Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0035
65
2023
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Lebensqualität in Großwohnsiedlungen
65
2023
Natalie Heger
Ruth Schlögl
Die Studie „Lebensqualität in Großwohnsiedlungen“ des Forschungslabors Nachkriegsmoderne an der Frankfurt University of Applied Sciences befasst sich mit der Frage, was die Lebensqualität in Großwohnsiedlungen ausmacht und wie diese gemessen werden kann. Dabei ist das Zusammenspiel aus weichen Faktoren, wie die Befragung von Bewohner*innen und Schlüsselakteur*innen, und harten Faktoren, wie die Erfassung des Gebäudebestands und des Sanierungszustands, von zentraler Bedeutung. Die Messung der Lebensqualität erfolgt in elf Kategorien und sie soll anhand unterschiedlicher Indikatoren Bestandhalter*innen in der Praxis bei der nachhaltigen Weiterentwicklung ihrer oft sehr unterschiedlichen Quartiere unterstützen. Aktuell wurde das Projekt mit den Zukunftspreis des Großen Frankfurter Bogens ausgezeichnet und wird im Rahmen eines Lehr-Forschungsprojektes an der Frankfurt UAS weiter bearbeitet.
tc820035
35 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt „Ohne meine Familie hier, wäre die Siedlung nur eine Ansammlung von Betonklötzen. Aber die Familie, die Freunde und die vielen Erinnerungen aus der Kindheit und Jugend die ich mit diesem Ort verbinde, die möchte ich niemals missen. Die Menschen verbinden mich mit dem Ort, sodass mir der Ort heute am Herzen liegt und ich mir Verbesserungen wünsche, wie ein Tempolimit für die durchfahrenden Autos, Taubenschutz oder die Sanierung des Sportplatzes.“ [1] Mehr als nur eine Ansammlung von Betonklötzen, dass soll Wohnen für uns alle sein. Aber wie gelingt es, neben der Instandhaltung von Wohngebäuden und der Neuberechnung von Mietpreisen, das komplexe Zusammenspiel aus Zusammenleben, Wohnbedürfnissen, Mobilität und zentraler Versorgungseinrichtungen bei der Weiterentwicklung einer Siedlung umfassend zu berücksichtigen? Dieser Frage widmet sich das aktuelle Forschungsprojekt „Gut leben in großen Siedlungen“, der Frankfurt University of Applied Sciences. Das Projekt wurde 2022 mit dem Zukunftspreis des Großen Frankfurter Bogens ausgezeichnet und baut auf der Studie „Lebensqualität in Großwohnsiedlungen“ [2] auf, die in Kooperation mit der Wohnungsgesellschaft GWH entstand. Die Lebensqualität ist ein vielschichtiges und vielbesprochenes Thema, das gerade in den aktuellen Krisenzeiten an Relevanz gewinnt. Unterschiedliche Disziplinen versuchen sie mit unterschiedlichen Methoden zu fassen oder Kriterien für ihre Messung aufzustellen. Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von Quartieren wurde der Themen- Lebensqualität in Großwohnsiedlungen Mehr als vier Wände und ein Dach über dem Kopf. Großwohnsiedlung, nachhaltige Quartiersentwicklung, bezahlbarer Wohnraum, Lebensqualität, Bewohner*innen-Beteiligung Natalie Heger, Ruth Schlögl Die Studie „Lebensqualität in Großwohnsiedlungen“ des Forschungslabors Nachkriegsmoderne an der Frankfurt University of Applied Sciences befasst sich mit der Frage, was die Lebensqualität in Großwohnsiedlungen ausmacht und wie diese gemessen werden kann. Dabei ist das Zusammenspiel aus weichen Faktoren, wie die Befragung von Bewohner*innen und Schlüsselakteur*innen, und harten Faktoren, wie die Erfassung des Gebäudebestands und des Sanierungszustands, von zentraler Bedeutung. Die Messung der Lebensqualität erfolgt in elf Kategorien und sie soll anhand unterschiedlicher Indikatoren Bestandhalter*innen in der Praxis bei der nachhaltigen Weiterentwicklung ihrer oft sehr unterschiedlichen Quartiere unterstützen. Aktuell wurde das Projekt mit den Zukunftspreis des Großen Frankfurter Bogens ausgezeichnet und wird im Rahmen eines Lehr-Forschungsprojektes an der Frankfurt UAS weiter bearbeitet. Bild 1: Blick in das Quartier Brückenhof. © Natalie Heger 36 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt komplex der Lebensqualität bisher jedoch kaum näher untersucht. Dabei birgt der Ansatz, bei der Betrachtung einer Siedlung ein vielfältiges Spektrum an Kriterien heranzuziehen, viele Chancen für eine ganzheitliche Quartiersentwicklung. Wie die Lebensqualität in Siedlungen in unterschiedlichen Kategorien bemessen werden kann, welche Themenfelder dabei betrachtet werden müssen und wie die Stimmen der Bewohner*innen einer Siedlung dabei zukünftig mehr Beachtung finden, sind zentrale Fragen hinter dem aktuellen Lehr- und Forschungsprojekt an der Hochschule in Frankfurt, die gemeinsam mit Studierenden des Studiengangs Architektur anhand von zwei Fallbeispielen - der Siedlung Ben Gurion Ring in Frankfurt und der Siedlung Schelmengraben in Wiesbaden - derzeit untersucht werden. Zu Besuch „Wir sind im Januar eingezogen, es war noch kalt draußen. Trotzdem war eines der ersten Dinge die wir getan haben, unten vor die Tür, eine Bank zu stellen. Denn das erinnert mich auch an meine Kindheit in Bulgarien. Ich bin in einem Wohnhochhaus, einem klassischen Plattenbau, aufgewachsen und dort war es üblich, dass eine Bank vor dem Haus die Heimkommenden begrüßt und zum Verweilen einlädt. So ist diese Bank auch ein Stück Heimat für mich geworden.“ Der erste Schritt bei der Messung der Lebensqualität führt immer in die Siedlung. Ein Besuch, mehrere Spaziergänge, Beobachtungen, vermitteln einen ersten subjektiven Eindruck über das Quartier. Dieser wird in Folge durch Gespräche mit unterschiedlichen Akteur*innen der Siedlung erweitert. Was erzählen Hausmeister*innen, wie sehen nachbarschaftliche Initiativen in der Siedlung den Alltag und wie ist die Einschätzung der Wohnungseigentümer*innen? Die gesammelten Erkenntnisse könnten nun in langen Textdokumenten verschwinden und auf Speicherlaufwerken ihr Dasein fristen. Oder sie werden, wie im Rahmen des Lehr- und Forschungsprojektes „Gut leben in großen Siedlungen“ in einen Bewertungskatalog eingetragen, der am Ende aus allen gesammelten Informationen den Wohnqualitätsindex berechnet. Ein Index der in einer übersichtlichen Grafik vermittelt, welche Stärken und Schwächen ein Quartier aufweist. Gestaltungsqualität Baukultur Grünflächen Orientierung Aufenthaltsqualität Spielplätze Typologie Grundrisstypen Sanierungsstand Energieeffizienz Instandhaltungsbedarf Klimaanpassung Kindertagesstätten Schulen Öffentliche Einrichtungen Kulturelles Angebot Nahversorgung g n u r e i s i l a t i g i D Verkehrssicherheit Parken ÖPNV Fahrrad Barrierefreiheit Neue Mobilität Akteur*innen Nachbarschaft Beteiligung Kommunikation Hausmeister*innen Servicebüro / Kauf. und Techn. Immobilienmanagement Sauberkeit und Sicherheit Mietniveau Vermietungsstand Wohnen im Alter Ärzte und Apotheken Luftqualität und Lärmbelastung Sport und Bewegung Lage Außenwahrnehmung 80 84 82 0 74 60 80 71 95 78 83 24 87 88 49 50 77 100 82 71 70 86 - 84 38 75 77 70 81 62 84 83 83 81 53 86 79 75 75 Wohnqualitätsindex ermitteln Handlungsfelder identifizieren Maßnahmen planen Maßnahmen kommunizieren Maßnahmen evaluieren Bewertung aktualisieren Lebensqualität gestalten - Quartiere entwickeln Visionen entwickeln Wie sieht das Quartier in Zukunft aus? Was wird im Quartier sofort benötigt? Bild 2: Prozesse der Quartiersentwicklung. © Heger, Schlögl Bild 3: Wohnqualitätsindex. © Heger, Schlögl 37 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt Zentraler Bestandteil des Wohnqualitätsindex und der damit verbundenen Betrachtung von Quartieren ist die Zusammenarbeit mit den Bewohner*innen - als eigentliche Expert*innen für das Wohnen und den Alltag vor Ort. Ihre Einschätzung zur Lebensqualität in der Siedlung wird über eine Bewohnerbefragung im Quartier aufgenommen. Außerdem wird der Austausch mit Bewohner*innen und Akteur*innen über die Erstellung einer partizipativen Quartierskarte vertieft. Diese Quartierskarte ermöglich die Kommunikation und den Austausch über das starre Gerüst eines Fragebogens hinweg und hilft allen Beteiligten neue Netzwerke zu knüpfen und Wünsche und Ideen für das eigene Wohnumfeld zu artikulieren. Im Gespräch „Die Umbaumaßnahmen sind eine echte Herausforderung für uns, wir sind alle etwas gereizter. Weil wir von früh bis spät den Baulärm im Ohr haben, das belastet uns auch seelisch.“ Der Fragebogen für die Ermittlung des Wohnqualitätsindex basiert auf den Kategorien und Indikatoren des Wohnqualitätsindex, vorangegangenen Expertengesprächen, einer Fokusgruppendiskussion und den Erkenntnissen und Fragestellungen aus der Intervallstudie „Wohnen und Leben in Leipzig- Grünau“. [3] Er wurde gemeinsam mit Soziologen der School of Personal Development and Education (Scope) an der Frankfurt University of Applied Sciences im Rahmen einer Lehrveranstaltung evaluiert. Es werden Fragen aus den unterschiedlichen Kategorien gestellt wie beispielsweise, ob Besucher*innen sich im Quartier gut zurechtfinden, wie die Aufenthaltsqualität im Quartier beurteilt wird, wie stark Hitzeentwicklung oder Lärmbelästigung innerhalb der Wohnung wahrgenommen werden oder wie gut der Austausch in der Nachbarschaft ist. Bewohnerbefragungen helfen auf verschiedenen Maßstabsebenen voneinander zu lernen. Einerseits erhalten Quartiersentwickler*innen von den Bewohner*innen selbst Einblick in den Alltag und das Leben vor Ort. Andererseits ermöglichen die Befragungen auch einen Vergleich zwischen Quartieren untereinander und einen datenbasierten Austausch von Erfahrungen und erfolgreichen Maßnahmen. Darüber hinaus stärkt eine regelmäßig durchgeführte Befragung die Identifikation der Bewohner*innen mit ihrem Quartier. Somit sind die Ergebnisse aus den Befragungen nicht nur zentraler Bestandteil für die Ermittlung des Wohnqualitätsindex. Die Wahrnehmungen, Urteile und Perspektive der Bewohner*innen auf ihr Zuhause und das unmittelbare Wohnumfeld, liefern auch wichtige Informationen für die nachhaltige Weiterentwicklung von Quartieren im Sinne der Lebens- und Wohnqualität und helfen Maßnahmen der Quartiersentwicklung an der richtigen Stelle zu setzen sowie deren Wirkung im Nachgang zu evaluieren. Im Blick „Meine Idee für die Siedlung? … ein Tempolimit, … mehr Gemeinschaft, … Ärzte, die noch Kapazitäten für neue Patienten haben, … die Teilhabe am Alltag, … Internet das auch funktioniert, … Sauberkeit und Verständnis für einander.“ Bild 4: Interviewsituation. © Heger, Schlögl Wichtige Merkmale, die einen Wohnort lebenswert machen, wurden in elf übergeordneten Kategorien eingeordnet (Quartier, Gestaltung, Freiräume, Wohnen, Gebäudezustand, Infrastruktur, Mobilität, Zusammenleben, Service, Mietkosten, Gesundheit). Jeder der elf Kategorien sind insgesamt 39 Indikatoren (beispielsweise Barrierefreiheit, ÖPNV-Anbindung, Schulen, aber auch Sauberkeit, Nachbarschaft, Aufenthaltsqualität) zugeordnet. Alle Bewertungskriterien zusammen ergeben den Wohnqualitätsindex. Er macht ablesbar, wo die Stärken eines Quartiers liegen und wo eine gute Weiterentwicklung ansetzen könnte - und wo Defizite vorhanden sind und Handlungsbedarf besteht. Um die Bewertung durch unterschiedliche Akteur*innen zu ermöglichen, wurden Leitlinien zu den jeweiligen Kategorien formuliert. Übersicht der Leitlinien zur Messung der Lebensqualität in Quartieren [4] Quartier Eine gute, sichere Anbindung an das Stadtzentrum und Naherholungsgebiete sowie eine vielfältige Vernetzung zur unmittelbar angrenzenden Umgebung. Das Quartier verfügt über eine gute Zugänglichkeit auch für Besucher*innen. Die Stadtgesellschaft nimmt das Quartier positiv wahr. 38 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt Gestaltung Bei Quartieren mit baukultureller Bedeutung (Gestaltung und Konzeption einzigartig, es liegt ein hoher Wiedererkennungswert vor) wird diese erforscht, aktiv kommuniziert und in der Weiterentwicklung berücksichtigt. Bei Maßnahmen auf Gebäudeebene und im Freiraum wird Wert auf das Gestaltungskonzept und eine hohe Gestaltungsqualität der Vorhaben gelegt. Besondere städtebauliche und gestalterische Qualitäten (zum Beispiel: die ursprüngliche Farbgebung, Fassadenelemente oder Leitsysteme) werden erhalten. Freiräume Es gibt im Quartier verschiedene Aufenthaltsbereiche (Ruhen und Spielen), mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten und ein Netz aus unterschiedlich gestalteten Fußwegen. Die Möblierung und Ausstattung, wie zeitgemäße Spielplätze an unterschiedlichen Standorten für verschiedene Altersgruppen, ist attraktiv gestaltet und möglichst ressourcenschonend und zeitlos. Der Freiraum bietet Schutz vor Witterungseinflüssen (zum Beispiel: Sonne, Regen oder Wind). Das Wohnumfeld weist einen hohen und vielfältigen Begrünungsanteil (klimaverträgliche und heimische Pflanzen) zur Klimaanpassung, Biodiversität und zur Stärkung des Bewusstseins für Natur und Umwelt auf. Projekte wie die Entsiegelung von Freiflächen, Hitzeminimierung, ein quartiersweites Konzept zur Regenwassernutzung oder der Einsatz von 100 % Ökostrom wurden umgesetzt. Die Grenzbereiche sind sauber und werden regelmäßig gepflegt. Das Quartier ist ausreichend beleuchtet und gut einsehbar. Die Beschilderung und Auszeichnung von Infrastruktur ist deutlich erkennbar. Die Bewohner*innen sind informiert und haben die Möglichkeit sich aktiv und mitwirkend in die Gestaltung ihres Wohnumfelds einzubringen. Wohnen Im Quartier werden Wohnungsgrundrisse in unterschiedlichen Größen für eine vielfältige Bewohnerschaft angeboten. Jede Wohnung verfügt über mindestens einen persönlichen Freiraum (Balkon, Terrasse, Loggia). Die Wohnungen sind zeitgemäß ausgestattet und bieten einen guten Wohnkomfort. Den Bewohner*innen stehen Gemeinschaftsräume zur Verfügung. Im Zuge einer Nachverdichtung wird ein ergänzendes Angebot für unterschiedliche Gruppen nach Feststellung des Bedarfs und der Sozialverträglichkeit zur Belebung des Quartiers umgesetzt. Gebäudezustand Die Gebäude sind außen und innen gestalterisch anspruchsvoll sowie energetisch saniert und erfüllen aktuelle technische Ansprüche. Die Hauseingangsbereiche, Treppenhäuser und Hausflure sind in einem funktional und gestalterisch hochwertigen Zustand und fördern die Nachbarschaft. Es erfolgt eine umfassende Instandhaltung der Gebäude und der Gemeinschaftsbereiche. Das Thema Klimaschutz hat im Quartier auf Wohnumfeldsowie auf Gebäudeebene einen hohen Stellenwert. Die Bewohner*innen sind informiert und haben die Möglichkeit sich aktiv und mitwirkend in Klimaschutzprojekte einzubringen. Infrastruktur Die Alltagsinfrastruktur im Quartier, wie Kindertagesstätten, Schulen und Nahversorgung (Laden und Supermärkte), sind ausreichend und vielfältig. Es gibt ein differenziertes Angebot an öffentlichen Einrichtungen, die Bildung, Gesundheit, Freizeit und Nachbarschaft fördern. Im Quartier wird in dafür zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten ein kulturelles Angebot für Bewohner*innen und Besucher*innen angeboten. Ein flächendeckendes, leistungsfähiges Internet (FTTH Anschluss) steht allen Bewohner*innen zur Verfügung und Projekte im Bereich Digitalisierung werden gefördert. Mobilität Im Quartier steht das Konzept der kurzen Wege für eine emissionsfreie Fortbewegung im Vordergrund und es werden neue Mobilitätskonzepte gefördert. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist gut. Fahrradwege führen in und durch das Quartier und Fußgänger*innen haben im Quartier Vorrang. Es gibt ein ausreichendes Angebot an Fahrradstellplätzen und Fahrradabstellräumen. Sharing-Angebote in der Nähe des Wohnumfeldes erweitern das Mobilitätsangebot. Das Quartier verfügt über einen sicheren Straßenraum für alle Verkehrsteilnehmer*innen, der durch Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbegrenzung und Ausstattung möglichst wenig Lärm erzeugt. Im Quartier gibt es ein ausreichendes PKW-Stellplatzangebot für Bewohner*innen und Gäste mit eindeutiger Nutzungsregelung und Markierung. Parkende Fahrzeuge stehen, wann immer möglich in Tiefgaragen oder Parkhäusern. Parkplätze, Tiefgaragen und Parkhäuser weisen einen geringen Fläschenverbrauch auf und sind vielfältig nutzbar (beispielsweise für Sport, Spiel, Markt). Das Wohnumfeld, die Eingangsbereiche und die Gebäude sind barrierefrei gestaltet. Es gibt barrierefreie Wohneinheiten im Quartier. 39 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt Zusammenleben Das Zusammenleben im Quartier ist von einem wohlwollenden Miteinander geprägt. Das Quartier verfügt über ein vielfältiges Netzwerk an Akteur*innen, welche die Nachbarschaft und den Zusammenhalt stärken. Es wird allen Bewohner*innen die Möglichkeit geboten, sich aktiv daran zu beteiligen und sich einzubringen. Die Aktivitäten werden zielgruppengerecht, über unterschiedliche Plattformen innerhalb des Quartiers und in die Stadtgesellschaft hinein, kommuniziert. Service Die Bewohner*innen und Gäste fühlen sich im Quartier sicher. Die Eingangsbereiche, Treppenhäuser und Gemeinschaftsflächen sind sauber, gut ausgeleuchtet und einsehbar. Im Zusammenwirken mit der Bewohnerschaft erfolgt flächendeckend eine zuverlässige Müllentsorgung. Im Quartier sind Servicebüro oder Hausmeister*innen erreichbar. Mietkosten Die Mietkosten sind bezahlbar. Das Quartier zeichnet sich durch eine geringe Mieter*innenfluktuation aus. Gesundheit Das Quartier eignet sich auch für das Wohnen im Alter. Neben Pflegediensten und barrierefreien Wohnungen wird betreutes Wohnen angeboten und Wohnungstausch ermöglicht. Der Bedarf an medizinischen Versorgungseinrichtungen ist gedeckt und Arztpraxen und Apotheken sind auch fußläufig erreichbar. Die Lärmbelastung ist gering und die Luftqualität ist gut. Im Wohnumfeld gibt es vielfältige Anreize für Sport und Bewegung. Es gibt ein ausreichendes Angebot an gesunden Lebensmitteln und Bewegungsmöglichkeiten Zuhause Wohnqualität ist mehr als vier Wände und ein Dach über dem Kopf, dass zeigen die Leitlinien für die Messung von Lebensqualität in Quartieren. Das sehen Architekt*innen und Bestandshalter*innen in ihrer täglichen Arbeit und das hört man aus dem Gesprächen mit Bewohner*innen in „ihrem“ Quartier. Die Lebensqualität ist ein facettenreiches Thema, mit unterschiedlichen Einschätzungen, verschiedenen Ansprüchen und mannigfaltigen Meinungen, dass gerade von diesem Reichtum an Perspektiven lebt und dem wir uns in der Weiterentwicklung von Siedlungen genauso wie in der Ausbildung zukünftiger Architekt*innen verstärkt zuwenden müssen. Prof. Dr. Natalie Heger Architektin und Professorin für Städtebau und Entwerfen Frankfurt University of Applied Sciences Kontakt: Natalie.Heger@fb1.fra-uas.de Mag. Ruth Schlögl Forschungslabor Nachkriegsmoderne, Frankfurter Forschungsinstitut FFin Frankfurt University of Applied Sciences Kontakt: Ruth.Schloegl@fb1.fra-uas.de AUTORINNEN Weitere Informationen zum Forschungsprojekt „Gut leben in großen Siedlungen“ und die gesamte Studie „Lebensqualität in Großwohnsiedlungen“ sind zu finden auf der Internetseite: www.frankfurt-university.de/ nachkriegsmoderne LITERATUR [1] Alle Zitate in diesem Text stammen aus dem Audiowalk „Hallo Platensiedlung“. Eine Lehrveranstaltung der Frankfurt University of Applied Sciences, SoSe 2021. Nachzuhören unter: https: / / soundcloud.com/ user-446135089-482217117 [2] Harnack, M., Heger, N., Schlögl, R.: Lebensqualität in Großwohnsiedlungen. Studie zur Verbesserung der Bewertung der Wohn- und Lebensqualität in Großwohnsiedlungen, Frankfurt University of Applied Sciences, Frankfurt am Main, 2022. [3] Kabisch, S., Ueberham, M., Söding, M.: Grünau 2015, Ergebnisse der Einwohnerbefragung im Rahmen der Intervallstudie „Wohnen und Leben in Leipzig- Grünau“, UFZ-Bericht 02 (2016). [4] HSR Hochschule für Technik Rapperswil - Kompetenzzentrum Wohnumfeld (Hrsg.): Was macht ein gutes Wohnumfeld aus? Rappertswil, 2018. Darin: Bai, C., Kemper, R., Landwehr, M., Liembd, U., Roggo, N.: Wohnumfeldqualität, Kriterien und Handlungsansätze für die Planung, Aachen. (Die Zielformulierungen zu Quartier, Freiraum und anderen Kategorien, die das Wohnumfeld betreffen, wurden um Teilaspekte aus diesem Kriterienkatalog ergänzt): http: / / www.wohnumfeld-qualitaet.ch/ Zugriff am 31.1.2022).
