Transforming cities
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2366-7281
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expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2023-0093
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Bauherrschaften für die Verkehrswende gewinnen
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Uli Molter
Volker Blees
Markus Vedder
Nachhaltige Mobilität beginnt an der Haustür: Damit Personen klimafreundliche, effiziente und sozialverträgliche Verkehrsmittel nutzen können, muss es bereits an und in den Gebäuden als Start- und Zielpunkte ihrer Wege entsprechende Angebote geben. Dafür stehen auch die Bauherrschaften bei Neubauten in der Verantwortung. Die Stadt Oberursel informiert und berät Bauherrschaften und Bestandshalter nun mit einem neuen, anschaulichen Online-Tool über Vorteile eigener Mobilitätskonzepte und über das Repertoire der Handlungsoptionen.
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72 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende Siedlungsentwicklung und nachhaltige Mobilität Die Notwendigkeiten nachhaltiger Entwicklung im Allgemeinen und des Klimaschutzes im Besonderen bringen das Erfordernis mit sich, alle verfügbaren Hebel für eine nachhaltigere Mobilität in Bewegung zu setzen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Siedlungsentwicklung und hier vor allem dem Wohnungsneubau zu: Rund 80 % aller Wege beginnen oder enden an der eigenen Wohnung. Das dort vorzufindende Mobilitätsangebot bestimmt maßgebend das individuelle Mobilitätsverhalten. Steht beispielsweise ausreichender, wohnungsnaher und günstiger Parkraum zur Verfügung, so erleichtert und fördert dies die Nutzung des PKW. Ein qualitativ hochwertiges Angebot an alternativen Verkehrsmitteln begünstigt dagegen nachhaltigere Mobilitätsweisen. Infolge des angespannten Wohnungsmarktes und der - trotz aktueller Einbrüche - umfassenden Siedlungstätigkeit erlangt die Frage der Implementierung von Mobilitätswende- Maßnahmen bereits beim Bau von Gebäuden und Quartieren vor allem in Ballungsräumen zusätzliche Bedeutung. Gleich drei Faktoren sprechen dafür, ein Augenmerk auf die Verankerung nachhaltiger Mobilität im Wohnungsneubau zu legen: Zum ersten bestehen hier die größten baulich-räumlichen Gestaltungsspielräume, zum zweiten werden beim Neubau die Verkehrsinfrastrukturen auf Jahrzehnte hin festgelegt und können - wie Tiefgaragen - kaum mehr geändert oder umgenutzt werden und zum dritten geht der Neubezug von Wohnungen meist mit biographischen Umbruchsituationen einher, die Ankerpunkte für die Entwicklung veränderter Mobilitätsroutinen bilden. In den zurückliegenden Jahren hat sich bereits eine Reihe von Studien und Empfehlungspapieren mit Maßnahmen zu nachhaltiger Mobilität in Wohnquartieren beschäftigt [1, 2, 3]. Auch wurden einige Modellquartiere entwickelt, die in der verkehrsplanerischen Fachwelt bundesweit Aufmerksam- Bauherrschaften für die Verkehrswende gewinnen Oberursel motiviert zu Mobilitätskonzepten bei Neubauten Nachhaltige Mobilität, Stadtplanung, Stellplatzsatzung, Mobilitätskonzepte, Nudging Uli Molter, Volker Blees, Markus Vedder Nachhaltige Mobilität beginnt an der Haustür: Damit Personen klimafreundliche, effiziente und sozialverträgliche Verkehrsmittel nutzen können, muss es bereits an und in den Gebäuden als Start- und Zielpunkte ihrer Wege entsprechende Angebote geben. Dafür stehen auch die Bauherrschaften bei Neubauten in der Verantwortung. Die Stadt Oberursel informiert und berät Bauherrschaften und Bestandshalter nun mit einem neuen, anschaulichen Online-Tool über Vorteile eigener Mobilitätskonzepte und über das Repertoire der Handlungsoptionen. 73 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende keit erregt haben, wie etwa die Lincoln-Siedlung in Darmstadt. Als typische Handlungsansätze finden sich in Theorie und Praxis unter anderem hochwertige Fahrradabstellanlagen, Angebote für Car-, Bike- und Lastenradsharing, ein engmaschiges und attraktives Fuß- und Radwegenetz, kurze Wege zu Haltestellen eines hochwertigen ÖPNV im Verbund mit Mietertickets und nicht zuletzt die Konzentration des KFZ-Parkens in Quartiersgaragen. Auch die Bedeutung nahräumlicher Nutzungsmischung („15-Minuten-Stadt“) wird betont. Rolle und Verantwortung für die Planung und Umsetzung neuer Ansätze nachhaltiger Mobilität in der Siedlungsentwicklung verteilen sich in der Praxis auf Kommunen und Bauherrschaften. Die Kommunen setzen mit Bebauungsplänen und in Stellplatzsatzungen den Rahmen der Entwicklung, wobei sie ihrerseits durch unzureichende bzw. in ihrer Ausrichtung überkommene Regelungen im Baugesetzbuch und in den Landesbauordnungen limitiert sind. Ferner tragen sie die Verantwortung für das kommunale Wegenetz und für die ÖPNV- Versorgung. Aufgabe der Bauherrschaften ist es, in diesem Rahmen die konkreten Angebote auf dem Grundstück bzw. im Quartier auszugestalten. Die Möglichkeiten und Chancen, die Mobilität in Wohnquartieren nachhaltig zu gestalten, hängen mithin nicht allein von den bauplanungs- und bauordnungs-rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Umsetzung in den Kommunen ab, sondern wesentlich auch von Motivation und Willen der Bauherrschaften. Neben rein ökonomischen Erwägungen spielen Nachhaltigkeitsaspekte zunehmend in der Vermarktung von Objekten eine Rolle, aber auch die ESG-Richtlinie (ESG = Environmental, Social und Governance) erweist sich als Treiber, dass sich vor allem Projektentwicklerinnen und -entwickler sowie Investorinnen und Investoren vermehrt dem Thema nachhaltiger standortbezogener Mobilitätskonzepte widmen. Zugleich bestehen hier aber auch noch umfassende Marketing-und Informationsbedarfe, um Bauherrschaften zu neuen Ansätzen zu motivieren. Ausgangssituation und Kontext in Oberursel (Taunus) pimoo - die Plattform für Integrierte Mobilität Oberursel ist die Basis für eine nachhaltige verkehrliche Entwicklung, sie baut auf vorhandenen städtischen Fachkonzepten auf und verdeutlicht, dass es keinen weitgehend unflexiblen (Verkehr s ent wick lung s -) Plan gibt. Vielmehr sollen alle relevanten Stakeholder und Akteure in die Lage versetzt werden, gemeinsam, gut informiert auf die vereinbarten verkehrlichen Ziele hinzuarbeiten. Es soll die Sachlichkeit gefördert, Hintergründe erläutert und informiert werden. Emotionen, die oft zu fachlich weniger guten Ergebnissen führen, sollen nach Möglichkeit fundierte Sachverhalte gegenübergestellt werden. Das Projekt pimoo wird von 2021 bis 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie „MobilitätsWerkStadt 2025“ gefördert. 1 Verkehrliches Leitbild als Rahmen Basis der gemeinsamen Arbeit ist das verkehrliche Leitbild der Stadt Oberursel (Taunus) (Bild 1). In einem umfassenden Beteiligungsprozess wurden insbesondere die Gruppen beteiligt, die sonst nur wenig oder gar nicht gehört werden. Dazu gehören vor allem Kinder, Jugendliche, junge Familien, Neubürgerinnen und -bürger sowie teilweise Seniorinnen und Senioren. 1 www.oberursel.de/ pimoo Unser verkehrliches Leitbild Leitziele Prozess Instrumente Februar 2023 Bild 1: Die sieben Leitziele im Leitbild der Stadt Oberursel. © pimoo © Molter et al. 74 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende x Das Leitbild wurde am 15. Juli 2021 durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Damit liegt der Stadtgesellschaft mit allen ihren Akteuren ein Zielrahmen vor. Um die Betroffenen nun in ihrer Arbeit spezifisch zu unterstützen und die oben genannten Ziele zur Sachlichkeit zu erreichen, wurden im Projekt mehrere Produkte bzw. Instrumente erarbeitet. Sie alle sind niedrigschwellig nutzbar. Im Wissensspeicher werden grundlegende Daten, Fakten und Informationen zum Verkehr in Oberursel jeder interessierten Person zur Verfügung gestellt. Der Mobilitätscheck für Magistratsvorlagen informiert Stadtverordnete, wie gut zu beschließende Maßnahmen helfen, die Ziele aus dem Leitbild zu erreichen. Zielerreichung und Zielkonflikte werden klar erkennbar. So können die Stadtverordneten gut informiert und referenziert auf das selbst beschlossene Leitbild diskutieren, abwägen und entscheiden. Die Mobilitätsapp für Bürgerinnen und Bürger gibt Interessierten eine Hilfestellung, ihr persönliches Mobilitätsverhalten analysieren zu lassen und selber zu reflektieren. Die App zeichnet Route und Verkehrsmittel der Nutzenden auf. Erkennt die App PKW-Fahrten in Oberursel, die kürzer als 3 km sind, prüft der Algorithmus Alternativen wie Fußwege, Fahrrad oder ÖPNV. Sofern es Alternativen gibt, werden entsprechende Tipps ausgegeben. Die App befindet sich noch in der Entwicklung und soll zum Jahreswechsel 2023/ 2024 veröffentlicht werden. Mobilitätsberatung zu Gebäuden Ein zentraler Baustein von pimoo ist das interaktive Tool „Mobilitätsberatung zu Gebäuden“. Hintergrund ist das kontinuierliche Wachstum der Stadt und die damit einhergehende Bautätigkeit. Bereits 2019 wurde in Oberursel die Stellplatzsatzung, welche auf Ebene des Bauordnungsrechts die Mobilitätsausstattung von baulichen Anlagen maßgeblich mitbestimmt, novelliert [4]. Neben einer bedarfsgerechten Anpassung der Richtwerte für KFZ- und Fahrradstellplätze sowie der Formulierung zeitgemäßer Qualitätsstandards für Fahrradabstell anlagen eröffnet die neue Satzung Bauherrschaften die Möglichkeit, objektspezifische Mobilitätskonzepte zu entwickeln und umzusetzen und dabei auch den kostenintensiven Bau von KFZ-Stellplätzen zu verringern. Fahrrad Das Fahrrad ist bei Entfernungen bis 5 km ein ideales Verkehrsmittel für die Stadt und kann helfen, einzelne PKW-Fahrten zu vermeiden. Attraktive Fahrradabstellanlagen tragen zur Förderung der Radverkehrsnutzung bei. Deshalb sind qualitativ hochwertige und gut zugängliche Fahrradabstellanlagen essentiell und nach Stellplatzsatzung der Stadt auch gefordert. Die Arbeitsgemeinschaft Nahmobilitat Hessen hat einen Leitfaden herausgebracht. Dieser gibt sowohl hilfreiche Hinweise, als auch eine Übersicht über mögliche, von der Stadt anerkannte Modelle von Fahrradabstellanlagen. Tipps und Hinweise rund um das Radfahren in und um Oberursel finden Sie im Radroutenplaner Hessen, dem Radverkehrskonzept der Stadt und auf der Website des ADFC. Zum Thema „Schulradler“ können Sie sich auf der Website der Stadt Informieren. Stellplatzsatzung der Stadt Oberursel (Taunus) Leitfaden zur Stellplatzsatzung der Stadt Oberursel (Taunus) Leitfaden der AGNH Radverkehrskonzept der Stadt Oberursel (Taunus) Radroutenplaner Hessen. Fahrrad auf der Hornepage der Stadt Schulradler Fahrradabstellplatzverordnung Bild 2: Mobilitätsberatung zu Gebäuden. © pimoo Bild 3: Slider zum Radverkehr mit Infotext und Verweisen. © Molter et al. 75 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende Erwartungsgemäß erreichen die nüchternen Inhalte eines neuen Satzungstextes die Zielgruppe der Bauherrschaften nur eingeschränkt. Ziel der Mobilitätsberatung zu Gebäuden ist es vor diesem Hintergrund, Immobilienbesitzerinnen und -besitzer, Investorinnen und Investoren sowie Bauherrenschaften zu animieren, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das Tool erklärt verkehrliche Zusammenhänge, zeigt Möglichkeiten zur Förderung der Nahmobilität und des Umweltverbundes spielerisch auf und ermuntert zum Klicken und Herumspielen. Aufbau Grundlage des Onlinetools ist ein Straßenzug, in dem sich bekannte Bauwerke und lokaltypische Elemente der Stadt Oberursel - bis hin zu Eintracht Frankfurt-Graffitis - wiedererkennen lassen. Während Nutzende die Straße virtuell entlang laufen, können sie dort verschiedene Themenanker entdecken. Hinter diesen sind die jeweiligen Inhalte zu den Themen zu finden. An typischen Orten werden Informationen zu den folgenden Themen bereitgestellt: ÖPNV, MIV, Fahrrad, Elektromobilität, verkehrliche Strategie Oberursels, Fußverkehr, Barrierefreiheit, Mobilitätskonzepte, Digitalisierung und Klima. Ergänzend stehen Kontaktinformationen und ein Glossar zur Verfügung. Jedes Thema wird mit drei Bausteinen behandelt: Ein erläuternder Text zeigt kurz und prägnant die Zusammenhänge und Handlungsmöglichkeiten im Bereich von Gebäuden auf. Es wurde Wert darauf gelegt, keine langen ausdifferenzierten Texte zu formulieren, da diese eher vom Lesen abhalten. Vielmehr reicht ein kurzes Überfliegen, um die wichtigen Stichworte zu erfassen. Eine kurze Videosequenz oder ein Vorher-Nachher-Bild mit einem Slider skizzieren einen positiven Aspekt aus dem jeweiligen Themenspektrum. So fährt in der Videosequenz zum ÖPNV ein Stadtbus am Bahnhof vor und Fahrgäste steigen aus. Anschließend sieht man sie in der S-Bahn weiterfahren. Die Vorzüge des intermodalen Verkehrs werden erlebbar. Im Vorher-Nachher-Bild zum Radverkehr werden durch den Schieberegler entweder zwei PKW-Stellplätze oder rund zehn Fahrradabstellplätze sichtbar (Bild 3). Letztlich gibt es zu jedem Thema eine Zusammenstellung mit Verweisen oder Links auf geeignete weiterführende Fachinformationen, Verordnungen, Leitfäden oder kurze Fachartikel. Was kann man entdecken? Unter dem Thema ÖPNV sind Informationen zu Mietertickets, dem Stadtbus, der Fahrplanauskunft und der Stellplatzsatzung mit dem entsprechenden Leitfaden zu finden. Der Schwerpunkt beim MIV liegt auf der Hessischen Garagenverordnung und der Stellplatzsatzung. Es wird verdeutlicht, dass PKW, die nicht im öffentlichen Straßenraum stehen Platz für andere Nutzungen machen. Der Themenanker des Fahrrades enthält den Leitfaden zu Fahrradabstellanlagen der Hessischen Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität AGNH, dem städtischen Radverkehrskonzept, der Möglichkeit zur Reduktion von PKW- Stellplätzen durch mehr Fahrradabstellplätze und der Qualität von Fahrradabstellplätzen. Die Elektromobilität beleuchtet gesetzliche Grundlagen sowie die Möglichkeiten zur Förderung der Elektromobilität. Die Strategie verlinkt zum Wissensspeicher, der im Rahmen des pimoo Projektes erarbeitet wurde und in dem Pläne und Konzepte der Stadt (Radverkehrskonzept, Fußverkehrskonzept, verkehrliches Leitbild etc.) aufgeführt sind. Der Fußverkehr verweist auf das Fußverkehrskonzept und einen Leitfaden zum barrierefreien Bauen. Auch unter Barrierefreiheit wird auf diesen Leitfaden sowie auf die Hessische Bauordnung und Fachberatungsstellen wie den Blinden- und Sehbehindertenbund und die städtische Behindertenbeauftragte hingewiesen. Im Themenfeld wohnortbezogener Mobilitätskonzepte werden diese zunächst erläutert und die Vorteile des Anbietens eines Mobilitätskonzeptes dargelegt. Das Tool zeigt an dieser Stelle die Möglichkeit zur Stellplatzreduktion durch ein Mobilitätskonzept nach Stellplatzsatzung auf und verweist auf Leitfäden, die bei der Planung unterstützen sollen. Neben den Möglichkeiten zur Förderung stehen auch die „Hardfacts“ wie die Garagenverordnung und die Stellplatzsatzung mit dazugehörigem Leitfaden über das Onlinetool zur Verfügung. Weitergehend sind dann Hinweise und Verlinkungen zur Stellplatzsatzung, dem Leitfaden und ergäzender Informationsquellen zum Thema aufgezeigt. Unter dem Themenanker der Digitalisierung werden die Vernetzung von Verkehrsmitteln und multimodale Ansätze anschaulich gemacht. Das zentrale Thema Klimaschutz, wird auch mit Hinweisen zur Stellplatzsatzung, dem städtischen Klimaschutzkonzept (mit Maßnahmen im Bereich Mobilität) und weiteren Beratungsmöglichkeiten aufgeführt. Kurz und informativ Es wird sowohl auf verbindliche Regelungen (wie die Stellplatzsatzung) verwiesen, als auch auf die „weichen“ Maßnahmen zur Förderung einer 76 4 · 2023 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende umweltverträglichen Mobilität. Die beschreibenden Texte sind kurzgehalten und dienen als Orientierung, da die meisten Informationen bereits bei anderen Quellen zu finden sind. Auf diese verweist die Sammlung weiterführender Links in dem jeweiligen Themenanker. Die Mobilitätsberatung bietet einen einfachen Einstieg in die vielfältigen Möglichkeiten. Für erfahrene Personen stehen unter dem Stichpunkt „Glossar“ die wichtigsten Links direkt zum Abruf bereit. 2 Erfahrungen und Ausblick Der Ansatz, zielgruppengerecht und manchmal mit einem Augenzwinkern Aufmerksamkeit auf niedrigschwellige Maßnahmen zur Verkehrswende zu lenken, scheint erfolgreich zu sein. Verschiedene Akteure werden aktiviert und ermuntert, sich mit dem Thema zu befassen. Dadurch wird eine Multiplikatorenwirkung erzielt, die in der Breite eine umfassendere Wirkung bringt. Die sehr schlanke Broschüre zum Verkehrlichen Leitbild ist auch nach zwei Jahren sehr gefragt und wird zunehmend auch in der politischen Arbeit von Stadtverordneten oder Bürgerinnen und Bürgern in ihren Diskussionen eingesetzt. Der spielerische Ansatz der Mobilitätsberatung zu Gebäuden verleitet auch nicht direkt angesprochene Menschen, sich damit zu beschäftigen. So werden die dort vorgestellten Themen in verschiedene Bevölkerungsgruppen getragen. Der Bezug zum lokalen Fußballverein wirkt hier identitätsstiftend. In Kombination mit der Oberurseler Stellplatzsatzung kann mittlerweile ein guter Standard zur Förderung nachhaltiger Mobilität erreicht werden. Bauherrschaften beginnen mitunter freiwillig, Maßnahmen wie ein Mieterticket oder sichere Fußwege im Umfeld ihres Objektes anzubieten. Ein wichtiger Arbeitsschritt war die Einbeziehung der potenziellen Zielgruppe im Bereich Immobilien in die Erarbeitung. Sowohl Aufmachung, Inhalte als auch die Darstellung wurden vorher in Workshops mit der „Säule Immobilien“ der lokalen Interessensvertretung der Selbständigen (fokus O) diskutiert. Das Projekt mit seinen Bausteinen wurde inzwischen bei verschiedensten Gelegenheiten vorgestellt und präsentiert. Einem breiten Fachpublikum konnte der Oberurseler Ansatz auf dem Hessischen Mobilitätskongress 2023 in Marburg vorgestellt und so ein weiterer Beitrag zum Transfer geleistet werden. Gerade zur Stellplatzsatzung, zur Mobilitätsberatung oder zum Verkehrlichen Leitbild erreichen die Stadt Oberursel viele Anfragen aus anderen Kommunen. 2 Das Angebot ist öffentlich unter https: / / www.oberursel.de/ mobilitaetsberatung abrufbar. Der Projektschwerpunkt in pimoo liegt zukünftig auf der Verstetigung der Produkte in Oberursel sowie dem Transfer in andere Kommunen. Sie werden in das Verwaltungshandeln der Kommune integriert. Mit den gesammelten Erfahrungen können einzelne Produkte wie die Mobilitätsberatung anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Durch den Übertragungsprozess und die andernorts gesammelten Erfahrungen können wiederum neue Aspekte in den Prozess in Oberursel einfließen. LITERATUR [1] Verkehrsclub Deutschland e. V. (Hrsg.): Intelligent mobil im Wohnquartier - Handlungsempfehlungen für die Wohnungswirtschaft und kommunale Verwaltungen, (2023). Online: https: / / www.vcd.org/ fileadmin/ user_upload/ Redaktion/ Themen/ Wohnen_und_Mobilitaet/ pdf/ BuWomo_HLF_2022_Web. pdf (Aufruf 16.10.2023). [2] Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (Hrsg.): Mobilitätskonzepte in neuen Wohnquartieren. Mobilität sichern, Flächen und Emissionen sparen, Wohnqualität schaffen. Broschüre, (2022). Unter Mitarbeit von Ute Bauer, Jürgen Gies, Stefan Schneider, Anton Bunzel und Jan Walter. [3] EnergieSchweiz für Gemeinden (Hrsg.): Einbettung des Mobilitätsmanagements. Handbuch MIPA - Mobilitätsmanagement in Planungsprozessen von neuen Arealen. Unter Mitarbeit von Arbeitsgemeinschaft synergo und Planungsbüro Jud, (2014). [4] Blees, V., Molter, U., Steinhauer, I.: Modifizierung der Stellplatzsatzung als Beitrag zu nachhaltigerem Verkehr. In: Internationales Verkehrswesen 3 (2019), S. 27 - 30. Dr. Uli Molter Abteilungsleiter Nachhaltigkeit-Mobilität Stadt Oberursel (Taunus) Kontakt: uli.molter@oberursel.de Prof. Volker Blees Professor für Verkehrswesen Hochschule RheinMain Kontakt: volker.blees@hs-rm.de Markus Vedder Abteilung Nachhaltigkeit-Mobilität Stadt Oberursel (Taunus) Kontakt: markus.vedder@oberursel.de AUTOREN