eJournals Transforming cities 9/1

Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2024-0008
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2024
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Ein Tool für kommunale Sanierungsstärke

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2024
Sarina Hötzel
Sally Köhler
Matthias Schöttler
Bastian Schröter
Im EU-Forschungsprojekt W4RES (Laufzeit: 2020-2023) stand die Förderung der Beteiligung von Frauen an Projekten im Bereich erneuerbare Energien im Fokus. Eine Reihe deutscher Kommunen und Klimaschutzmanagerinnen nutzten das Angebot insbesondere für eine energetische Potenzialanalyse zur Einsparung von Energie und zur Steigerung des Anteils erneuerbaren Energien im Gebäudesektor. Ein Team der HFT Stuttgart stellt sich mit der Ausgründung FÜNF PROZENT GmbH diesen Herausforderungen, um Kommunen bei der Dekarbonisierung des Gebäudebestands zu unterstützen.
tc910048
48 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunen stehen vor der Herausforderung, neben ihren bisherigen Kernaufgaben auch Sprachrohr und Treiber der Energiewende zu sein. Dadurch haben sie direkten Einfluss auf die Erreichung der Klimaziele. Einige Bundesländer haben Kommunen ab 100.000 Einwohner: innen bereits zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung verpflichtet, während eine bundesweite Verpflichtung zur kommunalen Wärmeplanung zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist. [1] Diese Ansätze verdeutlichen, dass auf kommunal-regionaler Ebene großes Potenzial zur Treibhausgasreduktion gesehen wird, das, anders als teilweise im Stromsektor, auch auf dieser Entscheidungsebene gehoben werden muss. Zur Ein Tool für kommunale Sanierungsstärke Mit energetischen Gebäudesteckbriefen zur Dekarbonisierung im Gebäudesektor Sanierung, Einsparpotenzial, Gebäudesteckbrief, 3D-Gebäudesimulation, PV-Potenzial, Sanierungsgemeinschaften Sarina Hötzel, Sally Köhler, Matthias Schöttler, Bastian Schröter Im EU-Forschungsprojekt W4RES (Laufzeit: 2020-2023) stand die Förderung der Beteiligung von Frauen an Projekten im Bereich erneuerbare Energien im Fokus. Eine Reihe deutscher Kommunen und Klimaschutzmanagerinnen nutzten das Angebot insbesondere für eine energetische Potenzialanalyse zur Einsparung von Energie und zur Steigerung des Anteils erneuerbaren Energien im Gebäudesektor. Ein Team der HFT Stuttgart stellt sich mit der Ausgründung FÜNF PROZENT GmbH diesen Herausforderungen, um Kommunen bei der Dekarbonisierung des Gebäudebestands zu unterstützen. 49 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunale Wärmewende Unterstützung der Wärmewende hat die Nationale Klimaschutzinitiative daraufhin eine Förderung für personelle Kapazitäten in Kommunen eingerichtet: Diese können eine Stelle zum Klimaschutzmanagement besetzen, die sich der Wärmeplanung sowie weiteren Aufgaben des kommunalen Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung widmet. [2] Neben diesen Entwicklungen auf kommunaler Ebene hat sich die Europäische Union das Ziel zur Erreichung der Klimaneutralität 2050 gesetzt, was den Gebäudesektor einschließt. In Europa entfallen auf den Wärme- und Kältesektor ca. 50- % des jährlichen Endenergieverbrauchs [3] für private als auch für industrielle Zwecke. Daher soll es eine Sanierungspflicht für alle Gebäude ab Energieeffizienzklasse „E“ geben, der finale Beschluss der neuen EU-Gebäuderichtlinie hierzu steht jedoch noch aus. [4] Neben schärferen Vorschriften zur Erreichung der Klimaneutralität setzt die EU auch auf soziale Zielsetzungen, wie die Gleichstellung von Frauen und Männern. Dabei wird explizit die Förderung von Frauen betont. [5] Diesen Kontext aufgreifend, wurde das Forschungsprojekt W4RES (aus dem Englischen Women for Renewable Energy Sources) von der EU im Rahmen von Horizon 2020 gefördert. Zwischen 2020-2023 arbeiteten zwölf Partner aus acht europäischen Ländern zusammen - einer der drei deutschten Partner war die Hochschule für Technik (HFT) Stuttgart. W4RES hat sich zum Ziel gesetzt, die Beteiligung von Frauen an der Markteinführung und -nutzung von erneuerbaren Heiz- und Kühllösungen (Renewable Heating and Cooling, RHC) durch Unterstützungsmaßnahmen, die in den acht oben genannten Ländern getestet und validiert wurden, zu erhöhen. Im Fokus des Projektes stand dabei nicht so sehr die Erforschung neuer Ansätze, sondern vielmehr der Transfer von Forschungsinhalten und -tools in die Praxis für vorwiegend frauengeführte Unternehmen oder Projekte und die Förderung von innovativen Geschäftsfeldern im Themenspektrum der Wärme- und Kälteversorgung mit erneuerbaren Energien. Aufgrund der hohen Abhängigkeit des Wärme- und Kältesektors von fossilen Brennstoffen befasste sich der Aktionsplan des Projekts vor allem mit der Notwendigkeit, diese Energieträger in skalier- und übertragbaren Projekten durch erneuerbare Energiequellen zu ersetzen. Auch das Thema Chancengleichheit kam hierbei zur Geltung: 2018 lag der Anteil von Ingenieurinnen und Wissenschaftlerinnen auf dem Arbeitsmarkt allgemein bei 41-%, im Umfeld des Erneuerbare-Energien-Sektors jedoch nur bei 32- %, und nur 25- % in der Öl- und Gasindustrie als Proxywert für die konventionelle Energiebranche. In Führungspositionen im Umfeld der Erneuerbaren Energien war der Frauenanteil dabei mit 16- % noch geringer. [7] Interviews mit Frauen aus dem RHC-Sektor im Rahmen von W4RES beleuchteten dabei finanzielle, regulatorische und strukturelle Barrieren, aus denen sich Gründe ableiten ließen, warum Frauen in diesen Berufsbildern noch unterrepräsentiert sind. [6] Die Energiewende bietet in Zeiten der Transformation eine Chance, den Frauenanteil im Erneuerbare-Energien-Sektor zu erhöhen. Neben umfassender Aufklärungsarbeit, Seminaren, Webinaren und Trainings war zentrales Element in W4RES daher die Unterstützung von frauengeführten Projekten in Form von beratungsbasierten Dienstleistungen mit technischen sowie innovationsbzw. unternehmensfördernden Schwerpunkten, die auf den Expertisen der jeweiligen Projektpartner aufsetzten. [8] Um eine möglichst breite und thematisch vielfältige Auswahl an geeigneten, von Frauen geführten Projekten in den acht W4RES-Ländern zu gewährleisten, wurden zwei offene Ausschreibungen durchgeführt. Alle Projekte, welche die Bewer- Initiale Projektanalyse und - Planung Analyse lokaler Bed. und Daten Technischen Machbarkeit Rechtlicher Rahmen Grobplanung & Dimensionierung Konzeptentwicklungs- und Umsetzungsplan Partnerschaften Szenarien und 3D- Gebäudesimulation Dimensionierung Durchführungs- und Aufbauphase Life Cycle Assessment Projektmanagement Durchführung und Überwachung Dokumentation Monitoring Transfer Technische Projektanalyse Bild 1 50 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunale Wärmewende bungskriterien - insbesondere eine überwiegend weibliche Projektleitung, Arbeit im RHC-Sektor und einen innovativen Ansatz - erfüllten, waren zur Bewerbung aufgefordert. Bei den innovations- und unternehmensfördernden Dienstleistungen handelte es sich hauptsächlich um die Unterstützung bei der Suche nach Fördermöglichkeiten, dem Erstellen eines Geschäftsund/ oder Finanzplans und der Vermittlung von relevanten Netzwerkkontakten. [9] Alle Unterstützungsangebote sind in Bild 1 zusammengefasst: die verschiedenen Dienstleistungen konnten dabei in unterschiedlichen Stadien von Projektphasen angewandt werden. In den zwei Ausschreibungsrunden haben sich 64 Projekte beworben, von denen 56 einen W4RES-Service erhalten haben. Davon wurden 38 Projekte mit innovations- und unternehmensförderndem und 18 Projekte mit technischem Fokus unterstützt. Fünf dieser 18 technischen Projekte wurden von deutschen Kommunen mit Fokus auf energetische Gebäudepotenzialanalysen eingereicht. Die Projekte mit diesem Fokus befanden sich hierbei geographisch gestreut in Berlin, Hessen und Schleswig- Holstein, mit Einwohnerzahlen zwischen wenigen hundert bis 25.000 Personen. Bei allen Kommunen bestand ein Bedarf an detaillierten Informationen zu den energetischen Einsparpotenzialen auf Einzelgebäudeebene sowie den Erträgen von Aufdach- Photovoltaikanlagen. Diese Informationen sind u.-a. im Rahmen einer kommunalen Wärmeplanung von entscheidender Bedeutung, um Potenziale zu erkennen, darauf aufbauende Maßnahmen zu definieren und bei Anfragen aus der Bürgerschaft fundierte Auskünfte geben zu können. Ein Forschungsteam der HFT Stuttgart hat hierfür die Simulationsplattform „SimStadt “ verwendet, die seit 2014 stetig weiterentwickelt und optimiert wird. SimStadt ist eine urbane Simulationsumgebung, die insbesondere 3D-Gebäudedaten für energetische Analysen von Gebäuden, Stadtvierteln und Regionen nutzt [10]; die Anwendungsbereiche umfassen dabei unter anderem Analysen des Gebäudeheizwärmebedarfs, Photovoltaikpotenzialstudien und Szenarien für Gebäudesanierung sowie erneuerbare Energieversorgung. Damit kann SimStadt Architekt: innen, Ingenieurbüros, Stadtplaner: innen und Kommunen in integrierten Planungsprozessen zur nachhaltigen Gestaltung von Gebäuden und Quartieren in frühen Planungsphasen unterstützen. Bild 2 zeigt beispielhaft Ergebnisse aus Sim- Stadt für einen Ausschnitt des Landkreises Ludwigsburg. [11] In den von W4RES unterstützten Kommunen wurden die energetischen Einsparpotenziale verschiedener Sanierungsvarianten nach den derzeit geltenden Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bzw. der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) berechnet und das Photovoltaikpotenzial aller Gebäude ermittelt. Das PV-Potenzial wurde dabei über die Kubatur und Ausrichtung der Dächer aus Bild 2 \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP Manfred Breitbach (Hrsg.) 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis Fachtagung über Planung, Bau, Instandhaltung, Instandsetzung und Betrieb von Trinkwasserbehältern 2023, 187 Seiten €[D] 148,00 ISBN 978-3-8169-3558-2 eISBN 978-3-8169-8558-7 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Das 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis (vormals „Betonbauwerke in der Trinkwasserspeicherung“) an der Technischen Akademie Esslingen beschäftigt sich mit den Themenbereichen der Regelwerke, Trinkwasserhygiene und -aufbereitung sowie Werkstoffkorrosion im Kontakt mit Trinkwasser. Die Fachtagung bietet somit eine aktuelle Plattform zur Vorstellung von Richtlinien, deren Anwendung und Umsetzung. Es werden Bauweisen (Neubau, Teilneubau, Systembehälter), Bauverfahren, Instandsetzungsprinzipien, Auskleidungsprinzipien und marktübliche Werkstoffe und Systeme präsentiert. Das Kolloquium behandelt in rund 25 Plenar- und Fachvorträgen die neuesten Erkenntnisse über Planung, Bau, Instandhaltung, Instandsetzung und Betrieb von Trinkwasserbehältern. 52 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunale Wärmewende den teilweise bereits frei verfügbaren 3D-Gebäudemodellen sowie Einstrahlungs- und Wettermodellen simuliert. Hierbei wird zunächst das technisch mögliche Umsetzungspotenzial bestimmt und in einem weiteren Schritt nach wirtschaftlichen Faktoren bewertet. Die Energieeinsparpotenziale errechnen sich aus den simulierten monatlichen Wärmebedarfen im Ist-Zustand und den Sanierungsszenarien. [10] Der Ist-Zustand wird dabei aus Bauteilaufbauten, die durch vorliegende Baujahre bzw. dem Datum des Inkrafttretens der Bebauungspläne der Stadtgebiete geschätzt werden sowie der Kubatur aller Gebäudeteile aus den vorliegenden 3D-Gebäudemodellen simuliert. Die Szenarien richten sich nach den aktuellen gesetzlichen Mindestanforderungen des GEG [4] bei einer Vollsanierung und nach den förderfähigen Anforderungen der BEG [12] für mögliche Teilsanierungen, bspw. einer Dachsanierung. Damit können insbesondere prozentual mögliche Einsparungen der Szenarien gegenüber dem Ist-Zustand der Gebäude bestimmt werden, ohne reale Verbrauchsdaten zu benötigen. Aggregierte Ergebnisse sind in Bild 3 beispielhaft für eine untersuchte Kommune dargestellt. Die Kommune könnte mit der Vollsanierung aller Gebäude rund 50- % des Wärmebedarfes einsparen, mit einem kombinierten Sanierungsszenario aus einer Dach- und Kellerdeckensanierung sowie eines Fensteraustausches könnten rund 30-% eingespart werden. Allein die Dachsanierung aller Gebäude würde dabei bereits eine Einsparung von 10-% gegenüber dem Status quo erzielen. Der große Vorteil dieser Methode ist, dass sie auf Daten basiert, die Kommunen im Allgemeinen vorliegen, wie z.- B. die 3D-Gebäudemodellen der Landesvermessungsämter, Wetterdaten z.- B. des Deutschen Wetterdienstes sowie Datenbankwerten zu typischen U-Werten von Gebäudeteilen aufsetzt. Damit wird eine langwierige, teure und fehleranfällige Datenabfrage bei Hausbesitzern vermieden, ohne dass die prozentualen Einsparungen durch Sanierungsoptionen oder PV-Potenzialanalysen in ihrer Genauigkeit beeinträchtigt werden. Die energetischen Analysen zum PV-Potenzial und zu den Einsparmöglichkeiten des Wärmebedarfes aller Gebäude für die gesamte Kommunen unterstützen diese im Weiteren beispielsweise in der kommunalen Wärmeplanung. Für die Umsetzung der dargelegten Sanierungsoptionen sowie des Ausbaus von PV-Anlagen ist die Einbindung von ausführenden Firmen, Energieberater: innen und Hausbesitzer: innen unabdingbar. Ein niederschwelliges Unterstützungsangebot, das Kommunen hinsichtlich einer flächendeckenden und gebäudespezifischen Energieeinspar- und PV-Potenzialanalyse des gesamten Gebäudebestandes und der Verknüpfung zu relevanten Stakeholdern unterstützt, war jedoch bislang nicht vorhanden. Um diese Lücke zu schließen, haben drei Forscher: innen der HFT Stuttgart das Spinoff FÜNF PROZENT gegründet, um sich den oben skizzierten Herausforderungen insbesondere von Kommunen zu stellen. Das entwickelte Geschäftsmodell zielt darauf ab, die Dekarbonisierung im Gebäudebestand voranzutreiben: so liegt z.- B. die tatsächliche jährliche energetische Sanierungsrate seit Nach Dachsanierung Ist-Zustand Nach Kombisanierung* Nach Vollsanierung GEG *Kombi Dach-, Kellersanierung, Fensteraustausch Einsparpotential Wärmebedarf Verschiedene Sanierungsszenarien in einer Kommune -50% -30% -10% Bild 3 53 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunale Wärmewende Jahren bei nur ca. 1-% [13], wobei für die Erreichung der vereinbarten Klimaziele bis 2030 ab sofort eine jährliche Rate von 5-% nötig wäre. Diese Vision ist im Namen des Spin-off integriert: FÜNF PROZENT will Hausbesitzer: innen dabei unterstützen, die Effizienz ihrer Gebäude zu verbessern, und setzt dabei auf kommunaler Ebene an, um die Modernisierungsrate auf die erforderliche Quote anzuheben. Dabei sollen die Herausforderungen von drei Akteuren adressiert werden: 1. Kommunen wollen das Thema Gebäudesanierung und erneuerbare Energien im Wohnbereich vorantreiben, haben aber zu wenig Zeit und Personal. 2. Hauseigentümer: innen haben teilweise Interesse an einer energetischen Sanierung, aber neben fehlenden finanziellen Mitteln ist oft der Informationsdschungel eine Hürde. 3. Ausführende Firmen werden oft mit Anfragen überflutet und müssen viel Zeit in die Vorqualifizierung, Bestandsaufnahme und Erstberatung stecken. Diese Kleinteiligkeit steigert die Kosten vor allem bei Ein- und Zweifamilienhäusern und sorgt dafür, dass dringend benötigte Fachkräfte unnötig viel Zeit für Angeboterstellung und Potenzialabschätzungen aufbringen. FÜNF PROZENT bietet hierfür einen zweistufigen Lösungsansatz. Im ersten Schritt werden energetische Gebäudesteckbriefe erstellt, die individuell und interaktiv von allen Wohngebäudebesitzer: innen online abgerufen werden können. Ein Ausschnitt des energetischen Gebäudesteckbriefs ist in Bild 4 dargestellt. Die Kosten zum Aufsetzen dieses Services trägt die Kommune, sodass Bürger: innen kostenlos darauf zu greifen können. Die Steckbriefe enthalten Informationen zum simulierten Wärmebedarf, zu möglichen Sanierungsszenarien, die den gesetzlichen und förderfähigen Mindestanforderungen entsprechen, und zum individuellen PV-Aufdach- Potenzial. Die energetischen Daten werden mit Einschätzungen bezüglich der Investitionskosten und dem CO 2 -Einsparpotenzial verknüpft, womit alle relevanten Größenordnungen auf einem Blick erfasst werden können. Im zweiten Schritt können Hauseigentümer: innen Interesse an spezifischen Maßnahmen, z.- B. an PV- Anlagen, bekunden. Diese Anfragen können themenspezifisch gebündelt werden, sodass FÜNF PROZENT weitere Informationen an Hauseigentümer: innen zurückspielen und Angebote von ausführenden Firmen als gebündelte Anfrage einholen kann. Dieses Vorgehen hat gleich mehrere Vorteile: ƒ Die ausführenden Firmen erhalten einen Großauftrag, wodurch sich Synergien in der Vorqualifizierung ergeben, Materialbestellungen und Personal bedarfsgetreu kalkuliert werden und Arbeitswege strategisch besser geplant werden können. Sie erhalten alle Informationen, um einen unverbindlichen Kostenvoranschlag erstellen zu können. ƒ Hauseigentümer: innen wiederum erhalten volle Transparenz und Informationen zu den Angeboten. Es wird gemeinsam entschieden, welches Angebot ausgewählt wird. FÜNF PROZENT unterstützt weiterführend auch bei der Koordination des Erstbesuches der ausführenden Firma. ƒ Kommunen können mit diesem Vorgehen ihre Maßnahmen zur Klimaneutralität tracken und dienen so als Multiplikator und Unterstützer der Energie- und Wärmewende. FÜNF PROZENT hat die Vision, die energetischen Gebäudesteckbriefe für Wohngebäude deutschlandweit zu etablieren und durch die gebündelte Umsetzung von Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Es wurde eine skalierbare Lösung entwickelt, um Kommunen auf ihrem Weg bei der Dekarbonisierung des Gebäudebestands zu unterstützen und die Energie- und Wärmewende zu beschleunigen. Das Forschungsprojekt W4RES hat durch das große Unterstützungsangebot für frauengeführte Projek- Bild 4 54 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA DOI: 10.24053/ TC-2024-0008 Kommunale Wärmewende te einen Beitrag zur Förderung von klimarelevanten Projekten im Erneuerbare-Energien-Sektor und einem geschlechtergerechten Konzept geleistet. Es wurden signifikante Bedarfe in Deutschland aufgespürt, die in der Projektbetreuung gezielt und individuell gedeckt werden konnten. W4RES und FÜNF PROZENT zeigen, dass es im Gebäudebereich spannende frauengeführte Projekte im Sektor Erneuerbare Energien gibt, die einen großen Impact auf den Klimaschutz haben. Die weiblichen Gründerinnen von FÜNF PROZENT tragen zudem zur Steigerung der Frauenanteile im RHC-Sektor bei und fungieren als Vorbilder. Ihr Ziel ist es, mit der FÜNF PROZENT-Lösung so viele Kommunen wie möglich zu erreichen und den Service dahingehend weiter auszubauen. Daher ist das Team aktuell auf der Suche nach weiteren Pilotkommunen, um ihre Vision in die Tat umzusetzen und das Tool weiter zu optimieren. Eine Demo-Version ist über die Homepage bereits abrufbar: www.5-Prozent.de/ demo/ . LITERATUR [1] BMWSB 2023, Kommunale Wärmeleitplanung, https: / / www.bmwsb.bund.de/ Webs/ BMWSB/ DE/ themen/ stadt-wohnen/ WPG/ kommunale-waermeplanung.html (Stand 18.12.2023) [2] BMWK 2022, Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld „Kommunalrichtlinie“ (KRL), (Stand 18.12.23) [3] Eurostat 2023, Heating and cooling from renewables gradually increasing, (Stand: 18.08.2023) [4] Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz - GEG), Stand 16.10.23 [5] Europäische Kommission 2020, Im Fokus: MASSNAH- MEN DER EU FÜR FRAUEN, (Stand 18.12.2023) [6] IRENA 2019, Renewable Energy: A Gender Perspective. IRENA, Abu Dhabi., (Stand 18.08.2023) [7] PWC 2022, Frauen in der Energiewirtschaft: warum die Branche mehr „Frauen-Power“ braucht, (Stand 18.12.2023) [8] Q-Plan International 2022, Market Uptake Support Plan - Final Version, https: / / w4res.eu/ reports/ (Stand 18.12.2023) [9] HFT Stuttgart 2022, Report on deployment of technical support and consultancy - First Round, https: / / w4res.eu/ reports/ (Stand 18.12.2023) [10] Nouvel, R.; Brassel, K.H.; Bruse, M.; Duminil, E.; Coors, V.; Eicker, U.; Robinson, D. 2015, SimStadt, a New Workflow-Driven Urban Energy Simulation Platform for CityGML City Models, (Stand: 18.12.2023) [11] HFT Stuttgart 2020-2022, EnSys-LE Dashboard, https: / / transfer.hft-stuttgart.de/ pages/ ensysle/ application/ Ludwigsburg/ index.html, (Stand 18.12.2023) [12] BMWK 2022, Richtlinie für die Bundesförderung für effiziente Gebäude - Einzelmaßnahmen (BEG EM), (Stand 09.12.2022) [13] Deutsche Energie-Agentur (dena, 2021): dena-Gebäudereport 2021 - Fokusthemen zum Klimaschutz im Gebäudebereich. (Stand 18.12.2023) Sarina Hötzel Referentin Energie- und Klimaschutzstrategie HFT Stuttgart, Gründerin, FÜNF PROZENT GmbH, Kontakt: sarina.hoetzel@hft-stuttgart.de Sally Köhler Gründerin, FÜNF PROZENT GmbH, Kontakt: sally.koehler@5-prozent.de Matthias Schöttler Mitarbeiter im Gründungszentrum HFT Stuttgart, Gründer, FÜNF PROZENT GmbH, Kontakt: matthias.schoettler@5-prozent.de Prof. Dr. Bastian Schröter Kompetenzzentrum für nachhaltige Energietechnik HFT Stuttgart, Kontakt: bastian.schroeter@hft-stuttgart.de AUTOR*INNEN Eingangsabbildung: Das FÜNF PROZENT Team beim Bearbeiten von 3D-Stadtmodellen