eJournals Transforming Cities10/3

Transforming Cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
10.24053/TC-2025-0066
tc103/tc103.pdf1013
2025
103

Nachhaltigkeits- und Klimachecks

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2025
Pia Redeniushttps://orcid.org/0009-0003-9113-9998
Svenja Puls
Luca Elena Gromball
Immer mehr Kommunen setzen Nachhaltigkeits- und Klimachecks ein, um politische Entscheidungen auf ihre langfristigen Auswirkungen zu prüfen. Doch welche Ansätze gibt es – und wie lässt sich ein eigener Check entwickeln? Der Artikel gibt einen Überblick über bestehende Instrumente, beleuchtet Mehrwerte und Herausforderungen und bietet praxisnahe Tipps zur Umsetzung. Schritt für Schritt wird erläutert, wie die Einführung gelingen kann. Zudem werden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt. Praxisbeispiele und zwei bewährte Ansätze liefern wertvolle Orientierung – für Kommunen, die ein passgenaues Verfahren für ihre lokalen Gegebenheiten, Ziele und Arbeitsweisen entwickeln möchten.
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Nachhaltigkeits- und Klimachecks Einsatz in der kommunalen Praxis Nachhaltigkeit; Nachhaltigkeitscheck; Nachhaltigkeitsprüfung; Klimacheck; Klimawirkungsprüfung; Kommunalpolitik; Kommunale Nachhaltigkeit Pia Redenius, Svenja Puls, Luca Elena Gromball Immer mehr Kommunen setzen Nachhaltigkeits- und Klimachecks ein, um politische Entscheidungen auf ihre langfristigen Auswirkungen zu prüfen. Doch welche Ansätze gibt es - und wie lässt sich ein eigener Check entwickeln? Der Artikel gibt einen Überblick über bestehende Instrumente, beleuchtet Mehrwerte und Herausforderungen und bietet praxisnahe Tipps zur Umsetzung. Schritt für Schritt wird erläutert, wie die Einführung gelingen kann. Zudem werden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt. Praxisbeispiele und zwei bewährte Ansätze liefern wertvolle Orientierung - für Kommunen, die ein passgenaues Verfahren für ihre lokalen Gegebenheiten, Ziele und Arbeitsweisen entwickeln möchten. 1. Einleitung Die nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft wird maßgeblich auf kommunaler Ebene gelebt und gestaltet. Insbesondere in Kommunen, in denen es wenig finanziellen und personellen Handlungsspielraum für große neue Projekte im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz gibt, liegt der Gedanke nahe, die Vorhaben, die man ohnehin umsetzen möchte, stärker auf ihre Nachhaltigkeitsbzw. Klimawirkung zu hinterfragen. Daher interessieren sich viele Ver- 81 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 auf vorhandenen Publikationen zu Nachhaltigkeits- und Klimachecks, den aufgeführten Praxisbeispielen, Telefonaten mit Anwender*innen sowie auf einem digitalen Austauschtreffen mit Vertreter*innen aus niedersächsischen Kommunalver waltungen im November 2024 wurden aktuelle Erkenntnisse zum Thema Nachhaltigkeitschecks zusammengetragen. 2. Was sind Klima- und Nachhaltigkeitschecks? Nachhaltigkeitschecks, auch Nachhaltigkeitsprüfungen oder Nachhaltigkeitseinschätzungen genannt, existieren bereits sowohl auf Bundes- und Länderebene als auch in den Kommunen. Dabei werden sie auf unterschiedliche Weise für die Bewertung hinsichtlich der Nachhaltigkeit von politischen Vorhaben genutzt. In Kommunen wird der Nachhaltigkeitscheck zunehmend als Instrument verwendet, mit dem die möglichen Auswirkungen eines Vorhabens auf eine nachhaltige Entwicklung eingeschätzt werden können. Dabei kann dieses Instrument sowohl für Beschlussvorlagen als auch für die frühzeitige zukunftsfähige Ausrichtung von größeren Planungsvorhaben eingesetzt werden [4]. So können bereits in frühen Phasen eines Vorhabens alternative, nachhaltige Vorgehensweisen mitgedacht werden. Beschlussvorlagen werden vor der Weitergabe in die Politik auf potenzielle Auswirkungen hin bewertet, sodass Kommunalpolitiker*innen in ihren Entscheidungen neben finanziellen Auswirkungen auch mögliche langfristige soziale, kulturelle und ökologische Effekte berücksichtigen und als Abwägungsgrundlage nutzen können. Der Nachhaltigkeitscheck ist dementsprechend ein Steuerungsinstrument für Verwaltungen, um Nachhaltigkeit systematisch in Verwaltungs- und Politikabläufe zu integrieren. In den meisten Fällen handelt es sich bei dem Check um eine qualitative Bewertung von verschiedenen Themenfeldern und Kriterien, die sich beispielsweise an einer lokalen Nachhaltigkeitsstrategie oder den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (engl.: Sustainable Development Goals, SDGs) orientieren. Bei Klimachecks liegt der Fokus auf der Bewertung der Klimarelevanz eines politischen Vorhabens, um so einerseits klimafreundliche und andererseits besonders emmissionsintensive Maßnahmen zu identifizieren [5]. Dabei werden Kriterien aus dem Klimaschutz- und Klimaanpassungsbereich genutzt, wie z. B. die Menge der bei dem Vorhaben ausgestoßenen Treibhausgas-Emissionen. Diese Kriterien können sich beispielsweise an einer lokalen Klimaschutzstrategie orientieren. Der Aufbau und Ablauf von Klimachecks ähnelt in den meisten Fällen denen von Nachhaltigkeitschecks. Für Nachhaltigkeits- und waltungsmitarbeitende und Politiker*innen für das Instrument der Nachhaltigkeitsbzw. Klimachecks für kommunale Vorhaben und Beschlussvorlagen. Mit dem Forschungsprojekt „Nachhaltigkeitsstrategie Niedersachsen“ begleitet die Leuphana Universität Lüneburg unter anderem das Projekt “Kommunale Nachhaltigkeit in kleinen und mittleren Kommunen in Niedersachsen” (KommNN), das seit 2019 durch die Kommunale Umwelt-AktioN (UAN) durchgeführt wird. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde der Bedarf nach einer aktuellen Übersicht zum Thema Nachhaltigkeitschecks für Ratsvorlagen in Niedersachsen identifiziert. In diesem Text soll zunächst das vorhandene Wissen zu Mehrwerten und Herausforderungen der Instrumente Nachhaltigkeits- und Klimachecks zusammengetragen und ein beispielhaftes Vorgehen für die Einführung und Nutzung in einer Kommune skizziert werden. Aufbauend auf einer ersten Recherche im Rahmen der Erstellung von Kurzgutachten im Laufe des Projektes zur Begleitung der Nachhaltigkeitsstrategie Niedersachsen [1; 2], der Abschlussarbeit „Nachhaltigkeitsprüfungen in kleinen und mittleren Kommunen“ [3], sowie Gesprächen mit Expert*innen, konnte die Liste der Kommunen, die bereits eine Form des Nachhaltigkeits- oder Klimachecks anwenden, bei der aktuellen Recherche er weitert werden. Der Fokus lag dabei auf einer Übersicht für den Status quo in Niedersachsen. Darüber hinaus wurden weitere Beispiele aus anderen Bundesländern aufgenommen. Basierend Bild 1: Nachhaltigkeits- und Klimachecks in Niedersachsen THEMA Umwelt 82 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 Beschlussvorlagen im Bürgerinformationssystem führen. 4. Mehrwerte & Herausforderungen Nachhaltigkeitschecks können als ein Bestandteil eines kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements in Kommunen etabliert werden [12]. Je nach Verwaltung und Nutzung des Instruments können vielfältige Mehrwerte geschaffen werden, wie z. B. die Sensibilisierung von Mitarbeitenden für nachhaltige Entwicklung. Gleichzeitig gibt es auch einige Hürden und Fallstricke, die im Prozess auftauchen können, und die es bei der Konzeption und Einführung im Hinterkopf zu behalten gilt. Nachhaltigkeitschecks bieten Kommunen eine wertvolle Unterstützung, um Entscheidungen bewusster und systematischer im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu treffen. Sie ermöglichen die Etablierung eines klar definierten Vorgehens zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in den alltäglichen Verwaltungs- und Politikbetrieb. Dadurch können kommunale Vorhaben stärker an der lokalen Nachhaltigkeitsstrategie oder dem Leitbild ausgerichtet werden, was zu einer erhöhten Verbindlichkeit und einem einheitlicheren Handeln führt. Zudem schaffen Nachhaltigkeitschecks eine fundierte Grundlage für differenziertere und vielseitigere Diskussionen in kommunalen Gremien wie dem Rat. Ein bedeutender Mehrwert liegt in der Förderung eines Kulturwandels innerhalb der Verwaltung: Nachhaltigkeit wird nicht mehr als zusätzlicher Aspekt, sondern als integraler Bestandteil der täglichen Arbeit verstanden. Dies führt zu einer Sensibilisierung für langfristige Auswirkungen und die Prinzipien einer nachhaltigen Kommunalentwicklung. Durch die systematische Bewertung werden potenzielle Synergien wie auch Zielkonflikte zwischen verschiedenen Vorhaben sichtbar gemacht, was einen Blick über den „fachlichen Tellerrand“ hinaus ermöglicht. Nachhaltigkeitschecks übernehmen dabei eine Frühwarnfunktion, indem sie auf mögliche langfristige und unbeabsichtigte Folgen hinweisen, bevor Entscheidungen getroffen werden. Gleichzeitig stärken Klimachecks werden viele unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Um die Lesbarkeit zu vereinfachen, verwenden wir vornehmlich (Nachhaltigkeits-) Checks. 3. Nachhaltigkeitschecks in der Umsetzung Instrumente des kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements werden in zahlreichen Kommunen angewendet. In einer Erhebung der Bertelsmann Stiftung zur Halbzeitbilanz der Agenda auf kommunaler Ebene (2023) gaben 26 % an, neben anderen Instrumenten auch Nachhaltigkeitsprüfungen anzuwenden. Weitere 26 % gaben an, die Einführung zu planen [6]. In einer Erhebung des Umweltbundesamtes gaben sogar 46 % der Kommunen an mit Klimachecks zu arbeiten. In Niedersachsen gaben 29 Kommunen an mit Klimachecks zu arbeiten [7]. In einer Befragung speziell von niedersächsischen Kommunen gaben 19 % der befragten Kommunen an, bereits mit Nachhaltigkeits- oder Klimachecks zu arbeiten. Weitere 16 % planen die Einführung. Besonders verbreitet sind die Checks in Landkreisen. Zudem planen 23 % der Städte über 15.000 Einwohnende eine Einführung, weitere 20 % haben bereits Checks etabliert [8]. Insgesamt weisen diese Daten eine klare kommunale Relevanz bzw. ein Interesse an Nachhaltigkeits- und Klimachecks aus. Da die Erhebung anonymisiert durchgeführt wurde, lassen sich keine Rückschlüsse auf die durchführenden Kommunen ziehen. Im Folgenden ist eine Auswahl von Nachhaltigkeits- und Klimachecks in Deutschland abgebildet, dabei wird Niedersachsen als Beispiel-Bundesland fokussiert betrachtet. Die Übersicht stellt nur eine Auswahl von Kommunen dar, die diese Checks durchführen. Die Auswahl erfolgte durch eine Online-Recherche und bildet daher lediglich einsehbare Checks ab. Neben dem Kommunaltyp ist zusätzlich aufgeführt, woran sich der genutzte Nachhaltigkeitscheck in seinen Kriterien orientiert (z. B. den SDGs). Für die einfache Navigation zu den einzelnen Checks sind die Namen der Kommunen jeweils mit einem Link unterlegt, welche zu den entsprechenden kommunalen Websites, zu dem Check direkt oder zu beispielhaften Nachhaltigkeitschecks Klimachecks • Allensbach • Augsburg • Bad Berleburg • Bad Säckingen • Blaustein • Bottrop • Crailsheim • Eisenach • Friedrichshafen • Heidelberg • Landau in der Pfalz • Lippe • Lüdenscheid • Norderstedt • Saalfeld • Solingen • Stadtroda • Aachen • Bayreuth • Bochum • Dresden • Erlangen • Essen • Freiburg • Hagen • Jena • Ludwigsburg • Offenbach • Rietberg • Trier • Weimar • Worms Tabelle 1: Weitere Beispielhafte Nachhaltigkeits- & Klimachecks in Deutschland THEMA Umwelt 83 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 bestimmten Fachbereich kommen In der Regel wird der Check dann in der Verwaltung ausgearbeitet und mit verschiedenen Feedbackschleifen auf den Weg zur Implementierung gebracht. Im Folgenden werden verschiedene Schritte aufgezeigt, wie die Einführung und Konzeption des Checks ablaufen und gelingen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dies in Kommunen individuelle Prozesse sind, die nicht linear und in der dargestellten Reihenfolge verlaufen müssen. Folglich zeigt diese Übersicht Ansatzpunkte und wichtige Fragen auf, die im Prozess hilfreich sein können. Nach der Etablierung des Nachhaltigkeitschecks kann dieser langfristig durch gezielte Maßnahmen weiterentwickelt werden. Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise über die kommunale Website, trägt dazu bei, Transparenz herzustellen und so die Akzeptanz von Vorhaben bei Bürger*innen zu fördern. Ergänzend ermöglicht ein Monitoring der Bewertungen und Wirkungen des Nachhaltigkeitschecks, kontinuierlich Verbesserungspotenziale zu identifizieren. 6. Durchführung des Nachhaltigkeitschecks In diesem Abschnitt wird ein exemplarischer Ablauf für den Nachhaltigkeitscheck in einer Kommune dargestellt. Dies kann je nach Kommune variieren und dient daher an dieser Stelle der Orientierung. Eine der zentralen Fragen in der Prozessgestaltung zum Check ist, welche Mitarbeitenden in der Verwaltung diesen durchführen. Ob zentral beim Nachhaltigkeits- oder Klimaschutzpersonal (z. B. in Osnabrück, Lüdenscheid), dezentral in den Fachbereichen verortet (z. B. in Rietberg, Bottrop) - beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die in der Publikation „Prüfung und Bewertung kommunaler Beschlussvorlagen auf Klimarelevanz “ der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen [13] zusammengefasst sind. Einige Kommunen bieten bei sie die Vorbildfunktion der Kommune als aktive Gestalterin einer nachhaltigen Zukunft. Trotz dieser vielfältigen Mehrwerte sind auch einige Herausforderungen mit der Einführung und Anwendung von Nachhaltigkeitschecks verbunden. In vielen Kommunen fehlen die nötigen personellen und zeitlichen Ressourcen, um einen solchen Check zu entwickeln, einzuführen und regelmäßig im Verwaltungsalltag anzuwenden. Hinzu kommt die Sorge vor einem erhöhten Arbeitsaufwand, der in ohnehin überlasteten Strukturen nur schwer zu bewältigen ist. Auch die Ergebnisse eines qualitativen Checks können stark subjektiv geprägt sein, wodurch die Aussagekraft eingeschränkt wird. Es besteht die Gefahr, dass einzelne Nachhaltigkeitsaspekte übersehen oder bewusst weggelassen werden, insbesondere bei unklaren Zielkonflikten oder uneinheitlichen Bewertungsmaßstäben. Ein weiteres Problem liegt im bislang geringen Erfahrungsschatz: Nur wenige Kommunen haben belastbare Erkenntnisse zur Wirksamkeit des Instruments veröffentlicht. Innerhalb von Verwaltung und Politik kann dies zu Skepsis gegenüber dem Nutzen und Aufwand des Verfahrens führen. Zudem besteht die Gefahr, dass der Check lediglich formal abgearbeitet wird - ohne dass Nachhaltigkeit tatsächlich berücksichtigt wird (Stichwort: Greenwashing). Auch mit widersprüchlichen Ergebnissen muss umgegangen werden: Manche Entscheidungen werden trotz negativer Nachhaltigkeitsbewertung getroffen, sei es aus rechtlichen, politischen oder praktischen Gründen. Nicht zuletzt besteht die Herausforderung, die Ergebnisse des Checks auch tatsächlich in den politischen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen. 5. Einführung des Nachhaltigkeitschecks Der Impuls, einen Nachhaltigkeitscheck einzuführen, kann von der Verwaltungsspitze, dem Rat oder einem Bild 2: Einführung des Nachhaltigkeitschecks THEMA Umwelt 84 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 (meist der aktuelle Status quo) klar definiert werden. Es sollte kommuniziert werden, wenn indirekte, abstrakte oder sehr langfristige Wirkungen in die Bewertung aufgenommen werden. ƒ Darüber ob der Mehraufwand des Nachhaltigkeits- und Klimachecks auf lange Sicht gerechtfertigt ist, entscheidet nicht zuletzt der Umgang mit den Ergebnissen: Müssen ergänzende Maßnahmen zur Minderung negativer Einflüsse umgesetzt werden? An welchem Punkt im Prozess werden die Bewertungen und die Alternativvorschläge berücksichtigt? Wenn das Ergebnis des Checks zunächst verwaltungsintern genutzt wird, um das geplante Vorhaben weiterzuentwickeln, kann das Berührungsängste mit dem Instrument verringern. 7. Gute Beispiele Um abschließend einen tieferen Blick in die Praxis zu werfen, werden im Folgenden zwei Beispiele vorgestellt, die aus Sicht der Autorinnen als empfehlenswert eingestuft werden. Die Auswahlkriterien für diese Beispiele beziehen sich u. a. auf Aufbau und Prozessgestaltung. Ein gut durchdachter Nachhaltigkeitscheck sollte im Aufbau und Inhalt das Leitbild nachhaltiger dezentraler Verortung des Checks bei Bedarf die Beratung bzw. Unterstützung der Fachabteilungen durch Klimaschutz- und Nachhaltigkeitspersonal an (z. B. in Rietberg, Friedrichshafen). Weitere Charakteristika wirken sich zudem auf den Ablauf eines Nachhaltigkeitschecks aus: ƒ Um die Akzeptanz des Checks bei der Einführung zu erhöhen, setzen einige Kommunen bei der Anwendung durch die Fachbereiche im ersten Schritt auf Freiwilligkeit (z. B. Buxtehude, Norderstedt). ƒ Für sehr große Projekte mit vielen Teilaspekten kann ein Nachhaltigkeitscheck an seine Grenzen stoßen, da er die Komplexität des Vorhabens nicht mehr abbilden kann (z. B. Verabschiedung des Haushalts). ƒ Vor der Durchführung sollte klargestellt werden, ob ein Projekt oder Konzept als solches bewertet werden oder ob ein Check den Vergleich der Nachhaltigkeit verschiedener Ausführungsvarianten unterstützen soll. Im zweiten Fall können bei Bedarf die verschiedenen Varianten einzeln eingeschätzt und am Ende miteinander verglichen werden. ƒ Für die Anwendung des Checks auf ein bestimmtes Vorhaben sollten ebenfalls der Umfang des Vorhabens, der Zeithorizont sowie der Vergleichszustand Bild 3: Durchführung des Nachhaltigkeitschecks THEMA Umwelt 85 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 Alternativvorschläge, enthält klickbare Hinweise und wird durch einen Leitfaden ergänzt. Der Check ist bundesweit nutzbar, individuell anpassbar und wurde mit Praxiskommunen entwickelt sowie in einer Pilotphase erprobt. Es entstehen keine Entwicklungsaufwände, was insbesondere kleinere Verwaltungen entlastet - bei Bedarf stehen digitale Schulungen oder Vor-Ort-Angebote zur Verfügung. Eine farbcodierte Zusammenfassung erleichtert die schnelle Ergebnisübersicht. 8. Fazit und Ausblick Kommunen haben je nach Ausgangssituation individuelle Anforderungen an einen Nachhaltigkeitscheck. Wir empfehlen, bestehende Ressourcen (z. B. Tools, Vorlagen) zu nutzen und direkt mit einer oder mehreren Anwenderkommunen in Kontakt zu treten, um von ihren Erfahrungen zu lernen. Im Rechercheprozess wurde häufiger gespiegelt, dass vielerorts nicht genau bekannt ist, ob der Check die gewünschte Wirkung entfaltet (z. B. nachhaltigere Ausrichtung von kommunalen Vorhaben als bisher). Insgesamt ist an dieser Stelle noch einmal anzumerken, dass ein Nachhaltigkeitscheck nicht als „Allheilmittel“ für eine nachhaltige Entwicklung dienen kann, sondern idealerweise eines von mehreren Instrumenten ist, um nachhaltige Entwicklung systematisch in den Handlungen von Verwaltung und Politik zu verankern. Dieser Artikel ist eine Kurzversion der Handreichung „Nachhaltigkeitschecks umsetzen: Kommunale Vorhaben auf Klima und Nachhaltigkeit prüfen “. Diese Handreichung beinhaltet einen B aukas ten Nachhaltigkeit scheck s sowie sehr viele der hier benannten Beispiele. Wir empfehlen diese Handreichung zu betrachten, um mögliche Ausgestaltung kommunaler Nachhaltigkeitschecks besser nachvollziehen zu können. LITERATUR [1] Redenius, P.; Gromball, L. E. & Heinrichs, H. (2023). Nachhaltigkeitsprüfungen in Kommunen (Kurzgutachten). Schriftenreihe Nachhaltigkeit, Politik, Gesellschaft (ISSN 2942-6669), 4. [2] Gromball, L. E.; Redenius, P. & Heinrichs, H. (2024). Nachhaltigkeitsprüfungen in kleinen und mittleren Kommunen (Kurzgutachten). Schriftenreihe Nachhaltigkeit, Politik, Gesellschaft (ISSN ISSN 2942-6669), 6. [3] Gromball, L. E. (2023). Nachhaltigkeitsprüfungen in kleinen und mittleren Kommunen (Bachelorarbeit). Leuphana Universität Lüneburg. [4] Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (2023). Der Thüringer Nachhaltigkeits-Check für Kommunen. Ein Leitfaden zur Anwendung. Entwicklung sinnvoll abbilden und dabei kompakt und pragmatisch gestaltet sein, um auch in kleineren Verwaltungsapparaten zeitlich umsetzbar zu sein. Bei der Auswahl der beiden Beispiele wurden zudem eine Verknüpfung des Checks mit einer kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie, einem Leitbild oder den SDGs positiv bewertet. Darüber hinaus erscheinen Platz für Begründungen der Bewertung sowie für Alternativ vorschläge sinnvoll, da sie eine differenzierte Bewertung von Vorhaben anregen und so eine fundiertere Diskussionsgrundlage ermöglichen. Prägnante und leicht verständliche ergänzende Informationen und Beispiele zu verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten direkt im Check oder in begleitenden Informationsdokumenten vermeidet Unsicherheiten bei der Anwendung. Um mit ein paar Blicken die Aussagen des Checks erfassen und Nachbesserungsbedarfe erkennen zu können, sind leicht verständliche sowie übersichtlich und grafisch dargestellte Ergebnisse für interne und externe Adressat*innen hilfreich. Im besten Fall wird der Check als Excel-/ Word-Dokument oder als Online-Tool/ Website auch für andere Kommunen zur Verfügung gestellt und ist einfach anpassbar. Abschließend wurde bei der Auswahl der guten Beispiele auch darauf geachtet, ob der Check bereits von mehreren Kommunen genutzt oder mit Pilotkommunen unterschiedlicher Größenordnungen erprobt wurde. Die Beispiele des Landes Thüringen und des Landes Baden-Württemberg erfüllen diese Kriterien und werden im Folgenden dargestellt. Der digitale Nachhaltigkeitscheck des Landes Thüringen unterstützt Kommunen dabei, ihre Nachhaltigkeitsstrategie einfach und flexibel zu bewerten. Der Ablauf umfasst Voreinschätzung, Check, Zusammenfassung und Ergebnisdarstellung. Bewertet wird in zehn Themenfeldern anhand der SDGs und der BNK, ohne Entwicklungsaufwand für die Verwaltung. Das Tool bietet Freitextfelder, Alternativ vorschläge und ermöglicht das Ausblenden irrelevanter Fragen. Ergebnisse werden übersichtlich als Kreisdiagramm und Text dargestellt. Es ist bundesweit nutzbar, kann mit Ratsinformationssystemen verknüpft und durch einen Leitfaden begleitet werden. Gemeinsam mit Kommunen erprobt, eignet sich das Instrument für unterschiedliche Erfahrungsstände und erlaubt einen schnellen oder vertieften Check je nach Bedarf. Der Nachhaltigkeitscheck Baden-Württembergs für Kommunen basiert auf der Landesnachhaltigkeitsstrategie sowie den SDGs und bietet eine kompakte, aber fundierte Bewertungssystematik. Die Excel-Vorlage ermöglicht Kurzbegründungen und THEMA Umwelt 86 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066 [5] Deutsches Institut für Urbanistik (2021). Mach dein Projekt zum Klimacheck für Ratsbeschlüsse. Difu Klimahacks, 9. [6] Haubner, O.; Peters, O.; Scheller, H. & Ruddek, A. (2023). Der Stand der Umsetzung der Agenda 2030 in den deutschen Kommunen: Handlungsempfehlungen und Halbzeitbilanz. Bertelsmann Stiftung und Deutsches Institut für Urbanistik. [7] Sieck, L. (2024). Wo steht Deutschland im kommunalen Klimaschutz? . CLIMATE CHANGE 41/ 2024. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau. [8] Redenius, P.& Heinrichs, H. (2024). Kommunales Nachhaltigkeitsbarometer Niedersachsen 2024: Eine Erhebung zum Stand von Nachhaltigkeit in niedersächsischen Kommunen. Schriftenreihe Nachhaltigkeit, Politik, Gesellschaft (ISSN 2942-6669), 7. [9] Haubner, O. & Kuhn, S. (2020). Instrumente für kommunales Nachhaltigkeitsmanagement. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh. [10] Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen GmbH (2020). Prüfung und Bewertung kommunaler Beschlussvorlagen auf Klimarelevanz: Ergebnis der Fachtagung „Meine Kommune im Klimanotstand - was nun? “. Design der Abbildungen: Leonie Sophie Werner, www.leoniesophiewerner.de Eingangsabbildung: © Leuphana/ Alfred Brandl AUTOR: INNEN Pia Redenius (M.Sc.), Leuphana Universität Lüneburg pia.redenius@leuphana.de ORCID: 0009-0003-9113-9998 leuphana.de/ institute/ insugo/ personen/ pia-redenius Svenja Puls, RENN.nord & Kommunale Umwelt-AktioN UAN e. V. svenja.puls@wunstorf.de Luca Elena Gromball, Studentin M. Sc., Interdisziplinäres Nachhaltigkeitsmanagement lucaelenagromball@gmail.com Die zugehörige Praxis-Handreichung (DOI: 10.48548/ pubdata-1560) wurde vom RENN e. V. - unter Beteiligung der Kommunalen Umwelt-AktioN UAN e. V. sowie des Instituts für Nachhaltigkeitssteuerung/ Leuphana Universität Lüneburg - herausgegeben. THEMA Umwelt 87 3 · 2025 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2025-0066