eJournals Transforming cities 8/4

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0091
124
2023
84

Das MobileCityGame

124
2023
Claus Doll
Susanne Bieker
Dorien Duffner-Korbee
Konstantin Krauss
Strategische Planung ist für Städte von größter Bedeutung, um Klimaziele zu erreichen, die Zufriedenheit der Bürger zu erhalten und finanziellen Zwängen zu genügen. Bewertungsmodelle sind oft kostspielig und komplex. Das Serious Game MobileCity ist ein intuitives und dynamisches Verkehrssimulationswerkzeug für Strategieprozesse, Partizipation und Bildung. Ein vollständig kalibriertes Verkehrsmodell, das auf lokalen Geräten läuft, ermöglicht die kontextsensitive Kombination unterschiedlicher Mobilitätsmaßnahmen und zeigt Wirkungen für Klima, Finanzen und Lebensqualität.
tc840062
62 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende Motivation und Zielsetzung Städte und Regionen stehen zunehmend unter Druck, die Klimaziele der EU und der nationalen Gesetzgebung [1, 2] zu erfüllen. Gleichzeitig werden finanzielle Spielräume kleiner und unterschiedliche Erwartungen an einen guten Lebensstandard erschweren zusätzlich politische Entscheidungen. Gut entwickelte Planungsinstrumente wie die SUMP- Methode [3] oder detaillierte Verkehrsmodelle sind komplex und teuer. Zudem sind sie in der Anwendung und für Laien schwer nachzuvollziehen, während gleichzeitig zentrale politikrelevante Ergebnisindikatoren fehlen. Vor diesem Hintergrund hat ein Team von Fraunhofer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und takomat GmbH sich die Aufgabe gestellt, die Kernfunktionen größerer Verkehrs- und Nachhaltigkeitsmodelle zu vereinfachen, sie zu dynamisieren, und für Laien mit Informationen und zusätzlichen Outputs zu sozialen und finanziellen Fragen anzureichern und in einer leicht zugänglichen Form zu präsentieren. Das daraus resultierende Tool ermöglicht es Entscheidungsträgern, verschiedene Optionen zukünftiger Mobilität zu testen und auch ohne Modellkenntnisse umfänglich selbständig zu bewerten. Zudem kann das Tool öffentliche Informations- und Beteiligungsprozesse unterstützen und die Ausbildung zukünftiger Mobilitäts- und Nachhaltigkeitsexpert: innen an Universitäten fördern. Dieser Anspruch mündete im dreijährigen Forschungsprojekt MobileCityGame, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde. Am Beispiel von Karlsruhe (300 000 Einwohner*innen) wurde ein kostenloses und frei zugängliches Serious Game für iOS und Android entwickelt. Es umfasst ein einfaches aber voll funktionsfähiges Verkehrsmodell, das auf lokalen Geräten läuft und eine intuitive Benutzeroberfläche hat. In diesem Beitrag werden zunächst die Kernfunktionen und Merkmale von MobileCity vorgestellt. Dann wird über die Einführung in definierte Szenarien und deren Bewertung berichtet und abschließend auf (potenzielle) Anwendungsbereiche und Erfahrungen in der Anwendung hingewiesen. Methode und Daten die Game Engine Die Modellstruktur MobileCity folgt der Logik eines systemdynamischen Modells mit geografischer Nutzerschnittstelle. In jährlichen Zeitintervallen können Maßnahmen begonnen oder beendet werden. Berücksichtigt werden PKW mit elektrischem (E-PKW) und fossilem (V-PKW) Antrieb, Carsharing, öffentlicher Verkehr (ÖPNV) elektrisch mit Tram und S-Bahn sowie fossil und elektrisch mit Bussen, Radverkehr und zu Fuß. Die Bevölkerung in den Altersklassen 0 bis 19, 20 bis 64 und ab 65 Jahren wird den Wegezwecken Ausbildung, Arbeit, Besorgungen und Freizeit zugeordnet. Die App arbeitet auf der Ebene von 27 Stadtteilen und 15 Umlandbezirken, die durch Hyper-Netze für PKW, ÖPNV und Fahrrad über Hauptverbindungen und in die Stadtteile über Zugangslinks verbunden sind. Flottenmodelle unterteilen Verkehrsmittel in elektrische und fossile Antriebe. MobileCity gliedert sich in acht Berechnungs- und drei Ausgabemodule. Bevölkerung (BEV), Regionalstruktur (REG), Infrastruktur (INF) und Verhalten (SOZ) bestimmen die Verkehrsmittelwahl (MOD), die mit der Technologie (TEC) kommuniziert. Energie (ENG), Infrastruktur und Altersstruktur steuern wie- Das MobileCityGame Gamification zur Unterstützung frühzeitiger Planung, Partizipation und Bildung für eine erfolgreiche Mobilitätswende Mobilitätswende, Urbane Mobilität, Strategieentwicklung, Wirkungsabschätzung, Serious Gaming Claus Doll, Susanne Bieker, Dorien Duffner-Korbee, Konstantin Krauss Strategische Planung ist für Städte von größter Bedeutung, um Klimaziele zu erreichen, die Zufriedenheit der Bürger zu erhalten und finanziellen Zwängen zu genügen. Bewertungsmodelle sind oft kostspielig und komplex. Das Serious Game MobileCity ist ein intuitives und dynamisches Verkehrssimulationswerkzeug für Strategieprozesse, Partizipation und Bildung. Ein vollständig kalibriertes Verkehrsmodell, das auf lokalen Geräten läuft, ermöglicht die kontextsensitive Kombination unterschiedlicher Mobilitätsmaßnahmen und zeigt Wirkungen für Klima, Finanzen und Lebensqualität. 63 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende derum die Technologien. Diese acht Module kommunizieren dynamisch über Bestands- und Flussgrößen sowie über Matrizen und liefern schließlich Daten für die drei Bewertungsmodule Klima (ENV), Lebensqualität (LEQ) und Finanzen (FIN) (Bild 1). Die einzelnen Module sind anhand von Daten für die Stadt Karlsruhe sowie anhand von Algorithmen und Ergebnissen aus bestehenden Verkehrs- und Nachhaltigkeitsmodellen definiert und kalibriert. Dabei handelt es sich um das am KIT entwickelte agentenbasierte Modell mobiTopp [4] und die von Fraunhofer und Partnern entwickelten Systemdynamikmodelle ASTRA für die Ökonomie und ALADIN für die Fahrzeugflotten [5, 6]. Diese wurden durch eine Literaturübersicht über Wirkungsmechanismen ergänzt [7, 8, 9]. Die Ergebnisse wurden mit der Stadtverwaltung Karlsruhe und in drei Stakeholder-Workshops im Zeitraum Januar bis Juni 2023 diskutiert. Benutzeroberfläche und Outputs Die Ergebnisse von MobileCity sind vornehmlich didaktischer Natur, liefern jedoch auch jährliche numerische Werte für Wirkungen bis 2050. Hierzu werden die drei Output-Indikatoren (Klima, Lebensqualität und Finanzen) über Daten aus den Analysemodulen und zum Teil direkt über die angewählten Maßnahmen bestimmt. Über variable Emissions- und Kostenfaktoren lassen sich so Wirkungen von Mobilitätsstrategien im Zeitverlauf und abhängig vom Kontext bereits ausgeführter Maßnahmen abschätzen. Durch den systemdynamischen Ansatz kann MobileCity neben den Endergebnissen im Zieljahr 2050 auch die Einhaltung oder Verfehlung von Zielen auf dem Weg dorthin, etwa zur Kontrolle von Emissionsbudgets, bewerten. Da MobileCity unter die Kategorie Serious Game fällt, wurde ein Punktesystem entwickelt, das die jährliche Leistung in den drei Wirkungskategorien zusammenfasst. Tabelle-1 gibt einen Überblick über die Wirkungskategorien, Teilindikatoren und Bewertungsgrundsätze. Um die Akzeptanz von Maßnahmen in der Bevölkerung zu quantifizieren, wurde im Sommer 2023 eine repräsentative Umfrage in den 25 größten deutschen Städten mit 2 660 Antworten durchgeführt [7, 10]. Entlang der vier Maßnahmen Parkgebühren von 20 EUR, Bau von Radschnellwegen, Umwidmung von Straßenraum und kostenlosem ÖPNV wurden die Proband*innen gebeten, ihre Zustimmung zu diesen Maßnahmen zu bewerten. Einmal vor der hypothetischen Einführung mit wenigen Informationen und erneut nach der hypothetischen Fertigstellung. Begleitet wurde die Befragung durch Vorher-Nachher-Bilder über eine Skala von 1 (völlige Ablehnung) bis 7 (volle Zustimmung) zu bewerten. Über eine lineare Transformation wurden die monetären Nutzen der Akzeptanz so gesetzt, dass die maximale Antwortskala (1 bis 7) einem Punktebereich von -50 bis +50 entspricht. Modul Einheit Punktewertung Indikatorik Klima (ENV) t CO 2 e pro Einwohner Entwicklung entlang eines linearen Reduktionspfades bis zur Klimaneutraltät 2045 Emissionen je Fahrzeugtyp (PKW und ÖPNV) Lebensqualität (LEQ) Soziale Mehrwerte (EUR/ Einwohner) Bandbreite von Null bis zum Doppelten der sozialen Kosten 2023 mit höherer Dynamik bei großen Änderungen Mobilitätskosten, Zugänglichkeit, ÖPNV Qualität, Luftqualität, Lärm, Sicherheit und Akzeptanz Finanzen (FIN) Bilanz der jährlichen Einnahmen und Ausgaben (Mio. EUR) Bandbreite von +50 bis -10 Mio. EUR jährlich, linear Separate Budgets für PKW, Fahrrad, ÖPNV und urbane Entwicklung, nach Zuweisungen, Ausgaben und Einnahmen Tabelle 1: Output-Indikatoren in der Mobile- City Demo-Version Bild 1: Modell und Datenstruktur von MobileCity. © Fraunhofer ISI und KIT 64 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende Funktionen und Maßnahmen In MobileCity schlüpfen Spielende in die Rolle eines oder einer allmächtigen Bürgermeister*in. Bei der Betrachtung der Mobilitätsstrategien bis 2050 werden bewusst aktuelle rechtliche oder organisatorische Barrieren ausgeblendet, um heute noch schwer umsetzbare Maßnahmen in der Zukunft zu ermöglichen. Maßnahmen oder Eingriffe werden durch Planungs- und Bauzeiten, Kosten, Akzeptanz und detaillierte Auswirkungen auf einzelne Stadtteile, Hypernet und andere Modellparameter beschrieben. Die aktuelle Demoversion von MobileCity enthält elf Einzelmaßnahmen, die verschiedene Interventionskategorien, Verkehrsmittel und geografische Details abdecken (Tabelle 1). Für reale Anwendungen soll diese Auswahl einen Eindruck von den Möglichkeiten von MobileCity vermitteln. Einzelne Maßnahmen werden geografisch durch entsprechende Layer im Stadtplan dargestellt (zum Beispiel: E-Ladestationen oder Parkgebühren). Weitere Layer zeigen die Reisezeiten nach Verkehrsträgern zwischen den Stadtteilen, die Bevölkerungsentwicklung und die CO 2 -Emissionen pro Kopf. Die Entwicklung des Modal Split, CO 2 -Emissionen, Lebensqualität und Finanzen können während des Spielverlaufs über detaillierte Grafiken verfolgt werden. Zum Abschluss eines 15bis 25-minütigen Spieldurchlaufs wird ein Abschlussbericht erstellt, der über verschiedene digitale Kanäle geteilt werden kann. Szenarien und Ergebnisse Mit MobileCity können sowohl die Wirkung von Maßnahmenkombinationen (nachstehend „Bündel“ genannt) als auch die Verzögerung von Maßnahmen (durch Planungs- und Bauzeiten) einfach veranschaulicht und bewertet werden. Um dies zu demonstrieren, wurde ein Referenzdurchlauf (keine Maßnahmen) angewählt sowie sechs Maßnahmenbündel über die Interventionsbereiche Bauen, Antriebe, Anreize, Preise und Regulierung für alle Verkehrsmittel definiert: 1. Referenz: Nur Maßnahmen, die im Spiel ohne Einfluss der Spielenden aktiviert werden, zum Beispiel Markteinführung von E-Autos, mäßiger Hochlauf von E-Ladestationen im Stadtgebiet und vollständige Elektrifizierung der Busse bis zum Jahr 2030. 2. E-Mobilität: Maximal 130 % jährlicher Zuwachs von E-Ladestationen im Vergleich zur Entwicklung in Norwegen, kostenloses Parken, Anreizprogramme für die Nutzung von E-Autos wie Gutscheine für Freifahrten und Living Labs. 3. Fahrradstadt: Umsetzung aller Radschnellwege, Straßenraumumgestaltung in der gesamten Stadt, der Innenstadt sowie am Stadtrand (alle Stadtteile) mit 30 % weniger PKW-Parkplätzen. 4. Parken und Geschwindigkeit: Parkgebühren von 10 EUR in der Innenstadt mit 50 % Rabatt für E-Autos, 75 % der ehemals kostenlosen Parkplätze sind gebührenpflichtig, außerdem Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/ h auf allen Straßen. 5. ÖPNV-Tarife: Monatskarte für 29 EUR mit entsprechender Ermäßigung bei Einzel- und Sonderfahrscheinen für alle Fahrgäste. 6. Klimapaket: Bündel „Fahrradstadt“, „Parken und Geschwindigkeit“ und „ÖPNV-Tarife“ kombiniert. 7. Klima-Notbremse: Bündel Fahrradstadt plus 70 % der öffentlichen Parkplätze entfernt, 20 EUR Gebühren für jeden Parkvorgang im Zentrum - für alle Parkplätze und alle Autos, 9 EUR Monatskarte für den ÖPNV; 130 % E-Ladestationen- Außer im Szenario Referenz wurden alle Maßnahmenbündel früh (2024) oder spät (2030) begonnen. Für die daraus resultierenden 13 Varianten zeigt Bild- 2 die kumulierten Siegpunkte über den Zeitraum 2023 bis 2050, untergliedert in die Kategorien Klima, Lebensqualität und Finanzen sowie den CO 2 - Ausstoß pro Kopf der Karlsruher Bevölkerung. Bereits im Referenzfall reduziert die voraussichtlich unausweichliche Marktdurchdringung von E-Autos die THG-Emissionen im Zeitraum 2023 Kategorie Mode Maßnahme Beschreibung Bauen Fahrrad Radschnellwege 6 Radschnellwege PKW E-Ladestationen Zubau nach Stadtteilen ÖPNV Straßenbahntunnel Teil der Karlsruher Kombilösung, eröffnet 2021 ÖPNV E-Busse Bis 2030 werden alle Busse auf E-Antriebe umgestellt Preisgestaltung PKW Parkgebühren 4 Varianten aus Preisen, Ausdehnung und E-PKW-Rabatten ÖPNV Tarifreform 4 Varianten mit 49 €-, 29 €- und 9 €-Ticket Regulierung PKW Geschwindigkeitsbregenzungen 3 Varianten mit/ ohne Bundesstraßen Fuß/ Radverkehr Straßenraumgestaltung Innere und äußere Bezirke nach Anteil reduzierter Parkplätze Anreize Carsharing Gutscheine Akzeptanz durch Kennenlernen PKW Urban Living Labs Akzeptanz durch Vorzeigeprojekte Tabelle 2: Maßnahmenkategorien in der aktuellen MobileCity Demo-Version. 65 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende bis 2050 um 83 % von 0,75 auf 0,13 t CO 2 pro Jahr und Kopf. Weitere Reduktionen sind über die gewählten Maßnahmenbündel lediglich durch starke Push-Maßnahmen, wie sehr hohe Parkgebühren, zu erreichen. Aber: Der Zeitpunkt ist wichtig, wie die besseren Klimabilanzwerte für früh eingeführte Bündel zeigen. Die Klimaneutralität scheitert jedoch in allen Fällen, da Maßnahmen zur Eindämmung der Stromemissionen noch fehlen. Lebensqualität und Klimabilanz gehen Hand in Hand, wenn Push- und Pull-Maßnahmen kombiniert werden. Schließlich können hohe Parkgebühren den praktisch kostenlosen Nahverkehr in der „Notbremse“ refinanzieren. Bild 3 zeigt den Modal Split nach Wegen für Binnen-, Quell- und Zielverkehr im Jahr 2050 für alle Varianten. Nach dem derzeit implementierten Modell und den Maßnahmen zeigt sich dieser auch bis 2050 als einigermaßen robust gegenüber größeren Veränderungen. Selbst die harten Maßnahmen im Rahmen der Notbremse führen nur zu einem Rückgang des PKW-Anteils von rund einem Drittel auf 32 %. Der ÖPNV wächst hier um knapp 60 % auf 29 %. Bild 2: Vergleich der 13 Varianten nach Siegpunkten und CO 2 -Ausstoß. © Fraunhofer ISI und KIT Bild 3: Vergleich der 13 Varianten nach Modal Split 2050. © Fraunhofer ISI und KIT 1190 1811 1540 1271 1208 1944 1672 1327 1295 2087 1780 2169 1889 1409 1503 1484 2377 2167 1165 1224 2260 2157 2217 2296 2642 2349 960 694 683 1254 1227 2704 2415 52 52 1290 1091 2752 2462 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 Klimaemissionen 2050 (t CO2e p.c.) Siegpunkte 2023-2050 Punkte Klima Punkte Lebensqualität Punkte Finanzen Klimaemissionen % ÖPNV % E-Pkw % V-Pkw % Carsharing % Fahrrad % zu Fuß 17,7 17,6 17,6 20,0 20,0 18,4 18,4 20,8 20,8 24,3 23,7 28,7 28,7 47,5 47,8 47,8 45,2 45,1 42,3 42,3 45,0 45,0 38,2 39,5 31,6 31,6 18,6 18,5 18,6 19,5 19,5 18,7 18,7 18,1 18,1 18,8 19,4 21,3 21,3 16,0 16,0 16,0 15,1 15,1 20,2 20,2 15,8 15,8 18,6 17,3 18,3 18,3 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Modal Split 2050 (% Wege) 66 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende In der aktuellen MobileCity-Version fehlen noch Maßnahmen zum Ausbau der ÖPNV-Kapazität, was die maximal mögliche Fahrgastzahl beschränkt. Radfahren und Zufußgehen steigen unter diesen Bedingungen „nur“ um 17 % auf 41 %. Schlussfolgerungen und Diskussion MobileCity ermöglicht es Nutzenden Modellierungserfahrung mit der Kombination, der Intensität und dem Timing von allgemein diskutierten Maßnahmen für die Mobilitätswende zu spielen. Es ist zu erwarten, dass die dynamischen und detaillierten Ergebnisse für die zahlreichen Teilindikatoren die Diskussionen zwischen politischen Entscheidungsträgern, Bürger*innen und Studierenden anregen werden. Die praktische Erprobung dieser potenziellen Anwendungsbereiche ist im Rahmen des Folgeprojekts CarGoNE-City in der Partizipation und Strategiebildung sowie in einem studentischen Seminar am KIT im Winter 2023/ 2024 geplant. Ermutigt durch eine Reihe von Anwenderworkshops, Fachgesprächen und Messen lässt sich ein Potenzial von MobileCity zur Anwendung in Richtung eines allgemein akzeptierten Planungsinstruments erkennen. Dessen Anwendungsbereich kann zur Vorbereitung von Klima-Mobilitätsplänen zum Beispiel im Rahmen von Workshops, für öffentliche Dialoge und für die Aus- und Weiterbildung an (Hoch-)Schulen etabliert werden. Hierfür wird der verfügbare Demonstrator sukzessive um zusätzliche Funktionen und Merkmale erweitert und auf weitere deutsche und europäische Städte übertragen. Zu den in Vorbereitung befindlichen Funktionen gehören weitere Maßnahmen beispielsweise in den Bereichen Straßenbau, ÖPNV-Kapazität, Quartiersgestaltung und Energiewende, die Erweiterung des Modells um die urbane Logistik, geteilte und automatisierte Mobilitätsdienste, sowie die Bereitstellung von Feedbackmöglichkeiten für Nutzende. Für den fachlichen Austausch, Kooperationen oder Workshops steht das Projektteam Kommunen und Fachkollegen gerne zur Verfügung. Referenzen [1] EC: A European Green Deal - Striving to be the first climate-neutral continent. https: / / commission.europa.eu/ strateg y-and-policy/ priorities-2019-2024/ european-green-deal_en [2] Bundesregierung: Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG). BGBl. I S. 3905 (2021). [3] Sutter, D., Sieber, N., Wörner, M.; Esche, C.: Overview of Urban Mobility Climate Mitigation Strategies and Climate objectives in Urban Mobility Plans (SUMPs). Report, (2022). [4] Püschel, J., Barthelmes, L., Kagerbauer, M., Vortisch, P.: Simultaneous Modeling of Mobility Tool Ownership in Agent-Based Travel Demand Models: A Comparison of Discrete Choice and Machine Learning Models. 102nd TRB Annual Meeting, (2023). [5] TRT, M-FIVE, Fraunhofer ISI: AsTra-Model. http: / / www.astra-model.eu/ [6] Plötz, P., Wachsmuth, J., et al.: Greenhouse gas emission budgets and policies for zero-carbon road transport in Europe. ISI Working Paper Sustainability and Innovation 02 (2023). [7] Thaller, A., Posch, A. et al.: How to design policy packages for sustainable transport: Balancing disruptiveness and implementability. In: Transportation Research Part D, 91 (2021). [8] Karjalainen, L. E., Juhola, S.: Urban transportation sustainability assessments: a systematic review of literature. In: Transport Reviews 41 (5), (2021) S. 659 - 684. [9] Krauss, K., Duffner-Korbee, D. et al.: Do People Actually Want Sustainable Urban Mobility Systems? A Residents‘ Perspective on Policy Measures. Paper submitted to TRA 2024. [10] Krauss, K., Duffner-Korbee, D., Flacke, J., Doll, C.: Do People Actually Want Sustainable Urban Mobility Systems? A Residents‘ Perspective on Policy Measures, Manuskript eingereicht zur 10. Transportation Research Arena, Dublin, 2024. Dr. Claus Doll Senior Projektleiter Fraunhofer ISI Kontakt: claus.doll@isi.fraunhofer.de Dr. Susanne Bieker Senior Projektleiterin Fraunhofer ISI Kontakt: susanne.bieker@isi.fraunhofer.de Dr. Doreen Duffner-Korbee Senior Projektleiterin Fraunhofer ISI Kontakt: doreen.duffner-korbee@isi.fraunhofer.de Dr. Konstantin Krauss Projektleiter Fraunhofer ISI Kontakt: konstantin.krauss@isi.fraunhofer.de AUTOR*INNEN