Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.24053/TuS-2022-0018
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JungkEinfluss des Substratmaterials bei der Transferschmierung von Stahl-Bronze-Kontakten mit PA66-PTFE-cb Trockenschmierstoffen
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Simo Kamga Lionel
Manuel Oehler
Jan Sippel
Michaela Gedan-Smolka
Bernd Sauer
In dieser Arbeit wurde die Abhängigkeit des Reib- und Verschleißverhaltens im trockengeschmierten
Stahl-Bronze-Kontakt vom eingesetzten Trockenschmierstoff und vom Substratwerkstoff (Stahl oder
Bronze) bei konstanter Belastung untersucht. Hierbei wurde ein Block-Zwei-Scheibenprüfstand verwendet, wobei als Blöcke die Trockenschmierstoffe PA66-PTFE-cb verwendet wurden, welche über chemische Bindung (cb) von Polyamid 66 (PA 66) und strahlenmodifiziertem Polytetrafluorethylen (PTFE) hergestellt wurden. Die Ergebnisse bieten eine gute Grundlage für die Auswahl eines geeigneten Trockenschmierstoffs und des Gegenkörpers für den Transfer des Trockenschmierstoffs in trockengeschmierten Schneckengetrieben bestehend aus einer Stahlschnecke und einem Rad aus Bronze.
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1 Einleitung Zur Reduktion von Reibung und Verschleiß mithilfe von Feststoffen werden vorwiegend kristalline Stoffe mit Schichtstruktur, aber auch unterschiedliche Kunststoffe eingesetzt. Hierbei stellen Polyamide (PA), insbesondere Polyamid 66 (PA66) und Polyamid 46 (PA46), und Polytetrafluorethylene (PTFE) die Klassen von Kunststoffen dar, die diesen Anforderungen gerecht werden [1]. PTFE zeichnet sich durch einen großen Temperatureinsatzbereich (-250...+270 °C), hohe chemische Beständigkeit und sehr gute Antihafteigenschaften aus [2], was Aus Wissenschaft und Forschung 5 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 unikationswissenhe Sprachwissenent \ Altphilologie Kommunikationsistorische Sprachanagement \ Alttik \ Bauwesen \ schaft \ Tourismus ie \ Kulturwissenichte \ Anglistik \ \ BWL \ Wirtschaft Einfluss des Substratmaterials bei der Transferschmierung von Stahl- Bronze-Kontakten mit PA66-PTFE-cb Trockenschmierstoffen Lionel Simo Kamga, Jan Sippel, Manuel Oehler, Michaela Gedan-Smolka, Bernd Sauer* Eingereicht: 8.12.2021 Nach Begutachtung angenommen: 4.8.2022 Teile dieses Beitrages wurden bei der 62. Tribologie-Fachtagung 2021 der Gesellschaft für Tribologie (GfT) vorgestellt. In dieser Arbeit wurde die Abhängigkeit des Reib- und Verschleißverhaltens im trockengeschmierten Stahl-Bronze-Kontakt vom eingesetzten Trockenschmierstoff und vom Substratwerkstoff (Stahl oder Bronze) bei konstanter Belastung untersucht. Hierbei wurde ein Block-Zwei-Scheibenprüfstand verwendet, wobei als Blöcke die Trockenschmierstoffe PA66-PTFE-cb verwendet wurden, welche über chemische Bindung (cb) von Polyamid 66 (PA 66) und strahlenmodifiziertem Polytetrafluorethylen (PTFE) hergestellt wurden. Die Ergebnisse bieten eine gute Grundlage für die Auswahl eines geeigneten Trockenschmierstoffs und des Gegenkörpers für den Transfer des Trockenschmierstoffs in trockengeschmierten Schneckengetrieben bestehend aus einer Stahlschnecke und einem Rad aus Bronze Schlüsselwörter PA66-PTFE-cb (cb…chemisch gebunden) Compounds, Transferschmierung, Feststoffschmierung, Reibung, Verschleiß, Block-Zwei-Scheibenprüfstand Influence of substrate material for transfer lubrication of steel-bronze contacts using PA66-PTFE-cb dry lubricants In this work, the dependence of the friction and wear behaviour in dry-lubricated steel-bronze contact on the dry lubricant used and on the substrate material (steel or bronze) under constant load was investigated. For this purpose, a block two-disc test rig was used, with the dry lubricants PA66-PTFE-cb as blocks, which were produced via chemical bonding (cb) of polyamide 66 (PA 66) and radiation-modified polytetrafluoroethylene (PTFE). The results provide a good basis for the selection of a suitable dry lubricant and the counter body for the transfer of the dry lubricant in dry lubricated worm gears consisting of a steel worm and a bronze wheel. Keywords PA66-PTFE-cb (cb…chemical bonded) compounds, transfer lubrication, dry lubricant, friction, wear, Block-Twin-Disc-Machine Kurzfassung Abstract * Lionel Simo Kamga, M.Sc. 1 (federführender Autor) Jun. Prof. Dr.-Ing. Manuel Oehler 1 Jan Sippel, M.Sc. 2 Dr. Michaela Gedan-Smolka 3 Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer 1 1 Technische Universität Kaiserslautern Lehrstuhl für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie 67663 Kaiserslautern, Gottlieb-Daimler-Str., Gebäude 42 2 Technische Universität Kaiserslautern Arbeitsgruppe Werkstoffprüfung 67663 Kaiserslautern, Gottlieb-Daimler-Str., Gebäude 49 3 Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V D-01069 Dresden, Hohe Straße 6 ten das tribologische Verhalten von chemisch gebundenen PTFE-Polyamid-Verbindungen [12]. Es zeigte sich, dass mit einem Massenanteil von PTFE zwischen 3,3 und 50 Gew.-% die Reibungs- und Verschleißkoeffizienten der Polyamide PA6, PA66 und PA12 bei Trockenreibung verbessert werden konnten. In diesem Beitrag werden Untersuchungen zum Reibungs- und Verschleißverhalten in einem Block-Zwei- Scheibenprüfstand gezeigt, wobei eine Stahlscheibe gleichzeitig mit einem PTFE-Compound und einer Bronzescheibe in Kontakt gebracht wird. Der Einfluss der Kontaktanordnung wird dadurch untersucht, dass einerseits der Trockenschmierstoff über die Stahlscheibe und anderseits über die Bronzescheibe in Stahl-Bronze- Kontakt transferiert wird. Diese Untersuchungen werden für zwei Trockenschmierstofftypen basierend auf der Polymermatrix PA66 bei konstanten Betriebsbedingungen durchgeführt. Die hier durchgeführten Untersuchungen stellen eine gute Grundlage für die Auswahl eines geeigneten Trockenschmierstofftyps und des Gegenkörpers (Stahl oder Bronze) zum Trockenschmierstoff für den Transfer des Trockenschmierstoffs in trockengeschmierten Schneckengetrieben bestehend aus einer Stahlschnecke und einem Schneckenrad aus Bronze dar. 2 Experimentelle Untersuchungen 2.1 Versuchsvorbereitung und experimentelle Methoden Die verschiedenen hier untersuchten Trockenschmierstoffvarianten wurden durch zweistufige reaktive Extrusion aus strahlungsmodifiziertem PTFE-Typ MP1100, Ölmolekülen aus Methyloleat (MO) und PA66 hergestellt. Der Herstellungsprozess und die Werkstoffcharakterisierung dieser Trockenschmierstoffe ist in [13] beschrieben. Einige Eigenschaften der hier untersuchten Trockenschmierstoffe sind in Tabelle 1 aufgelistet. Die daraus entstandenen PA66-MP1100-cb und PA66- MP1100-MO-cb Trockenschmierstoffe wurden nach ihrer maschinellen Verarbeitung zu Testprüfkörpern (Blöcke) tribologisch untersucht. Hierfür wurde ein Block- Zwei-Scheibenprüfstand verwendet, dessen schematischer Aufbau in Bild 1 dargestellt ist. Der Prüfstand besteht u. a. aus drei Schlitten. Im unbeweglichen untersten Schlitten wird eine Bronzescheibe gelagert. Im mittleren Schlitten, welcher über zwei Blattfedern am Gestell gelagert ist und sich infolge der wirkenden Reibkraft (F R,2 ) bewegen kann, ist eine Stahlscheibe gelagert. Im obersten Schlitten, der sich relativ zum mittleren Schlitten bewegen kann, wird der Block bestehend aus dem zu untersuchenden Trockenschmierstoff festgelagert, Bild 1a. Zur Untersuchung des Einflusses des Gegenkörpers zum Compound zur Schmierung des Stahl-Bronze-Kontakts wird in einer zweiten Aus Wissenschaft und Forschung 6 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 zu niedrigen Reibungskoeffizienten im Kontakt mit Stahlgegenkörpern führt. Polyamide zeichnen sich im Vergleich zu PTFE u. a. durch hohe Festigkeit, hohe Verschleißfestigkeit, hohe Reibungskoeffizienten in Relativbewegung zu Stahlgegenkörper und geringe temperaturabhängige Verformung aus. Aufgrund ihres relativ hohen Elastizitätsmoduls können sie bei hohen Belastungen und hohen Temperaturen (bis zu 100 °C) eingesetzt werden [3]. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Kombination von Polyamiden mit Festschmierstoffen, anorganischen Partikeln oder Fasern zu einer Verbesserung der tribologischen Eigenschaften führen kann [1, 3, 4]. Der Einfluss von PTFE auf das Reibverhalten von PA46 wurde in einem Pin-on-Disc Tribometer von Papuc et al. untersucht [6]. Es zeigte sich, dass PTFE zu einer Reduktion der Reibungszahl (bis zu fast 7%) von PA46 in Kontakt mit Stahloberflächen führt. Shin et al. untersuchten den Einfluss von Glasfasern auf die tribologischen Eigenschaften von PA66 in einer Block-auf-Ring- Versuchsanordnung. Es zeigte sich, dass der Reibungskoeffizient und die Verschleißrate der Mischung mit zunehmendem Volumenanteil der Glasfaser abnehmen [3]. Tzanakis et al. [7] untersuchten den Einfluss der Rauheit, des Kontaktdrucks und der Geschwindigkeit auf das Reibverhalten eines PTFE-Compounds bestehend aus der PTFE-Matrix und zufällig ausgerichteten kurzen Fasern aus amorphem, künstlich hergestelltem mineralischem Calziumaluminosilikat (mit der chemischen Formel CaAlSi3O5) als Füllstoff, unter Trockengleitbedingungen mit einer kohlenstoffreichen Stahlplatte. Die Autoren stellten fest, dass der Reibungskoeffizient mit der Gleitgeschwindigkeit steigt und mit zunehmender Belastung erheblich abnimmt. Conte et al. [8] untersuchten den Einfluss der Kristallinität auf das Verschleißverhalten von PTFE-Verbundwerkstoffen. Sie zeigten, dass das Vorhandensein von Füllstoffen die Stabilität der Struktur erhöht und die Verschleißfestigkeit erhöht. Weiterhin wurde gezeigt, dass Füllstoffe aus Bronze und Glasfasern den Verschleiß von PTFE unter trockenen Bedingungen erheblich reduzieren, aber ihre Größe die Gegenlauffläche und den Transferfilm beeinträchtigen kann. Einerseits weist PTFE eine hohe Chemikalienstabilität auf, sodass eine breite Anwendung im Kontakt mit aggressiven Medien, z.B. im Chemieanlagenbau, erfolgen kann. Dagegen zeigt PTFE eine geringere Beständigkeit gegenüber energiereicher Strahlung. Bei Bestrahlung (e-, γ) in Gegenwart von Luftsauerstoff werden C-C- und C-F-Bindungen von PTFE gebrochen, was zu Mikropulvern mit reduziertem Molekulargewicht, der Erzeugung von funktionellen Gruppen (-COF und -COOH) und persistenten Perfluoralkyl-(Peroxy-) Radikalen führt [9, 10]. Die hydrophilen funktionellen Gruppen können verwendet werden, um eine chemisch kovalente Bindung zu anderen Monomeren/ Polymeren (z.B. Polyamiden) herzustellen [11]. Franke et al. untersuch- Versuchsanordnung, die Stahl- und die Bronzescheibe vertauscht, sodass sich nun die Bronzescheibe im unmittelbaren Kontakt mit dem Compound befindet, vgl. Bild 1b. Die Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt wird bestimmt, indem die Reibkraft (F R,2 ) aus der wirkenden Normalkraft (F N,2 ) aufgezeichnet wird. Zudem wird die Reibungszahl im Compound-Stahl-Kontakt bestimmt, indem die Reibkraft (F R,1 ) aus der wirkenden Normalkraft (F N,1 ) aufgezeichnet wird. Die Aufzeichnung der Reibkräfte erfolgte hierbei kontinuierlich über Kraftmessdosen. Die Scheiben weisen jeweils einen Durchmesser von 80 mm auf. Die Stahl- und Bronzescheibe wurden quer zur Laufrichtung geschliffen und weisen jeweils nach DIN EN 25178 einen arithmetischen Mittenrauwert von R a ≈ 0,2 µm auf. Vor den Messungen werden die Scheiben und die einzelnen Blöcke aus Trockenschmierstoff in einem Ultraschallbad gereinigt. Bei den Scheiben wurden als Reinigungsmittel Isopropanol, Cyclohexan und Aceton verwendet, während die Blöcke mit Ethanol gereinigt wurden. Im Anschluss dazu wurden die Proben unter Raumbedingungen (T ≈ 22 °C und ρ Luft ≈ 25 %) für mindestens 48 Stunden getrocknet. Die Verschleißermittlung erfolgte hier über die Massenbestimmung der Proben vor und nach den jeweiligen Versuchen. Im Stahl-Bronze-Kontakt wurde eine konstante Hertz’sche Pressung von 280 MPa und eine Summengeschwindigkeit (u Σ ) von 0,5 m/ s eingestellt. Vorherige Untersuchungen [14] zeigten, dass hohe Pressungen im Block-Stahl-Kontakt das Transfervermögen der hier untersuchten Trockenschmierstoffen auf die Stahloberfläche verschlechtern. Daher wird hier der Block-Scheibe- Kontakt mit einer Pressung von 3 MPa belastet. Während zwischen dem Block mit dem Querschnitt 12 × 3 mm 2 und der Stahl- oder Bronzescheibe Gleitreibung herrscht, findet im Stahl-Bronze-Kontakt Wälzreibung statt, wobei hier ein Schlupf von 50 % untersucht wurde. Im Block- Stahl-Bronze-Kontakt (Bild 1a) rotiert die Stahlscheibe schneller, während sich im Block-Bronze-Stahl-Kontakt (Bild 1b) die Bronzescheibe schneller bewegt. Die Versuchsläufe wurden unter Laboratmosphäre bei Raumtemperatur (T = 18-24 °C und ρ Luft = 23-35 %) durchgeführt. Die angegebenen Messwerte stellen Messwerte aus mindestens zwei gleichartigen Versuchsläufen dar. Die Oberflächenanalyse der trockengelaufenen Scheiben wurde im Anschluss zu den tribologischen Versuchen mittels Rasterelektronenmikroskop (Phillips XL40) analysiert. Hierzu wurden Sekundärelektronenbilder (SE-Bilder) der Reibflächen, sowie eine chemische Analyse mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) durchgeführt. 2.2 Versuchsergebnisse und Diskussion Der charakteristische Verlauf der Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt in Abhängigkeit der Versuchszeit ist in Bild 2 dargestellt. Dadurch, dass die charakteristischen Verläufe der Reibungszahl nach Bild 1a derer nach Bild 1b ähneln, werden im Folgenden ausschließlich die Verläufe nach Bild 1a beispielhaft vorgestellt. In Abwesenheit von Trockenschmierstoff im Kontakt lässt sich ein Einlauf mit einem schnellen Anstieg der Reibungszahl nach dem Versuchsstart beobachten, wel- Aus Wissenschaft und Forschung 7 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 PA66 PA66-MP1100 PA66-MP1100-MO-cb Gew.-% PA66 100 80 80 Gew.-% MP1100 - 20 18 Gew.-% MOL - - 2 E-Modul / MPa 3192 3144 2614 Dichte / g/ cm 3 1,1355 1,2470 1,2409 Tabelle 1: Eigenschaften der hier untersuchten Trockenschmierstoffe Bild 1: Prüfaufbau für a) Block-Stahl-Bronze-Kontakt, b) Block-Bronze-Stahl-Kontakt und c) geometrische Abmessungen der Prüfkörper Mittelwert über die Messwerte, ab 2,5 h der zeitlichen Verläufe gebildet, vgl. Bild 2. Ein Vergleich der Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt zwischen den beiden Versuchsanordnungen in Bild 3a zeigt, dass die Verwendung der Stahlscheibe als Gegenkörper zum Compound für den Trockenschmierstofftransfer in den Stahl-Bronze-Kontakt, nach Bild 1a, zur leichten Reibungszahlabnahme führt, unabhängig vom eingesetzten Trockenschmierstoff. Der Vergleich der Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt zwischen den einzelnen Tro- Aus Wissenschaft und Forschung 8 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 cher nach Erreichen eines maximalen Wertes von µ ≈ 0,9 wieder abnimmt und über einen weiten Versuchsbereich mehr oder weniger bei µ ≈ 0,65 konstant bleibt. Dadurch, dass Bronze eine geringere Härte als Stahl aufweist, kann der Abfall der Reibungszahl im ungeschmierten Zustand auf die Bildung einer Transferschicht aus Bronze auf der Stahlscheibe zurückgeführt werden, sodass ab einer Versuchszeit von ca. 1,5 h reiner Bronze-Bronze- Kontakt überwiegt. Der Einfluss des Trockenschmierstoffs PA66-MP1100-MO-cb im Stahl-Bronze-Kontakt nach Bild 1a lässt sich dadurch erkennen, dass geringere Reibungszahlen im Stahl-Bronze-Kontakt vorliegen. Dabei tritt die maximale Reibungszahl von µ ≈ 0,3 nach ca. 0,5 h auf, fällt langsamer wieder ab und erreicht ab ca. 1,5 h Versuchszeit einen Wert von µ ≈ 0,25. Dieser Abfall der Reibungszahl kann auf den Transfer des PTFE-Trockenschmierstoffs auf die Stahloberfläche zurückgeführt werden. Die charakteristischen Verläufe der Reibungszahl im Block-Stahl-Kontakt mit den hier untersuchten Trockenschmierstoffen ist in [13] vorgestellt. In dieser Arbeit wurden die in Kap. 2.1 beschriebenen drei verschiedenen Trockenschmierstoffe in zwei verschiedenen Prüfanordnungen untersucht, wobei zum einen die Stahlscheibe und zum anderen die Bronzescheibe mit dem Compoundblock in Kontakt ist, vgl. Bild 1a und Bild 1b. Ergebnisse der Reibungszahlen sind in Bild 3 zusammengefasst. Zum Vergleich der Reibungszahl wird ein Bild 2: Charakteristischer Verlauf der Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt, un-geschmiert und mit dem Trockenschmierstoff PA66-MP1100-MO-cb Bild 3: Vergleich der Reibungszahl im a) Stahl- Bronze-Kontakt bei p = 280 MPa und SRR = 50 % und b) Compound-Stahl/ Bronze bei p = 3 MPa und SRR = 200 % Bild 4: a) Verschleißrate der Bronzescheiben, b) Verschleißrate der Trockenschmierstoffe, in Abhängigkeit der Versuchsanordnung und nach 3 h Versuchszeit ckenschmierstoffen lässt erkennen, dass die mit MO- PTFE modifizierte Variante PA66-MP1100-MO-cb das günstigste Reibverhalten aufweist. Bild 3b lässt erkennen, dass die Bronzescheibe in Kontakt mit dem Trockenschmierstoff ein günstigeres Reibverhalten aufweist. In Bild 4 wird die Massenverschleißrate der Bronzescheibe und der eingesetzten Trockenschmierstoffe dargestellt. In Bild 4a kann beobachtet werden, dass der Einsatz der Bronzescheibe als Transfergegenkörper zu erhöhtem Verschleiß der Bronzescheiben führt, dies unabhängig vom eingesetzten Trockenschmierstoff. Bild 4b lässt erkennen, dass sich die eingesetzten Blöcke aus Trockenschmierstoff, mit Ausnahme vom reinen PA66, weniger verschleißen, wenn die Stahlscheibe als Gegenkörper zum Compound verwendet wird. Die Reduzierung bzw. die Abnahme der Reibungszahl im geschmierten Stahl-Bronze-Kontakt kann auf die Bereitstellungsrate der jeweiligen Trockenschmierstoffe im Stahl-Bronze-Kontakt zurückgeführt werden, wobei bereits nach einigen Umdrehungen der Stahlscheibe im Block-Stahl-Bronze-Kontakt bzw. der Bronzescheibe im Block-Bronze-Stahl-Kontakt ein Anteil an PTFE-Trockenschmierstoff auf die Stahlbzw. Bronzeoberfläche transferiert wird. Dadurch reduziert sich der Anteil an unmittelbarem metallischem Kontakt zwischen den Stahl- und Bronzeoberflächen. Der Anteil an transferiertem Trockenschmierstoff ist u. a. von mechanischen und thermischen Eigenschaften der jeweiligen Trockenschmierstoffe abhängig, ebenso vom Haftungsvermögen der jeweiligen Trockenschmierstoffe auf die Stahlbzw. Bronzeoberflächen, da diese an ihren Grenzflächen verschiedene chemische Eigenschaften aufweisen. Bild 4 zeigt, dass im Block-Bronze-Stahl-Kontakt (Bild 1b) die untersuchten Trockenschmierstoffe sich leicht mehr als im Block-Stahl-Bronze-Kontakt (Bild 1a) verschleißen, wodurch der Anteil der Trockenschmierstoffe auf der Bronzeoberfläche höher sein sollte, mit Ausnahme vom reinen PA66. Jedoch weist die Bronzescheibe im Block-Bronze-Stahl-Kontakt unabhängig vom Trockenschmierstoff einen höheren Verschleiß auf, im Vergleich zum Block-Stahl-Bronze-Kontakt. Dies führt zu der Annahme, dass der deponierte Trockenschmierstoff auf der Bronzeoberfläche zum größten Teil entfernt wird, aufgrund des hohen Verschleiß der Bronzescheibe. 3 Oberflächenanalytik Nach den Triboversuchen am Block-Zwei-Scheibenprüfstand wurden die Oberflächen der trockengelaufenen Scheiben analysiert. Die Transferfilme, welche durch den Reibkontakt zwischen den Trockenschmierstoffen und den jeweiligen Gegenkörper (Bronze- oder Aus Wissenschaft und Forschung 9 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 Anzeige Valona BIO Schneidöle für die Zerspanung Biologisch abbaubarer und kennzeichnungsfreier Kühlschmierstoff Ihre persönlichen Ansprechpartner: Dirk Brosenbauch · (0162) 1333 354 dirk.brosenbauch@totalenergies.com Matthias Brüning · (0162) 1333 568 matthias.bruening@totalenergies.com serivces.totalenergies.de/ industrie 03822164 Anz Valona 210x145_rz.indd 1 24.08.22 13: 58 Anzeige eine EDX-Analyse an den jeweiligen Oberflächen der Stahl- und Bronzeproben durchgeführt (Bild 6). Neben den beiden ausgeprägten Eisenpeaks (bei 0,7 und 6,4 keV) und dem Sauerstoff Peak (Nachweis von Eisenoxiden auf der Gegenfläche) wird ein ausgeprägter Fluor Peak bei 0,667 keV (linker Schulterpeak des ersten Fe-Peaks) beobachtet, welcher darauf hinweist dass die Übertragungsschicht überwiegend aus PTFE besteht. Weiterhin werden lokal Bronzeablagerungen (Cu bei 0,92 und 9 keV und Sn bei 3,44 und 3,90 keV) auf der Stahloberfläche (Bild 6a) detektiert, was darauf hindeutet, dass neben dem PTFE-Trockenschmierstoff ein Transfer des Bronzematerials auf die Stahloberfläche stattgefunden hat. Die EDX-Analyse auf der Bronzeoberfläche, Bild 6b, zeigt neben den beiden ausgeprägten Kupfer/ Zinn-Peaks, sowohl Aluminium (bei 1,48 keV) als auch Eisen Peaks (bei 0,7 und 6,4 KeV). Fluor wird auf der Bronzeoberfläche detektiert, aber in sehr geringem Anteil, verglichen mit dem Übertrag auf der Stahloberfläche. Diese Erkenntnisse bestätigen, dass ein fehlender Transferfilm ein Schlüsselfaktor für hohen Verschleiß ist, wie in Bild 5b und Bild 4a dargestellt. Aus Wissenschaft und Forschung 10 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 4/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0018 Stahlscheibe) entstanden sind, wurden mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops (REM) untersucht. Die REM-Bildgebung ist relativ langsam und aufwändig, liefert aber qualitativ hochwertige, kontrastreiche Bilder der Oberfläche, die sich für eine weitere quantitative bzw. qualitative Analyse des Tribofilms mit Hilfe von Bildverarbeitungssoftware eignen. Bild 5 zeigt die Oberflächen für die Stahl- und Bronzescheiben am Ende der Versuchszeit, wenn sie jeweils gegen den Compoundblock gepresst wird. Im SE-Bild ist auf den beiden Oberflächen kein eindeutiger Transferfilm aus dem Polymertrockenschmierstoff zu erkennen. Während auf der Stahloberfläche lediglich lokal schuppenförmige Beläge der Bronzescheibe zu beobachten sind (hellere Bereiche in Bild 5a), weist die Bronzeoberfläche jedoch flächig sandförmigen Verschleißdebris auf, welcher charakteristisch für den abrasiven Verschleiß der Oberfläche ist. Zur charakteristischen Analyse der auf den jeweiligen Oberflächen enthaltenen chemischen Elemente wurde Bild 6: EDX-Spektrum der aufgebauten Transferfilme: a) auf der Stahloberfläche nach Bild 1a und b) auf der Bronzeoberfläche nach Bild 1b Bild 5: SE-Bilder: a) der trockengelaufenen Stahloberfläche nach Bild 1a und b) der trockengelaufenen Bronzeoberfläche nach Bild 1b Außerdem zeigt sich, dass aufgrund ihrer im Vergleich zu Stahl geringere Härte die Bronzeoberfläche die Bildung und Aufrechterhaltung eines Transferfilms verhindert, wenn sie mit der Stahloberfläche in Kontakt kommt. Durch ihren geringen Verschleißwiderstand bildet sich flächendeckend, zusätzlich abrasiv wirkender Verschleißdebris, wodurch der Polymerschmierfilm nichtmehr wirksam vorliegt. 4 Zusammenfassung Mit den in dieser Arbeit eingesetzten Trockenschmierstoffen konnte insgesamt eine Reduzierung der Reibungszahl sowie des Verschleißes der Bronzescheibe im Stahl-Bronze-Kontakt erzielt werden. Es konnte beobachtet werden, dass unter den verwendeten Trockenschmierstoffen die mit strahlenmodifiziertem PTFE MP1100 und Methyloleat modifizierte PA66-Variante (PA66-MP1100-MO-cb) die geringste Reibungszahl im Stahl-Bronze-Kontakt aufweist. Zudem werden ebenfalls mit dieser Werkstoff-Schmierstoff-Kombination die geringsten Werte für den Verschleiß der Bronzescheiben und des Trockenschmierstoffs beobachtet. Die Oberflächen der tribologisch beanspruchten Stahl- und Bronzegegenkörper zeigen, dass im direkten Kontakt mit dem Compoundsblock PTFE auf die Oberflächen deponiert wird, wobei auf der Stahloberfläche ein erhöhter Anteil aufliegt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von Stahlgegenkörpern zur Übertragung von Trockenschmierstoff im Stahl-Bronze-Kontakt effizienter ist, als wenn die Bronzescheibe als Transfergegenkörper eingesetzt wird. In weiteren Arbeiten werden andere Werkstoffkombinationen untersucht, u.a. bei Variation der Polymermatrix und des PTFE-Gehalts, um weitere Möglichkeiten zur Verschleißreduktion im Stahl-Bronze- Kontakt zu untersuchen. Zudem werden die entstandenen Transferfilme mittels weiteren oberflächenanalytischen Verfahren, z.B.: XPS (Röntgenphotoelektronenspektroskopie), untersucht. Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung im Rahmen des Projekts „Fluidfreie Schmierung von Schneckengetrieben auf Basis von PTFE“ (GZ: SA 898/ 26-1, GE: 2635/ 2-1, KO 1220 27-1). Zudem bedanken sich die Autoren bei der Arbeitsgruppe für Werkstoffprüfung (AWP) an der TU Kaiserslautern für die Bereitstellung und Unterstützung bei der Oberflächenanalyse. Literatur [1] Demirci, M. T., Düzcükoğlu, H. and Yakut R. 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