eJournals Transforming cities 8/4

Transforming cities
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0079
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Einfache, kostengünstige Lösungen für nachhaltige Mobilität

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Europäische Städte, die weitgehend auf Autos im Straßenverkehr ausgerichtet sind, stehen auf dem Weg zu einer CO2 -freien Mobilität vor enormen Hürden. Doch gerade in Städten sind deutliche Innovationen zu erkennen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Andere Kommunen – ob groß oder klein – können davon lernen und erprobte Lösungen übernehmen. Der folgende Artikel gibt Einblicke in verschiedene Aktivitäten vor Ort: von der Entwicklung der E-Mobilität in Bremen und Stockholm, über ein geradezu revolutionäres Parkierungskonzept im baskischen Vitoria-Gasteiz bis hin zur wachsenden Zahl von Lastenfahrrädern in Lecce in Italien.
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12 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität E-Mobilität in Bremen und Stockholm Die Stadt Bremen hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl die Verkehrsemissionen durch die Ausweitung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen in der Stadt zu reduzieren, als auch die Anzahl der Autos auf den Straßen durch die Förderung eines Car-Sharing- Konzepts zu reduzieren. In einem der Projekte ging es darum, eine kostengünstige, batteriebasierte Ladelösung auf Firmenparkplätzen zu entwickeln. Dazu wurden Traktionsbatterien aus stillgelegten Elektrofahrzeugen integriert und eine Plattform für das Flottenmanagement eingerichtet, zusammen mit einer App für ein Buchungssystem zum nutzerfreundlichen, nachhaltigen und profitablen Laden der Fahrzeuge. In einem zweiten Projekt förderte Bremen öffentliche intermodale E-Carsharing-Stationen in der ganzen Stadt sowie in neuen Wohnsiedlungen. Deren Bewohner wurden ermutigt, statt privater Autos Carsharing-Angebote zu nutzen. Die Stadt war sich der Herausforderungen bewusst, die sich durch veränderte Denk- und Mobilitätsgewohnheiten ergeben können. Sie führte Aufklärungskampagnen zu den Vorteilen des Ladens am Arbeitsplatz und an vorab gebuchten Ladegeräten durch. Das örtliche Projekt-Team plant nun, Park-and-ride-Anlagen mit Photovoltaik-Modulen auf dem Dach zu entwickeln, damit Besucher ihre Elektrofahrzeuge am Rande der Stadt parken und aufladen und dann ihr Ziel in der Einfache, kostengünstige Lösungen für nachhaltige Mobilität Förderung von Innovation und E-Mobilität in fünf europäischen Städten Europäische Städte, die weitgehend auf Autos im Straßenverkehr ausgerichtet sind, stehen auf dem Weg zu einer CO 2 -freien Mobilität vor enormen Hürden. Doch gerade in Städten sind deutliche Innovationen zu erkennen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Andere Kommunen - ob groß oder klein - können davon lernen und erprobte Lösungen übernehmen. Der folgende Artikel gibt Einblicke in verschiedene Aktivitäten vor Ort: von der Entwicklung der E-Mobilität in Bremen und Stockholm, über ein geradezu revolutionäres Parkierungskonzept im baskischen Vitoria-Gasteiz bis hin zur wachsenden Zahl von Lastenfahrrädern in Lecce in Italien. Bild 1: Nutzerfreundliches, nachhaltiges und profitables Laden von E-Fahrzeugen in Schweden. © City of Stockholm 13 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität Innenstadt mit anderen nachhaltigen Transportmitteln erreichen können. Die schwedische Stadt Stockholm hat Elektrofahrzeuge für häusliche Pflegedienste eingeführt - ein Sektor, der aufgrund besonderer Zeiten im Schichtbetrieb und der speziellen Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten vor Herausforderungen steht. In Abstimmung mit den städtischen Fuhrparkmanagern und Bezirksämtern erfolgte dann der schrittweise Austausch der Fahrzeuge und der Ladeinfrastruktur in den Parkhäusern. Eine Umfrage unter Mitarbeitern, die Elektrofahrzeuge nutzen, sowie ausführliche Einträge in Fahrtenbüchern ergaben, dass 85 % der Befragten Elektrofahrzeuge inzwischen sowohl für den beruflichen als auch für den privaten Gebrauch empfehlen würden. Sie bewerteten die Elektrofahrzeuge als einfach und komfortabel im Fahrbetrieb. Die Mehrheit der Befragten gab außerdem an, dass Elektrofahrzeuge nicht teurer wären und sahen einen zeitsparenden Vorteil darin, dass sie „tanken“ könnten, während ihr Auto auf einem normalen Parkplatz steht. Ein wesentlicher Treiber dieses Projekts - und ein Schlüssel zum Erfolg in Stockholm - war eine klare politische Vision für eine groß angelegte Elektrifizierung des Verkehrssektors. Parkraummanagement in Vitoria-Gasteiz - für Autos wie auch für Fahrräder Vor der Planung einer nachhaltigen städtischen Mobilität im baskischen Vitoria-Gasteiz im Jahr 2008 war der Anteil privater Fahrzeuge am lokalen Verkehr stetig angestiegen. Als Reaktion darauf initiierte die Stadt verschiedene Maßnahmen, um die Zahl der Autofahrten zu reduzieren und den öffentlichen sowie den Rad- und Fußverkehr zu fördern. Zudem wurden die Richtlinien für das Parkraummanagement für Autos und Fahrräder angepasst. Wichtig ist zu bedenken, dass die Anzahl der Parkplätze, die bei Neubauprojekten bereitgestellt werden müssen, häufig durch Parkstandards in lokalen, regionalen oder nationalen Vorschriften festgelegt wird. Anders sieht es jedoch bei der Bereitstellung von Fahrradabstellplätzen aus. Auf nationaler Ebene haben nur sechs EU-Mitgliedstaaten Mindestanforderungen für das Abstellen von Fahrrädern festgelegt. Aber einige einzelne Städte - darunter Vitoria-Gasteiz - sind in diesem Bereich proaktiv. Zu den Initiativen von Vitoria- Gasteiz gehörten der Rückbau von rund 1 400 Parkplätzen auf den Straßen, um Platz für eine neue Straßenbahnlinie zu schaffen, die Umwandlung von Vierteln mit engen, historischen Straßen in Fußgängerzonen sowie die Bild 2: Parkraummanagement in Vitoria Gasteiz. © Harry Schiffer Bild 3: Fahrradkultur in Brügge. © Stadt Brügge, Jan D’Hondt 14 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Mobilität Entwicklung eines intelligenten, sicheren und kommunalen Angebotes namens VGBiziz für das Abstellen von Fahrrädern. In einem Verbund wird sicheres Abstellen in Gebieten mit hoher Nachfrage und in Wohngebieten mit Parkplatzmangel angeboten. Aktuell besteht der Verbund aus zehn kostengünstigen Abstellflächen für Fahrräder, die zusammen über 500 Stellplätze aufweisen, sowie aus Abstellmöglichkeiten innerhalb von Gebäuden und auf Parkplätzen mit Überwachungssystemen. Zusätzlich zu VGBiziz hat das örtliche Projekt-Team 12 000 Fahrradständer auf den Straßen im gesamten Stadtgebiet installiert. Dieses bemerkenswerte Beispiel nachhaltiger Mobilitätsplanung mithilfe von Parkraummanagement ermöglichte es der Stadt Vitoria-Gasteiz, den Trend beim Modal Split umzukehren. Die Nutzung von Autos ist seitdem zurückgegangen, Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad und zu Fuß hat zugenommen. Darüber hinaus hat das Parkraummanagement dazu beigetragen, öffentlichen Raum zurückzugewinnen, der nun eine Basis für eine künftige Stadtentwicklung bildet, die Gemeinschaft unterstützt und die Umwelt respektiert. Zunahme der Fahrradkultur in Brügge Der Ansatz „Weniger Geschwindigkeit, mehr Stadt“ war das Leitprinzip bei der Entwicklung des neuen Verkehrskonzepts der belgischen Stadt Brügge, das darauf abzielt, das Fahrradnetz der Stadt zu stärken und gleichzeitig die weiterreichende Vision einer nachhaltigen Mobilität zu fördern. Im Ergebnis wird Fahrradfahren dadurch direkter, intuitiver und komfortabler. Ein wichtiger Ansatz zur Verbesserung des Radverkehrs in Brügge waren zweifellos Veränderungen am Bahnhof. Dieser Bereich verzeichnet die höchste Anzahl von Radfahrern innerhalb der Stadt. In diesem Gebiet müssen jedoch sowohl Radfahrer als auch Fußgänger eine schwierige und unsichere Ringstraßenkreuzung überqueren. Um Lebensqualität und Sicherheit des Bahnhofsbereichs für alle Verkehrsteilnehmer zu verbessern und die Qualität des Ortes - der auch das Haupttor zum historischen Stadtzentrum ist - zu erhöhen, hat die Stadt Fußgänger- und Radwege unter der Ringstraße mit Verbindung zum Bahnhof angelegt, eine Unterführung am Unesco-Kreisverkehr in Richtung Innenstadt und eine „Kiss & Ride“-Zone auf dem Bahnhofsparkplatz. Da die Reaktionen der Bürger auf die Lösungen „einhellig positiv“ seien, sieht Brügge das Projekt als „großen Fortschritt“ in Bezug auf die Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern. Darüber hinaus dürfte sich diese Neugestaltung positiv auf motorisierte Fahrzeuge auswirken und den Verkehrsfluss auf der Ringstraße verbessern. Das große Potenzial von Lastenrädern in Lecce Lastenfahrräder - Fahrräder, die speziell für den Transport von Gütern und Personen entwickelt wurden, oft mit großen Behältern - sind umweltfreundlich, praktisch und haben das Potenzial, Verkehrsstaus in der Stadt zu verringern und gleichzeitig Logistikabläufe effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die Stadt Lecce in Italien will mit dieser Transportmöglichkeit ihre lokalen Unternehmen in den engen und verwinkelten Straßen unterstützen, um so verkehrsberuhigte Zonen schaffen zu können. Ein lokaler Hersteller aus Lecce bot Familien seiner Gemeinde an, sich für bis zu zwei Wochen kostenlos ein Lastenfahrrad auszuleihen. Die Akzeptanz wurde so gefördert und das Unternehmen konnte aus den Erfahrungen der Benutzer lernen. Gleichzeitig testeten fünf Bed & Breakfast- Betreiber die gemeinsame Nutzung eines Lastenfahrrads, um Waren wie saubere Bettwäsche und Lebensmittel liefern zu lassen oder abzuholen. Das Lastenrad wurde sicher an einem Hub im Stadtzentrum abgestellt und die teilnehmenden Gastronomen hatten Schlüssel für den Zugang zum Parkplatz. Auch die Pizzaabholung wurde für Restaurants innerhalb der verkehrsberuhigten Zone erleichtert. Anstatt dass Kunden ihre Autos außerhalb der Bild 4: Lastenfahrräder im italienischen Lecce ermöglichen eine schnellere und direktere Lieferung. © Cosimo Chiffi Zone parken und ihre Pizzen zu Fuß abholen mussten, ermöglichten Lastenräder eine schnellere und direktere Lieferung. Die nächsten Schritte dieser Initiative sind: die Schaffung eines neuen reservierten Bereichs, um den Umstieg auf Lastenräder zu erleichtern, die Sicherung von Parkplätzen und Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder sowie der Einsatz von GPS-Geräten, um Unternehmen eine gemeinsame Nutzung von Lastenrädern und die Verfolgung der Stopps zu ermöglichen. Wissensvermittlung Ständig werden neue innovative Mobilitätslösungen erforscht und auf den Markt gebracht. Allerdings kann es für Städte und Regionen eine Herausforderung sein, herauszufinden, welche Lösungen für sie am besten sind und wie sie diese umsetzen können. Durch die aufgeführten Projekte und von der Europäischen Kommission finanzierte Plattformen wie der CIVITAS-Initiative haben Städte Zugang zu Open-Source-Ressourcen, Tools und Richtlinien, die sie zur lokalen Replikation von Lösungen nutzen können. Networking-Veranstaltungen sind auch eine großartige Gelegenheit für Praktiker, voneinander zu lernen und die Kräfte auf dem Weg zu einer CO 2 freien Mobilität zu bündeln. Zuletzt veranstaltete die Europäische Kommission vom 4. bis 6. Oktober 2023 in Sevilla, Spanien, ihre Flaggschiffveranstaltung „Urban Mobility Days“. Dabei kamen Politiker, lokale Behörden, Industrie und städtische Verkehrsexperten zusammen, um sich zu vernetzen, auszutauschen und den Weg zu einer nachhaltigen, innovativen und gerechten Zukunft der städtischen Mobilität in Europa zu diskutieren. Eine zentrale Botschaft, die sich während der gesamten Veranstaltung verbreitete war, dass Mobilitätsplanung viel mehr als nur Mobilität umfasst. Es geht auch um Themen wie physische und digitale Infrastruktur, Energie, Regulierung, Finanzierung und Finanzen. Es geht vor allem um die Lebensqualität im urbanen Raum. Da 2023 das Europäische Jahr der Kompetenzen ist, wurde ein besonderer Schwerpunkt auch auf die Kenntnisse und Fähigkeiten gelegt, die Mobilitätsfachkräfte benötigen, um mit allen Interessengruppen zusammenzuarbeiten und einen transparenten und effektiven Übergang unserer städtischen Räume in lebenswerte Städte und Gemeinden mit nachhaltiger Verkehrsinfrastruktur zu ermöglichen. Weitere Informationen zu den Beispielen in diesem Artikel finden Sie in der Publikation CIVITAS Success Stories. ACO GmbH Am Ahlmannkai 24782 Büdelsdorf ACO Produkte sorgen für mehr Sicherheit und Laufruhe auf Radwegen Der Bund fördert - ACO unterstützt in der Planung Gemeinsam die Radverkehrsnetze nachhaltig gestalten und so die Klimaziele erreichen. ACO Produkte für Radwege: Schachtabdeckungen ACO Multitop Aufsätze für Straßenabläufe ACO Multitop Bordsteinentwässerung ACO KerbDrain City Kombination aus Linien- und Punktentwässerung ACO Drain®Box mit der ACO Drain®Box Weitere Informationen: www.aco.de/ radwege Klimaziele erreichen Radwege neu gestalten ACO. we care for water