eJournals Transforming cities 8/2

Transforming cities
tc
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2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0040
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2023
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Umweltgerechtigkeit im Quartiersmanagement

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2023
Larissa Donges
Alina Beigang
Umweltbelastungen wie Lärm oder Luftschadstoffe sowie der Zugang zu gesundheitsfördernden Umweltressourcen wie Grünflächen sind ungleich verteilt. Auch in Berlin leiden Bewohner*innen sozial benachteiligter Stadtteile überdurchschnittlich oft unter mehr Umweltbelastungen. Um dem entgegenzuwirken, beschäftigt sich das Land Berlin seit einigen Jahren mit dem Ansatz der Umweltgerechtigkeit und verfügt über einen Indikatorensatz zur kleinräumigen Bestimmung der Umweltqualität. Mit den Quartiersmanager*innen wird nun in einem partizipativen Prozess ein Praxisleitfaden entwickelt, wie sie gemeinsam mit den Bewohner*innen für mehr Umweltgerechtigkeit sorgen können.
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56 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt Umweltgerechtigkeit als Konzept und Leitbild für Berlin Ein sommerlicher Nachmittag im Berliner Wedding: Kinder spielen in den zahlreichen Parks und begrünten Hinterhöfen. Trotz der Hitze lässt es sich aufgrund der vielen Schatten spendenden Bäume und der kühlenden Fassaden- und Dachbegrünungen gut aushalten. Die Autos rollen langsam über die Schwedenstraße, wo seit einigen Monaten Tempo 30 gilt und mehr Fahrräder als Autos unterwegs sind. So ist nicht nur die Lärmbelastung gesunken, auch die Luftqualität hat sich seitdem deutlich verbessert. In der Nachbarstraße treffen sich einige Bewohner*innen an den neu errichteten Kiez- Parklets und planen das anstehende Sommerfest im Gemeinschaftsgarten. Für diesen hat die Stadt gerade eine langfristige Finanzierung zugesagt, sodass doppelter Grund zum Feiern besteht. Alles eine ferne Vision? Wenn wir den Ansatz der Umweltgerechtigkeit ernst nehmen und uns gemeinsam mit vielen verschiedenen Akteur*innen dafür einsetzen, lebenswertere, gesündere Quartiere zu schaffen, könnte diese kleine Szene schon bald Realität sein. Entscheidend ist dabei das enge Zusammendenken von Umweltschutz und Nachhaltigkeit mit Gerechtigkeitsfragen. Die Lebens- und Umweltqualität in den Berliner Quartieren ist sehr unterschiedlich. Wo wir wohnen, bestimmt auch, welchen gesundheitsrelevanten Umweltbelastungen wir ausgesetzt sind. Sozioökonomische Faktoren wie Bildung und Einkommen, aber auch ein Migrationshintergrund und das soziale Umfeld beeinflussen die Wohnbedingungen, Lebensstile, die verfügbaren Ressourcen sowie die damit verbundenen Gesundheitsrisiken [1]. Auch Umweltbelastungen sind intersektional zu betrachten und anzugehen. Wo die Luft schlecht ist, der Lärm auch nachts nicht aufhört und Grünflächen fehlen, da leben in Berlin häufig Menschen mit niedrigerem Einkommen, geringen Bildungschancen und weiteren Herausforderungen. Hier summieren sich also jetzt schon die Belastungen und werden unter anderem durch Klimawandelfolgen nachweislich weiter zunehmen [2, 3]. Beispielsweise zählt die Umgebung rund um die Schwedenstraße zu den am stärksten belasteten Kiezen der Hauptstadt [4]. Wie kann eine gute Lebensqualität für möglichst viele Berliner*innen hergestellt werden - nicht nur für diejenigen, die es sich leisten können, in weniger belasteten Gebieten zu wohnen oder das Wissen und die Möglichkeiten haben, sich gegen Belastungen zu schützen? Diese Frage steht im Zentrum des Leitbildes der Umweltgerechtigkeit. Ziel des normativen Konzeptes ist es, umweltbezogene gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden und zu beseitigen sowie bestmögliche umweltbezogene Gesundheitschancen für alle Bevölkerungsgruppen herzustellen. Dies umfasst nicht nur, Belastungen zu reduzieren, sondern auch die Verfügbarkeit und den Zugang Umweltgerechtigkeit im Quartiersmanagement Höhere Lebensqualität in mehrfach belasteten Berliner Quartieren schaffen Umweltgerechtigkeit, Berliner Quartiersmanagement, zivilgesellschaftliche Beteiligung Larissa Donges, Alina Beigang Umweltbelastungen wie Lärm oder Luftschadstoffe sowie der Zugang zu gesundheitsfördernden Umweltressourcen wie Grünflächen sind ungleich verteilt. Auch in Berlin leiden Bewohner*innen sozial benachteiligter Stadtteile überdurchschnittlich oft unter mehr Umweltbelastungen. Um dem entgegenzuwirken, beschäftigt sich das Land Berlin seit einigen Jahren mit dem Ansatz der Umweltgerechtigkeit und verfügt über einen Indikatorensatz zur kleinräumigen Bestimmung der Umweltqualität. Mit den Quartiersmanager*innen wird nun in einem partizipativen Prozess ein Praxisleitfaden entwickelt, wie sie gemeinsam mit den Bewohner*innen für mehr Umweltgerechtigkeit sorgen können. 57 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt zu gesundheitsfördernden Umweltressourcen wie Grün- und Freiflächen zu erhöhen. Neben der Aussetzung (Exposition) spielen auch soziale und individuelle Unterschiede in der Anfälligkeit (Vulnerabilität) gegenüber bestimmten Faktoren eine Rolle und wirken sich letztlich auf die tatsächlichen gesundheitlichen Effekte aus (Effektmodifikation) [2]. Neben der „Verteilungsgerechtigkeit“ und der „Zugangsgerechtigkeit“ spielt ebenfalls die „Verfahrensgerechtigkeit“ eine wichtige Rolle. Im Zentrum steht die Frage, wie die belasteten Bewohner*innen aktiv an Informations-, Planungs-, Anhörungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden können, um bessere Lebensbedingungen vor Ort zu schaffen [5]. Dies betrifft auch die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, auf denen die Ungleichheiten bei Umweltbelastungen basieren. Um einer umweltgerechten, gesundheitsförderlichen Stadtentwicklung näher zu kommen, müssen sehr viele verschiedene Akteur*innen an einem Strang ziehen. Eine wichtige Rolle kommt den Kommunen selbst mit ihren politischen Entscheidungsträger*innen und Ämtern zu. Sie können entscheidende Weichen stellen, förderliche Rahmenbedingungen für Umweltgerechtigkeit schaffen und das Thema fachübergreifend in der Grün-, Freiraum- und Stadtplanung verankern [6,- 7]. Aber auch Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft und auf Quartiersebene können wirksame Beiträge leisten. Relevant sind in dieser Hinsicht in Berlin die über 90 Quartiersmanager*innen. In derzeit 32- Quartiersmanagement(QM)-Gebieten unterstützen sie seit 1999 benachteiligte Stadtteile [8]. EU, Bund und das Land Berlin finanzieren das Berliner Quartiersmanagement über das Programm „Sozialer Zusammenhalt“. Auf Grundlage des jeweiligen Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzeptes (IHEK) für das Quartier führen die QM-Teams eine Vielzahl von Projekten durch, aktivieren die Bewohnerschaft und beteiligen sie an der Weiterentwicklung ihres Kiezes bzw. Quartiers. Auf dem Weg zur umweltgerechten Hauptstadt Ein wichtiger Schritt einer Kommune zu mehr Umweltgerechtigkeit ist die Identifikation der Stadtteile mit Mehrfachbelastungen [9]. Denn erst, wenn klar ist, wo die meisten umweltbezogenen, sozialen und gesundheitlichen Benachteiligungen vorliegen, werden die größten Handlungsbedarfe deutlich. Das Land Berlin hat schon im Jahr 2008 begonnen, sich im Rahmen des Modellvorhabens „Umweltgerechtigkeit in Berlin“ mit dem Thema zu beschäftigen. Das starke Bevölkerungswachstum sowie die schon heute spürbaren Folgen der Klimakrise stellen enorme Herausforderungen für die Hauptstadt dar. Sie erfordern eine Neuausrichtung der Stadtentwicklungspolitik, die eng verzahnt ist mit der Umwelt-, Klimaschutzsowie Gesundheitspolitik. Als erste deutsche Stadt hat Berlin eine Umweltgerechtigkeitskonzeption erstellt und verfügt seit einigen Jahren über einen Indikatorensatz zur kleinräumigen Bestimmung der Umweltqualität in den einzelnen Stadtgebieten. Im Vordergrund steht die Erarbeitung einer sozialräumlich orientierten Umweltbelastungsanalyse als Grundlage für Maßnahmen an der Schnittstelle der Bereiche Stadtentwicklung, Städtebau, Umwelt und Gesundheit. Dies ist die Basis für integrierte Strategien, um den ökologischen Umbau voranzubringen und gesunde Lebens- und Wohnbedingungen für alle zu schaffen. Das Umweltgerechtigkeits-Monitoring bezieht die vier Indikatoren „Lärmbelastung“, „Luftschadstoffe“, Bild 1: Stadtgrün und Freiräume fördern die Gesundheit und Lebensqualität. © SenUMVK/ Dagmar Schwelle 58 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt „Bioklimatische Belastung“ sowie „Grün- und Freiflächenversorgung“ und als fünften Indikator „Soziale Benachteiligung“ ein. Diese Daten werden dann mit den verbindlich festgelegten 542 lebensweltlich orientierten Planungsräumen (LOR) kleinräumig verschnitten. Die Ergebnisse der ersten umfassenden Untersuchung wurden 2019 in einem 450-seitigen „Basisbericht Umweltgerechtigkeit“ veröffentlicht [10], zudem ist die Kurzfassung „Die umweltgerechte Stadt“ erschienen [11]. Diese wissenschaftlichen Analysen wurde ressortübergreifend und unter Mitwirkung externer Wissenschaftler*innen, Planungsbüros und Praktiker*innen aus Umweltverbänden unter der Federführung der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) erarbeitet. Im Juli 2022 hat die SenUMVK mit Unterstützung des Amts für Statistik Berlin- Brandenburg den aktualisierten Umweltgerechtigkeitsatlas 2021/ 2022 veröffentlicht [12]. Eine direkte Vergleichbarkeit mit dem Basisbericht ist aufgrund einiger notwendiger Änderungen in der Methodik nicht gegeben. Dennoch zeigen die bisherigen Analysen sehr klar, dass die Gesundheitsbelastungen durch beispielsweise Luftschadstoffe und Lärm in sozial benachteiligten Stadtquartieren häufig besonders hoch sind. Zugleich sind dort oft weniger Grün- und Freiflächen vorhanden. Gerade im erweiterten und hochverdichteten Innenstadtbereich, das heißt, innerhalb des S-Bahn-Rings sowie in direkt anschließenden Stadtteilen befinden sich mehrfachbelastete Quartiere. Mehrfachbelastung bedeutet, dass ein Sozialraum in Hinblick auf mehrere Kategorien gemäß der Konzeption benachteiligt ist (Bild 2) Legt man die Daten und Karten der Umweltgerechtigkeitsanalysen mit denen der Quartiersmanagementgebiete übereinander, werden Schnittmengen und Bezugspunkte zwischen den Thematiken deutlich: Einige QM-Gebiete beispielsweise in Kreuzberg, in Neukölln oder im Wedding liegen in den Bereichen mit den höchsten Mehrfachbelastungen, wo also im Sinne der Umweltgerechtigkeit der größte Handlungsbedarf besteht. Mehr Lebensqualität im Quartier schaffen Als Schnittstelle zwischen Quartiersbewohner*innen und Verwaltung bewegen sich die Handlungsspielräume der QM-Teams, gemeinsam mit den Quartiersbewohner*innen und in Kooperation mit weiteren Akteur*innen mehr Umweltgerechtigkeit zu schaffen, zwischen Möglichkeiten und Grenzen. Die Leitplanken der Arbeit sind durch die Inhalte des Städtebauförderprogramms „Sozialer Zusammenhalt - Zusammenleben im Quartier gemeinsam gestalten“ abgesteckt. Ziel ist die „ganzheitliche Stabilisierung und Potenzialentwicklung in Gebieten mit besonderen sozialen Integrationsaufgaben sowie die Verstetigung von selbsttragenden Pro- Bild 2: Die Berliner Umweltgerechtigkeitskarte zeigt die mehrfach belasteten Gebiete der Hauptstadt. © SenUMVK 59 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt jekt- und Netzwerkstrukturen“. Vorgegeben sind zur integrierten Quartiersentwicklung fünf Handlungsfelder: 1)- Integration und Nachbarschaft, 2)- Bildung, 3)- Beteiligung, Vernetzung und Kooperation mit Partnern, 4)- Gesundheit und Bewegung und 5)- Öffentlicher Raum mit jeweils näher definierten Aktivitäten und Zielen. Alle Aktivitäten des Quartiersmanagements zahlen auf diese Handlungsfelder ein, alle Maßnahmen sind von Interessen der Bewohner*innen im Quartier geleitet. Partizipation spielt also eine übergeordnete Rolle. Umweltgerechtigkeit als Querschnittsthema kann in jedem der Handlungsfelder andocken. Beispielhaft für das Handlungsfeld Integration und Nachbarschaft ist etwa das Projekt „Fit - Fahrrad ist toll“ im Bezirk Pankow. Im räumlichen Projektschwerpunkt befinden sich mehrere Gemeinschaftsunterkünfte Geflüchteter. Im Quartier ist eine Bewegungs- und Mobilitätsarmut festzustellen. Innerhalb des Projekts werden Fahrräder zur Verfügung gestellt, Bildungsangebote im Bereich Verkehrserziehung, Fahrradreparatur und Fahrradfahren geschaffen und gemeinsam Fahrradausflüge durchgeführt. Dies dient der Gesundheitsförderung der betreffenden Gruppen, ihrer Sicherheit im Verkehr und erweitert ihre Reichweite. Ein Beispiel für das Handlungsfeld Bildung sind Gartenprojekte sowie die Umgestaltung naturnaher Lernräume wie Schulhöfe oder Grüne Klassenzimmer. So können die gesundheitlichen Vorteile von Grün allen Kindern zugutekommen [13]. Im Handlungsfeld Beteiligung, Vernetzung und Kooperation mit Partnern finden sich unter anderem Themen zu Wohnen und Mieten. Maßnahmen unter dem Leitbild der Umweltgerechtigkeit können dazu beitragen, die Rechte und Interessen von Mieter*innen zu bündeln und zu stärken. Beispiele für Anknüpfungspunkte für Umweltgerechtigkeit im Handlungsfeld Gesundheit und Bewegung sind etwa gemeinschaftliche Kochaktionen und Bildungsmaßnahmen zu gesunder und umweltschonender Ernährung. Das Handlungsfeld Öffentlicher Raum umfasst unter anderem die verbesserte Nutzbarkeit von Stadtraum. Dies kann sich im Einsatz für den Aufbau öffentlicher Stadtmöbel auf ehemaligen Parkplätzen - sogenannten Parklets - oder anderen Maßnahmen der Verkehrsberuhigung wie etwa Superblocks bzw. Kiezblocks und temporären Spielstraßen widerspiegeln. Einmal im Monat wird etwa die Gudvanger Straße am Prenzlauer Berg zur Spielstraße, um dem Bedarf an Spielflächen entgegenzukommen. Der Ausbau grüner und blauer Infrastruktur sowie unversiegelter Flächen stellt wichtige Interventionsmöglichkeiten gegenüber der zunehmenden Hitzebelastung dar [14]. Die Werkzeugkiste der Quartiersmanager*innen umfasst vielfältige Methoden der Beteiligung und der Aktivierung, des Controlling und der Evaluation, des Projektmanagements, der Netzwerkarbeit und des Einwerbens von Mitteln sowie Methoden der Öffentlichkeitsarbeit. Zentral sind auch die Kiezbüros als niedrigschwellige, physische Anlaufstelle für Akteur*innen aus der Nachbarschaft. In den Berliner Kiezen gibt es zudem jeweils Quartiersräte und Aktionsfonds, welche über die Stadtentwicklung mitentscheiden und von den QM-Teams betreut und begleitet werden. Quartiersmanager*innen geben zudem Unterstützung bei der Entwicklung von Projekten aus unterschiedlichen sozialen, kulturellen, baulich-räumlichen und ökonomischen Handlungsbereichen. Außerdem vernetzen und koordinieren sie verschiedene Interessengruppen und lokale Akteur*innen. All diese Fähigkeiten und Möglichkeiten gilt es auch zur Stärkung gesundheitsfördernder und zur Abschwächung gesundheitsschadender Umweltfaktoren in mehrfach belasteten Quartieren einzusetzen, zum Beispiel indem zwischen unterschiedlichen Raumanspruchinteressen durch partizipative Prozesse vermittelt wird. Um das Leitbild der Umweltgerechtigkeit stärker in die QM-Arbeit zu verankern, sind je nach Ausgangslage und Projekt Kooperationspatenschaften aus den Bereichen Umwelt/ Nachhaltigkeit, Mobilität, Wohnen, Gesundheit und weiteren anzustreben. Umwelt-NGOs wie BUND, NABU und lokale Umweltinitiativen wie Yeşil Çember bringen Expertise etwa im Bereich Biodiversität und Nachhaltigkeit in der Stadt und möglicherweise eine lokale Anbindung durch Ehrenamtliche mit. Synergien zugunsten einer umweltgerechten Stadtentwicklung im Bereich Mobilität finden sich beispielsweise beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) mit dem Projekt „Straßen für Menschen”, bei Rad- und Fußverkehrsbeauftragten, lokalen Kiezblock-Initiativen sowie dem Verein Changing Cities. Wohnungsunternehmen und -baugesellschaften sind prinzipiell wichtige Akteure im Komplex Umweltgerechtigkeit, da sie über Ressourcen von Flächen und Gebäuden verfügen und damit maßgeblich die Wohnqualität mitbeeinflussen. Dabei ist jedoch problematisch, dass es für diese häufig an Anreizen zur Umsetzung umweltgerechterer Lösungen, wie beispielsweise Hinterhof-, Fassaden- und Dachbegrünungen, thermische Gebäudeisolation und Schallschutzmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Versorgung mit sauberer und nachhaltiger (Wärme-)Energie, mangelt. Im Bereich Gesundheit sind als Akteure beispielsweise das Medibüro, Gesundheit Berlin-Brandenburg, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit 60 2 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Gemeinschaftsprojekt Stadt vielen (Bildungs-)Materialien sowie verschiedene Gesundheitsinitiativen wie beispielsweise „Mit Migranten für Migranten“ (MiMi) zu nennen. Bezogen auf Teilhabe und Zivilgesellschaft können Gleichstellungs- und Kinder- und Jugendbeauftragte der Bezirke, die Verbraucherzentrale, Migrant*innen- Selbstorganisationen und vieles mehr geeignete Kooperationspartner*innen darstellen. Letztlich sind es die Bewohner*innen, die von den Aktivitäten zur Umweltgerechtigkeit profitieren sollen. Dazu sind Bildung und Beratung, die Vernetzung der Betroffenen und Unterstützung in der Interessenvertretung vonseiten der QM-Teams wichtige Mittel. Da Menschen auf bestimmte Umweltfaktoren wie Lärm, Feinstaub oder auch Plastik zum Beispiel je nach Geschlecht, Alter, Vorbelastung und anderen Faktoren auf unterschiedliche Art und Weise reagieren, ist auf vulnerable Gruppen eine besondere Aufmerksamkeit zu richten [2, 15]. Die Quartiersebene zeigt sich als wichtige Handlungsebene für Maßnahmen im Sinne von Umweltgerechtigkeit. Um die QM-Teams in ihrer Arbeit zu unterstützen und aufzuzeigen, wie Nachhaltigkeitsthemen stärker in die Arbeit in belasteten Quartieren einbezogen werden können, wird derzeit durch das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU- e. V.) gemeinsam mit dem BUND Berlin in einem partizipativen Prozess der Praxisleitfaden „Umweltgerechtigkeit in Berliner Quartieren“ erarbeitet. Die Ausarbeitung findet in enger Abstimmung mit einer Gruppe von interessierten Quartiersmanager*innen statt und wird durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz gefördert. Die Veröffentlichung des Leitfadens ist für September 2023 geplant. LITERATUR [1] UBA: Umweltgerechtigkeit - Umwelt, Gesundheit und soziale Lage, 2022: www.umweltbundesamt. de/ themen/ gesundheit/ umwelteinfluesse-auf-denmenschen/ umweltgerechtigkeit-umwelt-gesundheitsoziale-lage#umweltgerechtigkeit-umwelt-gesundheit-und-soziale-lage [2] Bolte, G., Bunge, C., Hornberg, C., Köckler, H.: Umweltgerechtigkeit als Ansatz zur Verringerung sozialer Ungleichheiten bei Umwelt und Gesundheit. Springer Verlag: Bundesgesundheitsblatt,2018. [3] GERICS: Klimaausblick Berlin, 2021. https: / / www. climate-service-center.de/ imperia/ md/ content/ csc/ projekte/ klimasignalkarten/ gerics _klimaausblick _ berlin_version1.2_deutsch.pdf [4] Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz: Die Umweltgerechte Stadt. Umweltgerechtigkeitsatlas - Aktualisierung 2021/ 2022, https: / / www.berlin.de/ sen/ uvk/ _assets/ umwelt/ umweltgerechtigkeit/ umweltgerechtigkeitsatlas-broschuere.pdf [5] Bunge, C., Böhme. C: Umweltgerechtigkeit. BZgA Leitbegriffe: https: / / leitbegriffe.bzga.de/ alphabetischesverzeichnis/ umweltgerechtigkeit [6] Böhme, C., Bojarra-Becker, E., Franke, T., Heinrichs, E., Köckler, H., Preuß, T., Schreiber, M.: Gemeinsam planen für eine gesunde Stadt - Empfehlungen für die Praxis, 2022. [7] Böhme, C., Franke, T., Michalski, D., Strauss, W. C.: Mehr Umweltgerechtigkeit: gute Praxis auf kommunaler Ebene, 2022. [8] www.quartiersmanagement-berlin.de [9] Difu: Toolbox Umweltgerechtigkeit: https: / / toolboxumweltgerechtigkeit.de/ schritte-und-wege/ mehrfach-belastete-teilraeume-identifizieren [10] Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Basisbericht Umweltgerechtigkeit. Grundlagen für die sozialräumliche Umweltpolitik, 2019. https: / / datenbox.s tadt-berlin.de/ ss f/ s/ readF ile/ share/ 2007/ 6593154860902717743/ publicLink/ umweltgerechtigkeit_broschuere.pdf [11] Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Die umweltgerechte Stadt. Auf dem Weg zu einer sozialräumlichen Umweltpolitik, 2019. [12] Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz: Die Umweltgerechte Stadt. Umweltgerechtigkeitsatlas - Aktualisierung 2021/ 2022, (https: / / www.berlin.de/ sen/ uvk/ _assets/ umwelt/ umweltgerechtigkeit/ umweltgerechtigkeitsatlas-broschuere.pdf [13] https: / / www.bpb.de/ themen/ umwelt/ naturschutzpolitik/ 510472/ jugend-und-natur-naturverbundenheit-und-naturschutzengagement-junger-buergerinnen-und-buerger/ [14] Schröder, J., Moebus, S.: Klimasensible Stadtplanung und Stadtentwicklung. S. 205 - 218. In: Günster, C. et al. (Hrsg.): Versorgungs-Report Klima und Gesundheit. Medizinisch Wissenschafltiche Verlagsgesellschaft Berlin, 2021. [15] Hausmann, J.: Ungleich verteilte Risiken. Heinrich Böll Stiftung, 2022: https: / / www.boell.de/ de/ 2022/ 03/ 11/ ungleich-verteilte-risiken Weitere Informationen: www.ufu.de/ projekt/ fachkongress-umweltgerechtigkeit Gefördert durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- Klimaschutz (SenUMVK) Dipl. Geoökologin Larissa Donges Fachgebietsleiterin Klimaschutz und Transformative Bildung Unabhängiges Institut für Umweltfragen e. V. - UfU Kontakt: larissa.donges@ufu.de Alina Beigang M.Sc. Nachhaltigkeitswissenschaft Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachgebiet Klimaschutz und Transformative Bildung Unabhängiges Institut für Umweltfragen e. V. - UfU Kontakt: alina.beigang@ufu.de AUTORINNEN