Transforming cities
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2366-7281
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0017
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Gefahrenlage: Kritische Infrastrukturen und Blackouts
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Hans-Walter Borries
Eine neue Aufgabe für das Krisenmanagement von Krisen- und Verwaltungsstäben
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64 1 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Krisen managen Vermehrt veranlassen seit September 2022 nicht nur KRITIS-relevante Unternehmen sondern auch Kreis- (Landkreis-) und Stadtverwaltungen Untersuchungen zu deren Durchhaltefähigkeiten (Stichwort „Resilienz“) bei Ausfall oder Versorgungsengpässen. Erste Gutachten liegen bereits vor, die den Verwaltungen notwendige Optimierungsmaßnahmen aufzeigen, die selbst noch kurzbis mittelfristig machbar sind. Verstärkt wird dieser Trend durch das neue „KRITIS-Dachgesetz“ vom 7. Dezember 2022 (BMI), welches auch den Staat und die Verwaltungen immer mehr in den Fokus rückt, als eine existenzielle KRITIS-Sparte, um die gemeinsamen Lebensgrundlagen aufrechtzuerhalten. Gefahrenlage: Kritische Infrastrukturen und Blackouts Eine neue Aufgabe für das Krisenmanagement von Krisen- und Verwaltungsstäben Kritische Infrastrukturen, Versorgungssicherheit, Resilienz, Krisenmanagement Hans-Walter Borries Wie sind Krisen- und Verwaltungsstäbe auf Gefahrenlagen vorbereitet und wie kann deren Prävention optimiert werden? Spätestens seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 mit den auch für uns sichtbaren Auswirkungen eines Gaslieferstopps von Russland im Spätsommer 2022 werden in den Medien fast täglich Themen wie „Fragen zu Blackout- Gefahren“ und zur „Versorgungssicherheit mit Strom und Gas“ ausführlich diskutiert. © Jan auf Pixabay 65 1 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Krisen managen Zentral stellt sich dabei die Frage, wie das öffentliche Krisenmanagement von Krisen-/ Verwaltungsstäben (und Stäben SAE) ausgelegt ist und wie resilient diese Strukturen sind, wenn unsere kritischen Infrastrukturen bei Versorgungsmängeln, Angriffen im Cyberbereich und im Rahmen von Naturkatastrophenlagen betroffen sind und wie man das Krisenmanagement von Krisen-/ Verwaltungsstäben von Landkreisen/ Kreisen, kreisfreien Städten einschließlich kreisangehöriger Städte/ Gemeinden noch verbessern kann. Gemäß der gültigen Brancheneinteilung „Kritische Infrastrukturen“ vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) vom Juli 2021 zählen unter die Oberkategorie „Staat (Regierung) und Verwaltung“ neben Justizeinrichtungen und den Notfall-/ Rettungsorganisationen auch die wichtigen Einrichtungen des Katstrophenschutzes - hier die Verwaltungsstäbe („Krisen- oder Katastrophenschutzstäbe“). KRITIS- Definition der Bundesressorts: „Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ Die innere Stärke von Organisationen - hier der Verwaltungen und ihrer zeitlich befristeten Sondereinrichtungen mit Stabsbereichen als Krisen-/ Verwaltungsstäben - bezieht sich auf deren Handlungsfähigkeit auch in längeren Krisensituationen: Bei einer langanhaltenden und flächendeckenden „KRITIS-Lage“ (zum Beispiel: Gasmangel-Lage in der letzten „Notfallstufe“ und bei einem folgenden Stromausfall für große Teile einer Stadt, eines ganzen Stadtgebiets oder auch einer Region), muss eine Organisation in der Lage sein, die vom Gesetzgeber geforderten Anforderungen zu erfüllen und darüber hinaus Einsatzkräfte und BOS-Organisationen im Sinne des Schutzes und der Versorgung der Einwohner zu unterstützen. Ein flächendeckender Ausfall der Gas-/ Strom- und Wasserversorgung stellt die Bevölkerung und die Behörden vor besondere Herausforderungen. Es ist daher besonders wichtig, für ein derartiges Ereignis angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit die Vitalfunktionen des Gemeinwesens im erforderlichen Umfang bis zur Wiederherstellung der Versorgungsleistungen aufrechterhalten werden können und die Verwaltungen ihren Aufgaben als wichtige Sicherheits- und Versorgungsorganisationen wieder nachkommen. Da sich selbst bei bester Planung von Vorsorgemaßnahmen neue Schadensszenarien nicht zu 100 Prozent ausschließen lassen, muss im Rahmen eines sorgfältigen Krisenmanagements eine möglichst optimale Vorbeugung im Sinne einer Krisenprävention gefordert werden. Strategisches Handeln richtet sich dabei auf die Vorsorge vor Katastrophen/ Schadenslagen sowie auf die Bewältigung eingetretener Lagen. Letztendlich geht es um ein „gutes“ Krisenmanagement, dass möglichst optimal alle möglichen Schadensereignisse und deren Eintrittswahrscheinlichkeit auflistet, beschreibt und bewertet, um daraus Folgerungen für die anstehenden Phasen der Prävention, der Intervention und auch der Postvention zu gewinnen. „Schlechtes“ Krisenmanagement sollte stets vermieden werden, bedeutet es doch, dass keine, oder nur eine eingeschränkte vorausschauende Vorbereitung (Planung) für den Ernstfall stattfindet, bevor dieser Fall systemrelevant eintritt. Leider zeigt die nachträgliche Analyse zur Bewältigung eingetretener Schadenslagen oftmals das Entscheidungen nicht optimal waren, ja das ein „schlechtes“ Krisenmanagement häufig in großflächigen Schadenslagen, wie zum Beispiel bei Naturkatastrophen (Dauer-Starkregenflut Mitte Juli 2021), vorherrschte. Entscheidungen wurden zu langsam getroffen, sie waren teilweise zu stark vom Versagen der politischen Leitung geprägt und/ oder basierten auf falschen Annahmen. Rückschlüsse waren zudem zu sehr taktisch und operativ ausgerichtet gewesen, so dass die „Gesamtfolgen“ nicht umfassend erkannt wurden. Das Credo des strategischen Lösungsansatzes in der Planung („so schnell wie möglich wieder vor die Lage zu kommen“) wurde oftmals wenig berücksichtigt! Im Schwerpunkt eines anzustrebenden „guten“ Krisenmanagements steht immer das innovative Forschen nach neuen Präventionsstrategien, die das bestehende Krisenmanagement und vorhandene (alte) Präventionsstrategien jederzeit neu optimieren. Es gilt der eherne Grundsatz, die bestehenden Konzepte zukunftsorientiert wertneutral zu analysieren und neu den aktuellen Gefahrenlagen anzupassen und so die Krisenreaktion deutlich zu verbessern. Zum Glück, oder zum Nachteil gereichend, weil damit leider keine echten „Praxiserfahrungen“ vorliegen, ist der Umstand eines Blackout-Schadensfalles noch nicht großflächig und langanhaltend dauerhaft eingetreten, aber die Abwägung der Wahrscheinlichkeit für einen solchen Fall lassen sich nicht gegen Null bestimmen, so dass der Fall des Eintritts und seine Auswirkungen ernsthaft geprüft und umfangreiche Präventionsmaßnahmen getrof- 66 1 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Krisen managen fen werden sollten. Nur so kann man sich auf den möglichen Schadensfall ausrichten, um besser vorbereitet zu sein. Am Beispiel des Stromausfalls in der Bundeshauptstadt Berlin vom 19. Februar 2019, im Stadtteil Berlin-Köpenick, der etwas über 30 Stunden dauerte und rund 70 000 Einwohner betraf (betroffen waren unter anderem zwei Kliniken), haben sich in einer von „KRITIS-Forschungsvorhaben“ gut geprägten Region katastrophale Defizite der Krisenvorsorge und des handelnden Krisenmanagements gezeigt. Zum Glück war das Ereignis lokal und zeitlich begrenzt, aber es zeigte zugleich die mögliche Dimension bei einer landesweiten Flächenlage auf. Unter dem Aspekt eines flächendeckenden Ausfalls der Versorgung mit Strom und Gas in Deutschland muss daher die „Blackout-Resilienz“ von Verwaltungen und Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit den heimischen Stadtwerken und Versorgungsunternehmen geprüft werden. Es stellt sich den mit Sicherheitsfragen betrauten Fachleuten die Frage, wie steht es eigentlich um die Resilienz der jeweiligen Behörden und Organisationen selbst und wie sind auch die mit den Sicherheitsaufgaben vertrauten BOS-Organisationen im Detail aufgestellt? Verwaltungen und alle BOS leisten bislang jeden Tag einen wichtigen Beitrag für die Daseinsfürsorge und das Gemeinwohl der Bevölkerung in Sachen Sicherheit und Versorgung und dürften - in die Zukunft geblickt - auch in größeren Notlagen (Krisen) ihre Organisationstruktur und Leistungsfähigkeit nicht verlieren. Damit stellt sich im Rahmen einer allgemeinen Lagebeurteilung die Frage, wie sich bislang die Verwaltungen von Kreisen und Städten mit ihren Krisenstabselementen/ -Organisationen auf einen solchen Schadensfall vorbereitet haben, wie deren Vorsorgekonzepte im Notfall über mehr als 72 Stunden aussehen und welche Vorsorgemaßnahmen im Rahmen eines vorausschauenden Krisenmanagements einer Prävention getroffen worden sind oder noch beachtet werden müssen. Besondere Beachtung findet die Tatsache, dass in Deutschland die Übertragungsnetzbereichsbetreiber mit dem Übertragungsnetz bzw. Höchstspannungsnetz (380/ 400 KV bzw. 220 KV) den Regionalnetzen und Stadtwerken als Teilnetzbetreiber mit deren Mittel- und Niederspannungsnetz (20 KV bis 110 KV) mitteilen können, dass ein „unverzögerter Lastabwurf“ in Stromkrisenlagen innerhalb von wenigen Minuten (evtl. noch bis zu 30 Minuten bzw. zwei Stunden Vorlaufzeit) zu erwarten ist. Damit steigt der Termindruck, in den wenigen verbleibenden Minuten zu handeln und die ersten richtigen Maßnahmen zu treffen. Bereits in der Vergangenheit kam es immer wieder in solchen „Mangellagen“ dazu, dass größere Industrieunternehmen (hier: Aluminiumhütten) als stromintensive Abnehmer kurzfristig vom Netz genommen wurden, um das gesamte Stromnetz zu stabilisieren. Während dies über Verträge vorgeplant werden konnte, sind landesweite Abschaltungen über mehrere Versorgungswaben bislang nicht in der Praxis erprobt worden und kamen über den Status von simulierten Modellaktionen eines sogenannten„Brown Out“ (eng begrenzte Stromabschaltung für wenige Stunden zur Lastminderung) nicht hinaus. Aus diesem Grunde muss untersucht werden, wie die Lage aussähe, wenn weite Teile Deutschlands von einem langanhaltenden mehrtägigen „Blackout“, betroffen wären? Verfügen die Verwaltungsorganisationen (Krisenstäbe) über ausreichende und leistungsfähige Stromersatzanlagen (fest installierte oder mobile Notstromaggregate) mit ausreichend Reserven an Treibstoffen, Frisch- und Brauchwasser sowie an Lebensmitteln und wie sieht die schichtweise Arbeitsfähigkeit der Krisen-/ Verwaltungsstäbe bei Schadenslagen von mehreren Tagen aus? Hinzu kommt die Frage nach stabilen und verlässlichen Kommunikationsmöglichkeiten, um den Kontakt zu Einsatzkräften und anderen BOS zu halten und auf Bürgergesuche in Notlagen zeitnah reagieren zu können. Hierzu werden derzeit viele Satellitentelefone angeschafft, aber es kommen auch Überlegungen zu Tage, wieder auf alte Analogfunk-Apparate, CB-Funk sowie auf Melder zurückzugreifen. Das Krisenmanagement wird dadurch weiter erschwert, dass wichtige KRITIS-Bereiche wie Kliniken, Altenpflegeeinrichtungen, die häusliche und ambulante Pflege, Arztpraxen, Apotheken und Labore, aber insbesondere auch ältere und pflegebedürftige Personen (hier: Dialyse-/ Beatmungspatienten), sowie die für die Entsorgung von Abwässern wichtigen Kläranlagen einen hohen Bedarf an Notstromaggregaten (sowie an Treibstoffen) aufweisen und somit alles zusammen Teil eines gemeinsames Logistikkonzeptes für die Stabsarbeit im Verwaltungsstab werden muss. Während in kalten Winterlagen vorrangig die Wärmeversorgung der oben genannten Personengruppen mit „Wärmeinseln“ und „Kat-Leuchttürmen“ und die Versorgung mit warmen Mahlzeiten im Vordergrund der Stabsarbeit steht, können in einem Hitzesommer die Ventilation und Raumkühlung (Klimatisierung) für besonders betroffene Alters- und Personengruppen und deren Versorgung mit Kaltgetränken und medizinischen Mitteln zu einem großen Problem werden. 67 1 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Krisen managen Was gilt es daher im Rahmen der noch machbaren Prävention zu tun, um mit einer weit vorausschauenden Präventions- und Krisenmanagementstrategie Vorsorge für den nicht ausschließbaren Fall der Fälle zu treffen? Zuallererst sollte einmal die Schadenslage „Blackout“ mit Ausfall der Strom- und Gasversorgung in ihrer Dimension der wahren Eintrittswahrscheinlichkeit und ihren Auswirkungen (Risiko-Analyse) auf alle KRITIS-Bereiche einschließlich UBI-KRITIS für eine jegliche Gebietskörperschaft überprüft und hinterfragt werden. Die Erkenntnisse aus kleineren Strom- und Gasausfall-Schadenslagen müssen vertiefend analysiert und auf den Fall hinsichtlich einer Blackout-Prävention für 72 Stunden und mehr und der draus ableitbaren Intervention übertragen werden. Parallel zu diesen Maßnahmen sollten alle mit der Krisenbewältigung betroffenen Einrichtungen und Institutionen (speziell auch alle BOS-Organisationen) für den Ernstfall „gehärtet“ werden. Dies meint, dass hier die Vorsorgemaßnahmen in Form von Notstromersatzanlagen (NEA) für die Stromerzeugung sowie - wenn machbar - mit Flüssiggasanlagen (für die Gasheizung) mit ausreichendenden Vorräten an Treibstoffmengen vorzuhalten sind. Gleiches gilt für ausreichend Wasser, hier sowohl Trink- und als auch Brauchwasser sowie Maßnahmen für eine geregelte Abwasserentsorgung (zum Beispiel: mobile Toiletten). Neben der Vorsorge einer materiellen „Grundausstattung“ gilt es das „Führungs- und Funktionspersonal“ hinsichtlich der Schadensfälle und einer strategischen sowie der operativ-taktischen Bewältigung zu trainieren. Dies geht nur durch spezielle Ausbildungsvorhaben möglichst in deren Liegenschaftskonzepten („Inhouse“-Schulungen vor Ort) und der Kernaufgabe, dem „Üben“ solcher Schadenslagen als wichtiger Bestandteil von immer wiederkehrenden Katastrophenschutzübungen. Bislang wenig beachtet sind die Auswirkungen der Blackout-Lage auf die Bediensteten der Verwaltungen (Krisenstäbe) selbst, die alle auch ein „Privatleben“ haben. In extremen Lagen, zum Beispiel im kalten Winter bei Ausfall der Gasheizungen, der Fernwärme etc., können sie nicht nur selbst, sondern auch ihre Angehörigen (speziell ältere Menschen wie Eltern/ Großeltern oder Kleinkinder) massiv psychisch und physisch betroffen sein. Es wird in dieser Lage in besonderem Maße auf die Führungskräfte ankommen, im Sinne von positivem „Leadership“ vorbildhaft die Mitarbeiter*innen zu führen und zugleich auch stets verständnisvoll zu motivieren, um die Lage gemeinsam zu bewältigen. Da Erfahrungen über solche Krisenlagen nicht vorliegen, wird man in der Not eigene Lösungsvorschläge suchen und finden. Erste Ansätze, dass Angehörige von in Krisen-/ Verwaltungsstäben und in den Einsatzorganisationen aller BOS tätigen Stabsmitglieder ebenfalls Teil einer Versorgungssicherheit werden, deuten auf vielversprechende Lösungsansätze hin, müssen aber noch im Detail geprüft und ausgeplant werden. Im Allgemeinen gilt, dass die Mitglieder von Krisen-/ Verwaltungsstäben sowie von Einsatzleitungen sich in Ausbildungen und Übungen mit realistischen Lagemeldungen der Thematik „langanhaltender Stromausfall und Gasmangel-Lage als möglichem Blackout und seinen Auswirkungen auf die Kritische Infrastruktur“ beschäftigen sollten. Im Sinne „wer den Erfolg nicht plant, plant den Misserfolg“ wäre es ratsam, lieber heute als morgen das Szenario anzugehen, denn übermorgen könnte es bereits zu spät sein. Fazit Blackout-Schadenslagen mit einem Ausfall der Gas- und Stromversorgung können - wenn sie eintreten und eine Prävention versagt hat - sowohl Unternehmen als auch das öffentliche Leben nachhaltig treffen und zu hohen Todesraten und Schadenssummen in Milliardenhöhe führen. Es müsste daher wichtigstes Ziel eines strategisch ausgerichteten Krisenmanagements und einer Präventionsplanung sein, schon jetzt vor einer Krise - und nicht erst dann, wenn bereits die Krisenlage eingetreten ist - die Auswirkungen der möglichen Schadenslage in einer Krise zu erkennen und zu überlegen, wie sich entsprechende Folgewirkungen weitgehend abfedern lassen, damit eine Lage sich nicht zu einer Katastrophe ausweitet. In diesem Sinne ist zu fordern, dass erste Handreichungen entwickelt werden, die Bürgerinnen und Bürger informieren, wie sie sich selbst im Rahmen ihrer persönlichen Vorsorgeplanung mit lang haltbaren Lebensmitteln (besonders mit ausreichend Trinkwassermengen), mit Hilfsmitteln und Medikamenten ausstatten. Hieraus lassen sich vier Zentralforderungen und Anforderungen an ein gutes und angepasstes Krisenmanagement ableiten: Analyse der vorhandenen Alarmierungs- und Notfallpläne sowie vorhandener Pandemie- und Hygieneschutzkonzepte Aufzeigen und Bewerten der bisher eingeleiteten Maßnahmen in Verwaltung und Unternehmen mit deren Krisen-/ Notfallstäben Bewertung der Effektivität der getroffenen Entscheidungen und der eingeleiteten Maßnahmen zum Krisen-/ Notfallmanagement Ableiten von Folgerungen für ein zukünftiges optimiertes Krisen- und Notfallmanagement 1 2 3 4 Bild 1: Zentralforderungen und Anforderungen an ein gutes und angepasstes Krisenmanagement. © Borries 68 1 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Krisen managen 1. Vorurteilsfreie Analyse der vorhandenen Alarmierungs- und Notfallpläne sowie vorhandener Gefahrenabwehrpläne bis auf Stadt-Gemeindeebene mit besonderer Beachtung von spezifischen Blackout-Vorsorgemaßnahmen. 2. Aufzeigen und Bewerten der bisher eingeleiteten Maßnahmen in Verwaltung und Unternehmen mit deren Krisen-/ Notfallstäben anhand von Fakten (getätigte Maßnahmen des Krisenmanagements). Dabei sind Zwischenziele und deren Erreichbarkeit im Verhältnis zum Einsatz der Mittel (Personalbedarf) und den Kosten abzuwägen. 3. Bewertung und stetiges Hinterfragen der Effektivität der getroffenen Entscheidungen (insbesondere bei Lageänderungen) und der eingeleiteten Maßnahmen zum Krisen-/ Notfallmanagement. − a) Beurteilung, ob bestehende Blackout-Vorsorgepläne entsprechend angewandt wurden; − b) Vorschläge zur Besetzung der bestehenden Krisen-/ Notfallteams (Struktur des Krisen- und Notfallstabes); − c) Überprüfung der Zielvorgaben für den eingeschlagenen „Business-Continuity-Plan“ (BCP) und des Grades seiner Umsetzung in der Praxis, auch bei kurzfristigen Lageänderungen; − d) Prüfung der Entscheidungsgrundlagen, auf deren Basis Entscheidungen auch im Verhältnis zur Kompetenz getroffen wurden; − e) Reaktion auf außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Entwicklungen und Rückmeldungen von nächst höheren Organisationen; − f) Prüfung der durchgeführten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der Rückmeldung von Bürgerinnen/ Bürgern und Kunden; − g) Überlegungen zum effektiven Einsatz von Stabs- und Führungssystemen (EDV-Technikeinsatz) und ob sich bei Ausfall der Technik, zum Beispiel durch erfolgreiche Cyberangriffe, dann (noch) auf manuellen Wegen kurzfristig auch sichere Entscheidungen ableiten lassen; − h) Generelles Abwägen, was hat „gut“ funktioniert und welche Maßnahmen bzw. Handlungen haben „erschwerend“ und/ oder sogar „hinderlich“ für das Krisen-/ Notfallmanagement gewirkt. 4. Folgerungen für ein zukünftiges optimiertes Krisen- und Notfallmanagement − a) Abwägung der bestehenden und sich wandelnden Risiken weiterer Gefahrenlagen (und deren Veränderungen); − b) Aufzeigen von konkreten Handlungsoptionen mit Schwerpunkt auf neue „Chancen“, die sich aus der derzeitigen Krise für Verwaltungen und Unternehmen ergeben. Unter Anwendung der genannten vier Punkte und dem spezifischen Ableiten von gemeinsamen Vorstellungen zu vorhandenen und neuen strategischen Überlegungen können Verwaltungen/ Behörden mit deren Krisen-/ Verwaltungsstäben sowie wichtige KRITIS-relevante Unternehmen mit deren Notfallstäben besser für die Zukunft aufgestellt und somit in die Lage versetzt werden, gestärkt auf Krisenlagen reagieren zu können. Die Krisenprävention, und damit die planbare Krisenreaktion besser im Vorfeld anzupassen, bleibt eine Kernaufgabe für die Phase der Prävention. Die Krisen-Resilienz von Behörden und deren Krisen-/ Verwaltungsstäben ist eine Daueraufgabe, die Gelder für Investitionen in präventive Maßnahmen erfordert. Mögen diese Kosten jetzt auch sehr hoch erscheinen und die kommunalen Haushalte stark belasten oder gar übersteigen, so sind diese finanziellen Mittel doch gut angelegt. Eine angestrebte gute Krisenprävention wird deutlich kostengünstiger als eine zu kurz greifende lückenhafte und schlechte Krisenbewältigung und Mangelverwaltung sein. Für eine Stärkung der machbaren Resilienz sollten stets Finanzmittel eingeplant werden. Dr. rer. nat. Diplom Geograph Hans-Walter Borries Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Sicherheitsstudien FIRMITAS im FEZ Universität Witten. Lehrauftrag Energiesicherheit, HS Magdeburg - Stendal Stellv. Vorstandsvorsitzender BSKI e.V. Vorstandsmitglied DEB e. V. Kontakt: hwb@firmitas.de AUTOR Call for Papers 2023 Themen und Termine auf: www.transforming-cities.de Ihre neuen Ergebnisse aus Forschung, Wissenschaft und Praxis in