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Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2022-0088
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Das 9-Euro-Ticket in Städten

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Andreas Krämer
Das 9-Euro-Ticket wurde im dreimonatigen Gültigkeitszeitraum (Juni bis August 2022) von etwa 38 Mio. Menschen genutzt. Auf Basis einer repräsentativen Studie wird die Nutzung des Tickets in Abhängigkeit von der Größe des Wohnortes analysiert. Der Anteil der Personen, die das 9-Euro-Ticket zumindest in einem Monat besessen haben, liegt in Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern bei mehr als 70 %. Die Nutzung durch Großstädter betraf schwerpunktmäßig Fahrten im Wohnort (Zielort) und in geringerem Maße längere Strecken (> 100 km). Das Ticket führt zu positiven Klimawirkungen, und zwar nicht nurauf längeren Strecken im Bahnregionalverkehr, sondern auch im Nahbereich. Bei Strecken am Wohnort (Zielort) ergeben sich die stärksten Verlagerungseffekte vom PKW. Selbst bei kurzen Strecken (bis 5 km) wird etwa jede zehnte Fahrt vom PKW auf den ÖPNV verlagert.
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64 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Das 9-Euro-Ticket: Ein heiß diskutiertes Thema! Das Treffen des Koalitionsausschusses am 23. März 2022 zum Energie-Entlastungspaket, bei dem die Idee eines bundesweit einheitlichen, sehr günstigen Tickets geboren wurde [1], wird nachhaltige Wirkungen für die gesamte Mobilitätsbranche mit sich bringen. Erste Bewertungen ließen nicht lange auf sich warten und erfolgten bereits deutlich vor Ablauf der 3-monatigen Angebots-Periode [2], wobei das Ticket in der Berichterstattung sehr unterschiedlich bewertet wurde. Zu Beginn der Gültigkeit standen Das 9-Euro-Ticket in Städten Wirkungsmechanismus im Stadt- und Regionalverkehr 9-Euro-Ticket, Verkehrswende, Verkehrsmittelverlagerung, Nachfolgeangebote Andreas Krämer Das 9-Euro-Ticket wurde im dreimonatigen Gültigkeitszeitraum ( Juni bis August 2022) von etwa 38 Mio. Menschen genutzt. Auf Basis einer repräsentativen Studie wird die Nutzung des Tickets in Abhängigkeit von der Größe des Wohnortes analysiert. Der Anteil der Personen, die das 9-Euro-Ticket zumindest in einem Monat besessen haben, liegt in Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern bei mehr als 70 %. Die Nutzung durch Großstädter betraf schwerpunktmäßig Fahrten im Wohnort (Zielort) und in geringerem Maße längere Strecken (> 100 km). Das Ticket führt zu positiven Klimawirkungen, und zwar nicht nur auf längeren Strecken im Bahnregionalverkehr, sondern auch im Nahbereich. Bei Strecken am Wohnort (Zielort) ergeben sich die stärksten Verlagerungseffekte vom PKW. Selbst bei kurzen Strecken (bis 5 km) wird etwa jede zehnte Fahrt vom PKW auf den ÖPNV verlagert. © Cornelia Schneider-Frank auf Pixabay 65 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie vor allem negative Kundenerfahrungen medial im Vordergrund, obwohl sich die überwiegende Anzahl der Ticketnutzer zufrieden mit dem 9-Euro-Ticket zeigte [3]. Noch kritischer wurde die Stimmung in den Medien als Mitte Juli bis Anfang August von einigen Mobilitäts-Experten das Urteil abgegeben wurde, das Ticket könne unmöglich zu einer Fahrtenverlagerung vom PKW führen, was in letzter Konsequenz klimaschädlich sei [4, 5] und brächte unter dem Strich mehr Schaden als Nutzen [6]. Nur wenig später kommt es dann zur 180-Grad-Kehrtwende. Bewertet wird das Ticket als Erfolgsmodell, nachdem zunächst das Bundesland Hamburg ein positives Zwischenfazit zog [7], spätestens aber dann, als die Studienergebnisse des VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) eine Verlagerung der Nachfrage vom PKW auf Busse und Bahnen in Höhe von 10 % auswiesen, verbunden mit erheblichen CO 2 - Einsparungen [8]. In der Fachwelt wurde dies erstaunt zur Kenntnis genommen, hatte der Verband bis dato weniger positive Ergebnisse bereitgestellt [9]. So hatte der VDV im Juli feststellt: „Gut jede vierte aller Fahrten mit dem 9-Euro-Ticket, einschließlich der Fahrten der Abo-Kundinnen und -Kunden, wäre ohne das Ticket von vornherein gar nicht unternommen worden“ [10]. Greenpeace hatte das Ticket bereits relativ früh als wesentliches Instrument zur Erreichung der Klimaziele eingeordnet [11]. Allerdings werden bei der Bewertung des Tickets immer wieder starke Unterschiede je nach Raumstruktur diskutiert. Dabei entsteht teilweise der Eindruck, das Ticket sei primär ein Angebot für Großstädter und Menschen in Ballungsräumen. Auf Basis einer eigenen empirischen Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden,  wie unterschiedlich die Nutzung des 9-Euro- Tickets nach Wohnortgröße ist,  welche Charakteristika die 9-Euro-Ticket-Nutzer besitzen,  wie stark eine Verlagerung der Mobilitäts-Nachfrage in Abhängigkeit von der Nutzungsart stattgefunden hat und  wie ein Nachfolgemodell in diesem Kontext einzuordnen ist. 9-Euro-Ticket: Charakteristika der Nutzer Methodischer Ansatz Im Folgenden werden Ergebnisse der Studie OpinionTRAIN, einer Kooperationsstudie der exeo Strategic Consulting AG und der Rogator AG, vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine repräsentativ angelegte Onlineerhebung im Zeitraum 26. August bis zum 1. September 2022, also zum Ende der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets. Befragt wurden 2 484 Personen ab 18 Jahren in Deutschland, Kernzielgruppe sind n = 1 041 Studienteilnehmende, die das 9-Euro-Ticket besessen haben (Nutzung eines Online-Access-Panels zur Rekrutierung der Probanden, Dauer der Kernbefragung etwa 10 Minuten). Ein Ticket primär für Großstädter? In der Bewertung des 9-Euro-Tickets, aber auch von möglichen Nachfolgeangeboten, wird teilweise behauptet, das Ticket würde vor allem von Großstädtern genutzt, zum Beispiel um Ausflüge zu unternehmen, während sich der Nutzungsgrad bei Bild 1: Kenntnis und Besitz des 9-Euro-Tickets nach Wohnortgröße (Sep. 2022). © Krämer 66 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie Landbewohnern in Grenzen halte [12]. Etwas differenzierter führt das DLR in seiner Analyse aus: „Die Kundschaft des 9-Euro-Tickets, vor allem aber von klassischen ÖPNV-Abos, lebt häufiger in großen Städten“ [13]. Wie Bild 1 verdeutlicht, geben 52 % der Befragten an, das 9-Euro-Ticket zumindest in einem Monat genutzt zu haben (38 Mio. Menschen). Auch die eigenen Studienergebnisse weisen eine Abhängigkeit der Nutzerquote von der Größe des Wohnortes (gemessen an der Zahl der Einwohner) aus, und zwar ansteigend von 35 % bei Wohnorten bis 1 000 Einwohner auf 72 % in Städten ab 500 000 Einwohner. Werden allerdings die Ticket-Besitzer insgesamt und deren Verteilung auf die Wohnortklassen betrachtet, ergibt sich folgendes Bild: 56 % der Ticket-Besitzer entfallen auf Wohnortklassen unterhalb der Schwelle von 100 000 Einwohnern (Grenze für Großstädte). Es kann vor diesem Hintergrund nicht festgestellt werden, das 9-Euro-Ticket sei primär oder schwerpunktmäßig von Großstädtern genutzt worden. Klar ist, dass der grundsätzliche Attraktionsgrad des Tickets in größeren Städten entsprechend höher ist (besseres Angebot, höherer Anteil an ÖPNV-Nutzern und -Stammkunden). Daher ist unter den Ticket-Nutzern der Anteil der Menschen, die den ÖPNV vor dem Juni 2022 gar nicht oder selten genutzt haben, in Großstädten relativ gering und in kleineren Kommunen höher. Der Hamburger Verkehrsverbund weist für die Stadt Hamburg eine 9-Euro-Ticket-Nutzerquote von 72 % aus, während diese im Umland bei etwa 49 % liegt. Für das Umland wird eine besonders starke absolute Aktivierung bisheriger ÖPNV-Nicht- oder Selten-Nutzer ausgewiesen [7]. Wenn etwa 20 % der Ticket-Nutzer angeben, den ÖPNV bisher nicht genutzt zu haben (26 % in der Gruppe der Ticket-Käufer), dann betrifft das hochgerechnet etwa 8 Mio. Menschen, die für den ÖPNV als Kunde jetzt erreichbar wurden [14]. Angesichts der teilweise erheblichen Fahrten- und Kundenverluste, die die Branche während der Corona-Pandemie verzeichnete, verdeutlicht dies: (1) Es lässt sich in der aktuellen Marktlage wieder verstärkt Kundschaft für den ÖPNV gewinnen. (2) Der Hebel Preis wirkt [15]. Nicht nur Personen in Orten mit gutem ÖPNV- Angebot können angesprochen werden: Wie Bild- 2 erkennen lässt, deckt das 9-Euro-Ticket relativ gut den Bevölkerungsdurchschnitt ab, insbesondere bei Betrachtung der Ticket-Käufer. Kunden mit ÖPNV- Abo, die das 9-Euro-Ticket automatisch erhalten haben, sind demgegenüber eher jünger, ÖPNV-affiner und eher großstädtisch lokalisiert. Erfahrungen der Nutzer Bereits Anfang Juni standen medial die Erfahrungen der Kundschaft im Vordergrund, die das 9-Euro- Ticket für längere Fahrten am Pfingstwochenende genutzt haben. Die Befragungsergebnisse zeigten allerdings einen eindeutigen Schwerpunkt der Fahrten am Wohnort (bzw. Zielort). Daran hat sich grundsätzlich auch in der rückwirkenden Betrachtung auf den gesamten Angebotszeitraum nichts geändert. Im Mittel wird das Ticket an 11,2 Tagen pro Monat genutzt (ø 9,7 Tage bei Ticket-Käufern, ø 15,3 Tage bei Nutzung im Abo). Die Aspekte „Alltägliche Fahrten“ (42 %) und „Besuchsfahrten“ (35 %) sind die am häufigsten genannten Fahrtzwecke, gefolgt von „Wegen zur Arbeit/ Ausbildungsstätte oder Schule“ Bild 2: 9-Euro-Ticket: Beschreibung der Nutzer (Sep. 2022). © Krämer Kennziffer Ausprägung Kein Besitz 9-Euro-Ticket Besitzer 9-Euro-Ticket 9-Euro-Ticket Ticket-Käufer 9-Euro-Ticket Abo-Kunden Bevölkerung Gesamt Geschlecht weiblich 49% 51% 50% 53% 50% männlich 51% 49% 50% 48% 50% divers 0% 0% 0% 0% 0% Altersklassen Bis 29 Jahre 9% 25% 21% 35% 17% 30 bis 59 Jahre 47% 50% 52% 47% 49% 60+ Jahre 44% 25% 28% 18% 34% ÖPNV- Nutzung Stammkunde 3+ Tage/ Wo. 8% 25% 15% 55% 17% Medium-Nutzer 12% 37% 39% 32% 25% Nicht- oder Selten-Nutzer 80% 38% 47% 14% 58% Haushaltsnettoeinkommen < 2.000 EUR 38% 34% 35% 33% 36% 2.000 - < 3.000 EUR 28% 24% 24% 25% 26% 3.000+ EUR 35% 42% 42% 42% 38% Wohnort < 10.000 Einw. 38% 21% 23% 15% 29% 10.000 - < 500.000 Einw. 51% 55% 56% 51% 53% 500.000+ Einw. 11% 24% 21% 34% 18% 67 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie (25 %) oder „Städtereisen“ (25 %) [14]. Die Befragungsergebnisse unterstreichen, dass die Erfahrungen von Kundinnen und Kunden mit dem 9-Euro- Ticket, insbesondere beim Aspekt Verfügbarkeit von Sitzplätzen, vergleichsweise kritisch sind. Das hat sich bereits Anfang Juni gezeigt und dies bestätigt sich im Rückblick. Nichtsdestotrotz bewertet die Kundschaft die Fahrten mit dem Ticket insgesamt positiv (28 % sind vollkommen zufrieden, 31 % sehr zufrieden, 29 % zufrieden, 9 % weniger zufrieden und 3 % unzufrieden). Auch die zum Angebotsstart gemessenen positiven Einstellungen haben sich somit als sehr robust erwiesen. Für welche Strecken wird das 9-Euro-Ticket genutzt? Für ein repräsentatives Bild zur Nutzung des 9-Euro- Tickets wurden die Studienteilnehmer gebeten, ihre letzte Nutzung detaillierter zu berichten. In diesem Kontext erfolgte auch eine Einordnung der Fahrten dahingehend, ob es sich um eine ÖPNV-Nutzung im Nahbereich oder um eine Bus- oder Bahnfahrt mit einer längeren Strecke gehandelt hat (Bild 3). Fast drei Viertel der Fahrten wurden der Kategorie „Fahrt am Wohn- oder Zielort“ zugeordnet. Bei weniger als jeder zehnten Nutzung handelt es sich um Strecken von mehr als 100 km einfache Strecke. Abhängig von der Wohnortgröße ergeben sich erhebliche Unterschiede: Bis zu Wohnortgrößen von 50 000 Einwohnern liegt der Anteil der Fahrten im Nahbereich bei etwa 50 %, bei Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern werden fast 90 % erreicht. Wie stark werden Fahrten vom PKW auf Busse und Bahnen verlagert? Während wenige Menschen anzweifeln, dass das 9-Euro-Ticket zu mehr Fahrgästen für den ÖPNV geführt hat, gab es bereits während der Gültigkeitsperiode sehr polarisierende und teilweise widersprüchliche Aussagen zur Verkehrsmittelverlagerung. Ein besonders verbreitetes Narrativ besagt, das Ticket hätte nicht dazu beigetragen, dass Menschen in größerem Maße auf die Autonutzung verzichteten [16, 17]. Die eigenen Studienergebnisse belegen nicht nur einen Nachfragezuwachs bei Bussen und Bahnen, sondern auch, dass weniger Fahrten durch das Ticket induziert als von anderen Verkehrsmitteln verlagert wurden [18]. Auf längeren Strecken (> 100 km), also im Bahnregionalverkehr, war die zusätzlich gewonnene Nachfrage relativ am stärksten [19]. Hauptsächlich erfolgte die Verkehrsmittel-Verlagerung vom PKW, ein Effekt, der in allen Entfernungsbereichen zu beobachten war. Die bundesweiten Ergebnisse lassen sich wiederum mit regionalen Erkenntnissen vergleichen. Beispielsweise wird für den Hamburger Verkehrsverbund eine Mehrverkehrsquote von 23 % ausgewiesen, wobei für Strecken im Nahbereich ein geringerer und für längere Strecken ein höherer Mehrverkehr zu beobachten war [20]. Substituiert werden im Nahbereich auch Fußwege und Fahrten mit dem Fahrrad, auf längeren Strecken kommt es zu Verlagerungseffekten vom Bahnfernverkehr und von Fernbussen zum Bahnregionalverkehr. Der Bus-Branchenverband bdo Bild 3: Einordnung der berichteten letzten Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket (% der Fahrten). © Krämer 68 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie beklagte, Fernbusunternehmen hätten im Aktionszeitraum Fahrgastrückgänge von über 80 % verkraften müssen [21]. Diese Zusammenhänge sind in Bild- 4 illustriert. Wichtig ist die Erkenntnis, dass auch bei Strecken am Wohnort (Zielort) die stärksten Verlagerungseffekte den PKW betreffen und weniger Fahrrad- und Fußwege. Selbst bei kurzen Strecken (bis 5 km) wird etwa jede zehnte Fahrt vom PKW auf den ÖPNV verlagert. Korrespondierend dazu weisen Daten des Navigationsunternehmens TomTom auf eine Verringerung der Stauprobleme in vielen deutschen Großstädten im Juni 2022 hin - und zwar einerseits im Vergleich zum Vormonat Mai, aber auch im Verhältnis zum Juni 2019, also der Zeit vor der Pandemie [22]. Einigkeit herrscht unter den Experten dahingehend, dass aufgrund der beschränkten zeitlichen Gültigkeit des 9-Euro-Tickets nur ein Teil der potenziellen Verlagerungseffekte vom PKW zu Bussen und Bahnen ausgeschöpft werden konnte [23, 11]. Ausblick: Das Nachfolgeangebot zum 9-Euro-Ticket In der eigenen Studie wurden unterschiedliche Nachfolger des 9-Euro-Tickets diskutiert und beurteilt. Im Ergebnis zeigt sich ein heterogenes Bild. Besonders kritisch schneidet ein 69-Euro-Monatsticket mit freier Nutzung im Nahverkehr bundesweit (mit automatischem Ablauf zum Ende des Monats) ab, welches 28 % der Befragten positiv und 38 % negativ bewerten [23]. Dagegen halten 63 % der Befragten es für eine gute Idee, das 9-Euro-Tickets in der bisherigen Form weiter anzubieten (77 % in der Gruppe der bisherigen Ticket-Besitzer*innen, 48 % bei Personen, die das Ticket nicht besessen haben). Den zweiten Platz im Ranking erreicht ein Monatsticket mit freier Nutzung des Nahverkehrs bundesweit, welches nur digital (über App) angeboten wird, wobei die Nutzungsdaten anonym gespeichert werden. In einem experimentellen Design wurden dabei die Preispunkte 9 EUR, 19 EUR und 29 EUR abgeprüft. Die Beurteilungen dieses Angebotes gehen trotz der Preisunterschiede nicht weit auseinander. Das am 13. Oktober 2022 vorgelegte Nachfolgeangebot (Klimaticket Deutschland) sieht einen Preis von monatlich 49 EUR (als Abo mit monatlicher Kündigungsmöglichkeit angeboten) vor. Dieses Ticket wird weit hinter den Absatzzahlen des 9-Euro- Tickets zurückbleiben (nach eigener Abschätzung etwa ein Viertel der bisherigen Nachfrage), aber trotzdem den ÖPNV auch im Stadtverkehr nachhaltig prägen. Wahrscheinlich werden 55 bis 60 % der Nutzer des Klimatickets in Deutschland aus Städten ab 100 000 Einwohnern stammen. Für viele Städte wird das gegenwärtige Preisniveau der bestehenden Abos unterschritten, so dass sich letztendlich neben einer Vergünstigung der Mobilitätskosten für Stammkunden von Bussen und Bahnen auch Auswirkungen bis hin zu den Preisen für Einzelfahrten ergeben. Bei aller Diskussion zum Thema Preis ist klar, dass eine Verkehrswende in Städten ein Paket aus unterschiedlichen Maßnahmen erfordert. Der Preis ist ein Baustein. Bild 4: Die Verkehrsmittelverlagerung beim 9-Euro- Ticket (% der Fahrten). © Krämer 69 4 · 2022 TR ANSFORMING CITIES THEMA Mit neuer Energie LITERATUR [1] Bundesregierung: Fragen und Antworten: 9-Euro-Ticket seit Juni 2022, www.bundesregierung. de/ bregde/ ak tuelles/ faq-9 euro -ticket-2028756 (Abruf 20.7.2022). [2] Grotemeier, C.: Das ÖPNV-Tarifsystem gehört dauerhaft auf den Bierdeckel. Bus & Bahn, v. 4.7.2022, https: / / w w w.busundbahn.de/ nachrichten/ personen-positionen/ detail/ news/ dasoepnv-tarifs ystem-gehoertdauerhaf t-aufden-bierdeckel.html (Abruf 20.7.2022). [3] Krämer, A.: Erste Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket. Der Nahverkehr, 40 Jg., Heft 7/ 8, (2022) S. 24 - 26. [4] N.N.: Mehr Verkehr - Kein Klimaschutz durch 9-Euro-Ticket? Tagesschau.de v. 8.8.2022; https: / / www. tagesschau.de/ wirtschaft/ verbraucher/ 9 -euro-ticket-klimaschutz-verkehrsverlagerung-auto-oepnvverkehr-stau-verkehrswende-101.html (Abruf 3.10.2022). [5] Herrmann, U.: Debatte um das 9-Euro-Ticket: Bloß nicht verlängern, Taz.de v. 12.7.2022; https: / / taz.de/ Debatte-um-das-9-Euro-Ticket/ ! 5864045/ (Abruf 20.7.2022). [6] Stahl, T.: Forscher warnen vor dem 9-Euro-Ticket: Es bringe mehr Schaden als Nutzen, Efahrer.com v. 08.08.2022, https: / / efahrer.chip.de/ news/ forscherwarnen -vordem -9 euro -ticketes bringe -mehrschaden-als-nutzen_108974. [7] hvv: 9-Euro-Ticket: Wie geht es weiter? Pressemitteilung v. 2.8.2022, https: / / www.hvv.de/ de/ ueber-uns/ neuigkeiten/ neuigkeiten-detail/ 9-euro-ticket-wiegeht-es-weiter--84558 (Abruf 3.8.2022). [8] VDV: Bilanz eines Erfolgsmodells: Rund 52 Millionen verkaufte 9-Euro-Tickets, Presseinformation v. 29.08.2022, https: / / www.vdv.de/ 220829-pm-bilanz- 9-euro-ticket.pdfx (Abruf 3.10.2022). [9] Schlesiger, C., Biederbeck-Ketterer, M.: Das Statistik- Rätsel um das 9-Euro-Ticket, Handelsblatt v. 31. 8.2022. [10] VDV: 9-Euro-Ticket-Marktforschung: Jeder Fünfte hat den ÖPNV vorher normalerweise nicht genutzt, https: / / www.vdv.de/ 220711-pm-9-euro-ticket-marktforschung-zu-nutzungseffekten.pdfx (Abruf 20.7.2022). [11] Greenpeace: Klimaticket: Wie ein Anschluss an das 9-Euro-Ticket für mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sorgen kann. https: / / www.greenpeace. de/ publikationen/ 220718 _ Klimaticket _ Kostenvergleich_0.pdf. [12] Neumann, P.: Kommentar - Vom Nachfolger des 9-Euro-Tickets werden die Falschen profitieren Berliner Zeitung v. 5.9.2022, https: / / www.berliner-zeitung.de/ mensch-metropole/ nach-dem-9-euro-ticket-kommtjetzt-ein-foerderprogramm-fuer-fernpendler-69-euro-koalition-li.263867 (Abruf 3.10.2022). [13] DLR: Hintergrundpapier - 6. DLR-Erhebung zu Mobilität & Corona, 9-Euro-Ticket und Senkungen der Kraftstoffpreise, DLR-Institut für Verkehrsforschung (2022), https: / / www.dlr.de/ content/ de/ downloads/ 2022/ dlr-studie-mobilitaet-in-krisenzeiten-9-euro-ticket.pdf ? _ _blob=publicationFile&v=2 (Abruf 3.10.2022). [14] Krämer, A., Hercher, J.: 9-Euro-Ticket: Blick zurück und nach vorne - Nutzerprofil, Nutzung und Bewertungen, Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www. pressebox.de/ pressemitteilung/ rogator-ag/ 9-euroticket-blick-zurueck-und-nach-vorne-nutzerprofilnutzung-und-bewertungen/ boxid/ 1126822. Prof. Dr. Andreas Krämer Vorstandsvorsitzender exeo Strategic Consulting AG, Bonn Kontakt: andreas.kraemer@exeo-consulting.com AUTOR [15] Krämer, A.: Zeitkarten im ÖPNV - Nachfragepotenziale in Abhängigkeit vom Preisniveau, Der Nahverkehr, 40 Jg., Heft 6, (2022) S. 24 - 27. [16] MDR Thüringen: Erfurter Verkehrsforscher: „Große Sehnsucht nach einfachem ÖPNV“, Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www.mdr.de/ nachrichten/ thueringen/ neuneuro-ticket-verkehr-oepnv-100. html. [17] N.N.: Deutsche nutzen trotz 9-Euro-Ticket oft das Auto, ZEIT ONLINE v. 8.8.2022, Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www.zeit.de/ mobilitaet/ 2022-08/ oepnv-9-euro-ticket-auto-bahn-studie. [18] Krämer, A., Hercher, J.: 9-Euro-Ticket: Blick zurück und nach vorne - Aktivierung von bisher wenig ÖPNVaffinen Menschen und signifikante Fahrtenverlagerung vom PKW; Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www.pressebox.de/ pressemitteilung/ rogator-ag/ 9- Euro-Ticket-Blick-zurueck-und-nach-vorne-Aktivierung-von-bisher-wenig-OePNV-affinen-Menschenund-signifikante - Fahr tenverlagerung-vom- PK W/ boxid/ 1127796. [19] DESTATIS: 9-Euro-Ticket: Mobilität steigt deutlich auf kurzen Distanzen im Schienenverkehr (2022). Abruf am 25.10.2022 unter: https: / / www.destatis .de / D E / Pre s s e / Pre s s emit teilungen/ 202 2 / 07/ PD22_284_12.html; sowie eine Aktualisierung unter https: / / www.destatis.de/ SiteGlobals/ Forms/ Suche/ Servicesuche_Formular.html? nn=206104&resource- Id=2414&input_=617004&pageLocale=de&template QueryString=9-euro-ticket&submit.x=0&submit.y=0 [20] Krämer, A., Korbutt, A.: Das 9-Euro-Ticket - Ziele, Wirkungsmechanismen und Perspektiven, Internationales Verkehrswesen, Jg. 74, Heft 3 (Sep. 2022), S. 10 - 13. [21] N.N.: 9-Euro-Ticket: bdo sieht viele ungelöste Probleme im ÖPNV; Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www. busplaner.de/ de/ news/ bdo-bundesverband-deutscher-omnibusunternehmer-linienverkehr-oeffentlicher-personennahverkehr-oepnv_9-euro-ticket-bdosieht-viele-ungeloeste-probleme-im-oepnv-80250. html. [22] Meyer-Wellmann, J.: Verkehr: TomTom misst weniger Verkehr in Hamburg - wegen des 9-Euro-Tickets? Hamburger Abendblatt v. 4.7.2022, https: / / www. abendblatt.de/ hamburg/ article235798723/ verkehrhamburg-weniger-stau-laut-tomtom-wegen-9-euroticket-bus-bahn-verkehrsdaten.html (Abruf 20.7.2022). [23] Krämer, A., Hercher, J.: 9-Euro-Ticket: Blick zurück und nach vorne - Der Wunsch nach einem Nachfolgeangebot und mögliche Absatz- und CO2-Einspareffekte; Abruf am 9.10.2022 unter https: / / www.pressebox. de/ pressemitteilung/ rogator-ag/ 9-euro-ticket-blickzurueck-und-nach-vorne-der-wunsch-nach-einemnachfolgeangebot-und-moegliche-absatz-und-co2einspareffekte/ boxid/ 1128944.