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Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2024-0002
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Kommunale Wärmeplanung in ländlichen Räumen – Wirtschaftssektorale, siedlungsstrukturelle und potenzialbezogene Besonderheiten beachten!

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Simon Block
Rainer Lucas
Oliver Wagner
Das zum 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze gibt kaum Hinweise, wie mit den Unterschieden in der Wärmeversorgung bezogen auf städtische und ländliche Gebiete umzugehen ist. Wir nehmen diese Regelungslücke zum Anlass, um auf die besonderen Verhältnisse in ländlichen Räumen hinzuweisen. Wir empfehlen, diese Besonderheiten in den analytischen Tools der Wärmeplanung (Bestandsanalyse, Potenzialanalyse) gesondert zu erfassen und auch in der Szenarienentwicklung zu berücksichtigen. Hier ist insbesondere zu klären, wie mit den Eigentumsverhältnissen in der Land- und Forstwirtschaft und den Biomassepotenzialen umzugehen ist.
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10 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0002 Gesetzlicher Rahmen zur Wärmeversorgung Mit dem Ziel, Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 zu erreichen (Bundes-Klimaschutzgesetzt), ist auch die Notwendigkeit verbunden, die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien und auf unvermeidbare Abwärmenutzung umzustellen. Laut des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wird mehr als die Hälfte der in Deutschland aktuell eingesetzten Energie für die Wärmebereitstel- Kommunale Wärmeplanung in ländlichen Räumen - Wirtschaftssektorale, siedlungsstrukturelle und potenzialbezogene Besonderheiten beachten! Simon Block, Rainer Lucas, Oliver Wagner Das zum 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze gibt kaum Hinweise, wie mit den Unterschieden in der Wärmeversorgung bezogen auf städtische und ländliche Gebiete umzugehen ist. Wir nehmen diese Regelungslücke zum Anlass, um auf die besonderen Verhältnisse in ländlichen Räumen hinzuweisen. Wir empfehlen, diese Besonderheiten in den analytischen Tools der Wärmeplanung (Bestandsanalyse, Potenzialanalyse) gesondert zu erfassen und auch in der Szenarienentwicklung zu berücksichtigen. Hier ist insbesondere zu klären, wie mit den Eigentumsverhältnissen in der Land- und Forstwirtschaft und den Biomassepotenzialen umzugehen ist. 11 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE DOI: 10.24053/ TC-2024-0002 Energie lung benötigt. Erneuerbare Energien und Fernwärme machen in privaten Haushalten lediglich 18-% bzw. 14-% aus. Dies verdeutlicht, dass enorme Anstrengungen erforderlich sind, um das Ziel einer weitgehenden Dekarbonisierung in den nächsten Dekaden zu erreichen. Besonders herausfordernd ist dies, weil Heizungstechnik und die damit zusammenhängende Infrastruktur besonders langlebig und Veränderungen mit hohen Investitionen verbunden sind. Mehr Unabhängigkeit und weniger fossile Energieimporte erfordern einen Umbau der Wärmeversorgung. Die Bundesregierung hat daher den Ordnungsrahmen im novellierten Gebäudeenergiegesetz („Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“) (Bild 1) und im neuen Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung („Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“) (Bild 2) neu justiert. Mit diesen Vorgaben zeichnen sich zwei grundsätzliche Versorgungspfade ab: eine netzgebundene Wärmeversorgung (Fern- und Nahwärme) und eine objektbezogene Wärmeversorgung. Für diese beiden Pfade gelten unterschiedliche Fristen für die Umstellung auf erneuerbare Energieträger. Der Analyse- und Handlungsrahmen für die Bedarfsdeckung dieser beiden Pfade sollten daher differenziert unter Beachtung der jeweiligen sozio-ökonomischen Einflussfaktoren betrachtet werden. Jede Region ist anders - Planung trifft auf Realität Die kommunale Wärmeplanung sieht vor, einen einheitlichen Zielrahmen zu konzipieren und die Verfahrensschritte vorzugeben. Bild 1: Grafische Darstellung des Gesetzes zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden Bild 2: Grundlagen, Fristen und Regeln zur kommunalen Wärmeplanung *Beispielsweise: • Wärmepumpen • Solarthermie • Hybrid-Heizungen auf Basis von erneuerbaren Energieträgern mit fossilen Anteilen wie Erdgas und Erdöl • Heizungen auf Basis von Biomasse, erneuerbaren Gasen und Flüssigkeiten oder Wasserstoff In Neubaugebieten sind Heizungen mit einem Anteil erneuerbarer Energien* von mind. 65 % zu betreiben, ausgenommen von der Regelung sind Fernwärme und Stromdirekt-Heizungen. Außerhalb von Neubaugebieten sind entsprechend der Fristen der kommunalen Wärmeplanung Heizung mit einem Anteil erneuerbarer Energien* von mind. 65 % zu betreiben. Im Bestand gilt, bei Heizungen die nicht repariert werden können, eine Übergangsfrist von fünf Jahren. Bestandsanlagen, die funktionstüchtig sind oder repariert werden können, sind von den Vorschriften unberührt. Gebäudeenergiegesetz: Verpflichtet sind private und juristische Personen. Frist: • Gilt ab dem 01.01.2024 Kommunale Wärmeplanung: Verpflichtet sind die Bundesländer, die wiederum die Pflicht an die Gemeinden und Städte übertragen können. Bestandsanalyse für • Energie- und Treibhausgasbilanzen • Gebäudewärmebedarfe • Vorhandene Infrastrukturen Potenzialanalyse für • Mögliche erneuerbare Energiequellen • Abwärmequellen • Infrastrukturen Erstellung eines Zielszenarios für 2045 unter Einbindung der kommunalen Akteur*innen Entwickeln einer Umsetzungsstrategie durch Transformations- und Maßnahmenpläne Frist: • Bis zum 30.06.2024 für Gemeinden > 100.000 Einwohner*innen • Bis zum 30.06.2026 für Gemeinden < 100.000 Einwohner*innen Ausnahmeregelung: • Möglichkeit auf verkürzte Wärmeplanung, insofern eine Versorgung durch Wärme- oder Wasserstoffnetze als sehr unwahrscheinlich gilt • Möglichkeit auf ein vereinfachtes Verfahren für Gemeinden mit < 10.000 Einwohner*innen mit der Möglichkeit zu interkommunalen Kooperationen 12 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0002 PRAXIS + PROJEKTE Durch die Planungsvorgaben können die verschiedenen Handlungsebenen, Strategien und Maßnahmen, die bisher getrennt verfolgt wurden, zusammengeführt und die Wärmewende auf eine neue Grundlage gestellt werden. Diese methodische Vereinheitlichung sollte aber nicht dazu führen, dass die regionalen Besonderheiten in der deutschen Energielandschaft nicht oder nur wenig beachtet werden. Die Wahrnehmung lokaler Potenziale ist in der regionalen Strukturpolitik der Länder inzwischen Standard und sollte auch in die Wärmeplanung Eingang finden. Dies betrifft zum einen die unterschiedlichen klimabezogenen, geografischen und siedlungsbezogenen Verhältnisse in den Regionen, die mit dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger immer wichtiger werden, und zum anderen die Unterschiede in der infrastrukturellen Ausstattung und den organisatorischen Strukturen zur Erbringung der energiebezogenen Versorgungsdienstleistungen. Bezüglich der Bestandsanalyse kann in ländlichen Räumen im Vergleich zu den urbanen Ballungsräumen in geringerem Maße auf bestehende Planwerke/ Kataster zurückgegriffen werden, wie der Abschlussbericht zur Wärmeplanung der Stadt Lörrach zeigt. Vor diesem Hintergrund stellt das Land Schleswig-Holstein den Kommunen mit dem Klima-Navi eine GIS-basierte Datenbasis für die Erstellung von CO 2 -Bilanzen zur Verfügung (www.klima-navi. de). Hierdurch können erste Einsparmöglichkeiten identifiziert werden. Um einen kompletten Wärmeatlas auf Gemeindeebene zu erstellen, müssen jedoch zusätzliche Daten zu den Bedingungen der Bedarfsdeckung mit erneuerbaren Energieträgern erhoben werden, z.-B. Infrastrukturen, Energieerzeugungsanlagen und deren Ausbaumöglichkeiten. Erst auf dieser Grundlage können mögliche Versorgungsoptionen entwickelt und unter Einbeziehung klimabezogener und sozioökonomischer Kriterien bewertet werden. In diesem Rahmen sollten auch die biogenen Substrate/ Reststoffe sowie die Abwärmepotenziale in den landwirtschaftlichen Betrieben betrachtet werden [1,2]. In Schleswig-Holstein gibt es beispielsweise mehr als 880 Biogasanlagen, deren Wärmepotenzial nur unzureichend erschlossen ist. Die Bestandsdaten zu den Verbrauchsstrukturen müssen dann mit den Informationen zur Bedarfsdeckung abgeglichen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass jede Gemeinde eigene Versorgungsstrukturen hat, die ggf. angepasst werden können. Auch die Beteiligungsformen sollten an bestehenden, politischen Strukturen anknüpfen. Von Vorteil ist hier, dass „auf dem Lande“ die Entscheidungswege oft kurz sind und die Akteur*innen sich kennen. Die Möglichkeiten, genossenschaftliche Modelle zu entwickeln und auch Eigenleistungen bei der Realisierung einzubringen, sind hier besonders groß [3]. Es sollte aber auch geschaut werden, wie in den Nachbargemeinden vorgegangen wird. Eine kreisbezogene Plattform für den Austausch über die Wärmewende in den Ämtern und Gemeinden wäre daher sehr sinnvoll. Von Insellösungen zur interkommunalen und gemeindeübergreifenden Gesamtplanung Konzeptionelle Herausforderungen Auch im Landkreis Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein sind zahlreiche Aktivitäten zu beobachten, fossile Energieträger in der Wärmeversorgung zu ersetzen. Einige dieser Aktivitäten im Bereich der Energie-, Wald- und Landwirtschaft werden durch das Forschungsprojekt VorAB [4] begleitet. In einem Arbeitskreis engagieren sich Personen aus der Energie-, der Land- und der Forstwirtschaft sowie der Regionalplanung, bringen ihre unterschiedlichen Ideen und Expertisen ein und denken über intersektorale und interkommunale Lösungen zur Wärmewende nach. In einem Teilprojekt wird ein Demeter-Betrieb bei der Umstellung seiner Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien unterstützt. Dabei werden die hofeigenen Potenziale (Gülle, Mist, Spelzen, Hackschnitzel aus Knicks) auf ihre Verwendungsmöglichkeiten und auf die technische Umsetzung geprüft. Die Planung ist in ihrer jetzigen Form jedoch ausschließlich auf den Hof und die Wohn- und Wirtschaftsgebäude beschränkt. Dies hängt auch damit zusammen, dass das Dorf die Form einer Streusiedlung hat. Eine auf den eigenen Betrieb fixierte Lösung in der Wärmeversorgung ist auch auf einem ehemaligen Gutshof (heute Ferien- und Tagungsstätte) zu beobachten. Hier wurden das Restaurant, das Tagungshaus und die Ferienhäuser auf eine Wärmeversorgung mit Holzhackschnitzel aus eigenen Waldbeständen umgestellt. Die Wärmeverteilung erfolgt auf dem gesamten Grundstück und durch ein kleines Wärmenetz. Allerdings wurde auch hier die Versorgung nur auf betrieblicher Ebene umgestellt und bezieht das Dorf nicht ein. Aufgrund der im Forschungsprojekt durchgeführten Recherchen [5] ist zu erkennen, dass dies keine Einzelfälle sind. Die Versorgungsengpässe durch den Ausfall des russischen Erdga- Energie 13 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE DOI: 10.24053/ TC-2024-0002 ses und die damit verbundenen Preissteigerungen haben dazu geführt, dass bei den objektbezogenen Planungen verstärkt auf regionale Energieträger aus der Wald- und Landwirtschaft zurückgegriffen wird. Gleichzeitig gibt es aber auch dorfbezogene Initiativen in Kooperation mit den Nachbargemeinden wie das energetische Quartierskonzept Kastorf, wo die Frage des zukünftigen Energieträgers noch offen ist. Zu diesen Veränderungen im Energieträger-Portfolio gibt es in der Regionalplanung und auf der Landesebene bisher kein systematisches Monitoring. Die dabei zugrunde gelegte Systematik müsste die für die ländlichen Räume charakteristischen Merkmale auf den verschiedenen Handlungsebenen erfassen. Tabelle 1 deutet bereits an, dass in ländlichen Räumen andere Akteur*innen, Strukturen und Orientierungen vorliegen als in dicht besiedelten Städten. Insellösungen auf der Basis biogener Energieträger sind auf dem Land oft vorzufinden, da sie auf einem gesicherten betrieblichen und/ oder regionalen Zugriff basieren. Diese Art der Energieversorgung beruht auf langjährigen Praktiken in eingespielten Wertschöpfungsketten und auf Fähigkeiten, die damit verbundenen Potenziale zu erschließen. Vor diesem Hintergrund wird es in den ländlichen Regionen, je nach Potenzialausstattung, immer einen gewissen Anteil an biomasse-bezogener Wärmeerzeugung geben. Diese betrieblichen und dorfbezogenen Ansätze (Bioenergiedörfer) müssen auch in der Wärmeplanung berücksichtigt werden. Die Fähigkeiten der Betriebe, zuerst Potenziale zu erschließen und dann deren Nutzung technisch und wirtschaftlich umzusetzen, sind unterschiedlich ausgeprägt. Bei Bestandsanlagen stellt sich die Frage, ob ein Umbau lohnt oder eine neue Gesamtlösung angestrebt werden soll. Es besteht die Gefahr, dass neue Anlagen sich nur an der Substratverfügbarkeit orientieren (z.- B. reine Holzhackschnitzelanlagen ohne KWK). Die Machbarkeit hängt dann auch von wirtschaftlichen Faktoren und den Förderkonditionen ab. In Szenarien zur Wärmeversorgung müssen daher die unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen der Betriebe antizipiert werden. Was nutzt der beste Plan, wenn hinterher niemand bereit oder in der Lage ist, den Umbau der Wärmeversorgung zu finanzieren? Eine völlig neue Infrastruktur aufzubauen, wird sehr kostspielig, insofern ist es wichtig, bestehende Strukturen und Fähigkeiten einzubeziehen. Prozessbezogene Herausforderungen Bei der Umsetzung entsteht ein enormer Koordinationsaufwand auf der Ebene der Landkreise, der mit den bisherigen Planungskapazitäten nicht bewältigt werden kann. Eine Koordination ist bei der Analyse der bestehenden und bereits genutzten Biomassepotenziale wichtig, da Holz, Bioabfall, Grünschnitt, Stroh, Mist, Gülle nur in begrenztem Maße Energie Handlungsebene, Aktionsraum Besondere Typen von Akteur*innen - Versorgungsseitig Einflussfaktoren auf die Wahl des Energieträgers Versorgungsorientierung Betrieb Unternehmen und Gemeinden mit Eigentum an forst- und landwirtschaftlichen Flächen; Unternehmen mit hohen Potenzialen von Abwärme oder Reststoffen Vorhandene Anlagen und Anschlussmöglichkeiten an bestehende Infrastrukturen; Gesicherter Zugriff auf die regionalen biogenen Substrate im eigenen Bestand eigene Wohn- und Wirtschaftsgebäude; Getrennte Versorgung mit Strom und Wärme Dorf, Quartier Dorfgemeinschaften; Energiegenossenschaften Bereitschaft der Bewohner*innen, Einzelfeuerungsanlagen zu ersetzen, Abwärmepotenziale und Biogasanlagen einbeziehen kleine Wärmenetze; KWK ermöglichen; Sektorkopplung Landkreise, Versorgungsgebiete Stadtwerke mit eigener Wärmeinfrastrukur; Stromnetzbetreiber Großwärmepumpen; Solarthermie; Geothermie; Verteilung über kalte Nahwärme Sektorintegrierte Netzversorgung für ausgewählte Quartiere nach Bestands- und Potenzialanalyse Tabelle 1: Besondere Einflussfaktoren auf die Wärmeversorgung in ländlich geprägten Räumen 14 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Eingangsabbildung: Rainer Lucas DOI: 10.24053/ TC-2024-0002 d o i . o r g / 1 0 .1 8 4 5 3 / r o s d o k _ id00003615 [2] Wern, B., Thorwarth, H., Scholl, F., Matschoss, P., Vogler, C., Baur, F. 2021. Die Rolle von Holz in der Energiewende. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 71. Jg. 2021, Heft 11, S. 42-46. [3] Eimannsberger (2023): Zukünftig handeln - oder Wie die Wärmewende gelingen kann. Präsentation Quartierskonzept Kastorf am 4.10.2023, verfügbar unter: https: / / kastorf.de/ 1037-2/ [4] Das Projekt „Vorsorgend handeln - Avantgardistische Brückenansätze für nachhaltige Regionalentwicklung“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme Stadt-Land- Plus gefördert. [5] Lucas, R. (2024): Nahwärme mit Biomasse - Herausforderungen, Ansatzpunkte und Impulse für die Gestaltung dezentraler Wärmenetze in der Region Lübeck. i.E. [6] DENA - Deutsche Energie- Agentur (Hrsg.) (2023): Lokale Energieinfrastrukturen - Rückgrat der Energiewende vor Ort, Impulse für einen integrierten Planungsprozess auf lokaler Ebene. verfügbar sind. Wenn jedes Dorf auf die gleichen Substrate setzt, ist es mit dem lokalen und regionalen Ansatz schnell vorbei. Insofern bedarf es sowohl planerischer Vorgaben für die dezentralen Prozesse als auch eines Ansatzes für ein regionales Stoffstrommanagement im Bereich der Biomasse. Zudem sind oftmals Energiepotenziale wie Biomasse oder Abwärme durch einzelne Akteur*innen nicht oder nur teilweise wirtschaftlich oder technisch erschließbar, sodass Wer tschöpfungspar tnerschaften und Kooperationen zwischen verschiedenen Sektoren notwendig werden. Auch wenn die Wärmewende in einzelnen Projekten voranschreitet, kann sie ohne strukturelle Einbettung in die Verhältnisse vor Ort nicht gelingen. Ein integriertes Management der Wärmeplanung benötigt aber auch einen guten Beteiligungs- und Kommunikationsansatz. Die Landes- und Landkreisebene ist daher gefordert, die entsprechenden Informationen beizusteuern und für eine professionelle Moderation der Prozesse zu sorgen, wozu bspw. ein Pool von Moderator*innen und Fachleuten aufgebaut werden könnte. Auch müssen die vorhandenen Daten zu den einzelnen Gemeinden so aufbereitet werden, dass sie verständlich sind. Zudem wird in der Gesetzgebung nicht ausreichend gewürdigt, dass vor allem ländliche Regionen den Platz und die Potenziale vorweisen müssen, um Energie für die urbanen Ballungsräume und Industrieanwendungen vorzuhalten. Dementsprechend sollte die Wärmeplanung für Stadt und Land unterschiedliche Zielsetzungen und Gewichtungen haben. Der Fokus auf die kommunale Gestaltungsebene in der Wärmeplanung (Stadt oder Landkreis) sollte nicht den Blick für die interkommunale, regionale Kooperation verstellen, der gerade bei der Erschließung der Biomassepotenziale an den Stadträndern eine besondere Bedeutung zukommt. Schlussfolgerungen Wir kommen zu dem Schluss, dass die Unterschiede zwischen Stadt und Land in einem integrierten Prozess zur Energie- und Wärmeplanung [6] besonders berücksichtigt werden sollten. Dies betrifft insbesondere die Siedlungsstrukturen, die infrastrukturelle Ausstattung und den möglichen Zugriff auf regional verfügbare biogene Energieträger. In den Beteiligungsprozessen sollten die Akteur*innen aus der Forst- und Landwirtschaft sowie der Abfallwirtschaft eingebunden werden, damit diese Potenziale erschlossen werden können. Den Verwaltungen der Landkreise kommen in diesem Zusammenhang vielfältige Aufgaben zu: ƒ Koordination und Bereitstellung vorhandener Planungsunterlagen- ƒ Koordination bestehender Ansätze, Einbindung neuer Initiativen- ƒ Informationsveranstaltungen initiieren und begleiten ƒ Vorbildfunktion bezogen auf die eigenen Liegenschaften ƒ interkommunale Kooperationen anregen Alle diese Aufgaben können mit den bestehenden Kapazitäten kaum bewältigt werden. Eine zusätzliche Stabsstelle zur Wärmeplanung sollte daher in den Landkreisen eingerichtet werden. Literatur [1] Baur, F., Hoffmann, P., Noll, F., Wern, B. (2022): Klimaneutrale Wärmeversorgung der Zukunft - was kann und muss Bioenergie leisten? https: / / Simon Block, M.Sc.; Wuppertal Institut, simon.block@wupperinst.org, Döppersberg 19, 42103 Wuppertal Rainer Lucas, Dipl.- Ökonom; Arbeitsschwerpunkte: Regionale Strukturpolitik, resiliente Stadtentwicklung; rainerlucas@tonline.de Oliver Wagner, Dipl.- Soz.Wiss.; Wuppertal Institut, oliver.wagner@wupperinst.org, Döppersberg 19, 42103 Wuppertal AUTOR*INNEN PRAXIS + PROJEKTE Energie