Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.24053/TuS-2021-0030
121
2021
685
JungkVergleichende Untersuchung der Verschleißbilder von Steckverbindern aus Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen mit unterschiedlichen Prüfrichtungen
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2021
Dirk Hilmerthttps://orcid.org/0000-0002-3918-0788
Kevin Krügerhttps://orcid.org/0000-0001-9892-5674
Jian Songhttps://orcid.org/0000-0002-7627-9824
Im Rahmen dieser Studie werden die Verschleißbilder von ausgewählten Prüflingen des gleichen Typs aus
Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen miteinander verglichen. Die Anregungsrichtungen sind dabei
sowohl bei den Vibrationsprüfungen, als auch bei den Reibverschleißprüfungen nicht nur auf die Steck- und Ziehrichtung begrenzt, sondern werden auch in den dazu orthogonalen Richtungen betrachtet. Anschließend werden verschiedene Messmethoden angewandt, um etwaige Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem auftretenden Verschleiß der jeweiligen Prüfmethoden festzustellen. Dabei zeigen sich bei den jeweiligen Prüfungstypen grundsätzlich unterschiedliche kritische Richtungen hinsichtlich des Verschleißes. Ebenfalls wird deutlich, dass die von außen induzierte Anregung beim Reibverschleißprüfstand insgesamt ein stärkeres Verschleißbild liefert als die Vibrationsprüfung. Eine Übertragbarkeit zwischen der erzwungenen und der durch Leitungsbewegung angeregten Amplitude ist daher aktuell jedoch nicht direkt möglich, da im realen Anwendungsfall eine Überlagerung von mehreren Bewegungen vorliegt.
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1 Einleitung Steckverbindungen dienen nach wie vor zur physischen Vernetzung von elektrischen Komponenten und Modulen in Fahrzeugen. Dabei nimmt die Relevanz der Sicherheit dieser Verbindungen im Hinblick auf den zunehmenden Anteil an elektrischen Fahrzeugen im Straßenverkehr Aus Wissenschaft und Forschung 41 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 Vergleichende Untersuchung der Verschleißbilder von Steckverbindern aus Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen mit unterschiedlichen Prüfrichtungen Dirk Hilmert, Kevin Krüger, Jian Song* Eingereicht: 22.9.2021 Nach Begutachtung angenommen: 8.12.2021 Dieser Beitrag wurde im Rahmen der 62. Tribologie-Fachtagung 2021 der Gesellschaft für Tribologie (GfT) eingereicht. Im Rahmen dieser Studie werden die Verschleißbilder von ausgewählten Prüflingen des gleichen Typs aus Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen miteinander verglichen. Die Anregungsrichtungen sind dabei sowohl bei den Vibrationsprüfungen, als auch bei den Reibverschleißprüfungen nicht nur auf die Steck- und Ziehrichtung begrenzt, sondern werden auch in den dazu orthogonalen Richtungen betrachtet. Anschließend werden verschiedene Messmethoden angewandt, um etwaige Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem auftretenden Verschleiß der jeweiligen Prüfmethoden festzustellen. Dabei zeigen sich bei den jeweiligen Prüfungstypen grundsätzlich unterschiedliche kritische Richtungen hinsichtlich des Verschleißes. Ebenfalls wird deutlich, dass die von außen induzierte Anregung beim Reibverschleißprüfstand insgesamt ein stärkeres Verschleißbild liefert als die Vibrationsprüfung. Eine Übertragbarkeit zwischen der erzwungenen und der durch Leitungsbewegung angeregten Amplitude ist daher aktuell jedoch nicht direkt möglich, da im realen Anwendungsfall eine Überlagerung von mehreren Bewegungen vorliegt. Schlüsselwörter Reibverschleiß, Vibration, Richtungsabhängigkeit, elektrische Kontakte, Silberbeschichtung, Konfokalmikroskopie Comparative study of connector wear patterns from fretting wear and vibration tests with different test directions In this study a comparison between the wear patterns of electrical connectors resulting from two different test types, namely fretting corrosion test and vibration test, is conducted. In both tests, the excitation directions include the mating direction as well as the orthogonal directions corresponding to the mating direction. Different measurement techniques are used to identify similarities and differences between the wear resulting from these test types. The results show fundamentally different critical directions with regard to wear for the respective test types. Furthermore, it is shown that the induced movement of the fretting tests lead to a higher degree of wear than the vibration tests. Also, it is not adequately possible to establish a direct relationship between the induced movement and the excitation amplitude caused by the attached wires since there is a superposition of several movements in the case of real applications. Keywords Fretting wear, Vibration, Directionality, Electrical Contacts, Silver Coating, Confocal Microscopy Kurzfassung Abstract * Dirk Hilmert, M.Sc. Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-3918-0788 Kevin Krüger, M.Sc. Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0001-9892-5674 Prof. Dr.-Ing. Jian Song Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-7627-9824 Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Campusallee 12, 32756 Lemgo TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 41 zum Einsatz kommen, wirken von außen angeregte Schwingungen unterschiedlich auf die Steckverbinder ein. Ebenso ist der Einfluss des Kabels auf die Mikrobewegungen ein relevanter Faktor. Um dies weiterführend zu untersuchen, werden Lebensdauerprüfungen durch Reibverschleiß- und Vibrationstests durchgeführt. Dazu werden Kupferkontakte mit einer Silberschicht in einem Reibverschleißprüfstand sowie auf einem Shaker eingespannt und in je drei Achsen belastet. In Anlehnung an den Technischen Leitfaden 0214 (TLF 0214) des ZVEI, welcher aus Prüfvorschiften für Kfz-Steckverbinder von Automobilherstellern und Zulieferern entstanden ist [2], werden dazu für die Vibrationsprüfung die Richtungen X, Y und Z definiert, wie in Bild 1 dargestellt ist. Die X-Richtung stellt dabei die Belastung in der Steckrichtung dar. Für die Reibverschleißprüfungen werden die Messerseiten der Steckverbinder an einer festen Einspannung fixiert und die Lamellenseiten mit einem Voice-Coil Motor bewegt. Durch eine Einspannung des Leitungscrimps in der Richtung 1, welche identisch mit der X-Richtung der Vibration ist, wird eine Bewegung in der Steckrichtung hervorgerufen. Die Einspannung am elektrischen Leiter, wie im rechten Teil von Bild 2 dargestellt, führt Aus Wissenschaft und Forschung 42 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 und das steigende Level an autonomen Fahrerassistenzsystemen stetig zu. Je nach Einbauort treten dabei unterschiedliche thermische Beanspruchungen und Vibrationsbelastungen auf, welchen die Steckverbinder ausgesetzt sind. Daher werden neben den hauptsächlich verwendeten Steckverbindern mit Zinnbeschichtung nun vermehrt Steckverbinder mit einer Edelmetallschicht aus Silber oder Gold verwendet. Diese Beschichtungen schützen bei einer ausreichenden Schichtdicke das Basismaterial sowohl vor dem Kontakt mit der Atmosphäre, als auch vor der Diffusion von Gasen und verhindern somit eine Oxidation des Steckverbinders [1]. Daher ist der Verschleiß der Edelmetallschutzschicht bis hin zum Durchrieb für Steckverbinder mit einer Silberbeschichtung besonders relevant. Zur sicheren Auslegung und Überprüfung der Eigenschaften von Steckverbindern existieren bereits Prüfvorschriften und Normen [2]. In diesen werden für Steckverbinder in Fahrzeugen Vibrationsprüfungen in drei Achsen vorgeschrieben, um die während des Betriebs auftretenden Belastungen abzubilden. Obwohl auch Ausfälle durch pendelnde Bewegungen beobachtet werden können, wird in der Literatur hauptsächlich die eigentliche Steckrichtung betrachtet [3-6]. Zwar sind hierzu bereits erste Studien durchgeführt worden [7], jedoch werden die dazu orthogonal liegenden Richtungen in der Literatur meist vernachlässigt. Daher fehlen hier weitere Erkenntnisse, welche die Effekte der Bewegungsrichtungen auf das Verschleißverhalten beschreiben. Die unterschiedlichen Beschichtungssysteme [4, 8] und die auftretenden Reibregime [3, 9] sind dahingegen bereits vielfach untersucht worden. Auch die Einflüsse von Temperatur [10] und Luftfeuchtigkeit [11] sind bereits analysiert worden, welche für diese Untersuchung jedoch nicht gesondert betrachtet werden. 2 Theorie Reibrichtungen Da Steckverbinder in Fahrzeugen und elektrischen Maschinen in diversen Einbaupositionen und Einbaulagen Bild 1: Darstellung der Anregungsrichtungen X, Y und Z am Shaker nach TLF 0214 [2] Bild 2: Beispielhafte Darstellung der unterschiedlichen Einspannungen an der Lamellenseite am Reibverschleißprüfstand TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 42 zu einer rotatorischen Bewegung der Kontaktpartner zueinander. Dabei wird eine Drehung um die Achse 3, welche der Z-Achse der Vibration gleicht, als Richtung 6 definiert. Eine Rotation um die Achse 2, welche identisch mit der Y-Achse der Vibrationsprüfung ist, wird als Richtung 5 bezeichnet. Relativbewegung Durch die Art der Einspannung ergeben sich verschiedene Relativbewegungen, woraus folglich auch ein unterschiedlicher Verschleiß zu erwarten ist. Um diese Bewegungen näher zu betrachten, sind in Bild 3 theoretische Annahmen dargestellt. Dabei stellt die Richtung 1 das Reibverhalten in der Steck- und Ziehrichtung dar und die Kontaktpartner werden in dieser Ebene translatorisch zueinander bewegt. Die Richtung 6 ist ebenfalls mit einer Bewegung in der 1/ 2-Ebene abgebildet, jedoch werden hier die Kontaktpartner quer zur Kontaktfläche bewegt. Hieraus ergibt sich eine pendelnde, rotatorische Bewegung um den Kontaktpunkt. In der Richtung 5 erfolgt die Bewegung hingegen orthogonal zur 1/ 2-Ebene in der 1/ 3-Ebene und die Kontakte werden auf und ab bewegt. Dabei bleibt das Messer starr, was zu einer Aufweitung der Lamellen und einer Rollbewegung der Kontaktpartner aufeinander führt. Somit werden jeweils unterschiedliche Bewegungen durch die Anregung von außen erzwungen. Dies lässt ein unterschiedliches Gleitverhalten je Richtung erwarten, wodurch auch die Verschleißbilder variieren sollten. Im Gegensatz zu den Reibverschleißprüfungen, bei welchen die Bewegungen gezielt in verschiedenen Richtungen erzwungen werden, ist dies bei der Vibrationsprüfung nicht direkt möglich. Zwar werden die Steckverbinder so auf den Shaker aufgebracht, dass die Vibrationsrichtung jeweils in der entsprechenden Achse liegt, jedoch wird hier erwartet, dass sich eine Überlagerung der Relativbewegungen der Kontaktpartner bildet und nicht unmittelbar nur eine einzelne Relativbewegung erzeugt wird. 3 Testbedingungen Für die Untersuchungen werden Steckverbinder aus einer Kupferlegierung genutzt, welche messerseitig mit Aus Wissenschaft und Forschung 43 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 Bild 3: Darstellung der Bewegungsrichtungen der Reibverschleißprüfung TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 43 Die Vibrationsprüfungen entsprechen ebenso den Vorgaben des TLF 0214. Da die Steckverbinder für die Vibrationsklasse V4 freigegeben sind, werden die Prüfungen dementsprechend durchgeführt. So durchlaufen die Prüflinge für 22 h ein Gleitsinusvibrationsprofil von 100 bis 440 Hz mit einer Frequenzänderung von einer Oktave pro Minute. Dabei wird sowohl während der Vibrationsprüfungen, als auch bei den Reibverschleißprüfungen der elektrische Widerstand kontinuierlich gemessen und gespeichert. Die maximale Schwingweite des Shakers beläuft sich bei diesen Prüfungen dabei auf 500 µm vom unteren zum oberen Spitzenwert und tritt bei der niedrigsten Frequenz von 100 Hz auf. Die Relativbewegung der Steckverbinder zueinander unterscheidet sich hier jedoch von der maximalen Schwingweite und ist noch nicht weiterführend in diesem Forschungsprojekt untersucht. Für die Reibverschleißprüfungen wird das Mantelmaterial vom elektrischen Leiter in einem Abstand von 2 mm zum Isolationscrimp abisoliert. In der Richtung 1 werden die Kontaktpartner jeweils am Leitungscrimp fixiert in den Prüfstand eingespannt. Dadurch sind eine direkte Krafteinleitung und somit die Relativbewegung der Kontaktpartner möglich. In den Richtungen 5 und 6 werden hingegen die Steckverbinder an der Lamellenseite am abisolierten elektrischen Leiter eingespannt, wodurch die Flexibilität des Kabelstranges abgebildet werden soll. Bei den Vibrationsprüfungen werden die Steckverbinder in die entsprechenden Gehäuse eingebracht und auf Prüfplatten montiert. Ausgehend vom TLF 0214 werden die elektrischen Leitungen mit einem Abstand von 100 mm nach dem Ende des Steckergehäuses fixiert, sodass auch hier die Leitungen frei schwingen können, wie in Bild 5 dargestellt ist. 4 Ergebnisse der Untersuchung Bei den Reibverschleißprüfungen erreichen alle geprüften Kontakte die geforderte Laufzeit von 100.000 Zyklen ohne elektrischen Ausfall. Ebenso wird bei den Vibrationsprüfungen keine Überschreitung des Grenzwerts von 300 mΩ festgestellt. Zum Vergleich der Schwingungsrichtungen wird daher der gemittelte Anfangswiderstand herangezogen. Für die untersuchten Steckverbinder beträgt dieser 3,0 mΩ. Im „Worst Case“ erhöht sich dieser während der Prüfungen um 1,4 mΩ wodurch ein maximaler Widerstand von 4,4 mΩ vorliegt. Im Anschluss an die jeweiligen Prüfungen wird der Verschleißzustand der Kontakte analysiert. Hierzu werden die Kontakte geöffnet und zunächst optisch mittels digitalem Lichtmikroskop analysiert. Für eine bessere Vergleichbarkeit bei den nachfolgenden Untersuchungen werden für diese Studie jedoch nur die Messerseiten betrachtet. Aus Wissenschaft und Forschung 44 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 einer etwa 5,5 µm dicken Silberschicht auf einer ca. 2,2 µm dicken Nickelschicht beschichtet sind. Die Kontakt-/ Messerbreite beträgt dabei 2,8 mm. Auf der Lamellenseite sind die Kontakte mit einer etwa 4 µm Silberschicht beschichtet und der Kontaktradius beträgt 2 mm. Dabei ist der Kontakt mit vier Lamellen pro Seite ausgeführt und die Kontaktkraft beträgt 1 N. Die Einstecktiefe der Kontakte beträgt ca. 6 mm, woraus eine Kontaktüberdeckung von 2 mm resultiert. Die Reibverschleißprüfungen werden auf Prüfständen mit Voice-Coil Motoren durchgeführt, wie in Bild 4 dargestellt, welche einen Hub mit einer Amplitude von 50 µm aufbringen. Die Frequenz beträgt 1 Hz und die Versuche werden bei einer Umgebungstemperatur von 20 bis ca. 23 °C durchgeführt. Diese Parameter orientieren sich dabei an dem Technischen Leitfaden 0214 (TLF 0214) des ZVEI, welcher aus Prüfvorschiften für Kfz-Steckverbinder von Automobilherstellern und Zulieferern entstanden ist [2]. Ebenso ist das Abbruchkriterium der Prüfungen im Leitfaden definiert. So werden die Prüfungen abgebrochen, sobald ein Widerstandswert von 300 mΩ überschritten oder 100.000 Zyklen erreicht worden sind. Bild 5: Fixierung der Steckverbinder in Z-Richtung auf dem Shaker Bild 4: Schematische Einspannung eines Steckverbinders am Reibverschleißprüfstand in Richtung 6 TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 44 In Bild 6 sind exemplarische Verschleißbilder von Messern aus den Reibverschleißprüfungen dargestellt. Hier wird deutlich, dass die Verschleißflächen der Proben der Richtung 1 einen höheren Verschleiß aufweisen als die der Proben aus den Richtungen 5 und 6. Dabei ist die Ausdehnung größer ausgeprägt und stellenweise ist bereits optisch Durchrieb sichtbar. In Richtung 5 und 6 sind bei den Proben ebenfalls Verschleißspuren zu erkennen, jedoch sind hier die eigentlichen Verschleißflächen kleiner ausgeprägt. Darüber hinaus sind hier noch keine Anzeichen eines Durchriebs zu erkennen und die Schichten wirken zunächst intakt. Anschließend an diese erste optische Untersuchung werden Röntgenfluoreszenzanalysen der Steckverbinder durchgeführt. Dabei wird die Oberfläche der Kontaktpunkte mittels primärer Röntgenstrahlung angeregt. Hierdurch lösen sich kernnahe Elektronen der Atome und werden durch Valenzelektronen der äußeren Schalen besetzt. Durch diesen Prozess geben die einrückenden Elektronen einen Teil ihrer Energie in einer elementspezifischen Röntgenfluoreszenzstrahlung ab, welche dann den jeweiligen Elementen spezifisch zugeordnet werden kann. Somit kann das Schichtsystem über die Häufigkeit der auftretenden Fluoreszenzstrahlungswerte analysiert werden. Die Ergebnisse hierzu sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Neben dem Mittelwert (Mw) und der Standardabweichung (Stabw) wird hier auch der Minimalwert abgebildet, um eine erste Einschätzung der Tiefe der Kontaktstellen zu erhalten. So ist zu erkennen, dass in der Richtung 1 die Silberschicht der Proben von anfänglichen 5,5 µm auf 1,49 µm im Mittel und auf minimal 1,07 µm reduziert ist. Auch bei den Proben in der Richtung 6 ist ein Verschleiß der Silberschicht zu erkennen. Hier ist der Mittelwert auf 4,21 µm reduziert mit einem Minimalwert von 1,99 µm. In der Richtung 5 ist ebenfalls ein Verschleiß der Silberschichtdicke der Proben zu erkennen, jedoch liegt hier der Minimalwert bei 3,91 µm und der Mittelwert nahezu beim Anfangswert. Somit ist bei der Röntgenfluoreszenzanalyse kein direkter Durchrieb der Silberschicht zu erkennen. Jedoch ist hier zu beachten, dass aufgrund der Kollimatorgröße von 0,1 mm stets ein Mittelwert bei der Messung über den Messpunkt gebildet wird. Somit können einzelne, lokal begrenzte Vertiefungen nicht ermittelt werden. Dennoch gibt die Schichtdickenanalyse bereits Aufschlüsse über den Zustand der Steckverbinder. So kann bereits die Richtung 1 für die Reibverschleißprüfungen als kritischer angesehen werden, als die Richtungen 5 und 6. Im Vergleich hierzu sind in Bild 7 die Kontaktflächen von Steckverbindern aus den Vibrationsprüfungen abgebildet. Hier zeigt sich im Vergleich zu den Steckver- Aus Wissenschaft und Forschung 45 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 Bild 6: Exemplarische Kontaktflächen der Messer aus den Reibverschleißprüfungen Schichtdickenmessung Reibverschleißprüfung Richtung 1 Richtung 5 Richtung 6 Neuteil Ag [µm] Mittelwert 1,49 5,11 4,21 5,53 Standardabweichung 0,44 0,55 1,54 0,16 Minimalwert 1,07 3,91 1,99 5,30 Tabelle 1: Schichtdickenwerte der Messer aus den Reibverschleißprüfungen Richtung 1 Richtung 5 Reibverschleißprüfung Richtung 6 Mittelwert Standardabweichung Minimalwert Neuteil 5,53 0,16 5,30 TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 45 skopie durchgeführt. Einige dieser Untersuchungen sind mittels 3-D-Darstellung in Bild 8 dargestellt. Hier zeigt sich, dass bei den Reibverschleißprüfungen ein stärkeres Verschleißbild zu erkennen ist, als bei den Vibrationsprüfungen. Ebenso wird deutlich, dass die Proben der Richtung 1 der Reibverschleißprüfung den stärksten Verschleiß aufweisen, aber auch bei den Proben in der Richtung 6 ist eine eine ausgeprägte Kontaktfläche erkennbar. Dahingegen sind bei den Proben der Richtung 5 die äußeren Abmaße der Kontaktfläche ebenfalls erkennbar, jedoch sind die Kontaktflächen nicht so tief ausgeprägt. Hierzu sind in Tabelle 3 die Messdaten aufgeführt. Auffällig ist, dass bei den Proben der Richtung 1 eine Vertiefung von ca. 7,11 µm im Mittel vorliegt, womit die Silberschicht hier bereits durchgerieben ist und auch die Nickelschicht nahezu gänzlich verschlissen ist. Bei den Proben der Richtung 6 ist, wie bereits in der 3-D-Darstellung zu erkennen, ebenfalls ein gewisser Verschleiß vorhanden, welcher jedoch noch nicht in einem Durchrieb resultiert. Die Proben der Richtung 5 sind im Vergleich hierzu noch weniger verschlissen und die Vertiefung beträgt ca. 1,28 µm im Mittel. Ebenfalls fällt auf, dass die Ausdehnung der Verschleißfläche der Proben in der Richtung 1 in der Länge nahezu doppelt so groß ist, wie in den Richtungen 5 und 6, die Breiten jedoch relativ ähnlich zueinander sind. Bei den Prüflingen der Vibrati- Aus Wissenschaft und Forschung 46 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 bindern aus den Reibverschleißprüfungen ein optisch geringerer Verschleiß. Ebenfalls fällt auf, dass hier die Proben der Z-Richtung einen größeren Verschleiß aufweisen als die Proben der X-Richtung und auch die Kontaktflächen der Proben der Y-Richtung erscheinen teilweise deutlicher ausgeprägt, als in der X-Richtung. Die Analyse der Schichtdicken mittels Röntgenfluoreszenzanalyse in Tabelle 2 bestätigt das optisch abgeleitete Verschleißverhalten. So sind die Restschichtdicken der Proben in der X-Richtung im Vergleich zum Neuteil im Mittel nur wenig verändert, was sich mit dem optischen Schadensbild deckt. Auch in der Y-Richtung ist nur eine geringe Änderung bei den Proben zu erkennen, jedoch ist in der Z-Richtung eine deutlichere Änderung der Silberschicht der Proben zu verzeichnen. Hier ist die Schicht im Mittel noch mit 3,7 µm Silber messbar und im Minimalwert bei 2,33 µm. Dies stimmt auch mit dem Verschleißbild der optischen Untersuchung überein. Somit sind für die Vibrationsprüfung eher die Ybzw. die Z-Richtung als kritischer einzustufen, als die X-Richtung. Um diese Verschleißbilder weiterführend auf potenziellen Durchrieb bzw. hinsichtlich des Verschleißes zu untersuchen, werden Messungen mittels Konfokalmikro- Bild 7: Exemplarische Kontaktflächen der Messer aus aus den Vibrationsprüfungen Schichtdickenmessung Vibrationsprüfung X-Richtung Y-Richtung Z-Richtung Neuteil Ag [µm] Mittelwert 5,45 5,41 3,70 5,53 Standardabweichung 0,23 0,29 1,27 0,16 Minimalwert 5,23 5,15 2,33 5,30 Tabelle 2: Schichtdickenwerte der Messer aus den Vibrationsprüfungen X-Richtung Y-Richtung Vibrationsprüfung Z-Richtung Neuteil 5,53 0,16 5,30 TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 46 onsprüfungen ist in der 3-D-Darstellung zu erkennen, dass bei den Proben in der X-Richtung keine eindeutigen Kontaktstellen abgrenzbar sind. In der Y-Richtung sind die Kontaktstellen der Proben hingegen deutlicher ausgeprägt und bei den Proben in der Z-Richtung mit einer wesentlichen Vertiefung zu erkennen. Diese Vertiefung ist dabei ca. 2,7 µm tief ausgeprägt, wobei noch kein Durchrieb der Silberschicht vorliegt. In der Y-Richtung ist dazu bei den Proben ein Tiefenwert von ca. 0,8 µm festgestellt worden, womit sich auch die Ergebnisse der optischen Untersuchung und der Schichtdickenanalyse decken. Bei den Proben in der X-Richtung kann lediglich eine Tiefe von weniger als 0,3 µm festgestellt werden, wobei jedoch die Rauheit der Oberfläche stellen- Aus Wissenschaft und Forschung 47 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 Reibverschleißprüfung Vibrationsprüfung Richtung Länge [µm] Breite [µm] Tiefe [µm] Richtung Länge [µm] Breite [µm] Tiefe [µm] 1 Mw 825 267 7,11 X Mw Nicht eindeutig abgrenzbar < 0,3 Stabw 237 47 1,44 Stabw 5 Mw 449 207 1,28 Y Mw 184 101 0,80 Stabw 223 87 0,57 Stabw 76 23 0,37 6 Mw 422 215 2,85 Z Mw 256 123 2,70 Stabw 153 59 1,42 Stabw 147 47 1,99 Ergebnisse der Konfokalmikroskopie Tabelle 3: Ausdehnung von Kontaktstellen der Messeraus den Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen Bild 8: 3-D-Darstellung von Kontaktstellen der Messeraus den Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen Reibverschleißprüfung 1 X 5 Y 6 Z Optischer Vergleich mittels Konfokalmikroskopie Vibrationsprüfung Tiefe [µm] 7,11 1,44 1,28 0,57 2,85 1,42 Tiefe [µm] < 0,3 0,80 0,37 2,70 1,99 TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 47 6 Diskussion Im Zuge der Untersuchung kann sich die Fragestellung ergeben, wie die Erkenntnisse weiterführend genutzt werden können. Hierzu entsteht im Rahmen des Forschungsprojektes StRobA ein Leitfaden für die konstruktive Auslegung von Steckverbindern. Darin kann mit den gewonnenen Ergebnissen bereits ein deutlicher Richtungseinfluss festgestellt und somit eine Empfehlung für die Einbaulage von Steckverbindern gegeben werden. So kann geschlussfolgert werden, dass bei einer hauptsächlichen Vibrationsbelastung die Steckverbinder in der Steckrichtung am besten abgesichert sind und dadurch der geringste Reibverschleiß zu erwarten ist. In den orthogonal dazu liegenden Richtungen wird hingegen ein deutlich erhöhter Verschleiß durch Vibrationsbelastungen verursacht. Somit ist eine gezielte Festlegung der Einbaulage von Steckverbindern notwendig, wenn im Anwendungsfall eine starke Vibrationsbelastung vorliegt. Ebenfalls wird aus den Erkenntnissen deutlich, dass die elektrischen Leitungen einen starken Einfluss auf das Verschleißverhalten bei Vibrationen einnehmen. So kann geschlussfolgert werden, dass durch die schwingende Masse des Leiters in den orthogonalen Richtungen die Reibbewegung verstärkt wird und somit ein höherer Reibverschleiß erzeugt wird. Deswegen ist eine starke Bewegung der Leitung konstruktiv einzuschränken wichtig. Im Gegensatz dazu ist in der Reibverschleißprüfung die Steckrichtung am kritischsten und ergibt den höchsten Verschleiß. Hier wird durch die direkte Bewegung in der Steckrichtung eine rein translatorische Bewegung erzwungen bei der die Reibwerte in der Regel höher sind als bei rotatorischen Bewegungen. Ebenfalls ist die kontaktierende Fläche durch den Einbau vorbestimmt und die Bewegungsamplitude festgelegt. Somit lassen sich auch für eine hauptsächlich durch Wärmeausdehnung erzeugte Bewegung, welche durch die Reibverschleißprüfungen simuliert werden soll, Schlussfolgerungen über das Reibverschleißverhalten ziehen. Daraus kann eine Empfehlung zur Einbaulage der Steckverbinder in diesem Fall hergeleitet werden. Danksagung Diese Studie ist im Rahmen des Forschungsprojekts StRobA (IGF Fördernummer 20139 N) mit dem Thema „Einfluss von Mikrobewegungen auf Steckverbinder und deren Aus Wissenschaft und Forschung 48 Tribologie + Schmierungstechnik · 68. Jahrgang · 5/ 2021 DOI 10.24053/ TuS-2021-0030 weise tiefere Werte aufweist. Somit können keine direkten Tiefenmesswerte erhoben werden. 5 Fazit Im Rahmen dieser Studie wurden Steckverbinder mit einer Silberschicht in Reibverschleiß- und Vibrationsprüfungen untersucht. Beim Vergleich der Prüflinge eines gleichen Typs zeigte sich, dass deutliche Unterschiede im Verschleißverhalten zwischen den Anregungsformen vorliegen. So ist bei der direkten Reibverschleißprüfung eine Anregung in Steckrichtung, der Richtung 1, am kritischsten zu bewerten. Bei dieser trat stellenweise sogar ein Durchrieb der Silber- und Nickelschicht auf, woraus jedoch bei der durchgeführten Prüfdauer von 100.000 Zyklen kein elektrischer Ausfall resultierte. Die Richtungen 5 und 6 waren gegenüber dieser Form der Anregung unempfindlicher und wiesen sowohl optisch, als auch messtechnisch einen geringeren Verschleiß auf. Im Vergleich hierzu wurde bei der Vibrationsprüfung eine andere Empfindlichkeit hinsichtlich des Verschleißes festgestellt. So zeigte sich, dass die X-Richtung am unkritischsten ist und in Y- und Z-Richtung mehr Verschleiß hervorgerufen wird. Beim direkten Vergleich der beiden Anregungsarten fällt auf, dass der Verschleiß in der Reibverschleißprüfung insgesamt höher ist als bei der Vibrationsprüfung. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass bei einer direkten, z.B. mittels Voice-Coil Motor, die Bewegungen erzwungen werden. Bei der Vibrationsprüfung wird hingegen die Bewegungsamplitude der Mikrobewegungen überwiegend durch die Bewegung des Leiters beeinflusst. Somit liegt hier eine vornehmlich durch Leitungsbewegung angeregte Amplitude vor. Ebenfalls wird beim Vergleich der Schädigungsbilder deutlich, dass die Ergebnisse aus der Reibverschleißprüfung und der Vibrationsprüfung nicht direkt aufeinander übertragbar sind. So wird bei der Reibverschleißprüfung hauptsächlich die Verschleißbeständigkeit der jeweiligen Oberfläche bei einer Mikrobewegung in einer Richtung untersucht. Da jedoch im realen Anwendungsfall die hauptsächlichen Belastungen durch Vibrationseinflüsse auf die Steckverbinder einwirken, welche eine Überlagerung von mehreren Bewegungsrichtungen darstellen, müssen hier auch Vibrationsprüfungen zur Vergleichbarkeit durchgeführt werden. Eine direkte Übertragbarkeit zwischen der erzwungenen Bewegung und der durch Leitungsbewegung angeregten Amplitude ist somit nicht möglich. Der generelle Einfluss des Kabels auf die Steckverbinder bei Vibrationsprüfungen und die Verlegung der Leitungen bietet jedoch noch weitreichendes Potenzial für weitere Untersuchungen TuS_5_2021.qxp_TuS_5_2021 10.12.21 11: 05 Seite 48 robuste Auslegung“ entstanden und wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Literatur [1] Song, J., Wang, L., Zibart, A., Koch, C.: Corrosion Protection of Electrically Conductive Surfaces. Metals 2012, 2(4): 450-77. doi: 10.3390/ met2040450. [2] N.N.: „Technischer Leitfaden - TLF 0214: Validierung von Automotive-Niedervolt-Steckverbindern“, ZVEI, 2021. [3] Queffelec J.L., Ben Jemaa N., Travers D.: “Materials and contact shape studies for automobile connector development”. In: Thirty-Sixth IEEE Conference on Electrical Contacts, and the Fifteenth International Conference on Electrical Contacts. Montreal,Quebec, Canada: IEEE; 1990. 225-231. 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