARTilience (2019 - 2022) wurde ein integriertes sozio-technisches Steuerungsmodell für eine klimaresiliente Stadtentwicklung konzipiert und in den Reallaboren Halle (Saale) und Mannheim angewendet. 2022 startete das ebenfalls vom BMBF geförderte Folgeprojekt SMARTilienceGoesLive, das sich auf die Umsetzung von Maßnahmen in den Städten Halle (Saale) und Mannheim bezieht sowie auf die Weiterentwicklung der SMARTilience-Urban Governance-Toolbox - einem Online-Wissensangebot für klimaresiliente Stadtentwicklung. © lapping auf Pixabay 35 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Der Klimawandel ist weltweit messbar und seine Folgen sind zunehmend spürbar [1]. Auch Deutschland ist von den globalen Veränderungen betroffen. Die Anzahl heißer Tage 2 hat sich in Deutschland seit den 1950er-Jahren von etwa drei Tagen auf derzeit durchschnittlich neun Tage pro Jahr verdreifacht [2]. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu extremen Regenfällen kommt, hat durch den Klimawandel um das 1,2bis 9-fache zugenommen und die Intensität dieser extremen Niederschläge ist zwischen 3 % und 19 % gestiegen [2]. Diverse politische Strategien, wie die „Deutsche Anpassungsstrategie“ auf Bundesebene oder verschiedene Strategien und Konzepte auf kommunaler Ebene umfassen Maßnahmen, mit denen die verschiedenen Herausforderungen anzugehen sind. Dabei stellt die Kombination von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen eine besondere Anforderung dar, da sie Vorteile für beide Ziele verspricht. Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) und die Dachbegrünung gehören zu wichtigen Technologien des Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung und lassen sich zudem miteinander koppeln [3]. Die Begrünung von Gebäudedächern dient dem Regenwasserrückhalt, einem verbesserten Mikroklima und der Energiebilanz von Gebäuden [4, 5]. Die energetische Bilanz eines begrünten Gebäudes fällt besser aus, da die Begrünung vor sommerlicher Überhitzung schützt und durch die Verdunstungskühlung Energie eingespart werden kann [3]. So werden zum einen Abwasserkosten vermindert und zum anderen wird Überschwemmungen vorgebeugt [6]. Als weiterer Beitrag zum Klimaschutz werden in Gründächern Treibhausgase und Staub gespeichert [6]. Außerdem bieten sie Lebensraum für Flora und Fauna. Während Gebäudebegrünung folglich primär der Klimafolgenanpassung zuzuordnen ist, liefern PV-Anlagen einen direkten Beitrag zur Energiewende. Sie ermöglichen Energieproduktion auf Grundlage der Sonneneinstrahlung, ohne dass Treibhausgase ausgestoßen werden. Da die Bundesregierung plant, den Energiebedarf bis 2035 vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken, sind PV-Anlagen ein maßgebliches Element der Energiewende [7]. Solar- und Gründächer in deutschen Städten Seit 2018 lässt sich ein Aufwärtstrend bei der Neuinstallation von PV-Anlagen durch private Haushalte beobachten. Im Jahr 2020 befanden sich schätzungsweise 1,3 Mio. PV-Anlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern, was einem Anteil von 3,6 % aller Haushalte deutschlandweit entspricht [8]. Die Installation von 2 Tagesmaximum der Lufttemperatur mindestens 30 °C. PV-Anlagen wird unter anderem durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) auf Bundesebene gefördert, das die Vergütung der Einspeisung des produzierten Stroms in das öffentliche Netz regelt [9]. Trotz dieses positiven Trends besteht noch viel ungenutztes Potenzial, da 89 % der Ein- und Zweifamilienhäuser, die für eine PV-Anlage geeignet wären, also etwa 11,7 Mio. Häuser, noch über keine PV- Anlage verfügen [8]. In Bezug auf den Status Quo der Gründächer in Deutschland zeigt sich, dass bisher eher öffentliche Gebäude im Mittelpunkt stehen. Beispielweise schreibt eine Strategie der Bundesregierung vor, dass Bundesgebäude bei Sanierung oder Neuerrichtung begrünt werden sollen [5]. Als erste deutsche Großstadt initiierte Hamburg eine Gründachstrategie, sodass Grundeigentümer*innen für Neubauten und Bestandsgebäude Zuschüsse für Gründächer beantragen können [10]. Viele Kommunen fördern private Eigentümer*innen, den eigenen Carport, die Garage oder das Dach zu begrünen, was außerdem in manchen Bebauungsplänen verankert ist [4]. Dank der verschiedenen Förderungsmöglichkeiten sind im Jahr 2019 etwa 7 200 000 m 2 Gründachflächen dazu gekommen und es ist ein Wachstum von über 7 % begrünter Dächer jährlich zu beobachten [6]. Im Verhältnis zu schätzungsweise 80 000 000 m 2 neu entstandener Flachdachfläche sind dies allerdings nur 9 %, so dass weiterhin 91 % der Flachdachflächen unbegrünt sind [6]. Bei den Dächern deutscher Städte und Gemeinden, vor allem auf denen von Privathäusern, befindet sich demgemäß viel ungenutztes Potenzial, um den Herausforderungen des Klimawandels, der Energiewende und der städtischen Flächenkonkurrenz gerecht zu werden [8]. Bürgerschaftliches Engagement und Aktivierungspotenziale in der Energiewende Die Bürger*innen haben in verschiedenen Bereichen die Möglichkeit, Teilprozesse der Energiewende zu beeinflussen [11, 12]. Erstens weil sie Energieverbraucher*innen sind: Privathaushalte tragen zu einem großen Anteil zum gesamtgesellschaftlichen Energieverbrauch und den damit verbundenen klimarelevanten Emissionen bei [13]. Im Vergleich mit den Sektoren Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Verkehr sind die Privathaushalte der größte Energieverbraucher [13]. Zweitens können Bürger*innen als Energieproduzent*innen und Investor*innen sowohl durch Investitionen in erneuerbare Energien als auch durch strategische Maßnahmen zur 36 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Bild 1: Mockups Solar- und Gründachbörse. © Geoplex, Mai 2022 Erhöhung der Energieeffizienz (Gebäudesanierung) agieren. Fast ein Drittel der in 2019 installierter Leistung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland befindet sich im Eigentum von Privatpersonen [13]. Schließlich können Bürger*innen durch Einbindung in formelle und informelle Beteiligungsverfahren (zum Beispiel: öffentliche Planungsprozesse) sowie durch eigenes proaktives Engagement (zum Beispiel: bei der Entwicklung lokaler oder regionaler Energiekonzepte) als politische Akteure agieren [14]. Durch eine frühzeitige Einbindung von relevanten Akteuren - inklusive der Bürgerschaft - können potenzielle Konfliktpunkte und Bedenken gegenüber geplanten Projekten oder Energiekonzepten rechtzeitig erkannt und berücksichtigt werden. Somit können nicht nur verbesserte und an die Bedingungen vor Ort angepasste Planungsergebnisse erzielt, sondern auch die Transparenz und Akzeptanz für die durchgeführten Projekte erhöht werden [14]. Solar- und Gründachbörse der Stadt Halle (Saale) Im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes SMAR- Tilience wird in der Stadt Halle (Saale) eine Solar- und Gründachbörse entwickelt, die ein innovatives Instrument bietet, um Bürger*innen bei der Umsetzung der Energiewende auf kommunaler Ebene aktiv einzubinden. Der Umsetzungsprozess wird von der HafenCity Universität Hamburg und der Universität Stuttgart begleitet. Ziel von SMAR- Tilience ist es, kommunale Entscheidungs- und Handlungsträger*innen bei der Umsetzung einer klimaresilienten Stadtentwicklung zu unterstützen. In der ersten Projektphase von SMARTilience lag der Schwerpunkt des Reallabors Halle (Saale) auf der Nutzung von Geodaten, um prioritäre Handlungsbedarfe in Klimaschutz und Klimafolgenanpassung zu identifizieren. Dazu wurde unter anderem ein Solarpotenzialkataster für die Stadt entwickelt. In Veranstaltungen und Realexperimenten mit Bürger*innen und lokalen Akteur*innen kristallisierte sich zudem ein zunehmend hohes Interesse an einer grünen und perspektivisch klimaneutralen Stadtentwicklung heraus. In der Praxis fehlt es allerdings oft an den verfügbaren Flächen: Viele Dacheigentümer*innen haben die Themen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung noch nicht umgesetzt, oft aus finanziellen Gründen oder aufgrund mangelnder Information. Somit wurde klar, dass ein Austausch zwischen den an der Energiewende Interessierten mit den Eigentümer*innen von geeigneten Gebäuden notwendig wäre. Daraus entstand die Überlegung, in Halle (Saale) eine Solar- und Gründachbörse aufzubauen. Dabei ergibt besonders die Mehrfachnutzung der Dächer durch die Verbindung von Solarenergie und Gründach Sinn, da sich die beiden Technologien gegenseitig unterstützen. Die Betriebstemperatur der PV-Anlage wird durch die Verdunstungskühlung der Begrünung - und aufgrund erhöhter Albedo im Vergleich zum Schwarzdach - gesenkt, was den Wirkungsgrad der Anlage steigert (höhere Energieeffizienz) [3]. Andererseits profitieren Flora und Fauna des Gründachs von der Verschattung durch die PV- Module [15]. Im Zuge der Anschlussfinanzierung von SMAR- Tilience (ab Februar 2022) ergab sich für die Stadt 37 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Bild 2: Mockups Solar- und Gründachbörse. © Geoplex, Mai 2022 Halle (Saale) die Gelegenheit, eine Solar- und Gründachbörse zu entwickeln und in das bestehende Solarkataster zu integrieren. Diese zielt darauf ab, die Anzahl der Solar- und Gründachflächen für den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung zu erhöhen, das Lokalklima zu verbessern und die Klimaschutzziele der Stadt schneller zu erreichen. Dies gelingt, indem Dacheigentümer*innen mit privaten oder institutionellen Investoren in der „Solar- und Gründachbörse“ zusammengebracht werden. Um ein Gebäude zur Pacht anzubieten, können interessierte Verpächter per Klick auf „Dach verpachten“ direkt über das Abfragefenster des Solar- und Gründachkatasters das eigene Hausdach zur Pacht anbieten. Gleichzeitig können an der Pacht eines Daches interessierte Anwender*innen auf der Solar- und Gründachbörse Gesuche einstellen. Zudem bietet die Börse eine Plattform, auf der die Bürger*innen alle nötigen Informationen finden können, um sich für ein Solarund/ oder Gründach zu entscheiden, und die Möglichkeit, eigene Flächen zur Pacht zur Verfügung zu stellen (als Eigentümer*in) oder auch Projekte zu unterstützen sowie geeignete Dachflächen zu suchen (als Investor*in). Für die technische Entwicklung vom einem reinen Solardachkataster hin zu einem Solar- und Gründachkataster mit Solar- und Gründachbörse wurde von der Stadt ein in der Entwicklung von Geoinfrastrukturen spezialisiertes Büro beauftragt. Zusätzlich wird die Erarbeitung der Börse durch zahlreiche Workshops und Informationsveranstaltungen im Zeitraum Herbst 2022 bis Winter 2023 begleitet, um die Stadtgesellschaft partizipativ in den Prozess mit einzubinden, und im Jahr 2023 ein anwenderfreundliches Produkt zu erhalten. In diesem Entwicklungsprozess arbeitet die Stadt mit verschiedenen Akteursgruppen zusammen, unter anderem wurde im September 2022 im Rahmen eines Innovations-Camps gezielt nach Lösungen gesucht, wie insbesondere der Gründachanteil in der Altstadt beispielsweise durch Anreize oder Kooperationen erhöht werden kann. Die Solar- und Gründachbörse soll helfen, das bisher ungenutzte Potenzial an solargeeigneten Dachflächen in Halle (Saale) zu nutzen. Laut Klimaschutzkonzept der Stadt eignen sich noch rund 9 % der Gebäudeflächen und Freiflächen für eine solare Nutzung [16]. Für die Stadt ergäbe sich daraus ein Potenzial von 512 Hektar solar-geeigneter Dachflächen, was etwa einem Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs aus 2020 entspricht. Zur weiteren Förderung von PV-Anlagen wird derzeit von der Staatskanzlei und dem Ministerium für Kultur von Sachsen-Anhalt ein Erlass an die Denkmalschutzbehörden vorbereitet, wonach Kulturdenkmale für Solaranlagen grundsätzlich geöffnet werden sollen. Darüber hinaus möchte die Stadt auch ihren Gründachanteil erhöhen und bietet zu diesem Zweck seit 2021 eine Förderung zur Begrünung von Bauwerken für private Eigentümer an. Der Erfolg der Solar- und Gründachbörse der Stadt Halle (Saale) wird im besonderen Maß von dem Engagement und der Nachfrage der Bürger*innen abhängen. Im Rahmen des SMARTilience-Projekts hat die HafenCity Universität Hamburg Interviews mit Akteur*innen durchgeführt, die bei der Umsetzung der Solar- und Gründachbörse einbezogen sind. Laut der Befragten ist bei der Umsetzung darauf 38 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie zu achten, dass alle relevanten Akteure (inklusive Bürger*innen) von Anfang an beteiligt werden, um die Benutzerfreudlichkeit der Webseite zu garantieren und Akzeptanz für die Plattform zu schaffen. Die Akteursgewinnung wird dabei positiv von sehr gutem Netzwerkwissen und einer engagierten Netzwerkarbeit im Vorfeld beeinflusst. Fördernd ist auch die direkte Ansprache der Akteur*innen sowie eine klare Formulierung des Mehrwertes durch die Mitwirkung für die Teilnehmenden. Darüber hinaus ist für die erfolgreiche Umsetzung entscheidend, dass es eine*n Kümmerer*in gibt, die Aufgaben der an der Umsetzung beteiligten Akteuren klar definiert sind und ein Kommunikationsmodus erarbeitet wird, der für alle Beteiligten passend ist. In den Interviews wurden auch mögliche Herausforderungen für die Umsetzung der Solar- und Gründachbörse genannt. Dazu gehört vor allem, dass die Plattform so aufgebaut ist, dass sie von den Akteur*innen (inklusive Bürger*innen) aktiv und langfristig genutzt werden kann. Zudem wird es wichtig sein, gezielt Anreize für die Investition in Gründächer zu schaffen. Ausblick In Betracht der Herausforderungen des Klimawandels, die Versorgung von Städten auf erneuerbare Energie umzustellen und sie an den Klimawandel anzupassen, sowie der steigenden Flächenkonkurrenz in den Städten bietet die Mehrfachnutzung von Dächern für PV und für Dachbegrünung einen geeigneten Lösungsansatz. Diese Verbindung von Gründach und PV-Anlage hat zuletzt unter den Bezeichnungen „Solargündach“ oder „PV-Gründach“ zunehmend mehr Aufmerksamkeit erfahren. Mehrere Städte und Gemeinden in Deutschland haben bereits Solarund/ oder Gründachkataster eingeführt, um die Potenzialflächen für Grün- oder Solardächer zu identifieren [17]. Einige Städte bieten eigene Förderungsprogramme für das Solar-Gründach, etwa die Förderung „SolarGrünDach“ in Hannover. Baden-Württemberg, Berlin und Hamburg verfügen als Bundesländer über Förderprogramme zur Installation von Solar-Gründächern. Diverse Städte informieren mit speziellen Broschüren, die explizit auf die Vorteile der Solar-Gründach-Kombination hinweisen. Der Trend zu Solar-Gründächern scheint sich also weiter zu verstärken und die Thematik erlangt stetig mehr Beachtung. Das Instrument der Börse gibt es im deutschen Kontext bisher allerdings nur für Solardächer (zum Beispiel: Solardachbörse Berlin, Solar- und Freiflächenbörse Stuttgart, Solardachbörse-BaWü), so dass die Solar- und Gründachbörse in Halle (Saale) eine Weiterentwicklung darstellt. Im Rahmen der Begleitforschung des Projektes SMARTilience wird der Umsetzungsprozess der Solar- und Gründachbörse ausgewertet und die Erkenntnisse werden in die Urban Governance- Toolbox 3 für Klimaschutz und Klimaanpassung einfließen. Durch die Toolbox stehen die Handlungsansätze und Instrumente einer breiten Öffentlichkeit in Städten und Gemeinden zur Verfügung, um so zur Klimaresilienz auf der kommunalen Ebene beizutragen. LITERATUR [1] IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change): Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge University Press. 3 Verfügbar unter: https: / / klimawerkzeugkasten.smartilience.de/ Bild 3 (oben) und Bild 4 (unten): Erarbeitung von Lösungsansätzen für die Solar- und Gründachbörse im Rahmen eines Innovations- Camps der Stadt Halle (Saale) vom 20.09.22. © Univations 39 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie [2] Deutscher Wetterdienst und ExtremWetterKongress: ExtremWetterKongress 2020 in Hamburg Faktenpapier, Hamburg, 2020. [3] Brune, M., Bender, S., Groth, M.: Gebäudebegrünung und Klimawandel Anpassung an die Folgen des Klimawandels durch klimawandeltaugliche Begrünung (Report 30). Climate Service Center Germany, Hamburg, 2017 [4] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUV): Weißbuch Stadtgrün Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft, Berlin, 2017. [5] Umweltbundesamt (UBA): BAU-R-2: Dachbegrünung von Bundesgebäuden, Berlin, 2019. [6] Mann, G., Wolff, F., Gohlke, R.: BuGG-Marktreport Gebäudegrün 2020 Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung Deutschland. Bundesverband Gebäude- Grün e. V., Berlin, 2020. [7] Wirth, H.: Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland. Freiburg. Fraunhofer ISE, Freiburg, 2022. [8] Ammon, M., Bruns, T.: Paragraph 49 EEG als Barriere der dezentralen Energiewende, Strategiepapier, EUPD Research Sustainable Management GmbH, 2021. [9] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi): Das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Berlin, 2022. [10] Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft Hamburg (BUKEA): Gründachstrategie Hamburg. Es wird grün auf Hamburgs Dächern, Hamburg. [11] Kress-Ludwig, M.: Über bürgerschaftliches Engagement in der Energiewende - Rollen, Handlungsmöglichkeiten, Einstellungen und Motive von Bürger*innen im regionalen Ausbau erneuerbarer Energien. Freiburg, 2019. [12] Erler, G.: Baden-Württemberg auf dem Weg zu einer dynamischen Mitmachdemokratie. In: Sommer, J. (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung 2, Verlag der Deutschen Umweltstiftung | bipar, Berlin, 2017. [13] Umweltbundesamt (UBA): Energieverbrauch nach Energieträgern und Sektoren, Berlin, 2022. [14] Keppler, D.: Bürger gestalten die Energiewende, 2017. https: / / www.bipar.de/ buerger-gestalten-die-energiewende [15] Schindler, B. Y., Blaustein, L., Lotan, R., Shalom, H., Kadas, G. J., Seifan, M.: Green roof and photovoltaic panel integration: Effects on plant and arthropod diversity and electricity production. Journal of Environmental Management, 225, (2018) S. 288 - 299. [16] Stadt Halle (Saale) : Integriertes Kommunales Klimaschutzkonzept der Stadt Halle (Saale) Fortschreibung 2018, Halle, 2019. [17] Reimann, K.: Solarkataster - Atlas zur Ermittlung des Solarpotentials, 2021. https: / / solarenergie.de/ hintergrundwissen/ solarenergie-nutzen/ solarkataster All you can read Alles zusammen zum Superpreis: Die Papierausgabe in hochwertigem Druck, das ePaper zum Blättern am Bildschirm und auf dem Smartphone, dazu alle bisher erschienenen Ausgaben im elektronischen Archiv - so haben Sie Ihre Fachzeitschrift für den urbanen Wandel immer und überall griffbereit. AboPlus: Print + ePaper + Archiv www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren w Olga Izdebska, M.Sc. Fachgebiet Stadtplanung und Regionalentwicklung HafenCity Universität Hamburg Kontakt: olga.izdebska@hcu-hamburg.de Prof. Dr.-Ing. Jörg Knieling Leiter des Fachgebiets Stadtplanung und Regionalentwicklung HafenCity Universität Hamburg Kontakt: joerg.knieling@hcu-hamburg.de Sabine Falk, M.Sc. Dienstleistungszentrum Klimaschutz Stadt Halle (Saale) Kontakt: sabine.falk@halle.de Fatma Cetin, M.A. Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT Universität Stuttgart Kontakt: fatma.cetin@iat.uni-stuttgart.de AUTOR*INNEN