Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2024-0007
31
2024
91
Kommunale Wärmewende – vom Akzeptanz- zum Umsetzungsproblem
31
2024
Leonie Hermann
Detlef Kurth
Till Kugler
Christian Moormann
Stephan Volkmer
Roland Koenigsdorff
Langfristiges Ziel der EU und der Bundesrepublik Deutschland ist es, sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen und bis 2045 klimaneutral zu werden [1]. Hierbei kommt es insbesondere im Wärmesektor in den nächsten Jahren zu großen Umbrüchen. Das Land Baden-Württemberg möchte bereits bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden [2]. Mit dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze werden zukünftig Kommunen deutschlandweit zum Handeln verpflichtet. Das Wärmeplanungsgesetz ist gemeinsam mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Ziel des Wärmeplanungsgesetzes ist es, bis 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Die geforderte „Kommunale Wärmeplanung“ bietet die Chance für Kommunen, Planende und Eigentümer, ein abgestimmtes und integriertes Konzept der Wärmeversorgung zu erarbeiten, bei dem sich unterschiedliche Versorgungsträger ergänzen, anstatt zu konkurrieren.
tc910041
41 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Forschungsprojekt IWAES Vor diesen klimapolitischen Hintergründen wurde im Jahr 2019 im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft - RES: Z“ das Forschungsvorhaben „Integrative Betrachtung einer nachhaltigen Wärmebewirtschaftung von Stadtquartieren im Stadtentwicklungsprozess - IWAES“ initiiert (www.iwaes.de). Im Jahr 2022 Kommunale Wärmewende - vom Akzeptanzzum Umsetzungsproblem Wärmeplanung, 2030, Forschung, Gebäudeenergiegesetz, Dekarbonisierung Leonie Hermann, Detlef Kurth, Till Kugler, Christian Moormann, Stephan Volkmer, Roland Koeningsdorff Langfristiges Ziel der EU und der Bundesrepublik Deutschland ist es, sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen und bis 2045 klimaneutral zu werden [1]. Hierbei kommt es insbesondere im Wärmesektor in den nächsten Jahren zu großen Umbrüchen. Das Land Baden-Württemberg möchte bereits bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden [2]. Mit dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze werden zukünftig Kommunen deutschlandweit zum Handeln verpflichtet. Das Wärmeplanungsgesetz ist gemeinsam mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Ziel des Wärmeplanungsgesetzes ist es, bis 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Die geforderte „Kommunale Wärmeplanung“ bietet die Chance für Kommunen, Planende und Eigentümer, ein abgestimmtes und integriertes Konzept der Wärmeversorgung zu erarbeiten, bei dem sich unterschiedliche Versorgungsträger ergänzen, anstatt zu konkurrieren. 42 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende wurde das Projekt um eine direkt anschließende, zweijährige Umsetzungs- und Verstetigungsphase ergänzt. Gefördert wird das Verbundprojekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Im Forschungsprojekt wurde u.-a. der Frage nachgegangen, wie durch die Nutzung thermisch aktivierter Abwasserkanäle - sog. Hybrid-Kanäle - und weiterer erneuerbarer Energiequellen ein ausgeglichener jährlicher Wärme- und Kältehaushalt auf Quartiersebene möglich ist. Daran anknüpfend soll in der Umsetzungsphase überprüft und demonstriert werden, ob das mit komplexen Simulationen theoretisch für geeignet und effektiv befundene Konzept des Einsatzes eines Hybrid-Kanals im Realmaßstab funktioniert. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung der Anwendbarkeit und der Akzeptanz des Hybrid-Kanal- Konzeptes seitens Kommunen und Planern, u.- a. durch die Bereitstellung von Bemessungshilfen. In leitfadengestützten Interviews mit Kommunen und regionalen Energiebetreibern sollen mögliche Anwendungshemmnisse identifiziert und Lösungsansätze entwickelt werden. Ausbau erneuerbarer Energien im Wärmesektor - Akzeptanz als Schlüsselfaktor In allen Bereichen der erneuerbaren Energien gab es in den vergangenen Jahren positive Entwicklungen zu verzeichnen. Dabei gibt es allerdings zum Teil große Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren. Hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt, wuchs der Anteil in den Bereichen Wärme (17,4 %) und Verkehr (6,8 %) nur langsam [3]. Die Wärmeversorgung ist mit 54 % der größte Endenergieverbrauchssektor in Deutschland. Für die Einhaltung der im Koalitionsvertrag angestrebten Treibhausgasneutralität muss die Wärmeversorgung bis zum Jahr 2045 zu 50 % aus erneuerbaren Energien erfolgen. Die Raumwärme (28- % der Endenergie, 51- % des Wärmeverbrauchs) und die Haushaltswärme (25- % der Endenergie, 47- % des Wärmeverbrauchs) sind sektorübergreifend die größten Energieverbraucher. Dahinter folgen mit großem Abstand die Bereiche der Warmwasser- und Kälteerzeugung [4]. Seit Frühjahr 2020 wird ein sprunghafter Anstieg beim Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmebereich verzeichnet. Dies lässt sich u.-a. durch die hohen Gaspreise begründen. Neben der Nutzung von Holz als Wärmequelle ist u.-a. der Einsatz von Wärmepumpen stark angewachsen [5]. In den privaten Haushalten wird jedoch weiterhin noch überwiegend Erdgas als Energieträger für die Raumwärme eingesetzt. Die Transformation des Wärmesektors ist daher unumgänglich und soll durch das Wärmeplanungsgesetz 2024 deutlich beschleunigt werden. Schon seit 2011 haben Kommunen im Zuge des KfW-Förderprogramms 432 „Energetische Stadtsanierung“ die Möglichkeit, die Wärmewende planerisch vorzubereiten. Ein zentrales Handlungsfeld des Förderprogrammes ist es, die Wärmeversorgung zu optimieren. Neueste Erkenntnisse der Begleitforschung [6] zeigen, dass in Gebieten mit vielen Privateigentümern die Etablierung eines Sanierungsmanagements wichtig ist, um diese zu beraten. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung wird trotz intensiver Beratungsleistungen oft verzögert oder abgelehnt. Die Wärmewende lässt sich also nicht nur durch Vorgaben von oben (top-down) durchsetzen. Sie ist nur umsetzbar, wenn sie in die Stadtentwicklungspolitik integriert ist und von den Bürger: innen akzeptiert wird (bottom-up). Bei der Energiewende in Deutschland haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern vielmehr ein Umsetzungsproblem, ein Akzeptanzproblem sowie ein Kooperationsdefizit [7]. Eine Schlüsselfunktion hat hierbei die Akzeptanz gegenüber erneuerbaren Energien. Anlagen für die erneuerbare Energieerzeugung werden überwiegend lokal errichtet. Viele Vorhaben durchlaufen einen Planungsprozess, bei dem die Akzeptanz der Menschen vor Ort eine entscheidende Rolle spielt. Ihre Einwände haben Einfluss auf die Dauer und den Inhalt eines Planungsprozesses, da sie im Rahmen verschiedener Beteiligungsformate einbezogen und anschließend abgewogen werden müssen [8]. Für eine rasche Umsetzung der Wärmewende ist also die Akzeptanz der Menschen vor Ort entscheidend. Zwar stehen Kommunen planungsrechtliche Instrumente wie der Anschluss- und Benutzungszwang zur Verfügung, jedoch erweist sich dies in der Praxis oftmals als schwer umsetzbar. Außerdem ist die technologische Entwicklung so rasant, dass die Planungsinstrumente dieser kaum folgen können. Die Akzeptanz gegenüber der Wärmewende in Verbindung mit städtebaulichen Planungsinstrumenten ist bisher noch nicht eingehend untersucht worden. Eindeutige und qualitative Befunde liegen zum jetzigen Zeitpunkt kaum vor [9]. Dies lässt darauf schließen, dass die Wärmewende in Deutschland bislang wenig empirisch untersucht wurde. Werden die Ergebnisse verschiedener Studien zur Akzeptanz gegenüber erneuerbaren Energien [10] auf die Wärmewende übertragen 43 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende und die Zwischenergebnisse des IWAES-Projektes herangezogen, wird deutlich, dass die Akzeptanz gegenüber der Wärmewende von verschiedenen Faktoren abhängt. Neben der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme und der persönlichen Einstellung zur Wärmewende wird die Akzeptanz auch durch das Vertrauen in verantwortliche Akteur: innen, die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sowie soziale Normen beeinflusst. Die genannten Faktoren wirken sich dabei in unterschiedlicher Intensität auf die Akzeptanz auf (Bild 1). Den stärksten Einfluss auf die Akzeptanz haben wirtschaftliche Aspekte und die persönliche Einstellung zur Wärmewende [11]. Wirtschaftliche Gesichtspunkte haben vor allem dann eine positive Wirkung auf die Akzeptanz, wenn die Maßnahmen eine positive finanzielle Auswirkung auf den Einzelnen oder die lokale Wertschöpfung haben. Die persönliche Einstellung gegenüber der Wärmewende hängt u.- a. von der bisher erlebten Energiepolitik ab. Hierbei spielt die subjektive Wahrnehmung eine entscheidende Rolle. Fühlen sich Personen - beispielsweise von energiepolitischen Abstimmungen - ungerecht behandelt bzw. übergangen, kann sich dies negativ auf die Einstellung gegenüber der Wärmewende auswirken. Das Vertrauen in die verantwortlichen Akteur: innen der Wärmewende wird maßgeblich von der Informationsdichte und -verbreitung geprägt. Insbesondere die informellen Beteiligungsverfahren waren bezogen auf erneuerbare Energien sehr akzeptanzsteigernd und sollten auch bei der Wärmewende angewendet werden. Beeinträchtigungen der Natur, der Landschaft oder des Wohnumfelds sind ein weiterer Aspekt, der zu einer geringeren Akzeptanz führen kann. Die Akzeptanz fällt umso geringer aus, je stärker die Beeinträchtigungen angesehen werden. Im Rahmen der Studie [12] konnte außerdem ein „relativ enger Zusammenhang zwischen der Berücksichtigung der Schutzanliegen und dem Vertrauen in die Akteur: innen“ festgestellt werden. Ein häufig angeführtes Argument ist der Schutz des Landschaftsbildes, da dieses zur regionalen Identität beiträgt. Im Bereich der Wärmewende betrifft dies die Flächeninanspruchnahme für die Energieerzeugung, bspw. beim Anbau von Biomasse oder der Aufstellung von Freiflächen- Solaranlagen. Die eigene Einstellung zur Energiewende wird von sozialen Werten und Normen beeinflusst [13]. Die Akzeptanz im Wärmesektor scheint komplexer zu sein als etwa bei der Stromwende. Als Grund hierfür wird in der Literatur darauf verwiesen, dass die Wärme im persönlichen Nahbereich liegt [14]. Hybrid-Kanal - mit Akzeptanz zur Umsetzung Mit dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze sollen zukünftig auch vermehrt innovative Konzepte für nachhaltige Energieerzeugung zum Einsatz kommen [15]. Der Hybrid-Kanal (Bild 2) bietet eine Alternative zu den bisherigen, vor allem fossilen Wärmeerzeugern [16]. Er dient einerseits dem Abtransport von Abwasser als auch der Gewinnung thermischer Energie. Durch die außen liegenden Absorber wird nicht nur dem Abwasser thermische Energie entzogen, sondern auch dem umgebenden Erdreich, das als thermischer Puffer zwischen Entzug durch die Absorber und Wärmeeintrag durch das Abwasser wirkt. Der Hybrid-Kanal kann sich also selbst thermisch regenerieren und besitzt folglich eine gewisse Grundlastfähigkeit. Der Hybrid-Kanal vereint dabei die ohnehin notwendige Abwasser-Infrastruktur mit der Nutzung als Energiequelle für Niedertemperatur- Umweltwärme. Diese Wärme kann auf verschiedene Arten genutzt werden: direkt für die Versorgung eines Kalten Nahwärmenetzes mit Temperaturen Bild 2: Thermisch aktivierter Hybrid- Kanal - solo Bild 1: Einflussfaktoren auf die Akzeptanz der Wärmewende [1] 44 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende bis 15- °C, indirekt als Quelle für eine Wärmepumpe, die in ein „Standard“-Wärmenetz einspeist, oder auch als Wärmesenke zur Kühlung. In Bild 3 ist das Konzept des thermischen Versorgungskonzeptes dargestellt, das einen thermischen Ausgleich zwischen den Nutzern als auch die Einkopplung aller im Quartier verfügbaren Wärmequellen ermöglicht. Um in eine flächendeckende Anwendung zu kommen, muss eine Akzeptanz gegenüber dieser Innovation geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist eine fortlaufende Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des Hybrid-Kanals während des Projektes IWAES II geplant. Die gewonnen Erkenntnisse dienen dazu, Aussagen darüber zu treffen, ob der Hybrid-Kanal eine Akzeptanz innerhalb der Wärmewende erfahren kann und damit eine alternative Energiequelle darstellt. Für genauere Aussagen darüber, welche Vor- und Nachteile sich durch die Anwendung des Hybrid-Kanals ergeben, muss das System differenziert betrachtete werden. Neben dem Einsatz als direkte Wärmequelle und -senke (solo) kann der Hybrid-Kanal auch in bestehende Wärmenetze integriert werden. Die nachfolgenden Tabellen (Tabelle 1 und 2) geben den im Projekt dazu bislang erreichten Stand wieder. Es wird deutlich, dass die Vorteile des Hybrid-Kanals sowohl als Solo-Wärmequelle als auch im Wärmenetz in den Bereichen „Investition & Finanzierung / wirtschaftliche Betrachtung“ sowie „Politische und gesamtgesellschaftliche Anliegen“ überwiegen. Bei der Integration in Wärmenetze beispielsweise ist jedoch eine bestimmte Mindestabnahmedichte (kWh/ tm) entweder durch hohe Bebauungsdichte oder große Abnehmer (bspw. Schwimmbad) erforderlich. Auch entsteht in Bestandsquartieren ein deutlicher Mehraufwand auf der Verbraucherseite gegenüber klassischen Wärmenetzen. Fazit Zusammenfassend wird deutlich, dass die Akzeptanz vorgesehener Maßnahmen maßgeblich zur Umsetzung der Energiewende beiträgt. Die Akzeptanzförderung ist also ein zentraler Aspekt, um die Klimaziele zu erreichen. Eine frühzeitige, transparente und kontinuierliche Ansprache kann nachweislich die Akzeptanz erhöhen. Sie bietet zudem die Chance, die Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die bisher nur wenig Berührungen mit dem Thema der Wärmewende hatten. Hierbei sollte mit bewährten Methoden der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Planung gearbeitet werden; im Hinblick auf die Wärmewende ist der persönliche Kontakt zu den Eigentümer: innen unabdingbar. Anstelle der angestrebten Ziele sollten die erreichbaren Resultate und damit die Wirksamkeit der Energiewende in den Fokus gestellt werden [18]. Der Hybrid-Kanal scheint über gute Voraussetzungen zu verfügen, als innova- Bild 3: Thermisches Versorgungskonzept, Hybrid-Kanal ist Teil des Multiquellensystems 45 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende Investition & Finanzierung / wirtschaftliche Betrachtung Vorteil Nachteil Amortisierung der Investition durch doppelte Nutzung, primär Element der Siedlungswasserwirtschaft und sekundär durch die Nutzung als thermische Energiequelle Höhere Lebensdauer als Kanäle aus Beton Bedingt durch die thermische Wechselwirkung mit dem Boden besitzt der Hybrid-Kanal kurzzeitige Speicherkapazität und ist bereits bei geringer Bebauungsdichte wirtschaftlich einsetzbar. Höhere Investitionskosten gegenüber einfachem Kanal Bei Neubauten (Gebäuden) einfacher implementierbar Politische und gesamtgesellschaftliche Anliegen Regenerative Wärmeerzeugung Wärmeentnahme führt zur Abkühlung des Abwassers, reduziert die Übergabetemperatur des gereinigten Wassers bei Übergabe von der Kläranlage in den Fluss Lokale Wertschöpfung wird gestärkt Energetische Betrachtung Vorteil Nachteil Abdeckung von bis zu 15 % des Wärmebedarfs. Der Abdeckungsgrad wird durch höhere Abwassertemperaturen, vermehrten Einsatz von Trennsystemen und geringeren Raumwärmebedarf (Dämmung) steigen [17]. Verwendbar zur Kühlung sowie freien Kühlung (ohne Wärmepumpeneinsatz) Permanente Regeneration durch Abwasserstrom Im Unterschied zum Großteil der regenerativen Energie grundlastfähig Zusätzliche Energiequellen notwendig Eventuell komplexere Anlagentechnik (je nach übrigen Quellen) Bei hohen Abwasserströmen sind innenliegende Absorber effizienter. Betrieb und Organisation Sowohl allein als auch im Verbundnetz einsatzfähig Abtretungs-/ Schnittstellenprobleme, bei Aktivierung des Kanals auf öffentlichem Grund Tabelle 1: Vor- und Nachteile des Hybrid- Kanals (solo) Investition & Finanzierung / wirtschaftliche Betrachtung Vorteil Nachteil Geringere Investitionskosten bei gemeinsamer Verlegung von Kanal und Wärmenetz im Vergleich zur Verlegung in zwei Baumaßnahmen (in weiten Teilen des Netzes) Amortisierung gegenüber konventionellen Wärmenetz Höhere Lebensdauer als Kanäle aus Beton Höhere Investitionskosten im Vergleich zu konventionellen Wärmenetz Politische und gesamtgesellschaftliche Anliegen Einbindung verschiedener regenerativer Wärmequellen möglich Vom Bund gewünschte Technologieoffenheit bei der Wärmeplanung wird erfüllt Energetische Betrachtung Vorteil Nachteil Abdeckung von bis zu 15 % des Wärmebedarfs durch aktiv. Kanal Bei hohen Abnehmerzahlen kann durch Gleichzeitigkeitseffekte die zentrale Technikeinrichtung geringer dimensioniert werden Bidirektionalität ermöglicht den Transport von Abwärme, die nicht zusätzlich erzeugt werden muss Wärmenetz benötigt Mindestabnahmedichte (kWh/ tm) entweder durch hohe Bebauungsdichte oder große Abnehmer (bspw. Schwimmbad) In Bestandsquartieren Mehraufwand auf Verbraucherseite gegenüber klassischem Wärmenetz Betrieb und Organisation Abtretungs-/ Schnittstellenprobleme, weil das Abwasserkanalnetz in kommunaler Hand ist Bei Wärmenetzbetrieb durch nicht-kommunales Unternehmen: komplexer Contracting- Vertrag Tabelle 2: Vor- und Nachteile des Hybrid-Kanals (inkl. Wärmenetz) 46 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende tive Energiequelle eingesetzt zu werden. Er sollte daher bewusst in Wirtschaftlichkeitsberechnungen beachtet werden. LITERATUR [1] § 3 Nationale Klimaschutzziele, Abs 2 KSK [2] § 10 Klimaschutzziele für Baden-Württemberg; Sektorziele, Abs. 1 KlimaG BW [3, 5] Umweltbundesamt (2023): Erneuerbare Energien in Zahlen. Online verfügbar unter https: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ klima-energie/ erneuerbareenergien/ erneuerbare-energien-in-zahlen? sprung marke=waerme#uberblick, zuletzt aktualisiert am 17.11.2023, zuletzt geprüft am 10.01.2024. [4] Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.: Anwendungsbilanzen zur Energiebilanz Deutschland - Endenergieverbrauch nach Energieträgern und Anwendungszwecke. 30.11.2023. [6] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (2017): BBSR-Online-Publikation Nr. 25/ 2017 KfW-Programm 432 „Energetische Stadtsanierung - Zuschüsse für integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager“ Ergebnisse der Begleitforschung. [7] Pietruschka, Dirk; Kurth, Detlef; Eicker, Ursula et al. (Hrsg.) (2016): Energetischer Stadtumbau. Energieleitplanung und Wärmenetze für neue Nachbarschaften in Ludwigsburg Grünbühl-Sonnenberg. Fraunhofer IRB Verlag. [8] Halswachs, Eva; Streit, Anne von; Utz, Alisa (2017): INOLA-Arbeitsbericht Nr. 6. Akzeptanz der Energiewende im Oberland. Ergebnisse einer Passantenbefragung in ausgewählten Gemeinden der Modellregion Oberland. [9, 14] Energiezukunft (2022): Akzeptanz Wärmewende. „Es geht nicht nur um Informationsvermittlung“. Online verfügbar unter https: / / www.energiezukunft. eu/ erneuerbare-energien/ waerme/ es-geht-nichtnur-um-informationsvermittlung/ , zuletzt aktualisiert am 31.05.2023, zuletzt geprüft am 31.05.2023. [10] Schweizer-Ries, Petra; Zoellner, Jan (2008): Projektabschlussbericht „Akzeptanz Erneuerbarer Energien und sozialwissenschaftliche Fragen“. Agentur für Erneuerbare Energien (2022a): AEE-Akzeptanzumfrage 2022. Online verfügbar unter https: / / w w w.unendlich-viel-energie.de/ mediathek / grafiken/ aee-akzeptanzumfrage-2022, zuletzt aktualisiert am 31.05.2023, zuletzt geprüft am 31.05.2023. Agentur für Erneuerbare Energien (2022b): Umfrage: Wunsch nach Versorgungssicherheit beflügelt Akzeptanz von Erneuerbaren Energien. Online verfügbar unter https: / / www.unendlich-viel-energie.de/ umfrage-wunsch-nach-versorgungssicherheit-be- Anzeige Die medienübergreifende Publikation Transforming Cities berichtet über Städte im Wandel, über die weltweite Urbanisierung und ihre Auswirkungen. Anspruch ist die ganzheitliche Analyse und Aufbereitung von Kernfaktoren zur aktiven Gestaltung der Stadt von morgen. www.transforming-cities.de Das sind unsere Themen 2024: 1 Kommunale Wärmewende 2 Offene und sichere Städte 3 Prinzip Schwammstadt 4 Transformation urbaner Mobilität Call for Papers 2024 Wir freuen uns über Ihre Beitragsvorschläge. 47 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0007 Kommunale Wärmewende fluegelt-akzeptanz-von-erneuerbaren-energien, zuletzt aktualisiert am 31.05.2023, zuletzt geprüft am 31.05.2023. Energieagentur NRW (2020): Europäische Ansätze für die Förderung der Akzeptanz erneuerbarer Energien. Ein Blick über den Tellerrand Nordrhein-Westfalens und Deutschlands hinaus. [11, 12, 13] Hübner, Gundula; Pohl, Johannes; Warode, Jan; Gotchev, Boris; Nanz, Patrizia; Ohlhorst, Dörte et al. (2019): Naturverträgliche Energiewende. Akzeptanz und Erfahrungen vor Ort. [15] Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Warum braucht Deutschland eine Wärmeplanung? Online verfügbar unter https: / / www.bmwsb.bund.de/ SharedDocs/ kurzmeldungen/ Webs/ BMWSB/ DE/ 2023/ 06/ WPG.html, zuletzt aktualisiert am 12.06.2023, zuletzt geprüft am 22.01.2024 [16] Kugler, T.; Schittenhelm, C.; Volkmer, S.; Ryba, M.; Moormann, C.; Koenigsdorff, R.; Kurth, D. (2022). Sustainable heating and cooling management of urban quarters. Sustainability 2022, 14, 4353 [17] Kugler T.; Moormann, C. (2023). Thermische Aktivierung von Abwasserkanälen und Einbettung in ein Wärme-Kälteverbundnetz - Konkrete Anwendung des Quartiersansatzes, Fachsektionstage Geotechnik, 12.-13.09.2023, Würzburg, Tagungsbeitrag [18] Arndt, Pia; Welle, Laura (2021): Energiewende beginnt in den Köpfen: Die Wanderausstellung NEW 4.0-Roadshow zur aktiven Förderung von Akzeptanz. Abbildungen: [1] Hübner, Gundula; Pohl, Johannes; Warode, Jan; Gotchev, Boris; Nanz, Patrizia; Ohlhorst, Dörte et al. (2019): Naturverträgliche Energiewende. Akzeptanz und Erfahrungen vor Ort. Weitere Quellen DIN SPEC 91468: 2022-12: Leitfaden für ressourceneffiziente Stadtquartiere. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin: Beuth Verlag; Dezember 2022, 32 Seiten Dipl.-Ing. Leonie Herrmann Wissenschaftliche Mitarbeiterin RPTU Kaiserslautern-Landau, Fachbereich Raum- und Umweltplanung, Lehrstuhl Stadtplanung Kontakt: Leonie.Herrmann@ru.rptu.de Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Kurth Lehrstuhlinhaber RPTU Kaiserslautern- Landau, Fachbereich Raum- und Umweltplanung, Lehrstuhl Stadtplanung Kontakt: detlef.kurth@ru.rptu.de M. Sc. Till Kugler Akademischer Mitarbeiter Universität Stuttgart, Institut für Geotechnik Kontakt: till.kugler@igs.uni-stuttgart.de Christian Moormann Ordinarius und Direktor Institut für Geotechnik, Universität Stuttgart Kontakt: christian.moormann@igs. uni-stuttgart.de M. Sc. Stephan Volkmer Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Gebäude- und Energiesysteme Kontakt: volkmer@hochschule-bc.de Prof. Dr.-Ing. Roland Koenigsdorff Geschäftsführender Leiter Institut für Gebäude- und Energiesysteme Kontakt: koenigsdorff@hochschule-bc.de AUTOR*INNEN Eingangsabbildung: © Britta Berger
